Protokoll der Sitzung vom 15.05.2018

Danke schön. – Ich eröffne die Aussprache. Frau Kollegin Hiersemann ist die erste Rednerin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Seit Amtsantritt des Ministerpräsidenten scheint es fast täglich Geschenke vom weiß-blauen Himmel zu regnen. Das sind jedoch Geschenke, die sich beim Auspacken als leere Hüllen entpuppen. Eines dieser Geschenke ist also das neue Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen. Es soll dazu dienen, den Aufenthalt von abgelehnten Flüchtlingen so schnell wie möglich zu beenden. Zuvor soll es die zentrale Passbeschaffung erledigen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass beispielsweise Afghanen zu der für sie teilweise unmöglichen Beschaffung einer Tazkira verpflichtet werden. Minister Herrmann hat es bereits vorgetragen; das spart mir Zeit. Schubaufträge, Flugbuchungen und die Koordinierung von Sammelabschiebungen können durchgeführt werden. Kurz gesagt: Es soll eine Behörde ausschließlich für die Abschiebung von Flüchtlingen sein.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ein Reisebüro!)

Das ist ein vergiftetes Geschenk an die Menschen in diesem Land. Es ist nur dafür geeignet, die zu bestärken, die fürchten, es wimmle geradezu von gefährlichen Straftätern unter den Flüchtlingen. Der Gesetz

entwurf will vorgaukeln: Nun schafft die Staatsregierung endlich eine Ordnung.

Diese Ordnung gab es offenbar aus Sicht der Staatsregierung bisher nicht gut genug. Aber wie es mit Geschenken, die man überhastet besorgt, so ist – in diesem Fall für die extrem rechte Wählerschaft vor dem Wahltag –, sind diese auch Anlass zu Enttäuschungen. So ist es auch mit diesem Landesamtsgeschenk. Sein Aufgabenbereich ist nämlich nichts anderes als die Abschiebung. Deshalb sollte das Geschenk bitte auch so heißen, meine Damen und Herren von der CSU. Sie wollen damit nämlich nichts für Asyl oder gar Integration tun, auch nicht für die Menschen, die man aus diversen Gründen gar nicht abschieben kann, auch dann nicht, wenn ihr Asylantrag schon abgelehnt wurde.

Würden Sie es mit dem Begriff Asyl wirklich ernst meinen, dann würde dieses Amt die Kommunen bei der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge unterstützen. Es würde den Zigtausend ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern helfen, die täglich Integrationsarbeit leisten und sich mühevoll durch die immer komplizierter werdenden Regelungen, vor allem in Bayern, kämpfen müssen. Dieses Amt könnte noch viel mehr Positives leisten.

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, aber all dies wollen Sie nicht. Herr Minister, mit Verlaub, auch der geplante Personalbestand ist Augenwischerei. Die Behörde soll inklusive der ZAB über einen Personalbestand von etwa 1.000 Stellen verfügen – so sagen Sie. Aber die ZAB haben überhaupt keinen vollen Personalbestand. Im Rechts- und Verfassungsausschuss hat man uns genau erklärt, dass auch nach drei Jahren gerade einmal etwa 70 % der vorgesehenen Stellen in den ZAB besetzt sind. Man hat dort ausführlich und wortreich von einem Vertreter des Innenministeriums gehört, die ZAB seien extrem wichtig. Man hat sie erfunden, um zum Beispiel die hochkomplexen Rückführungsaufgaben zu erfüllen. Offenbar wurde das aus Sicht der Staatsregierung nicht gut genug gemacht; denn deshalb kommt jetzt das neue oberzentrale Landesamt, quasi maximal oberzentral über den zentralen Ausländerbehörden.

Man möchte meinen, neben den Geschenken regnet es auch Beamte vom Himmel. Sie haben keine Ahnung, von wo Sie die Beamten für die Zentralen Ausländerbehörden oder die zusätzlich 120 Beamten für das Landesamt herbekommen sollen.

