Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Da liege ich schon. Dann bleiben Sie aber besser draußen.

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN und Ab- geordneten der CSU)

Lieber Herr Staatsminister Söder, für die FREIEN WÄHLER ist Haushaltspolitik weder Philosophie noch Mathematik, sondern es geht um die richtige politische Schwerpunktsetzung. Die Finanzen bilden den Rahmen dessen, was wir politisch umsetzen wollen.

Aber am Anfang einer jeden Haushaltsrede muss, vor allem wenn man sich über gute Zahlen freut, eines stehen, und das habe ich bei Ihnen vermisst: der Dank an die Steuerzahler, an die Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass wir uns über diese Steuereinnahmen freuen können und so viel Gestaltungsspielraum haben, meine Damen und Herren. Unternehmer, Arbeitnehmer, alle Menschen in Bayern sind dafür verantwortlich, dass wir hier für unsere Bürger, für den Freistaat Bayern handeln können und handlungsfähig sind.

Sie haben zu Recht angesprochen, dass die Entwicklung der Verschuldung des Freistaats Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern eine Erfolgsgeschichte ist. Aber es gibt auch im bayerischen Haushalt einige Punkte, die uns Sorgen machen.

Es ist richtig, dass wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung, dass alle hier im Haus vertretenen Fraktionen das Desaster Landesbank bewältigt haben. Der Ehrlichkeit halber muss man aber schon fragen: Wer hat uns das denn eingebrockt? – Das waren Vertreter Ihrer Fraktion.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Wider- spruch des Abgeordneten Peter Winter (CSU))

Natürlich haben wir auch versteckte Verschuldung, angefangen von der Verkehrsinfrastruktur bis hin zum Personal. Wenn ich von Ihnen höre, dass seit 2009 über 4.000 Stellen bei der Polizei neu geschaffen wurden, ist das zwar richtig, im Übrigen darf ich aber schon daran erinnern: Wir sind seit 2008 im Bayerischen Landtag und haben jedes Jahr mit starker Stimme mehr Personal bei der Polizei gefordert. Es ist schön, dass Sie unsere Anregungen aufgegriffen haben. Doch Herr Ministerpräsident Stoiber hat die Polizei kaputtgespart, hat Stellen abgebaut, und wir müssen das reparieren,

(Peter Winter (CSU): So ein Mist!)

was vor gut einem Jahrzehnt falsch gelaufen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Richtige Schwerpunktsetzung: Unsere Schwerpunktsetzung strebt an, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu schaffen. Auch da hat sich eine

Menge getan, seit die FREIEN WÄHLER dem Bayerischen Landtag angehören.

(Lachen des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Als wir hierherkamen, gab es einen von Ihnen installierten Zukunftsrat. Der Zukunftsrat hat Metropolenpolitik empfohlen. Es ist schön, gut und richtig, dass wir hierbei eine Kehrtwende vollführt haben. Ich erkenne ausdrücklich an, Herr Staatsminister, dass Sie mit dem Thema Behördenverlagerungen hierzu beitragen.

Meine Damen und Herren, damit ist es aber natürlich nicht getan. Um gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu erreichen, brauchen wir eine Stärkung der Kommunen. Vor Ort müssen die Gesetze umgesetzt werden, die hier im Bayerischen Landtag oder im Bundestag beschlossen werden. Dafür brauchen die Kommunen in ganz Bayern, nicht nur in den starken Regionen, ausreichende Finanzmittel. Deswegen werden wir das, was wir seit 2008 hier im Landtag fordern, weiterhin fordern, nämlich die Verschiebung der Arithmetik des Finanzausgleichs, insbesondere beim allgemeinen Steuerverbund. Wir brauchen 15 % des allgemeinen Steuerverbunds für die Kommunen – in guten wie in schlechten Zeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir brauchen auch mehr Geld für den kommunalen Straßenbau und den ÖPNV. Deswegen müssen wir unseren Anteil, den Kommunalanteil am Kfz-Steuerverbund, deutlich erhöhen. Auch hierzu haben wir einen Gesetzentwurf eingebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Herr Staatsminister, Sie haben die Digitalisierung angesprochen. Auch da sind wir inzwischen auf dem richtigen Weg. Ich darf aber an Ihren Vorvorgänger erinnern, den früheren Staatsminister Erwin Huber, der gesagt hat, Breitband sei keine Staatsaufgabe. Das war, bevor wir im Landtag waren. Gott sei Dank hat mit unserer starken Stimme

(Zurufe von der CSU: Oh!)

