Protokoll der Sitzung vom 25.02.2014

Mit diesem Beitrag ist meine gesamte Redezeit reduziert worden. Ich habe noch zwei Sekunden Zeit.

Wir sind für die Entwicklung moderner Führungsstrukturen. Deswegen haben wir den Gesetzentwurf eingebracht. Ich sehe mir gerne noch einmal die Argumente der Debatte von damals an. Ich kann mich noch an eine ganze Reihe anderer Gründe erinnern. Das war nicht der einzige Grund.

Wir sind auf dem richtigen Weg. Keiner kann bestreiten, dass im Bereich der Grundschulen und Mittelschulen, an denen die Schulleiter keine Dienstvorgesetzten sind, die Schullandschaft heterogener als bei den Realschulen und Gymnasien ist. Wir müssen noch darüber diskutieren, ob wir die Voraussetzungen dafür schaffen können.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden diese Diskussion führen, weil uns die Themen Personalführung, Personalentwicklung und Personalförderung wichtig sind. Das gilt für alle Schularten und für alle Schulen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Tanja Schweiger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Haftpflichtfonds für Hebammen - Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung durch Hebammen! (Drs. 17/244)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Der erste Redner ist Herr Dr. Karl Vetter.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Berufsstand der freiberuflichen Hebammen und der Entbindungspfleger – die gibt es auch – ist mittlerweile in seiner Existenz bedroht. Ich glaube, das kann man so sagen. Die Staatsregierung tut wieder einmal nichts Konkretes. Das sind wir gewohnt. Auf Bundesebene wird nur geredet. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es lediglich ganz verhalten: Wir werden die Situation in der Geburtshilfe beobachten und gegebenenfalls etwas tun. Noch deutlicher war die Aussage vonseiten der SPD-Fraktion im Ausschuss, in dem wir das Thema zuletzt behandelt haben. Im Ausschuss wurde gesagt, das Problem mit der Haftpflichtversicherung für Hebammen sei schon erledigt. Mitnichten, meine Damen und Herren; außer einer Vergütungsanpassung, die den aktuellen Problemen in keiner Weise gerecht wird, gibt es keine konkreten Lösungsvorschläge.

Lassen Sie mich zu den Hintergründen kommen. Deutschland braucht mehr Kinder. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Die demografische Entwicklung ist durch eine niedrige Geburtenrate, eine steigende Lebenserwartung und eine Alterung der Gesellschaft gekennzeichnet. Das bringt viele Probleme mit sich, nicht nur für die Sozialversicherungen. Meine Damen und Herren, wir haben ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Seit dem Jahre 2010 haben sich 20 % der Hebammen aus der Geburtshilfe zurückgezogen. Für die betroffenen Frauen bedeutet dies eine deutliche Beschränkung ihrer Wahlfreiheit hinsichtlich der Art und Weise der Geburt und des Geburtsortes. Kolleginnen und Kollegen, ohne Hebammen wird ein an und für sich völlig natürlicher Lebensvorgang immer mehr zur Krankheit, die im Akkord behandelt wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Schon jetzt gibt es nach Angaben des Deutschen Hebammenverbands gerade in den ländlichen Regionen Deutschlands eine Mangelversorgung. Bereits jetzt zeigt sich ein dramatischer Anstieg der Haftpflichtversicherungsprämien. Das ist der Punkt, warum wir den Antrag gestellt haben. Die Prämien haben sich im Jahre 2008 noch auf 200 bis 400 Euro im Jahr belaufen. Für den Sommer dieses Jahres – ich glaube, es ist zum 1. April oder zum 1. Juli – ist von den Versicherern bereits eine Erhöhung auf 5.091 Euro angekündigt worden. Die Situation wird sich künftig noch weiter zuspitzen. Die Nürnberger Versicherung hat angekündigt, sich Mitte nächsten Jahres aus diesem Geschäftsbereich, nämlich der Versicherung der Hebammen, ganz zurückzuziehen. Dann wird es für die Hebammen schwierig, eine Berufshaftpflichtversicherung zu finden, ganz unabhängig von den Kosten. Ohne Berufshaftpflichtversicherung darf eine freiberufliche Hebamme ihren Beruf nicht ausüben. Das Szenario in der Geburtshilfe in Bayern dann möchte ich mir nicht vorstellen.