Tatsächlich ist dieses Geschenk eine leere Hülle, ein Knallbonbon, das von außen allenfalls für die AfDWähler hübsch aussehen soll, aber beim Öffnen nur kurz und laut Peng macht.

Oder vielleicht soll es auch so laufen wie bei den Pflegegeldanträgen beim neuen Landesamt für Pflege. Da sollen nämlich die Beamten für die Bearbeitung eines Pflegegeldantrages eine Nebenamtsvergütung von zwei Euro pro Fall zusätzlich bekommen, nur dafür, dass sie ihre Arbeit machen.

Das ist eine besondere Wahlkampfhilfe für die CSU. Bekommt der Beamte des Abschiebeamtes vielleicht 2,50 Euro extra für jeden zusätzlich gefüllten Platz bei der Sammelabschiebung? Oder was genau ist der Plan, außer Wahlkampfgetöse für die Wählerschaft der AfD?

Dass über all dem noch das Wort "Asyl" verwendet wird, ist wirklich die Krönung des Missbrauchs von Sprache zu Wahlkampfzwecken, ebenso wie die Aussage des Ministerpräsidenten, es handele sich um – Zitat – "unser Bayern-BAMF". Das "B" in BAMF steht für "Bund". Ein "unser Bayern-BAMF" ist ein Widerspruch in sich; denn mit Asyl oder gar mit Integration hat das überhaupt nichts zu tun. Die Kompetenz zur Bearbeitung von Asylverfahren liegt beim Bund, und Integration wollen Sie ganz sicher nicht.

Der Präsident der Diakonie in Bayern hat es auf den Punkt gebracht, als er im März sagte: Mit dieser Bezeichnung wird "das hohe Gut des... geschützten Rechts auf Asyl in Misskredit gebracht." Da wollen Sie sicherlich nicht sagen, Michael Bammessel sei unbedarft und von Lügenpropaganda in die Irre geführt. Er weiß genau wie alle anderen großen Wohlfahrtsverbände, was er sagt; denn diese Verbände sind seit Jahren dazu da, die Asylsozialberatung zum Teil mit eigenen Mitteln durchzuführen – eine staatliche Aufgabe! Und als Dank dafür hat der Freistaat Bayern gerade Stellen in diesem Bereich teilweise gekürzt.

Dieser Bereich sollte unterstützt werden durch ein Landesamt für Integration. Das wäre etwas, worüber wir reden könnten. Kolleginnen und Kollegen von der CSU und sehr geehrter Herr Minister, Sie schaffen kein Landesamt für Asyl – das können Sie gar nicht, und das wollen Sie auch nicht –. Sie schaffen ein Amt für Sammelabschiebungen, um wieder einmal dem rechten Rand zu Gefallen zu sein und dort Ängste zu schüren, und in den Eingangsbereich hängen Sie dann noch ein hübsches großes Kreuz.

(Beifall bei der SPD)

Wenn das kein Populismus ist! Wenn das nicht unanständig ist, noch dazu im Zusammenhang mit der Kreuzdebatte der letzten Wochen, dann weiß ich nicht, was Populismus ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie dabei sind, die beiden Gesetzentwürfe, die eben besprochen worden sind, zurückzuziehen, schlage ich vor, nehmen Sie dieses Landesamt gleich mit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. – Nächster Redner ist der Kollege Straub.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gar nicht so sehr auf den Inhalt der Vorlage eingehen; das hat Herr Staatsminister Herrmann hervorragend gemacht. Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir damit den Vollzug des Asylgesetzes, der uns bis dato schon gut gelungen ist, weiterentwickeln.

Frau Hiersemann, ich entnehme Ihrer Rede, dass Sie Rückführungen überhaupt nicht durchführen wollen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Was? Natürlich!)

Im Asylgesetz ist vorgesehen, dass es anerkannte Asylbewerber und abgelehnte Bewerber gibt. Klare Meinung der CSU ist, dass abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat zurückgeführt werden müssen.

