Protokoll der Sitzung vom 12.12.2017

Ich lade Sie gerne dazu ein. – Ich möchte jetzt aber zum Ernst dieses Tagesordnungspunktes zurückkommen. Herr Kollege Scheuenstuhl, ich habe mich schon sehr gewundert, wie Sie hier über unsere Regionen gesprochen haben, insbesondere über Westmittelfranken, und was Sie hierzu für Aussagen machen.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin schon erstaunt, wie negativ Sie unsere Region darstellen.

(Hans Herold (CSU): Das ist eine Schande! – Markus Rinderspacher (SPD): Wir kritisieren die Politik, nicht die Region!)

Ihre ganze Rede war geprägt von der Behauptung, in Westmittelfranken würde nichts passieren. Genau das Gegenteil ist der Fall. In den letzten 20 Jahren, auch als Bezirksrat, bin ich sehr oft nach Westmittelfranken, nach Triesdorf gefahren, nach Gunzenhausen und in die Regionen, über die Sie heute so schlecht gesprochen haben. Sie haben einen Antrag aufgegriffen, der mehr als eineinhalb Jahre alt ist. In dieser Zeit hat sich schon wieder sehr viel getan. Unsere Staatsregierung, unser Verkehrsminister, beide haben hervorragende Arbeit geleistet. Es wurde viel ausgebaut und auf den Weg gebracht, bei der Schiene wie bei den Straßen. Allein was heuer, in diesem Jahr 2017, auf den Weg gebracht wurde, das ist enorm. Man kann nicht nur davon sprechen, man muss das auch leben. Man muss diese Tatsache positiv nach außen tragen. Man darf doch nicht nur alles schlechtreden, wie Sie das jetzt in Ihrer Rede gemacht haben.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Das sind doch Forderungen Ihrer CSU-Kollegen!)

Ich muss mich vor die Bevölkerung in Westmittelfranken stellen. Die Menschen dort geben ihr Bestes. Die machen hervorragende Arbeit.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das sind doch CSUForderungen!)

Wir schulden ihnen, was hier geleistet wurde, positiv nach außen zu tragen. Davon haben Sie aber gar nichts gesagt.

(Hans Herold (CSU): Das macht er nie!)

Das hätte ich von Ihrer Rede aber auch erwartet. Sie haben bei allem versucht, die Situation schlechtzureden, beim Breitband wie bei anderen Dingen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist Ihre Politik, nicht das Land!)

Sie haben versucht, das uns und der Bevölkerung in einer polemischen Art mitzuteilen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Gar nicht wahr!)

Wenn wir davon sprechen, dass nur diejenigen davon profitieren, die direkt am Speckgürtel sind, dann gebe ich zu: Auch ich bin am Speckgürtel; denn Herzogenaurach liegt am Speckgürtel von Nürnberg/Erlangen, und wir gehören dazu.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Das ist ja gut so!)

Wir sind aber auch dazu verpflichtet, darauf zu schauen – und das tun wir auch –, dass auch die anderen mitkommen. Ich erwarte von Ihnen, von der anderen politischen Seite, wenn wir Straßen bauen, wenn wir Schienen bauen, wenn wir etwas ausbauen, dass Sie den Weg mit uns gehen. Verhindern Sie das nicht durch irgendwelche Anträge, so wie das wiederholt geschehen ist, oder gar mit Klagen, sodass wir dann eine Einrichtung, eine Straße nicht bauen können. Sie finden immer das Haar in der Suppe. Sie finden immer eine Tierart, die es zu schützen gilt, und der Mensch bleibt zurück. Das sind nämlich die wahren Probleme, die wir in Westmittelfranken haben. Diese gilt es aufzugreifen.

(Horst Arnold (SPD): Sie sprechen den Rechtsstaat an! Der Rechtsstaat missfällt Ihnen!)

Herr Kollege, der Rechtsstaat ist für mich wirklich bindend. Wenn Sie mich einmal auf einer Veranstaltung zum Thema Bürokratisierung besuchen würden, würden Sie dies auch von mir hören.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich gegen den Rechtsstaat verstoße.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das war kein Vorwurf!)

Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet. Ich muss sagen: Rechtsstaat ja, Gesetze ja, aber deren Auslegung und wie man damit umgeht, das ist das Problem. Wenn wir Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur in den Regionen, die von Ihnen gerade schlechtgeredet worden sind, auf den Weg bringen wollen, müssen wir alles dafür tun, diese gemeinschaftlich umzusetzen. Das erwarte ich von Ihnen.

