Protokoll der Sitzung vom 07.12.2017

Leinentuch zu stellen sind, damit es im Hinblick auf die Verwesung in unserem Klima und bei unseren Bodenverhältnissen passt.

Ich signalisiere hier, dass wir sehr offen über dieses Thema diskutieren werden. Ich persönlich tendiere zu einer großzügigen Lösung. Die Details können in einer Verordnung näher geregelt werden. Wir stehen dem positiv gegenüber.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Gote vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Taşdelen, meine Papiere zu diesem Thema sind schon fast so alt, dass sie musealen Charakter angenommen haben. Zum ersten Mal war ich mit diesem Thema im Bayerischen Landtag im Jahr 2001 befasst. Dann wurde nahezu jährlich über dieses Thema gesprochen. Ich bin dankbar, dass die SPD dieses Thema noch einmal aufgegriffen hat, da wir im letzten Jahr das letzte Mal darüber diskutiert haben. Etwas anderes ist auch nicht möglich. Hier handelt es sich um ein Thema, bei dem wir immer wieder nachbohren müssen, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Ich bin davon überzeugt, dass wir irgendwann dazu kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Religionsfreiheit und die ungestörte Religionsausübung sind ein sehr hohes Gut in unserer Gesellschaft, geschützt von Verfassung und Grundgesetz. Dazu gehört eben auch, dass sich ein Mensch seinem Glauben gemäß bestatten lassen kann. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis. – Herr Kollege Freiherr von Lerchenfeld hört gerade nicht zu. Herr Kollege Freiherr von Lerchenfeld, ich finde, uns Politikerinnen und Politikern steht es nicht zu, darüber zu urteilen, was muslimisch ist und was nicht, ob dies oder das zu einer islamischen Bestattung dazugehört. Die Beurteilung dieser Frage steht nur den Gläubigen selbst und der Religionsgemeinschaft zu. Unsere Aufgabe ist es nicht, darüber zu urteilen, wie eine muslimische Bestattung aussehen soll oder aussehen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Bayern ist eines der letzten Bundesländer, die die Bestattung im Leinentuch nicht zulassen. Warum? – Ehrlich gesagt, das versteht niemand mehr. Wir hatten im Landtag zu diesem Thema eine Anhörung. Der Kolle

ge hat darauf hingewiesen. In dieser Anhörung haben alle Expertinnen und Experten mit Ausnahme des Vertreters des Bestattungsverbands erklärt, dass es kein Problem sei, sich im Leinentuch bestatten zu lassen. Insbesondere die christlichen Kirchen haben darauf verwiesen, dass sie dies für eine sinnvolle Änderung hielten. Die christlichen Kirchen haben überhaupt keine Angst davor, dass ihnen von ihrer eigenen Kultur etwas weggenommen wird.

Argumente der CSU sind bei diesem Thema aber leider Fehlanzeige. Ich möchte ebenfalls darauf hinweisen, dass die Sargpflicht in unserem Land keine jahrhundertealte Kultur darstellt. Das haben wir eben schon einmal gehört. Auch bei uns wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein im Leinentuch bestattet. Die Sargpflicht wurde erst am Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt. Vorher gab es diese Pflicht nicht. Deshalb ist es falsch, hier von einer jahrhundertelangen Tradition zu sprechen. Betrachten Sie diesen Gesetzentwurf als neue Chance, darüber nachzudenken, ob Sie sich hier nicht doch bewegen sollten. Sollten Sie diesem Gesetzentwurf wieder nicht zustimmen wollen, dann nennen Sie dafür bitte rationale und nachvollziehbare Gründe. Sie haben heute nur von einem Gefühl oder so etwas Ähnlichem gesprochen. Ich weiß nicht, was wir da heute gehört haben, was dagegen spricht. Nennen Sie bitte nachvollziehbare Gründe, dann können wir darüber diskutieren.