inzwischen ein Umdenken stattgefunden. Zwischenzeitlich ist auch bei Ihnen angekommen, dass wir in die Digitalisierung als eine wesentliche Zukunftsaufgabe natürlich investieren müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben die Wirtschaft und Robotik angesprochen, ausgerechnet Robotik, Herr Staatsminister. Sie haben ja so recht! Aber sagen Sie das doch einmal Ihrer Wirtschaftsministerin. Warum haben wir die Firma KUKA nach China verloren? – Das war nun wirklich kein Ruhmesblatt bayerischer Wirtschaftsgeschichte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, auch der Wohnungsbau ist bei der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ein Thema. Für uns FREIE WÄHLER ist das die größte sozialpolitische Herausforderung der Gegenwart. Warum ist das so? – Weil 50 % der Bayern zur Miete wohnen. Selbstverständlich hat auch der Wohnungsbau Einfluss auf die Preise, wenn es um den Erwerb von Wohnraum geht. Das heißt, es trifft im Grunde genommen alle. Deswegen müssen wir hier einen Schwerpunkt setzen, und auch da heißt der Schlüssel Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern. In München haben wir inzwischen 10.000 Euro pro Quadratmeter Gestehungskosten im Neubau. 10.000 Euro pro Quadratmeter! In anderen Landesteilen erwerben Sie Eigentum für 2.000 Euro. Natürlich ist der Landkreis Hof nicht mit dem Landkreis München zu vergleichen, aber wir müssen diese Schere ein Stück weit schließen. Wir müssen dazu kommen, dass alle Landesteile in Bayern die gleiche Chance bekommen, sich zu entwickeln. Das wird ein gewaltiger Mehrwert für Bayern sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Was kann man nun tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, um das Bauen wieder bezahlbar zu machen, um ausreichenden Wohnraum zu schaffen? – Als Allererstes müssen wir uns deutlich gegen ein Volksbegehren zur Reduzierung des Flächenverbrauchs stellen. Denn das macht das Bauen noch einmal teurer.

Kollege Gehring, der im Augenblick leider nicht da ist, hat mit mir vor Kurzem in Füssen einen Vortrag besucht, der zum Inhalt hatte, wie das Flächenmanagement, das ihr hier im Landtag eingebracht habt, funktionieren soll, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dabei können die Kommunen, die mehr ausweisen, von denjenigen, die weniger ausweisen, Flächenzertifikate kaufen. Ich habe gefragt, wie hoch der Ausgleichsbetrag für einen Quadratmeter Bauland liegen soll. Und ich bekam zur Antwort: 91 Euro. 91 Euro pro Quadratmeter! Und wer bekommt es? – Es sind Gemeinden wie Ottobrunn, die nichts mehr ausweisen, weil sie gar keine Flächen mehr haben, während diejenigen, die Bedarf an Wachstum in einem strukturschwachen Raum haben, bezahlen müssen. Das kann nicht ernst gemeint sein.

Nun zu einem nächsten wesentlichen und wichtigen Punkt, bei dem Sie im Bund gefordert sind. Sie haben in den letzten Jahren durch Gesetze, die Energieeinsparverordnung und anderes das Bauen teuer gemacht. Sie haben es versäumt, steuerliche Anreize zum Beispiel bei der Abschreibung zu setzen, und Sie haben Förderprogramme, die wir beantragt haben, abgelehnt. Das kann doch nicht richtig sein. Wenn wir jetzt sagen, wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, dann müssen wir doch alle zusammenstehen und die Kräfte bündeln, um dahin zu kommen, den ständigen Zuzug, den wir in Bayern haben, zu bewältigen. Vor zehn Jahren hatten wir 12 Millionen Einwohner, jetzt sind es 13 Millionen. Natürlich brauchen diese Zuzügler Wohnraum. Wir müssen entsprechend politisch reagieren.

Auch die Krankenhausfinanzierung wurde angesprochen; auch das ist ein wesentlicher Baustein für gleichwertige Lebensverhältnisse. Wir brauchen flächendeckend gut ausgestattete und gut funktionierende Krankenhäuser. Wir fordern seit Jahren die Gelder dafür ein. Jahrelang wurden unsere Anträge abgelehnt. Jetzt endlich kommen 140 Millionen Euro. Wir brauchen in Wirklichkeit mehr als diese 140 Millionen. Aber es ist immerhin ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Schön, dass Sie auch diese Anregung der FREIEN WÄHLER aufgreifen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich komme zu einem weiteren Thema, das gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern betrifft. Ich meine die Verkehrsinfrastruktur. Dazu habe ich leider nur wenig gehört. Wir haben einen neuen Bundesverkehrswegeplan. Darin sind auch einige wenige wichtige Projekte für Bayern enthalten. Die müssen aber nun abgearbeitet werden; denn das macht sich nicht von allein. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr 140 neue Stellen für die Autobahndirektionen und die Staatlichen Bauämter gefordert. 107 sind bewilligt worden; vielen Dank. Auch da haben Sie unsere Anregung weitestgehend aufgegriffen. Aber wir müssen diese Stellen schnell besetzen. Noch sind sie nicht besetzt. Es ist das Ärgerlichste überhaupt, wenn wir hier im Hohen Haus etwas beschließen und die Exekutive es nicht umsetzt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen auch bei der Schiene etwas tun, auch wenn es nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Ihr Verkehrsminister Dobrindt hat leider am Kabinettstisch in Berlin nicht die nötige Power gehabt, um ausreichend Geld für Straße und Schiene herauszuholen. Deswegen gibt es in Bayern immer noch weite Landesteile, wo die Schiene nicht elektrifiziert ist. Liebe