Herr Scheuenstuhl, wenn Sie von Gerechtigkeit sprechen, dann erklären Sie mir doch einmal, was Gerechtigkeit für Sie bedeutet. Das Wort habe ich das letzte halbe Jahr fast täglich zu hören bekommen. Gerechtigkeit bedeutet nicht nur, einer Person etwas wegzunehmen, um es einer anderen Person zukommen zu lassen. Gerechtigkeit bedeutet auch, die Werte unseres Zusammenlebens zu erkennen, damit umzugehen und diese zu leben. Das ist für mich auch Gerechtigkeit.

(Beifall bei der CSU)

Gerechtigkeit ist nicht die Träumerei, über die Sie vorhin gesprochen haben. Wir sollten jetzt wieder auf die sachliche Ebene zurückkehren. Ich kann nur feststellen, dass viele Inhalte des Antrags bereits abgearbeitet und auf den Weg gebracht worden sind. Die Struktur, die wir im Freistaat geschaffen haben, und die

Anstrengungen, die wir hinsichtlich gleicher Lebensbedingungen in allen Regionen unternehmen, sind nicht von heute auf morgen zu erreichen. Das ist auch klar. Wir müssen uns gemeinschaftlich überlegen, wie wir bestimmte Themen angehen. Wir müssen uns die Probleme in den Ballungsräumen genauer anschauen. Zudem müssen wir uns überlegen, wie wir Arbeitsplätze in die ländlichen Räume bekommen, um dort Wohlstand aufzubauen. In manchen Regionen besteht sicherlich Nachholbedarf. Das geben wir zu. Gegen diese Aussage spricht auch nichts. In Bayern gibt es einfach Strukturunterschiede. Das liegt daran, wie sich unser Land entwickelt hat.

Mit Kopf und Verstand werden wir das Land und diese Regionen weiterentwickeln. Das machen sowohl die Staatsregierung als auch die CSU-Fraktion. Das betrifft nicht nur Westmittelfranken, sondern auch Regionen in Oberfranken und Unterfranken, aber auch in Oberbayern. Oberbayern besteht nicht nur aus dem Großraum München. Auch in Oberbayern gibt es Regionen, die wir unterstützen müssen. Ich fordere Sie auf: Unterstützen Sie uns bei der Arbeit! Unterstützen Sie uns dabei, die nötige Infrastruktur zu schaffen!

Die Argumente zum Flächenverbrauch höre ich fast täglich, danach sollten wir keine Trassen für Autobahnen ausweisen. Hier frage ich mich schon: Was sollen wir mit den Kommunen in Westmittelfranken machen, die um Arbeitsplätze ringen? Wir müssen dort, wo die Menschen wohnen, auch Arbeitsplätze schaffen.

(Horst Arnold (SPD): Vollbeschäftigung!)

Liebe Kollegen, das stimmt alles! Jedoch müssen Sie das alles im Kontext sehen. In Neustadt herrscht Vollbeschäftigung. Im Bereich Ansbach und Gunzenhausen schaut es schon etwas anders aus. Dort müssen wir einfach gemeinschaftlich arbeiten. Das habe ich zu erklären versucht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Unterstützen Sie unseren Antrag!)

Sie wollen mir ja nicht einmal zuhören.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich kann nur sagen, dass wir vieles auf den Weg gebracht haben. Das ist auch gut so. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Das habe ich soeben begründet.

(Beifall bei der CSU – Hans Herold (CSU): Jawohl! – Volkmar Halbleib (SPD): Das sind die Forderungen Ihrer eigenen Leute, die können Sie doch nicht einfach vom Tisch wischen!)

Ich muss wieder einmal daran erinnern, dass Zwischenrufe erlaubt sind, aber bitte nicht permanent. – Jetzt hat Prof. Dr. Bauer für die FREIEN WÄHLER das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Westmittelfranken ist ein schönes Stück Bayern. Westmittelfranken ist landschaftlich eine tolle Region und hat viel Potenzial.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Genau um dieses Potenzial geht es. Dieses Potenzial müssen wir heben und stärken. Der fränkische Rohdiamant, so möchte ich die Region bezeichnen, muss noch geschliffen werden. Herr Kollege, es ist nicht so, wie Sie das eben vereinfacht dargestellt haben. Das Potenzial ist da. Ich möchte hier nur an Rothenburg ob der Tauber, an Dinkelsbühl, an Bad Windsheim und das Weltkulturerbe Limes erinnern. Der Limes verläuft mitten durch Westmittelfranken. Außerdem gibt es das Fränkische Seenland und die Hesselbergregion. Das sind nur einige Highlights.

