Protokoll der Sitzung vom 15.05.2018

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Frau Staatsministerin Schreyer ums Wort gebeten. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich mich ganz herzlich bei Frau Kollegin Kohnen bedanken. Sie traut der Staatsregierung selbst dort, wo sie keine Verantwortung hat und nicht mit am Tisch sitzt, die Entwicklung hervorragender Lösungen zu. Ich denke, damit können wir sehr zufrieden sein. Frau Kohnen, ich danke Ihnen für das große Zutrauen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Frau Kollegin, der Beifall ist rauschend!)

Das ist klar. Die Kollegen hängen an meinen Lippen, die müssen nicht alle applaudieren. Das ist kein Problem, keine Sorge.

Sie wissen alle – das wurde mehrfach ausgeführt –, dass die Tarifautonomie eine hohe ist. Wenn wir an der Stelle weiterkommen wollen, ist auch klar, dass wir uns gesamtgesellschaftlich überlegen müssen, was die Arbeit am Menschen wert ist und ob wir diese Arbeit hochhalten wollen. Das kann man nicht im Rahmen der Aktuellen Stunde abhandeln. Frau Kollegin Gabi Schmidt hat darauf hingewiesen.

Wenn wir glaubwürdig sein wollen – das wurde mehrfach angesprochen –, ist es sinnvoll, wenn jeder dort, wo er kann, seine Hausaufgaben macht. An dem Tarifverhandlungstisch sitzt für die Kommunen seit sehr langer Zeit der SPD-Kollege Dr. Böhle. Er sitzt für die Münchner mit am Tisch und führt die Verhandlungen. Mich wundert es sehr, dass er offensichtlich über die Jahre bei den Tarifverhandlungen nicht weitergekommen ist. Glaubwürdige Politik wäre es, wenn diejenigen, die mit am Tisch sitzen, die Forderungen auch umsetzen.

(Beifall bei der CSU)

Bei den Tarifparteien gäbe es in der Tat einiges, was man anschauen müsste, beispielsweise die Kita-Bezahlung nach Köpfen. Die Leitung einer Einrichtung wird nach der Anzahl der Kinder in der Kindertagesstätte beurteilt und nicht nach der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das steht alles im Tarifvertrag. Das führt zu absurden Ergebnissen. Wenn sich eine Einrichtung entscheidet, Kinder unter drei Jahren oder Kinder mit Behinderung aufzunehmen, kann die Leitung sogar bestraft werden. Das steht alles im Tarifvertrag. Im Falle eines Arbeitgeberwechsels kann man sich durchaus verschlechtern. Diejenigen, die am Tisch sitzen, sollten bitte miteinander dafür Sorge tragen, dass ein solcher Tarifvertrag ordentlich funktioniert.

Das Ganze wird aber noch spannender. Ich zitiere die "tz" vom 20.09.2017:

Werbend hoben Strobl und Zurek hervor, dass das Einstiegsgehalt – inklusive München- und Arbeitsmarktzulage – für eine Erzieherin bei 3.156 Euro brutto liege. "Das ist nicht so schlecht", sagte Strobl.

So kann man es auch machen. In dieser Aktuellen Stunde ist alles schlecht. Die Bürgermeisterin sagt, es sei nicht so schlecht. Sie müssen miteinander einmal überlegen, wo Sie stehen.

Gerade wurde über die erzwungene Teilzeit diskutiert. Ich weiß nicht, wer von uns eine erzwungene Teilzeit bei den Erzieherinnen und Erziehern kennt. Erzieherinnen werden vielmehr gesucht. Von einer erzwungenen Teilzeit kann man nicht ausgehen. Insofern möchte ich deutlich sagen: Mir ist es wichtig, dass die Erzieherinnen und Erzieher mehr verdienen. Der Freistaat geht immer mit. Der Freistaat Bayern geht bei dem, was zwischen den Tarifparteien ausgehandelt wird, immer mit. Wir erfüllen unsere Aufgabe an dieser Stelle. Frau Gudrun Brendel-Fischer hat vorhin angesprochen, dass es heute eine Kabinettssitzung zum Thema Wohnraum gegeben hat. An dieser Stelle lamentieren viele und handeln nicht an den Stellen, wo sie sitzen. Wir entscheiden uns, dort, wo wir handeln können, auch zu handeln. Wir wollen Wohnraum schaffen. Die Erzieherinnen und Erzieher drückt das Problem des Mangels an kostengünstigem Wohnraum am meisten. Das ist der große Unterschied. Sie jammern eine Aktuelle Stunde durch; wir handeln dort, wo wir Verantwortung haben.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie verkaufen 33.000 staatliche Wohnungen!)