Kolleginnen und Kollegen, was schimpfen wir eigentlich über Dieselfahrzeuge, wenn unsere Züge noch mit Dieselantrieb fahren. Das ist nicht glaubwürdig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da müssen wir anders agieren; da müssen wir umsteuern. Es kann nicht sein, dass wir der Wirtschaft Vorschriften machen und selber bei diesem Thema hinterherhinken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch einen anderen Punkt neben der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, dem dieser Haushalt gerecht werden muss. Unsere Rekordsteuereinnahmen basieren auch darauf, dass faktisch jedes Jahr die Steuern erhöht werden. Ich meine nicht uns in Bayern, sondern Berlin. Die kalte Progression ist Jahr für Jahr eine schleichende Steuererhöhung. Die Ankündigung, die kalte Progression zu stoppen, hören wir hier mantraartig in regelmäßigem Turnus. Aber Sie tun es nicht, obwohl Sie in Berlin nun seit 2005 mitregieren und es wohl auch zukünftig tun werden.

Stoppen Sie endlich auf Bundesebene die kalte Progression, und lösen Sie Ihr Wahlversprechen ein, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen! Auch bei der Erbschaftsteuer sind wir doch gar nicht so weit auseinander. Setzen Sie das alles um, und kündigen Sie es nicht nur an! Die Bürgerinnen und Bürger haben es verdient.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir tun das unsere, um die Menschen finanziell zu entlasten. Wir haben vor wenigen Wochen einen Gesetzentwurf eingebracht. Im September haben wir angekündigt, die Straßenausbaubeiträge abschaffen zu wollen. Wir haben innerhalb von wenigen Wochen einen Gesetzentwurf erarbeitet und ihn hier im Hohen Hause eingebracht. Wir reden nicht nur, nein, wir handeln. Jetzt liegt der Gesetzentwurf hier auf dem Tisch, und Sie haben die Wahl, dem Gesetzentwurf zuzustimmen oder aber auch nicht. Wenn Sie es nicht tun, werden wir die Frage dem Volk vorlegen; wir werden ein Volksbegehren beantragen. Es kann nicht sein, dass in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen der Bürger nicht entlastet wird, schon gar nicht von den ungerechten Straßenausbaubeiträgen, die einen Teil unserer Bürger unverhältnismäßig hart treffen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben in der Vergangenheit auch dafür gesorgt, dass die Studiengebühren fallen, und wir machen nachhaltig Druck, dass auch die Eltern von Kindergarten- oder Kindertagesstättengebühren entlastet werden. Hier müssen wir etwas für unsere Familien tun.

Wir reden nicht nur; wir handeln! Sie werden es bei den Änderungsvorschlägen zum Nachtragshaushaltsgesetz sehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, kommen wir ganz zum Schluss zu einem Punkt, den Sie, Herr Finanzminister, an den Anfang gestellt haben, nämlich die innere Sicherheit. Ich stimme mit Ihnen ausdrücklich überein, dass die innere Sicherheit ein ganz wesentlicher Anker unserer gesellschaftlichen Stabilität ist. Im Grunde genommen ist Sicherheit das Fundament zur freien Entfaltung der Persönlichkeit, zur Wahrnehmung der Grundrechte. Weil das so wichtig ist, sagen wir zunächst einmal einen ganz herzlichen Dank an all diejenigen, die unsere Sicherheit garantieren. Sie leisten einen tollen Job, aber sie brauchen auch unsere Unterstützung. Ich meine damit die Polizei, ich meine damit aber auch die Sicherheitsbehörden in den Landratsämtern, in den kreisfreien Städten und anderswo. An der einen oder anderen Stelle gibt es hier noch kräftigen Nachholbedarf.

Momentan läuft der Untersuchungsausschuss Bayern-Ei. In diesem Untersuchungsausschuss haben wir von Landräten der CSU und der SPD gehört, dass im Bereich der Gesundheit eklatante personelle Defizite bestehen. Hier werden Überlastungsanzeigen geschrieben; das ist eine Mangelverwaltung. Das kann eigentlich für eine Staatsregierung und eine Mehrheitsfraktion nicht richtig sein, die sich die innere Sicherheit als Markenkern auf ihr Panier geschrieben haben. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass diese Defizite ausgeglichen werden und dass auch diese Verwaltungseinheiten wieder so arbeiten können, wie es ihrem Auftrag entspricht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vieles ist gut im Freistaat. Wir stehen im Vergleich zu anderen Ländern hervorragend da. Das ist aber nicht in allen Punkten der Fall. Herr Kollege Güller hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass manches etwas schöner gemalt wird, als es tatsächlich ist. Geschenkt. Wir stehen gut da. Aber das ist nicht gottgegeben. Wir müssen täglich, monatlich und jährlich, wir müssen dauerhaft darauf achten, dass wir unsere Spitzenstellung halten und ausbauen. Wir müssen verantwortungsbewusst mit unseren Haushaltsmitteln umgehen. Und, ich sagte es zu Beginn, wir müssen die richtigen Schwerpunkte setzen.

Wir FREIEN WÄHLER setzen den klaren Schwerpunkt bei der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern. Das sichert uns auf Jahrzehnte

hinaus Stabilität, Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Dem sind wir verpflichtet.