Auch die Forderungen der IHK, selbst wenn sie schon zwei Jahre alt sind, sind nach wie vor gültig. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten. Das ist mein Auftrag für Westmittelfranken. Wir sollen uns nicht trennen und dividieren lassen, sondern gemeinsam etwas voranbringen. Die Defizite müssen aufgezeigt werden, und anschließend muss gemeinsam verbessert werden. Ich behaupte nicht, dass nicht schon etwas geschehen ist. Ich komme später noch auf die Punkte zurück, bei denen es enorme Probleme gibt. Die Forderungen der IHK sind zielführend und berechtigt. Deswegen ist es auch richtig, dass die SPD diese Ziele aufgegriffen hat und die Forderungen der IHK unterstützt. Wir, die FREIEN WÄHLER, werden diesen Antrag auch unterstützen und ihm zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Die Fakten sprechen für sich: Die Steuerkraft ist nach wie vor weit unterdurchschnittlich, obwohl sie sich schon verbessert hat. Sie ist nach wie vor weit unterdurchschnittlich und vergleichbar mit der der Region Nordostbayern. Auch bei der Umlagekraft liegt Westmittelfranken nach wie vor bayernweit abgeschlagen im letzten Drittel. Das hat zur Folge, dass Westmittelfranken ein Raum mit besonderem Handlungsbedarf geworden ist. Wenn das, was Sie von der CSU sagen, alles so stimmt, wäre diese Entscheidung widersinnig. Westmittelfranken wäre niemals ein Raum mit besonderem Handlungsbedarf geworden. Hier hat sich also etwas verändert. Wir müssen diesen Veränderungen

nachgehen und sie aufspüren, damit es besser werden kann.

In diesem Zusammenhang ist die A 6 ein wichtiges Stichwort. Die A 6 muss sechsspurig ausgebaut werden. Wie schaut es denn im Bundesverkehrswegeplan aus? Was haben Sie mit beschlossen? Welche Verantwortung übernehmen Sie dort? – Ich behaupte: Der Ausbau der A 6 mit einem entsprechenden Lärmschutz ist verbummelt worden.

Der Breitbandausbau, die Lebensader des modernen Staates, ist jahrelang vernachlässigt worden. Natürlich gibt es jetzt das Programm. Aber das Programm ist viel zu spät gestartet worden. Manche sind ja noch nicht so lange dabei, aber vielleicht erinnern sich einige daran: Im Jahr 2013 haben wir, die FREIEN WÄHLER, schon entsprechende Anträge gestellt. Diese sind immer wieder abgelehnt worden. Natürlich ist es richtig, dass es damals einen anderen Wirtschaftsminister gegeben hat. Aber auch wenn man in einer Koalition ist, muss man zur gemeinsamen Verantwortung stehen.

Auch der Ausbau des Wissenschaftsstandortes ist wichtig. Hier ist schon viel geschehen. Das ist hervorragend. Welche Situation besteht denn jetzt? – In Ansbach gibt es die einmalige Gelegenheit, dass die Barton Barracks zur Verfügung stehen. Jetzt kommt es plötzlich zu Querschüssen, weil die Universität in Nürnberg ausgebaut wird. Aber Ansbach darf nicht darunter leiden. Wir müssen diesen Punkt gemeinsam aufgreifen und voranbringen. Wir müssen das Thema der nachwachsenden Rohstoffe gemeinsam voranbringen, das wird von den Forschungsinstituten in Triesdorf bereits hervorragend gemacht.

Jetzt möchte ich einen spannenden Punkt erwähnen, der noch nicht angesprochen worden ist: die medizinische Versorgung in Westmittelfranken. Ich möchte nur das finanzielle Desaster des Klinikverbundes ANregiomed erwähnen. Der Klinikverbund besteht aus den Krankenhäusern Dinkelsbühl, Rothenburg und Ansbach. Im letzten Jahr wurde ein Defizit von 15 Millionen Euro eingefahren. In diesem Jahr wird das Defizit wahrscheinlich 12 Millionen Euro betragen. Die Bürgerinnen und Bürger von Westmittelfranken müssen dieses Defizit ausgleichen. Ich bin selber Kreisrat und weiß, was es bedeutet, wenn in fünf Jahren Forderungen von 15 Millionen Euro kommen. Das bedeutet, dass die Höhe der Kreisumlage auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Schwarzbuch vom Bund der Steuerzahler hinweisen. Hierin sind endlich einmal die Zahlen veröffentlicht worden. In den letzten Jahren sind über 20 Millionen Euro für Beraterhonorare ausgegeben worden. Es ist nicht besser geworden.

(Hans Herold (CSU): Da können wir doch nichts dafür!)

Manche sagen, dass es gerade deswegen nicht besser geworden ist. Hier muss man doch schauen, wer dafür verantwortlich ist. Hier muss sich etwas ändern. Ich fordere die Staatsregierung ganz klar auf, sich moderierend in die Angelegenheiten von ANregiomed einzubringen. Hören Sie bitte genau hin: einzubringen. Hier muss die Staatsregierung sich einbringen und Hilfestellung leisten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)