Ihr Verhalten ist irrational und unpolitisch, politikunfähig. Dieses Verhalten ist auch fernab von menschlichen Bedürfnissen und fernab vom Menschen. Denken Sie hier bitte um.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat nun noch einmal Herr Kollege Taşdelen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Freiherr von Lerchenfeld, ich habe im Vorfeld dieser Beratung mit Herrn Jo-Achim Hamburger von der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg telefoniert. Er dürfte Ihnen bekannt sein; denn sein Vater, Arno Hamburger, dürfte über Nürnbergs Grenzen hinaus ein sehr bekannter Mann sein. Herr Hamburger meinte, dass die Juden auf dem jüdischen Friedhof in Nürnberg ganz einfache Särge verwenden, weil sie dies müssten. Er und der Rabbiner seien jedoch der Meinung, dass eine Abschaffung der Sargpflicht auch für sie eine ganz große Erleichterung wäre, da in Israel niemand in einem Sarg bestattet wird.

Also, nicht nur den Muslimen, sondern auch der jüdischen Gemeinde wäre die Abschaffung der Sargpflicht ein wichtiges Anliegen.

Ich möchte noch einmal auf die Statistik zurückkommen, die ich erwähnt habe: 92 % der Bundesbürger wünschen sich eine alternative Bestattung, keine Bestattung im Sarg. Ich habe von Ihnen immer noch kein Argument gehört, warum Sie an dieser Sargpflicht so festhalten. Vielleicht könnten Sie die Argumente irgendwann einmal auf den Tisch legen, damit wir nachvollziehen können, warum Sie sich so verhalten, wie Sie sich verhalten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch sehe und höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Von der Abstimmung ausgenommen ist die Nummer 15 der Anlage zur Tagesordnung. Dies ist der Antrag der Abgeordneten Schulze, Hartmann, Sengl und anderer und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend "Tiergerechte Legehennenhaltung und Eierproduktion in das Siegel Geprüfte Qualität-Bayern verankern" auf Drucksache 17/18493, der auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN gesondert beraten werden soll. Der Aufruf des eben genannten Antrags erfolgt in einer der Plenarsitzungen in der nächsten Woche.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltun

gen? – Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 17/17858) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Oliver Jörg, Karl Freller, Robert Brannekämper u. a. (CSU) Umsetzung des Studienakkreditierungsstaatsvertrags (Drs. 17/18223)

Die Fraktionen sind übereingekommen, auf eine Aussprache zu verzichten. Wir kommen damit gleich zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/17858, der Änderungsantrag auf Drucksache 17/18223 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Wissenschaft und Kunst auf Drucksache 17/19340 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass dem Artikel 10 Absatz 4 ein neuer Satz 2 zum Erlass von Rechtsverordnungen aufgrund des Studienakkreditierungsstaatsvertrages angefügt wird. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt in seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 2 als Datum des Inkrafttretens den "1. Januar 2018" einzufügen. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/19340.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordnete Claudia Stamm (fraktions- los). Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind wiederum die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordnete Claudia Stamm (frak

tionslos). Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine.

Damit ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/18223 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich rufe nun zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 5 und 6 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Verena Osgyan u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes Studentische Selbstverwaltung ermöglichen (Drs. 17/16463) - Zweite Lesung

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 17/18161) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Isabell Zacharias, Martina Fehlner u. a. und Fraktion (SPD) (Drs. 17/18732)

Änderungsantrag der Abgeordneten Oliver Jörg, Gudrun Brendel-Fischer, Robert Brannekämper u. a. (CSU) (Drs. 17/18838)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 48 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erste Rednerin ist Kollegin Verena Osgyan von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen in Zweiter Lesung über unseren Gesetzentwurf zur Einführung einer Verfassten Studierendenschaft und über die Novelle zum Bayerischen Hochschulgesetz.

Ich glaube, wir müssen uns alle einig sein, gerade wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, dass Demokratie vom Mitmachen lebt, dass wir nicht nur über andere bestimmen können, sondern dass wir andere dazu bringen müssen, sich demokratisch einzubringen; denn nur so kann Demokratie wirklich akzeptiert und gelebt werden. Angesichts der aktuellen politischen Situation wissen wir alle, dass es extrem wichtig ist, die Demokratie zu stärken.

Ich kann nicht verstehen, warum ausgerechnet die Hochschulen in Bayern in Bezug auf die Demokratisierung immer noch hinten liegen. Es muss doch unser Anspruch sein, dass Hochschulen die Ideenlabore für die Gesellschaft sind und dass dort Demokratie gelebt und erprobt werden soll. Da steht das Gesetz, wie es in der Novelle jetzt vorgestellt wird, im Rang hinter allen anderen Bundesländern.

(Beifall bei den GRÜNEN)