Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Des Weiteren möchten wir, dass die Lehrpläne für die Altenpflegeschulen an die queeren Biografien angepasst werden. Stellen Sie sich doch einmal den Umstand vor: Ein älterer Pfleger muss einen alten Mann, schwul, pflegen. Dieser alte schwule Mann hat es noch erlebt, deswegen im Gefängnis zu sitzen, deswegen seine Pensionsansprüche aberkannt bekommen zu haben, deswegen verfolgt gewesen zu sein, und wird von jemandem gepflegt, der homophob ist – das ist jetzt der schlimmste Fall – oder der bestenfalls nicht damit umgehen kann. Können Sie sich vorstellen, welche Situation das für beide ist?

Können Sie sich vorstellen, dass das für alte schwule Männer ein Riesenrückschritt ist? Sie haben sich in ihrem Leben außerhalb des Alten-, Pflege- und Servicezentrums eingerichtet. Sie konnten ihr Schwulsein offen ausleben. Sie konnten sich sicher sein: Ich bin schwul, und das ist gut so. – Dann kommen sie in ein Alten- oder ein Serviceheim und müssen sich dort wieder verstecken und wieder so tun, als wäre der Lebenspartner der Bruder, der Onkel oder wer auch immer.

Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen hier Lehrpläne, die das berücksichtigen und die das auch deutlich klarstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir hatten des Weiteren den Antrag – und da wird es jetzt wirklich einmal bunt – zu deren staatlicher Diskriminierung in Russland. Wollen wir alle, der Bayerische Landtag, bei all unseren Auslandsreisen – – Wir haben sogar eine Dependance in Moskau. Wir haben viele "Außenministerinnen" hier im Kabinett, wenn ich da so hinsehe. Wir sind dauernd auf Auslandsreisen. Wenn wir in Russland, in Moskau sind, kann man sehr wohl die Menschenrechte einfordern und sagen: Wir als bayerische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger akzeptieren es nicht, wenn schwule Männer und lesbische Frauen in Russland deswegen verhaftet werden. – Ihr wollt das nicht! Die FREIEN WÄHLER haben sich enthalten – na, Gott sei Dank –, aber ihr wollt dafür nicht einstehen und argumentiert: Wir sind dafür nicht zuständig. – Das erklärt ihr mir hier und heute, warum ihr dafür nicht zuständig seid.

Natürlich kann man überall die Menschenrechte, die weltweit gelten, auch von unserer Seite einfordern. Ich verstehe eure Ablehnung nicht, und es zeigt eigentlich nur, wes Geistes ihr trinkt oder was ihr atmet. Mir ist das wirklich ein Rätsel.

Als Letztes unser letzter Antrag: Maßnahmen gegen Diskriminierung. Wenn die Pflegekräfte nicht schon in der Altenpflegeschule sensibilisiert wurden, müssen wir die Altenpflegekräfte vor Ort dahin gehend sensibilisieren und nachträglich schulen, dass die Diskriminierung von schwulen, lesbischen und transgender Menschen im Alter ein No-Go ist. Es ist ein Menschenrecht, und wir müssen hier genau hinsehen und nachqualifizieren.

Diese vier Anträge, Kolleginnen und Kollegen, hat der Kollege Vogel mit einer bemerkenswerten Haltung abgelehnt.

(Steffen Vogel (CSU): Das machen wir wieder!)

Herr Vogel, ich muss Ihnen hier und heute sagen: Ich wünsche Ihnen keine schöne Weihnachten, weil Sie das einfach nicht verdient haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CSU: Oh, oh!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Zacharias. – Jetzt hat Kollege Vogel für die CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Frau Zacharias, Sie haben deutlich gemacht, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall bei der CSU)

Ich erspare mir dazu jeglichen Kommentar; denn das spricht für sich selbst.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt ja nicht! Gerade gibst du einen ab!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich lehnen wir jegliche Diskriminierung von Homosexuellen ab. Das gibt uns schon das Grundgesetz auf:

Artikel 1. Die Würde des Menschen ist unantastbar....

Artikel 2. Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit...

Artikel 3. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Menschen dürfen nicht wegen ihres Geschlechts oder ihrer Neigung diskriminiert werden. Selbstverständlich haben wir als Staat die Aufgabe, Menschen vor Diskriminierung zu schützen.