(Beifall bei der CSU – Anhaltende Zurufe von der SPD)

Auf der einen Seite bemängeln Sie immer, dass Leute, die mehr als drei Jahre hier sind, nicht mehr zurückgeführt werden dürfen, weil sie schon so lange da sind. Aber auf der anderen Seite tun Sie alles dafür, dass das Asylverfahren so lange wie möglich dauert.

(Markus Rinderspacher (SPD): Was? Sie müssen hier wohl Bierzeltreden halten!)

Es ist unzweifelhaft, dass die Rückführungen schneller vonstattengehen müssen.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Rinderspacher, hören Sie doch einmal kurz zu! Mit dem Landesamt für Asyl bündeln wir Kompetenzen. Wir können Synergien heben. Herr Staatsminister Herrmann hat schon sehr deutlich gesagt, was dieses Landesamt für Asyl tun soll. Das ist genau der richtige Weg.

Sie haben gesagt, wir würden Geschenke für AfDWähler machen. Ich habe kürzlich in der Zeitung gelesen, dass die CSU keine großen Abwanderungen zur AfD hat. Bei der SPD waren es 50 %, die als Neuwähler zur AfD gewechselt sind. Ich glaube, Sie sollten sich einmal Gedanken machen, wie Sie Ihre eigene

Klientel wieder bedienen können. Ihre eigene Klientel will nämlich genau das, was auch wir wollen.

(Beifall bei der CSU – Ingrid Heckner (CSU): Sehr gut!)

Wir wollen, dass abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat zurückkehren.

Sie sagen, wir sollten ein Landesamt für Integration schaffen. Die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung haben hier schon sehr lange gehandelt. Wir haben schon lange eine Beauftragte für Integration.

(Zurufe von der SPD)

Ja, eine Staatsbeauftragte! Und eines ist auch noch ganz klar: Bayern braucht sich von Ihnen in Sachen Integration nichts sagen zu lassen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie sind nicht Bayern! – Weitere Zurufe von der SPD)

Bayern ist das integrationsfreundlichste Bundesland. Das haben wir bewiesen.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Sie sind nicht Bayern!)

Wir sind weltoffen, und wir kümmern uns ganz hervorragend um die Integration anerkannter Asylbewerber, und zwar viel erfolgreicher als alle SPD-geführten Bundesländer.

Das soll es von meiner Seite gewesen sein. Unser Staatsminister hat inhaltlich alles vorgetragen, was zum Landesamt für Asyl gesagt werden musste.

(Anhaltende Unruhe bei der SPD)

Ich glaube, Sie sollten sich wieder viel mehr Gedanken über Ihre eigenen Wähler machen, dann wären Sie vielleicht wieder einmal erfolgreicher.

(Beifall bei der CSU)

Danke sehr. – Nächster Redner ist Herr Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind von diesem neuen Landesamt leider auch noch nicht so überzeugt, wie Sie es vielleicht hoffen; denn hier geht es konkret auch um das Thema Doppelstrukturen und Wasserkopf. Brauchen wir das Landesamt?

Es geht natürlich um eine schnellere Durchsetzung der gesetzlichen Ausreiseverpflichtung von Personen, deren Asylantrag vom BAMF abgelehnt wurde. Das klingt logisch und richtig, sofern kein Abschiebeverbot vorliegt. Jetzt soll dieses neue Landesamt tätig werden. Da fragen wir: Wird das neue Landesamt diese Probleme lösen können?

(Markus Rinderspacher (SPD): Nein!)

Okay, nein! Es wird im Moment gerade sehr viel diskutiert. Von Alexander Dobrindt wird der Begriff "Abschiebeindustrie" gebracht. Es wird kritisiert, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 44 % aller Asylbescheide von den Gerichten korrigiert wurden. Die Klagen waren berechtigt, und wer hier etwas ändern will, muss die Gesetze ändern, das ist klar.