Ich bin sehr froh, dass wir an der Stelle weiterkommen. Deshalb kann ich meine Rede auch ruhig halten; denn wer schreit, hat in der Regel nicht recht.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde geschlossen. Wir kommen nun zu den Dringlichkeitsanträgen, die für die heutige Tagesordnung eingebracht worden sind.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Tobias Reiß u. a. und Fraktion (CSU) Mehr Wohnungsbau für Bayern (Drs. 17/22066)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Mehr Wohnungsbau in Stadt und Land (Drs. 17/22081)

Wir weichen bei den Rednerinnen und Rednern etwas von den sonstigen Gepflogenheiten ab. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Kollege Halbleib, das war so abgesprochen. Bitte schön.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Bayern braucht mehr Wohnraum. Das ist unbestritten. Der Grund dafür ist ein sehr positiver. Unsere Wirtschaft wächst. Es gibt viele Arbeitsplätze. Menschen finden Bayern attraktiv. Unsere Bildung ist in der Champions League. Die Menschen fühlen sich bei uns im Land sicher. Vielleicht hat das auch etwas mit stabilen politischen Verhältnissen zu tun. Auf jeden Fall kann man sagen: Bayern ist hoch attraktiv, und die Menschen kommen nach Bayern. Deshalb übersteigt die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu den Diskussionen, die wir vor 10 oder 15 Jahren geführt haben. Zu diesem Zeitpunkt stellte sich die Frage, ob auch aufgrund des demografischen Wandels weniger Wohnungen benötigt werden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Wohnungsbau ist eine Herausforderung, die

wir annehmen wollen und die wir annehmen werden. Deshalb war es von Ministerpräsident Dr. Markus Söder die einzig richtige Entscheidung, ein eigenständiges Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr aufzubauen. Mit diesem Ministerium wollen wir uns schwerpunktmäßig genau um diese Themen kümmern. Bayern will Wohnungen bauen und den Wohnungsbau unterstützen. Bayern baut vor allen Dingen selbst Wohnungen, auch wenn immer wieder anderes behauptet wird.

(Beifall bei der CSU)

Zugleich ist natürlich klar, dass wir diesen Einsatz verstärken wollen und müssen. Die Mehrheitsfraktion unterstützt das. Das will ich ausdrücklich sagen. – Vielen herzlichen Dank dafür. Ich kann es kurz sagen: Wir brauchen mehr Stellen, mehr Tempo und mehr Geld. All das werden wir in der nächsten Zeit umsetzen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, allein für die Wohnraumförderung werden wir in diesem Jahr mit dem zweiten Nachtragshaushalt eine Rekordsumme von 886 Millionen Euro zur Verfügung stellen – selbstverständlich vorbehaltlich der Beratungen zum zweiten Nachtragshaushalt. Ich hoffe, dass ich die Zustimmung bekommen werde.

(Eberhard Rotter (CSU): Das ist sicher!)

Bei der Mehrheitsfraktion bin ich mir relativ sicher – dafür herzlichen Dank. Vielleicht kann sich auch der eine oder die andere von der Opposition dafür erwärmen.

Das alles zeigt, dass wir in der Zukunft beim Wohnungsbau eine Top-Priorität setzen. Das ist auch gerechtfertigt. Mein Haus ist relativ neu. Das habe ich schon angedeutet. Trotzdem sind wir diese Woche sehr schnell mit einem hervorragenden Paket ins Kabinett gestartet. Wir haben ein umfangreiches Programm für bezahlbaren Wohnraum vorgelegt. Ich kann Ihnen nicht alles erläutern, aber ich möchte drei Schwerpunkte hervorheben.

Erstens. Wir bieten eine ganze Reihe von neuen Werkzeugen an. Das prominenteste ist: Wir gründen eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft "BayernHeim". Das wird die dritte Säule neben dem Staatsbedienstetenwohnungsbau und dem Siedlungswerk Nürnberg. Das Ziel ist, bis 2025 10.000 neue Wohnungen zu bauen, Wohnungen für Menschen, die sich auf dem normalen Wohnungsmarkt keine angemessene Wohnung leisten können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bayern ist die Hälfte der Haushalte bezugsberechtigt. Um es konkret zu sagen: In Bayern ist ein Ehepaar mit zwei Kindern

und einem Jahreseinkommen bis zu 64.000 Euro berechtigt. Das ist genau die Zielgruppe, die wir bedienen wollen. Das sind die Bevölkerungsschichten, die wir in unseren Städten, Gemeinden und Ballungsräumen brauchen: Menschen mit Pflegeberufen, Erzieherinnen. Was wir am allerdringendsten brauchen, und das ist auch das Neue bei BayernHeim: Wir wollen Grundstücke aus dem eigenen Bestand aktivieren, aus dem bayerischen Grundeigentum. Hier wird es eine Änderung geben: Die Wohnbebauung wird die oberste Priorität bekommen. Das war bisher nicht so. Das werden wir schnell und unbürokratisch auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CSU)

