Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Bekannt sind uns allen die eben angesprochenen großen Flotten in den zwölf großen Städten. Die bekanntesten auf dem Markt sind car2go von Daimler oder DriveNow von BMW. Bei Daimler gibt es 886.000 und bei BMW 720.000 Kunden. Das ist der Teil der nicht stationsgebundenen Unternehmen. Dem stehen die gegenüber, über die wir heute diskutieren und die im Gesetz zu regeln sind: Das sind die sogenannten stationsbasierten Unternehmen. Hier ist der größte Anbieter auf dem Markt Flinkster der DB, Stadtmobil oder STATTAUTO München mit 315.000, 63.000 und 13.000 Kunden. Wenn man die Anzahl der als Carsharing-Fahrzeuge zugelassenen Fahrzeuge sieht, ist es so, dass die Zahl von 2010 auf 2017 von 3.000 auf nahezu 20.000 zugenommen hat. Sie spielen natürlich bei 46 Millionen zugelassenen Fahrzeugen eine verschwindend kleine Rolle. Aber diese stationsbasierten Fahrzeuge stehen eben in 597 Städten und nicht in 12 Metropolen; sie stehen in der Fläche, also auch in unseren Gemeinden draußen. Deshalb müssen wir das stationsgebundene Carsharing natürlich regeln; denn im öffentlichen Parkraum entsteht eine Konkurrenzsituation, wenn die Zahl dieser Fahrzeuge zunimmt. Wir müssen da auch gewerberechtliche Fragen regeln.

Herr Staatssekretär Zellmeier hat in seiner kleinen Regierungserklärung zu den Themen der Mobilität

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)

vieles schon angesprochen.

(Erwin Huber (CSU): Gut hat er es gemacht!)

Wenn ein Lob von Erwin Huber kommt, muss es etwas wert sein.

(Volkmar Halbleib (SPD): Dann wird es gefährlich!)

Meistens sogar sehr gefährlich.

Der Bund hat sich mit seinem Carsharinggesetz natürlich nur auf Bundesstraßen bezogen. Deshalb ist es richtig, dass die Staatsregierung nachlegt und im bayerischen Straßen- und Wegerecht eine Regelung für Staatsstraßen, Gemeindestraßen und Kreisstraßen findet. Wir finden das als FREIE WÄHLER-Fraktion grundsätzlich gut. Wir sind der Meinung, am Ende müssen die Kommunen für ihr Gebiet die richtigen und wichtigen Regelungen finden können. Deshalb freuen wir uns auf die Beratungen und werden an ihnen im Wirtschaftsausschuss und im Verkehrsausschuss aktiv teilnehmen und werden sehen, was das Gesetz für uns bringen wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Ganserer.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, als am 1. Dezember 2016 auf Antrag der SPD eine Aussprache zum Carsharinggesetz des Bundes stattfand, befand es sich in der Verbändeanhörung. Ich habe schon damals im Wirtschaftsausschuss gesagt, dass das Gesetz der Großen Koalition im Bund alles andere als ein großer Wurf ist und dass wir dringend ein eigenes bayerisches Carsharinggesetz brauchen. Der Gesetzentwurf, der heute vorliegt, zeigt, dass ich recht gehabt habe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Carsharing wächst, und das nicht nur in den großen Städten, sondern auch in kleinen Kommunen auf dem Land. In den letzten Jahren gab es zweistellige Zuwachsraten; viele Zahlen sind schon von meinen Vorrednern genannt worden. Zum 1. Januar dieses Jahres hat die Anzahl der Carsharing-Nutzer bundesweit die Zwei-Millionen-Grenze überschritten. Carsharing wächst, aber nicht wegen, sondern trotz der Verkehrspolitik der CSU im Bund und im Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Carsharing ist nämlich kein Ersatz für das eigene Auto, sondern eine Ergänzung mit multifunktionaler Mobilität und funktioniert nur dann gut, wenn der ÖPNV gut ausgebaut wird. Deshalb wird es auch in kleinen Städten und Kommunen nicht reichen, einfach Parkplätze für Carsharing bereitzustellen und zu meinen, dann wird das Angebot sofort angenommen, sondern da muss sich mehr tun.

Es schadet auch nichts, mit einem Carsharinggesetz den Verwaltungsvollzug in Bayern zu vereinheitlichen; dagegen haben wir nichts. Aber Kommunen, die Carsharing wirklich fördern wollten, haben das lange vor dem Bundesgesetz getan und hatten damit Erfolg. Ich nenne als Beispiel die Stadt Bremen und für Bayern die Stadt Nürnberg.

