Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

zumindest nicht die Ergebnisse gefunden, die wir vermutet hatten. Das ist in der Tat einzuräumen.

Wir hatten – das ist ein weiterer Punkt, den es aufzuarbeiten gilt – deutlich zu wenig Personal bei den Landratsämtern, aber auch im LGL. Hier müssen wir politisch nachsteuern.

Jetzt komme ich zu den beiden Personen, die zentrale Figuren dieses Untersuchungsausschusses sind. Wir müssen fragen: Was ist der Staatsregierung anzulasten? – Herr Staatsminister Dr. Huber, ich nehme Ihnen zunächst Ihre ehrliche Betroffenheit ab, die Sie im Ausschuss gezeigt haben. Sie haben sich hingestellt und deutlich gemacht, dass Ihnen das nahegeht. Das glaube ich Ihnen, und es ehrt Sie, dass Sie das so zum Ausdruck gebracht haben. Aber es ändert nichts daran: Sie waren der verantwortliche Minister zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens. Damit müssen Sie sich natürlich das Versagen des Ministeriums, des LGL, der Regierung und der betroffenen Landratsämter zurechnen lassen, insbesondere das desolate Krisenmanagement.

Frau Staatsministerin Scharf war zum damaligen Zeitpunkt nicht in der politischen Verantwortung. Aber man muss sie schon fragen – sie ist leider nicht da –, warum der Herr Dr. Zapf immer noch Chef dieser Behörde ist. Spätestens nach seiner Intervention bei der Staatsanwaltschaft hätte man diese Person austauschen müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Ich verstehe nicht ganz, wie es in Ihrer Amtszeit dazu kommen konnte, dass ein Jahr später ein Ausbruch von Salmonellen mit dem gleichen Phagentyp in Pfronten im Landkreis Ostallgäu passieren konnte und das Landratsamt keinerlei Information darüber erhielt, dass das der gleiche Phagentyp ist, der 2014 diese Epidemie ausgelöst hat. Diese Informationspolitik ist völlig unverständlich. Jetzt war es glücklicherweise nur ein kleiner Fall. Aber woher weiß man das? – Es hätte genauso sein können, dass es wieder eine Vielzahl von Eiern und eine Vielzahl von Erregern sind, die deutschlandweit, bayernweit und europaweit in Umlauf gebracht werden. Das Ausbruchsgeschehen von damals hätte sich eins zu eins wiederholen können.

Deswegen muss man sagen: Die Staatsregierung trägt Verantwortung für das Ausbruchsgeschehen und für das Krisenmanagement beim Ausbruchsgeschehen, und sie hat in der Folgezeit nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen.

Herr Kollege, schauen Sie bitte auf die Uhr.

Ich habe eine Minute länger.

(Florian von Brunn (SPD): Das hat Herr Bocklet versprochen!)

Okay.

Der frühere Landwirtschaftsminister und spätere Ministerpräsident Horst Seehofer hat seinerzeit bei der Vogelgrippe auf Rügen ganz anders gehandelt. Der eine oder andere mag sagen, er habe überreagiert, als er der Landrätin von Rügen den Einsatz der Bundeswehr angedroht hat. Aber er hat jedenfalls in einem Moment, in dem noch nicht klar war, wie gefährlich diese Vogelgrippe ist, die Dimension und die möglichen Gefahren erkannt und ganz entschlossen reagiert. Diese Entschlossenheit hätte ich mir auch bei den Mitgliedern der Staatsregierung, Herrn Dr. Marcel Huber und später Frau Ulrike Scharf, gewünscht. Leider Gottes ist Ihnen Ihr Ministerpräsident kein solches Beispiel gewesen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, zum Rednerpult zurückzukommen. Eine Zwischenbemerkung: Frau Kollegin Wittmann. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Pohl, wir haben in der Ausschusssitzung, in der wir den Schlussbericht beschlossen haben, auf Bitte von Herrn von Brunn schon einmal das Thema der Uhrzeit für die Behandlung in der Plenardebatte angesprochen. Ich habe daraufhin in dieser Sitzung die Frau Kollegin Aures, weil sie Mitglied im Ältestenrat ist, gefragt, ob es denn im Ältestenrast ein Problem mit dieser Uhrzeit gebe, und sie hat bestätigt, dass die Tagesordnung einstimmig festgelegt worden ist. Jetzt möchte ich Sie erstens fragen, ob Sie mir sagen können, wann Frau Kollegin Aures mich angelogen hat. Das wäre ja sehr bedauerlich. Ich nehme es aber auch nicht an.