Aus diesem Grund haben wir FREIEN WÄHLER einen Haftungsfreistellungsfonds für unsere Hebammen gefordert. Durch diesen werden Hebammen von der Haftung mit ihrem privaten Vermögen befreit. Regressforderungen, die über eine Haftungshöchstgrenze hinausgehen, werden von einem Fonds ausgeglichen, der sich aus Zahlungen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherungen sowie staatlichen Zuschüssen speist. Das bedeutet – das bleibt in der Diskussion immer auf der Strecke – auch für die Geschädigten, dass sie einen solventen Anspruchsgegner haben und nicht die mögliche Folge einer privaten Insolvenz der Hebamme tragen müssen, wenn dies einmal der Fall sein sollte.

Durch die Festsetzung der Haftungshöchstgrenze wird sich die Versicherung der freiberuflichen Hebammen auch für die Versicherer wieder lohnen, sodass sich wieder vermehrt Anbieter finden werden und ein gesunder Wettbewerb entstehen kann. Mir ist bewusst, dass ein derartiger Haftungsfreistellungsfonds ein neues Element im System ist. Kolleginnen und Kollegen, ich sehe jedoch keine andere Möglichkeit.

In anderen Bereichen gibt es bereits positive Erfahrungen mit derartigen Fondslösungen. Es gibt den Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen. Dort funktioniert es auch. Es gibt den Pharmapool, der den Versicherungsschutz bei von Arzneimitteln verursachten Schäden gewährleistet. Es geht. Solche Fonds gibt es.

Der Haftungsfreistellungsfonds für Hebammen ist eine nachhaltige Lösung, die die Geburtshilfe wieder langfristig versicherungsfähig macht. Aktuell – die neueste Entwicklung der letzten Tage kenne ich natürlich auch – haben die Krankenkassen zugesagt, dass sie die Prämiensteigerungen für 2013 wieder einmal ausgleichen wollen. Was ist mit 2014? Da geht es nicht weiter. Es freut mich, dass rechtzeitig heute Mittag, Frau Staatsministerin Huml, Ihre Pressemitteilung herausgegeben worden ist, in der sie schreiben: "Notwendig ist deshalb eine rasche Lösung der Haftpflicht-Frage. Hierbei ist vor allem die Bundesregierung gefordert." Langsam kommen Sie in das Boot der FREIEN WÄHLER. Das ist eigentlich unser Antrag.

(Lachen bei der CSU)

Sie sollen die Bundesregierung beeinflussen und darauf hinarbeiten, dass ein solcher Haftungsfreistellungsfonds eingerichtet wird. Kolleginnen und Kollegen, es ist für die Hebammen nicht mehr fünf vor zwölf, sondern vielleicht schon fünf nach zwölf. Lassen Sie uns endlich handeln! So lautet mein Appell. Stimmen Sie dem Antrag der FREIEN WÄHLER zu!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Danke schön. – Ich erteile Herrn Kollegen Seidenath das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Versorgung mit Hebammenhilfe ist ein wichtiges und drängendes Thema. Hebammen - und gerade freiberufliche Hebammen - haben weit über die Geburtshilfe hinaus eine sehr wichtige Funktion in unserem Gesundheitswesen. Hebammen gewährleisten eine Betreuung der Frauen und der Familien auch bei der Geburtsvorbereitung und in der Nachsorge. Eine gleichbleibende und verlässliche Ansprechperson ist in dieser für junge Familien extrem sensiblen Phase wichtig, um dem Neugeborenen einen optimalen Start in sein Leben zu ermöglichen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das wissen wir alle selber!)

Zudem sind Hebammen wertvolle Frühwarnsysteme, stehen gegebenenfalls am Anfang einer Präventionskette und gewährleisten die Wahlfreiheit des Geburtsorts. Für diese Leistung sagen wir den Hebammen und Entbindungspflegern in unserem Land ein herzliches Dankeschön und "Vergelt’s Gott".

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich stelle fest, dass die Oppositionsparteien nicht geklatscht haben.

(Zuruf der Abgeordneten Natascha Kohnen (SPD) – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Für wie wichtig wir, die CSU-Landtagsfraktion, eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe halten – –

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Ich sage doch nichts Schlimmes! Ich habe bisher nur schöne Sachen gesagt.