Als einer von wenigen Abgeordneten im Bayerischen Landtag bin ich seit Jahren Carsharing-Kunde. Oder gibt es noch andere, die Carsharing-Kunde sind? – Ich glaube, das sind noch unser Fraktionsvorsitzender, Jürgen Mistol und Herr von Brunn von der SPD. Ah, Herr Huber auch. Das ist ja wunderbar.

Aus Sicht des Kunden ist es relativ egal, wo die Autos stehen, ob wie bisher auf privaten Parkplätzen, in Hinterhöfen oder zukünftig im öffentlichen Raum. Als Kunde habe ich nämlich ganz andere Probleme. Ich habe beispielsweise das Problem, dass die verschiedenen Anbieter immer noch keine einheitliche Buchungsplattform haben. Somit entstehen Insellösungen, die teilweise nicht zu nutzen sind. Ich habe Bedenken, wenn die Verträge auf acht Jahre geschlossen werden. Wenn ein Unternehmen Carsharing-Kunden wirbt, nach acht Jahren der Vertrag ausläuft und das Unternehmen vom Markt verdrängt wird, sollten die Kunden dann zu einem anderen Anbieter wechseln oder kann man sich auf eine einheitliche Buchungsplattform einigen? – Als Negativbeispiel für Bayern verweise ich auf das, was der Landkreis Bamberg aufgebaut hat und Carsharing nennt. Ich muss heute noch per Telefon und während der Geschäftszeiten der Kommune das Auto reservieren. Ich muss dann meinen Schlüssel abholen und handschriftlich ein Fahrtenbuch führen. Zum Schluss muss ich noch den Schlüssel abgeben. Wer so etwas auflegt, der zeigt, dass er von Carsharing keine Ahnung hat. Noch dazu ist das System im Landkreis Bamberg nicht mit dem Angebot des stationsgebundenen CarsharingVereins "meiaudo" in der Stadt Bamberg kompatibel. Dies zeigt, dass wir für das Carsharing noch sehr stark werben müssen. Das muss auch ordentlich geschehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bereits im Jahr 2012 unterzeichneten der Geschäftsführer des Bundesverbands Carsharing, der damalige Bayerische Ministerpräsident und der Umweltminister eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit. Herr Zellmeier, es ist schön, dass Sie allgemeine Ausführungen zur Verkehrspolitik gemacht haben, aber selbst da fehlte Ihnen der Antrieb. Ich frage Sie: Was hat die CSU in den letzten sechs Jahren für die Förderung von Carsharing gemacht? – "Nichts" wäre

übertrieben. Aber "fast gar nichts" ist auch nicht viel besser.

Auf meine Anfrage auf Drucksache 17/4519 hin musste die CSU-Regierung zugeben, dass nur das Staatliche Bauamt Ansbach und in wenigen Ausnahmefällen das Landwirtschaftsministerium Carsharing nutzen. In unserem Antrag "Carsharing in Bayern vorantreiben" haben wir die CSU-Regierung aufgefordert, mit Carsharing-Unternehmen zu kooperieren, anstelle von Dienstwägen verstärkt Carsharing-Angebote zu nutzen, den Unternehmen an staatlichen Einrichtungen nach Möglichkeit Parkplätze zur Verfügung zu stellen und mit einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit zu werben. Aber die CSU hat diesen Antrag abgelehnt.

Egal, ob Free-Float der Automobilkonzerne oder kleiner Carsharing-Verein, mit oder ohne Carsharinggesetz – am Ende müssen sich diese Unternehmen wirtschaftlich tragen und Geld verdienen. Wer Carsharing fördern möchte, der sollte es am besten nutzen. Dies gilt auch für die öffentliche Hand, die mit gutem Beispiel vorangehen soll. Ich freue mich auf die weitere Aussprache in den Ausschüssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Jetzt habe ich einige organisatorische Informationen, die die Fraktionen in Abstimmung untereinander vereinbart haben. Zunächst geht es um die Tagesordnungspunkte 7 m und 7 n. Die Ersten Lesungen zu den Gesetzentwürfen der SPD-Fraktion zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen "Allen Schülerinnen und Schülern den Besuch von Erinnerungsorten ermöglichen", Drucksache 17/21764, und zur Änderung des Gedenkstättenstiftungsgesetzes, Drucksache 17/21765, werden von der heutigen Tagesordnung abgesetzt und auf die Sitzung am 6. Juni 2018 verschoben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Einführung eines Ehrenzeichens für 50-jährigen aktiven Dienst in

Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (Drs. 17/20424) - Zweite Lesung

Hier haben sich die Fraktionen darauf verständigt, auf die Aussprache zu verzichten. Somit können wir gleich zur Abstimmung kommen.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/20424 und die Beschlussempfehlung des endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/21828 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt Zustimmung. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, im neuen Artikel 2 Absatz 4 Satz 1 die Wörter "des Innern, für Bau und Verkehr" durch die Wörter "des Innern und für Integration" zu ersetzen sowie in § 4 als Datum des Inkrafttretens den "1. Juni 2018" einzufügen.