(Markus Rinderspacher (SPD): Diese Frage ist aber wirklich unmöglich! Das können Sie auch anders machen! So ein Quatsch!)

Zweitens. Kann es sein, dass im Untersuchungsausschuss Landesbank das strafrechtliche Verfahren in einem Ermittlungsstadium war und es bei uns während unseres Untersuchungsausschusses bereits zu einer Anklage gekommen ist, und würden Sie es als

falsch bezeichnen, dass das rechtlich einen Unterschied macht?

Zur ersten Frage: Ich kann natürlich nichts über Gespräche zwischen Ihnen und Frau Aures sagen

(Mechthilde Wittmann (CSU): Sie sind doch daneben gesessen!)

ich bin jetzt dran –, bei denen ich nicht zugegen war.

Zweitens, Frau Kollegin Wittmann: Natürlich macht es einen gravierenden Unterschied, ob ein Verfahren bereits im Stadium der Anklage ist oder ob es sich um Vorermittlungen handelt, aber leider nicht in Ihrem Sinne; denn wenn es im Stadium der Anklageerhebung ist, dann sind die Beweise gesichert. Im anderen Fall war das nicht der Fall. Das heißt, eigentlich hätte man im Landesbank-Untersuchungsausschuss, wenn man Ihre Prämissen zugrunde legt, wesentlich vorsichtiger und behutsamer sein müssen als in diesem Verfahren.

Aber, Frau Kollegin Wittmann, ich möchte jetzt doch noch etwas Drittes loswerden, was ich ziemlich grenzwertig fand. Sie haben es heute in Ihrer Rede wieder betont. Sie haben heute wieder darauf hingewiesen, dass ich den Landrat, den Herrn Laumer, mit einem Schreiben konfrontiert habe, das Gegenstand der Akte war. Ja, ich habe ihn damit konfrontiert und ich habe ihn gefragt, ob es denn genehmigte Nebentätigkeiten für die dort genannten Personen gab, nicht mehr und nicht weniger. Sie haben unterstellt, ich hätte einen Korruptionsverdacht geäußert. Wie absurd ist das?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Danke schön. – Jetzt darf ich Frau Kollegin Steinberger das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich schwerpunktmäßig nicht damit beschäftigen, wer wann was gesagt oder wer wann welche Pressemitteilung herausgegeben hat. Ich möchte mich schwerpunktmäßig mit dem Untersuchungsgeschehen beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 2015 beschäftigen wir uns mit dem Bayern-Ei-Skandal. Wiederholt haben wir als Opposition eine umfassende und lü

ckenlose Aufklärung gefordert. Umfassend informiert wurden wir lange nicht. Ständig wurde abgewiegelt. Am Ende war die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendig; denn sonst wäre dieser Skandal nie so gründlich aufgeklärt worden, wie wir uns das vorgestellt haben. Deshalb sagen wir: Ja, dieser Untersuchungsausschuss war absolut notwendig. Erst jetzt ist es uns möglich, die Vorgänge dieses europaweiten Salmonellenausbruchs in ihrer Gänze zu bewerten.