Das zweite Werkzeug in diesem Baukastensystem ist, dass wir Eigentum fördern wollen. Eigentum ist unbestritten eine der besten Rentenversicherungen, die wir den Menschen anbieten können. Man kann vor allem das Eigentum schon nutzen, bevor man in Rente geht. Das ist eine Sicherheit für das Alter. Deshalb werden wir das Bundesbaukindergeld, das im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, mit einem Baukindergeld Plus für Bayern toppen. Der Bund will 1.200 Euro pro Kind und Jahr zur Verfügung stellen. Wir legen noch 300 Euro drauf, sodass dann 1.500 Euro pro Kind und Jahr zur Verfügung stehen. Auf zehn Jahre gerechnet sind das 15.000 Euro. Meine Damen und Herren, das ist ein Wort. Das ist wirksam und wesentlich für die Finanzierung in diesem Bereich.

(Beifall bei der CSU)

Nachdem "Das Beste für Bayern" gilt, wollen wir zusätzlich noch eine bayerische Eigenheimzulage in Höhe von 10.000 Euro als einmaligen Zuschuss einführen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man das alles zusammenzählt und eine Familie mit zwei Kindern ansetzt, dann heißt das: 40.000 Euro Zuschuss vom Staat, nicht zurückzuzahlen, sondern wirklich zur Finanzierung des Eigenheims, der eigenen vier Wände. Meine Damen und Herren, das ist ein Wort, das werden mit Sicherheit viele bei uns annehmen. Da bin ich mir ganz sicher.

(Beifall bei der CSU)

Ich will ausdrücklich darauf hinweisen: Jeder, der sich seine eigenen vier Wände bauen kann, wird auf der anderen Seite eine Wohnung freimachen. Deshalb ist das auch eine indirekte Förderung von Wohnraum in der Fläche und für alle Bevölkerungsschichten. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch aus diesem Grund handelt es sich um sinnvolle Maßnahmen.

Zweitens. Wie können wir die Städte und Gemeinden unterstützen? Wir haben das Kommunale Wohnraum

förderungsprogramm mehrheitlich gut auf den Weg gebracht. Es wird von den Kommunen sehr gut angenommen, weil es sehr flexibel ist. Wir werden dieses Programm entfristen bzw. fortführen. Es wäre 2019 beendet gewesen. Wir werden es bis 2025 verlängern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, 150 Millionen Euro pro Jahr, das heißt in der Summe über eine Milliarde Euro, allein um auf den kommunalen Wohnraumförderbedarf zu reagieren. Das ist schon ein Wort, und das soll mal irgendein anderes Land nachmachen.

(Beifall bei der CSU)

Wir helfen auch, den Flächenverbrauch auf ein Minimum zu begrenzen. Wir wollen die Ortskerne attraktiver machen und die Gentrifizierung bekämpfen. Deshalb will ich noch zwei Förderinitiativen ansprechen.

Die erste Initiative heißt "Innen statt Außen". In Nordostbayern haben wir begonnen, Innenstädte zu aktivieren. Die neue Förderinitiative ist für die Gemeinden gedacht, die sich verpflichten, vorranging die Innenentwicklung zu betreiben. Der normale Fördersatz von 60 % wird auf 80 % erhöht. Finanzschwache Gemeinden erhalten zusätzlich 10 %. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das heißt 90 % Zuschuss für diejenigen, die verstärkt in den Innenräumen modernisieren, instand setzen, leer stehende Gebäude abbrechen und neu entwickeln oder Brachen umwidmen, die von Militär, Industrie oder Bahn zurückgeblieben sind. Ich meine also schlicht und ergreifend die Nutzung der Innenstädte. Wir halten hier die Gemeinden zusammen. Das ist wirksame Politik für die Kommunen und für die Menschen im ganzen Land.

(Beifall bei der CSU)

Die zweite Förderinitiative für die Gemeinden ist im Zusammenhang mit der Entwicklung im Städtebau und in der Dorferneuerung ganz wichtig: Wir wollen den Rückbau von Flächen, die nicht mehr genutzt werden. Wir wollen Brachen zurückbauen und mehr Grün in die Städte und Gemeinden einführen. Wir wollen Grün- und Freiflächen schaffen und damit das Wohnumfeld heben. Wir wollen eine eigene Entsiegelungsprämie auf den Weg bringen.

Für beide Förderinitiativen zusammen setzen wir allein in diesem Jahr 100 Millionen Euro ein. Das sind Gelder, die bei den Kommunen, vor allem aber auch bei den Menschen ankommen. Das dörfliche Leben kommt dorthin, wo es hingehört: in die Dörfer, weg von der grünen Wiese, zurück in die Mitte der Ortschaften.