Die Frage, die wir uns stellen müssen und die wir uns auch im Ausschuss gestellt haben, lautet, ob die Anträge geeignet sind, Menschen, die homosexuell sind, vor Diskriminierung zu schützen. Das sehen wir eben nicht so. Als Demokraten können wir durchaus unterschiedlicher Auffassung sein. Deswegen muss man nicht verletzend sein; deswegen muss man Menschen nicht persönlich kritisieren und angreifen, so wie Sie das getan haben. Wir sind unterschiedlicher politischer Auffassung, und das muss in einer Demokratie möglich sein.

(Beifall bei der CSU)

Die SPD fordert im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung regelmäßig Berichte zur gesundheitlichen Situation von lesbischen Frauen und homosexuellen Männern auch als Zusatzmodul zur sogenannten GEDA-Erhebung des Robert-Koch-Instituts. Wir lehnen den Antrag ab, weil wir ihn nicht für umsetzbar und außerdem auch nicht für erforderlich halten. Die GEDA-Erhebung wird vom Robert-Koch-Institut bundesweit durchgeführt; sie ist deshalb eine Bundesstudie. Für eine eigene bayerische Studie als Ergänzungsmodul, für die wir vielleicht Auftraggeber sind oder wie auch immer, sehen wir überhaupt keine Notwendigkeit.

Die Frage ist auch: Welche Erkenntnisse erwarten wir uns von dieser Studie? Wie die Antragsteller selbst schreiben und jetzt auch dargelegt haben, liegen die Erkenntnisse vor; sie kennen sie: Das Selbstmordrisiko ist höher, höherer Anteil von Wohnungslosen, höherer Anteil an Depressionserkrankungen, höhere HIV-Infektionsrate. Welche Konsequenz hat denn eine Erhebung, wenn Sie doch die Ergebnisse der Erhebung bereits kennen und die Ergebnisse bekannt sind? – Die Risiken sind bekannt. Deswegen sehen wir nicht die Notwendigkeit einer erneuten zusätzlichen eigenen Erhebung.

Zudem stellt sich auch die Frage, ob denn durch diese Anträge allein die gesundheitliche Situation beispielsweise von Homosexuellen verbessert werden kann. Sie fragen:

1. Wie häufig sind homo- und bisexuelle Orientierungen sowie Transidentitäten in der Bevölkerung?

Das hat mit Gesundheit überhaupt nichts zu tun.

2. Wie häufig sind Erlebnisse antihomosexueller oder antitranssexueller Diskriminierung und Gewalt?

Sie sehen also: Aus einer solchen Erhebung ergibt sich kein Mehrwert. Übrigens bedarf es auch deshalb nach unserer Überzeugung keines Zusatzmoduls, weil nämlich bereits in der nächsten GEDA-Erhebung die Häufigkeit von Diskriminierungserfahrungen erfragt wird. Das Gleiche gilt für die Fragen zu Sexualpartnern und zur sexuellen Orientierung. Das heißt, bereits die nächste GEDA-Erhebung deckt diese Fragen ab.

Zum nächsten Antrag. Der Titel lautet: "Maßnahmen gegen Diskriminierung von Lesben und Schwulen in Altenpflegeheimen". Im Gegensatz zur SPD-Fraktion haben wir eine ganz andere Wahrnehmung; denn wir als CSU-Fraktion sind der Überzeugung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren bayerischen Pflegeheimen eine hervorragende Arbeit leisten und eben nicht Heimbewohner wegen ihrer sexuellen Neigung diskriminieren oder benachteiligen.

(Beifall bei der CSU)

Wir wehren uns auch gegen den Vorwurf – ich zitiere wieder aus Ihrem Antrag –:

Im Pflegeheim leben sie mit Menschen zusammen, die ihre Prägung ebenfalls in den Zeiten von Kriminalisierung und Strafverfolgung erlebt haben und Homosexualität für pervers halten oder als Krankheit ansehen.

Überlegen Sie sich einfach einmal, welches Menschenbild Sie von den Bewohnerinnen und Bewohnern der bayerischen Alten- und Pflegeheime haben.