(Beifall bei der CSU – Unruhe bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Für wie wichtig wir eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe halten, mögen Sie daran ersehen, dass wir dieses Thema zum Gegenstand unseres allerersten Dringlichkeitsantrags in dieser Legislaturperiode gemacht haben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von den GRÜNEN)

Ich darf in Erinnerung rufen: Am 4. Dezember 2013, bei der ersten Beratung von Dringlichkeitsanträgen in der neuen Legislaturperiode hier im Hohen Hause, hatten Sie, die FREIEN WÄHLER, die Ausländermautdebatte als Topthema gesetzt, die GRÜNEN den Münchner Kunstfund, die SPD den EADS-Standort Unterschleißheim. Für uns war es die Versorgung mit Hebammenhilfe.

(Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Dieses Thema stand und steht für uns ganz oben auf der Liste. Unser Ziel war damals und ist weiterhin eine angemessene Vergütung der Hebammen. Eine angemessene Vergütung ist nämlich die Grundlage für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe in ganz Bayern und gerade auch dafür, dass freiberufliche Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, die in den letzten Jahren exorbitant gestiegenen Prämien ihrer Berufshaftpflichtversicherung refinanzieren können. Eine höhere Vergütung für gestiegene Haft

pflichtprämien ist die beste Lösung. Hier ist Gott sei Dank auch viel passiert.

(Zuruf: Wo?)

Im Sommer 2013 gab es die dritte Prämienerhöhung seit 2010. Krankenkassen und Hebammenverbände haben hierauf reagiert. Sie haben Ende 2013 den kompletten Ausgleichsbetrag 2013 auf die Vergütungspositionen umgelegt und die Hebammenvergütungsvereinbarung angepasst.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): 2013? 2014!)

Das wird auch in den nächsten Jahren so weitergehen. Das ist im Mechanismus so angelegt. Sie schlagen dagegen einen zweckgebundenen Haftungsfreistellungsfonds vor. Einzahlen sollen dort Krankenversicherer, Haftpflichtversicherer und auch der Steuerzahler. Warum soll das nur für die Hebammen gelten, Herr Dr. Vetter? Warum soll das nicht für in der Geburtshilfe tätige Ärztinnen und Ärzte, für Kliniken sowie für weitere Berufsgruppen, die sich ebenfalls haftpflichtversichern müssen, gelten? Das müssen Sie uns erklären. Eine staatliche Beteiligung an den Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung wäre aus Gründen der Gleichbehandlung mit Angehörigen anderer Berufsgruppen nicht gerechtfertigt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Auch ist es dem deutschen Haftungsrecht fremd, dass die Allgemeinheit das persönliche Haftungsrisiko eines Einzelnen oder einer Berufsgruppe trägt. Vielmehr gilt und muss weiter gelten das Prinzip der individuellen Verschuldenshaftung. Eine Beteiligung der gesetzlichen Krankenversicherungen an der Finanzierung eines Haftungsfreistellungsfonds würde deshalb eine Abkehr von wesentlichen Grundprinzipien bedeuten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Das wäre ein Systembruch. Zudem sind, Herr Dr. Vetter, die Versicherer solvent, anders als Sie es gerade dargestellt haben.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Solvent schon, aber die wollen nicht mehr!)

Bedeutsam ist hierbei die Frage, ob sich Hebammen ab Mitte 2015 noch haftpflichtversichern können. Da stimme ich Ihnen zu. In der Tat wird sich die Nürnberger Versicherung zu diesem Zeitpunkt aus dem derzeitigen Dreier-Versicherungskonsortium zurückzie

hen. Die Bayerische Versicherungskammer und auch die R+V-Versicherungen bleiben aber nach aktuellem Stand drin, weshalb es auch über 2015 hinaus eine Versicherungsmöglichkeit für freiberufliche Hebammen gibt. Diese Entwicklung müssen und werden wir sehr genau weiter beobachten. Für einen Systembruch mit unabsehbaren Präzedenzfolgewirkungen für andere Berufsgruppen, die sich selber haftpflichtversichern müssen, ist es aber bei dieser Faktenlage zu früh.