Durch die vorher beschlossene Änderung des Bayerischen Datenschutzgesetzes ist in § 2 – das ist die Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes – der Hinweis auf die letzte Änderung bei der Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt entsprechend anzupassen.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Auch keine Stimmenthaltungen. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Auch keine Stimmenthaltungen. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Einführung eines Ehrenzeichens für 50-jährigen aktiven Dienst in Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz".

Nun rufe ich zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 7 k und 7 l auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Martin Stümpfig u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zum Schutz des Klimas und zur Anpassung an den Klimawandel im Freistaat Bayern - Bayerisches Klimagesetz (Drs. 17/21585) - Erste Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Natascha Kohnen, Florian von Brunn u. a. und Fraktion (SPD) für ein Bayerisches Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Bayern und zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (Drs. 17/21763) - Erste Lesung

Bei beiden Gesetzentwürfen werden die Begründung und die Aussprache miteinander verbunden. Damit hat das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zehn Minuten und die SPD-Fraktion elf Minuten Redezeit. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Stümpfig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wein statt Bier, Hirse statt Weizen, Wandern statt Skifahren, Akazien statt Fichten, Sturmschäden, Bodenerosion, Überschwemmungen und Dürren. Wir alle spüren die Auswirkungen der Erdüberhitzung am eigenen Leib, und in Zukunft werden wir diese noch viel stärker spüren. So kann es dann tatsächlich in Bayern heißen: Wein statt Bier.

Der Mensch ist ein Meister im Verdrängen. Aber die Wissenschaft führt uns die negativen Auswirkungen der Erdüberhitzung schonungslos vor Augen, wenn wir sie denn schon wollen. Heute schon haben wir in Bayern einen Temperaturanstieg von 1,2 Grad Celsius in der Durchschnittstemperatur zu verzeichnen. Die Anzahl der heißen Tage hat sich verdoppelt. Denken Sie nur an den letzten Freitag, an dem wir im April nahezu 30 Grad Celsius hatten. Starkregen-Wetterlagen treten immer häufiger ein. Bei Schäden haben wir Rekorde zu verzeichnen. Laut der Münchener Rück hat es im letzten Jahr die höchsten Schäden aufgrund von Klimaänderungen gegeben. Der Golfstrom hat sich um 15 % abgeschwächt. Es gibt Änderungen im Jetstream usw. Alles geht noch viel schneller und verläuft noch viel dramatischer, als dies von Wissenschaftlern prognostiziert worden ist. Wir steuern auf unkalkulierbare Folgen der Erdüberhitzung zu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was passiert in Bayern? – In Bayern hält ein frischgebackener Ministerpräsident an einem schönen Mittwochnachmittag im

April seine Antrittsrede. Was sagt der 51-jährige Vater zu diesen drängenden Problemen und zu dieser Situation? Wir wissen immerhin, das wird die Herausforderung der Menschheit, die uns, unsere Kinder und die nächsten Generationen mit massiven Veränderungen extrem stark treffen und bedrohen wird. Was sagt also der frischgebackene Ministerpräsident während seiner einstündigen Rede dazu?

(Thomas Gehring (GRÜNE): Nichts!)

Sie hören richtig: nichts. Kein einziges Wort zum Thema Klimaschutz. Kein einziges Wort.

(Tobias Reiß (CSU): Ja, freilich hat er was gesagt!)

Nein, er hat kein einziges Mal das Wort Klimaschutz erwähnt. Das ist unfassbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine schallende Ohrfeige für unsere Kinder und für die nächsten Generationen. Das ist unfassbar. Selbst Herr Seehofer hat es bei seiner Regierungserklärung im Jahr 2013 geschafft, das Klimaschutzprogramm Bayern 2050 zu erwähnen. Er hat auch die Bewahrung der Schöpfung erwähnt. Herr Söder war einmal Umweltminister. Er hat das alles komplett vergessen. Damals waren es zwar auch nur Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden, die die CO2-Emissionen in Bayern nicht gesenkt haben, aber jetzt treten wir anscheinend in eine Phase ein, in der das Thema totgeschwiegen wird. Das ist unglaublich. Wir, die GRÜNEN, werden das nicht hinnehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)