(Beifall bei der CSU)

Wir als CSU-Fraktion sind der Überzeugung, dass Ihre Ausführungen, Ihre Begründungen die Lebenswirklichkeit in bayerischen Pflegeheimen überhaupt nicht widerspiegeln. Ich habe mit drei Leitungen von Pflegeheimen telefoniert und mich erkundigt, ob dieses Thema bei ihnen aufkommt. – Null! Ich habe mit dem Pflegebeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Hermann Imhof heute ein längeres Gespräch geführt. Er sagte, weder in seiner Zeit, die er bei der Caritas verbrachte, noch in seiner Zeit als Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung war dies jemals ein Thema. Deshalb sage ich noch einmal: Die Lebenswirklichkeit, die Sie beschreiben, hat mit der Realität nicht allzu viel zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Noch etwas zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie werden erstens bereits – Kollegin Heckner kommt noch darauf zu sprechen – in ihrer Ausbildung natürlich entsprechend geschult. Ihnen wird erstens das Menschenbild vermittelt, das das Grundgesetz vorgibt. Ich habe vorhin aus den Artikeln 1 bis 3 des Grundgesetzes zitiert. Zweitens werden sie in Biografiearbeit geschult. Wenn jemand in ein Heim kommt, wird er natürlich unterstützt. Wie sieht es mit den pflegerelevanten Grundlagen der Ethik aus, alle Menschen situationsbezogen zu pflegen? – Dies alles wird bereits jetzt vermittelt. Das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz schreibt jetzt schon vor, dass die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen in Heimen und anderen Einrichtungen zu schützen sind und dass die Selbstständigkeit und die Selbstbestimmung entsprechend gewahrt und gefördert werden müssen, was selbstverständlich auch die sexuelle Orientierung und Sensibilität umfasst.

Nach diesen Maßstäben wird schon jetzt durch die FQA geprüft. Deshalb halten wir und halte ich ihre gesonderte Aufnahme als weiteren Schlüsselpunkt in den Prüfleitfaden der FQA für nicht erforderlich und lehnen den Antrag auch ab.

Der letzte Punkt betrifft Russland:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, ihren Einfluss bei der Regierung der Russischen Föderation geltend zu machen und auf eine Abschaffung der antihomosexuellen Gesetzgebung in Russland zu dringen.

Einen solchen Antrag stellen Sie. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo fangen wir an, und wo hören wir auf? Wollen wir jeden Punkt, der in der Weltpolitik aktuell ist, zum Gegenstand von Plenardebatten im Bayerischen Landtag machen? Bildungsgerechtigkeit in den USA, Meinungsfreiheit in China, die Situation älterer Menschen in Kambodscha, Ernährungsgewohnheiten der Bergbauern in Venezuela: Wollen wir dies alles diskutieren? – Nein, nein; wir als CSU lehnen den Antrag ab, weil wir uns nicht in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen wollen und einmischen werden.

(Beifall bei der CSU)

Wenn der SPD-Fraktion dieser Antrag so wichtig ist, dann rate ich, den nächsten Fraktionsausflug nach Russland, nach Moskau zu machen. Ich rate dazu, vielleicht den SPD-Altkanzler Gerhard Schröder mitzunehmen. Es gibt keinen, der bessere Beziehungen zu Wladimir Putin hat als Gerhard Schröder; er kann ja dann das Thema bei Wladimir Putin anbringen. Wir

als CSU-Fraktion wünschen Ihnen jedenfalls viel Erfolg bei Ihren Bemühungen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Kollege Vogel. – Für die Fraktion FREIE WÄHLER: Professor Bauer. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Würde des Menschen ist unantastbar. Darüber sind wir uns doch alle einig. Artikel 1 des Grundgesetzes schützt auch alle schwulen Männer, alle lesbischen Frauen und alle Transgender. Sie werden alle geschützt. Wir FREIE WÄHLER haben – das darf ich Ihnen versichern, Frau Kollegin Zacharias; ich habe sehr wohl vernommen, was Sie vorhin gesagt haben – uns in der Fraktion und auch in den zuständigen Arbeitskreisen nochmals sehr ausführlich über dieses Thema unterhalten. Es ist genauso wie bei Ihnen: Es gibt eben Mehrheiten. Wenn sich in einer Fraktion Mehrheiten gebildet haben, werden diese Mehrheiten an diesem Rednerpult entsprechend vertreten.

Neue Argumente und neue Erkenntnisse sind in diesen ausführlichen Diskussionen nicht aufgetaucht. Das heißt also, unser Abstimmungsverhalten wird sich mit demjenigen in den Ausschüssen decken.

Das bedeutet ganz konkret: Beim ersten Antrag – das ist die Drucksache 17/17797 – haben wir mit Ablehnung gestimmt, beim zweiten Antrag – das ist die Drucksache 17/17798 – ebenfalls mit Ablehnung. Beim dritten Antrag – das ist die Drucksache 17/17799 – haben wir mit Enthaltung gestimmt, beim Antrag auf Drucksache 17/18139 ebenfalls mit Enthaltung. Glauben Sie uns: Wir haben ernsthaft darüber diskutiert.