Diese Bewertung, mit Verlaub, fällt vernichtend aus. Die Behörden vor Ort waren nicht in der Lage, diese Betriebe umfassend zu kontrollieren. Über Jahre blieben Missstände bestehen, obwohl sie auch im Ministerium bekannt waren. Proben wurden zu selten gezogen, und diese Proben blieben viel zu lange liegen. Auch positive Ergebnisse wurden nicht zeitnah weitergegeben. Auf die internationale Dimension wurde nicht konsequent reagiert. Im Gegenteil wurde zugunsten des Unternehmers eine Gefährdung der Bevölkerung in Kauf genommen. Auch die bayerische Bevölkerung war gefährdet. Diese Einsicht fehlt Ihnen bis heute.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss fehlt bis heute die politische Verantwortung für diesen Skandal. Beide betroffenen Minister ducken sich bis heute weg und tun so, als wäre alles in Ordnung gewesen. Auch Sie, Frau Wittmann, sagen das so. Aber eines ist nach dieser Aufarbeitung klar: Eine Reorganisation der Lebensmittelkontrolle in Bayern war und ist absolut notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Nun gibt es diese neue Kontrollbehörde, und Sie sagen, dass damit alles gut wird. Aber da sind erhebliche Zweifel angebracht. Die Überlastung der Landratsämter ist bei der Befragung aller drei Landräte überdeutlich geworden. Die neue Kontrollbehörde nimmt einen kleinen Teil der überregional bedeutsamen Betriebe in ihr Programm auf, aber nur einen sehr kleinen Teil. Dass das zu einer spürbaren Entlastung der Veterinärämter führen wird, ist doch sehr unwahrscheinlich. Landrat Bernreiter aus Deggendorf ist heute schon zitiert worden. Er hat bei seiner Befragung seine Einschätzung darüber abgegeben und gesagt, es wird für seine Behörde wohl nicht spürbar besser werden.

Das Beispiel Bayern-Ei hat zumindest eines gezeigt: Die Veterinärbehörden waren mit einem Betrieb dieser Größenordnung einfach überfordert. Eine umfassende tierschutzrechtliche Kontrolle der Bestände war

schon aus Zeitgründen nicht möglich. Dort, wo man auf Mängel gestoßen ist, wurden sie entweder gar nicht, nur unzureichend oder erst sehr spät behoben. Am Beispiel Tierschutz lässt sich gut erklären, vor welchen Schwierigkeiten die amtlichen Kontrolleure standen. Über Jahre hinweg wurden bei behördlichen Kontrollen immer wieder die gleichen gravierenden Mängel gefunden. Alttote Tiere – das sind Tiere, die schon eine geraume Zeit tot sind, zum Teil bereits verwest – wurden regelmäßig vorgefunden. Es gab immer wieder einen massiven Befall mit der Roten Vogelmilbe, die die Tiere schwächt und leiden lässt. Käfige waren überbesetzt, teilweise waren doppelt so viele Tiere in einem Käfig wie erlaubt. All das waren Anzeichen dafür, dass der Besitzer das Tierschutzgesetz missachtet, welches eine tägliche Inaugenscheinnahme der Tiere vorschreibt. Wer zulässt, dass diese Tiere leiden, macht sich strafbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Veterinärämter mussten das wissen; aber sie haben diese Missstände nie beseitigt. Das Sachgebiet Tierschutz des LGL wurde zwar mehrmals zu Kontrollen hinzugezogen, aber dieses Sachgebiet hatte keine Vollzugskompetenz. Was bedeutet das? – Es wurden vonseiten des LGL umfangreiche Gutachten geschrieben. Diese wurden regelmäßig dem Ministerium übermittelt. Das Ministerium wusste also Bescheid. Aber was aus diesen Gutachten geworden ist, haben die Mitarbeiter des LGL nie erfahren; denn der Vollzug lag bei den Kreisverwaltungsbehörden. Und ob diese Anordnungen geschrieben haben oder Bußgeldbescheide oder was auch immer, das entzog sich der Kenntnis der übergeordneten Behörden. Das LGL wird gerufen, das LGL findet Missstände, schreibt Gutachten und hört nie wieder etwas davon. Nachgefragt haben sie offensichtlich auch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Florian von Brunn (SPD): Genau!)

So, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann eine effektive Kontrolle nicht aussehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie war auch nicht effektiv; denn obwohl es über Jahre immer wieder zu festgestellten Mängeln gekommen war, gab es keine Verbesserung. Erst im Mai 2015 – das war in der Zeit, als der Skandal schon öffentlich geworden war – kam es zu einer umfassenden Kontrolle durch das LGL. Damals wurden erstmals alle Betriebe von Bayern-Ei gründlich unter die Lupe genommen. Damals wurde ein deutlicher Überbesatz in den Betrieben von Bayern-Ei festgestellt. Das hätte man aber eigentlich schon früher feststellen oder bemerken können. Zum einen hätte man natür

lich die Käfige kontrollieren können, die sich im schlechter zugänglichen Bereich der Ställe befanden, nicht immer bloß die ersten gleich nach der Tür. Zum anderen war aber auch die LfL immer wieder vor Ort; denn die LfL ist für die Einhaltung der Marktordnung zuständig. Aber diesen Leuten ist leider auch nicht aufgefallen, dass der Betrieb mehr Eier ausgeliefert hat, als rein rechnerisch möglich gewesen wäre. Also müssen zu viele Hühner in den Käfigen gewesen sein. Auch wurden mehr Tiere geschlachtet, als in den Ställen hätten sein dürfen.

Insgesamt mussten wir feststellen, dass die Zusammenarbeit der Behörden, also zum Beispiel zwischen der LfL und den Aufsichtsbehörden für die Lebensmittelsicherheit, überhaupt nicht funktioniert hat. Das hat ein Mitarbeiter der LfL auch schon so gesehen und in einer Mitteilung eine Verbesserung der Situation angemahnt. Aber wir wissen nicht, wo diese Mitteilung gelandet ist; denn beim damaligen Minister Brunner ist sie offensichtlich nicht gelandet. Er war ja auch bei uns im Untersuchungsausschuss. Wir mussten ihn bei seiner Befragung erst über die Aufgaben der LfL im Zusammenhang mit der Legehennenfabrik aufklären. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Zusammenarbeit sicher nicht besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Im Untersuchungsausschuss wurden sehr viele Krokodilstränen geweint. Niemand wolle diese Form der Hennenhaltung. Es sei mit dem Tierschutz überhaupt nicht vereinbar, wie schrecklich diese Hennen in der Legebatterie gehalten wurden usw. Aber leider könne man da rein rechtlich nichts machen. In diesem Sinne hat auch Landrat Trapp aus Dingolfing ausgesagt, und wer wolle ihm da widersprechen?

Angesichts dessen verstehe ich es schon überhaupt nicht, dass das Landratsamt Dingolfing-Landau im Jahr 2007 eine Erhöhung der Zahl der Legehennen von 192.000 auf 282.000 erlaubt hat. Ein Jahr später waren es schon 390.000 Tiere. Wiederum ein Jahr später kamen – mit behördlicher Erlaubnis! – schon knapp 500.000 Legehennen zusammen. So groß kann die Empörung dann doch nicht gewesen sein.

Bei der Genehmigung der Stallerweiterung hat man es leider versäumt anzuordnen, dass eine Nassreinigung der Ställe möglich sein muss. Es gab eine Altgenehmigung; aber bei der Neugenehmigung hätte man das machen können. So gibt es am Standort Ettling im Landkreis Dingolfing-Landau bis heute keinen Abfluss, wo man Waschwasser auffangen kann.

Im Mai 2015 gab es die umfassende Kontrolle. Dann wurde angeordnet, dass – vermutlich erstmals – diese

Ställe auch nass gereinigt werden. Dadurch kam der Betreiber in große Schwierigkeiten; denn er wollte dieses Wasser auf den umliegenden Feldern verteilen. Das hat man ihm verboten. Es hat dann ziemlich lange gedauert, bis sich eine Kläranlage gefunden hat, die bereit war, das Abwasser aufzunehmen. Diese Zustände gab es schon seit Jahrzehnten.

Das bedeutet auch, dass eine Reinigung der Ställe nie gründlich erfolgt ist, sondern nur in Form der Vernebelung von Desinfektionsmitteln vonstattenging. Das haben die Kontrollbehörden zwar gewusst; aber es hat sie nicht gestört. Auch nachdem es positive Befunde von Salmonellen in Ettling gegeben hatte, kam niemand auf die Idee, eine Nassreinigung der Ställe anzuordnen.