Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

Wissen Sie, was ich dort erlebt habe? – Es war nicht so, wie Sie denken. Edmund Stoiber hat in den ländlichen Bereichen Hochschulen gegründet. Es war die klügste strukturpolitische Entscheidung der letzten 30 Jahre, Fachhochschulen in den ländlichen Räumen zu situieren.

(Beifall bei der CSU – Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Transrapid!)

Was habe ich dort erlebt? – Einer hat den Menschen gesagt: Ihr müsst doch jetzt jammern; ihr müsst doch jetzt sagen, dass es euch schlecht geht. – Aber die Menschen haben gesagt: Wir wollen nicht dauernd von euch hören, dass es uns schlecht geht. Wir strengen uns an; ihr unterstützt uns; und gemeinsam schaffen wir es, dass wir in unserer Heimat vorankommen. – Die Arbeitslosenquoten in ganz Bayern differieren fast nicht mehr. Wir haben in den schwächeren Regierungsbezirken eine nur um einen Prozentpunkt höhere Arbeitslosigkeit zu verzeichnen als in den stärkeren, und zwar nicht deswegen, weil es in den schwächeren Regierungsbezirken kaum noch Menschen gäbe. Vielmehr ist überall die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze gestiegen, und zwar signifikant. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CSU)

Obwohl das so ist, werden wir uns auch mit dem Anliegen beschäftigen müssen, dass unsere Ballungsräume nicht an Attraktivität verlieren. Deswegen bleibt es eine Gemeinschaftsaufgabe aller Ebenen, Wohnungen zu schaffen. Die Privatwirtschaft, die Kommunen, der Staat und unser Regierungsprogramm sehen hierfür umfassende und ganzheitliche Möglichkeiten vor. Sie betreffen nicht nur den sozialen Wohnungsbau, sondern gerade auch die Schaffung von Eigenheimen für junge Familien. Wir verfügen über ein effektives Maßnahmenbündel und über ein neues Ministerium. Damit unterstreichen wir die Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen. Wir stärken nicht nur das Ministerium, sondern auch die nachgelagerten Behörden, unsere Bauämter, mit weiteren Stellen.

Wir haben für die Bildung von Wohneigentum für junge Familien einiges auf den Weg gebracht. Die Bayerische Eigenheimzulage ist beschlossen und wird angeboten. Das Bayerische Baukindergeld ist als Ergänzung zum Baukindergeld des Bundes beschlossen und wird angeboten. Wir haben für die Eigenheimzulage 150 Millionen Euro vorgesehen, für das Baukindergeld 37 Millionen, und zwar allein in diesem Jahr.

Eine Wohnungsbaugesellschaft wird gegründet. Wir wollen insbesondere für untere und mittlere Einkommensgruppen Wohnungen schaffen. Unser Ziel ist es, bis 2025 10.000 Wohnungen zu bauen.

Manche sagen dazu wieder: Es ist zu wenig. – Alle diejenigen, die sagen, es ist zu wenig, sollen selbst tätig werden. Dagegen hat doch niemand etwas. Es ist eine kommunale Aufgabe, Wohnungen zu bauen. Ich habe mal gehört, bei 10.000 Wohnungen kämen nur vier Wohnungen auf eine Gemeinde. Das mag sein; es können auch fünf sein. Wenn die Gemeinde selber zusätzlich fünf baut, sind es schon zehn. Meine Damen und Herren, immer so zu tun, als wäre all das, was getan wird, zu wenig, und dann, wenn man selber nichts tut, zu sagen, es wird nichts getan: Das ist in der Tat skurril. Solche Diskussionen laufen immer wieder gleich ab.

Wir sind bereit, den Grundstock für die Wohnbauförderung, für unser "Bayernheim", zu legen. Dafür sind 500 Millionen Euro vorgesehen. Im Haushalt ist ebenfalls eine Ermächtigung für den Verkauf der E.on-Aktien vorgesehen. Das ist kein Problem, weil wir mit unseren Anteilen von rund 1,39 % kein Großaktionär sind und die Unternehmenspolitik nicht steuern können. Deshalb gilt auch in diesem Bereich: Lieber investieren statt spekulieren. Deshalb haben wir vorgesehen, die E.on-Aktien, wenn es sein muss, in diesen Grundstock einzubringen.

Außerdem erhöhen wir den Bewilligungsrahmen der Wohnraumförderung. Wenn man alle Maßnahmen für die Wohnraumförderung für das Jahr 2018 addiert, haben wir einen Rekord zu vermelden. Wir haben 885 Millionen Euro im Angebot. Das sind 43 % mehr als im Jahr zuvor. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle können wir uns wirklich sehen lassen. Wir können in den Bereichen Wohnungsbau und Investitionen erfolgreich wirken.

Der dritte große Bereich ist die soziale Balance. Unser Land hat gegenüber Menschen, die bei uns Hilfe und Unterkunft suchen, große Solidarität gezeigt – und tut es noch. Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die in Bayern ankommen, geht es besser als Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die sich in Mecklenburg-Vorpommern befinden. Deswegen haben wir im zweiten Nachtragshaushalt noch einmal eine leichte Erhöhung vorgesehen. Im Jahr 2018 werden wir 2,2 Milliarden Euro für diesen Zweck ausgeben. Das sind 2,2 Milliarden Euro für die Solidarität mit Menschen, die in unserem Land der Hilfe bedürfen. Wir tun das, weil wir ein solidarisches Land sind.

Darüber hinaus müssen wir aber auch an die Menschen in unserem Land denken, die der besonderen Unterstützung bedürfen. Das sage ich deswegen, weil von den 61 Milliarden Euro planmäßig wieder 6,3 Milliarden Euro an andere Bundesländer überwiesen werden müssen. An dieser Stelle sind wir auch immer sehr solidarisch. Mich fragt jedoch niemand, ob ein Länderfinanzausgleich in dieser Höhe den Haushalt auf Dauer gefährdet. Deshalb habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen, wenn wir im Rahmen des zweiten Nachtragshaushalts einen sozialen Block für die einheimische Bevölkerung vorsehen. Der wirtschaftliche Erfolg Bayerns darf auch bei allen Menschen in Bayern in schwierigen Lebenssituationen ankommen.

Deswegen gibt es das Landespflegegeld. Dabei geht es um die Selbstbestimmung Pflegebedürftiger. Wir haben eine skurrile Situation: Alle sagen, dass im Bereich der Pflege etwas getan werden müsse. Schließlich haben wir etwas in Bayern gemacht, das uns viel Geld gekostet hat. Dafür haben wir 400 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Dann höre ich: Na ja, das ist schon ein bisschen wenig. Meine Damen und Herren, wenn jede Ebene ihre Möglichkeiten im Bereich der Pflege nach der jeweiligen Leistungsfähigkeit nutzt, kommen wir auch einen Schritt voran. Unsere Ebene hat entschieden, jedem Pflegebedürftigen 1.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Das kommt direkt bei den Menschen an, die es brauchen. Deswegen machen wir das auch.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Herr Pflegebeauftragter, wir werden in den folgenden Jahren die Koordination der Pflege durch ein eigenes Landesamt gewährleisten. Dieses soll alle geplanten Maßnahmen koordinieren und umsetzen. Wir haben nicht nur über das Landesamt gesprochen und es angekündigt, sondern es auch in Amberg gegründet. Zum Start haben wir 60 Stellen zur Verfügung gestellt. Ich bin froh, dass wir nicht nur reden, sondern konsequent in die Umsetzung gehen können.

Wir setzen auch das Bayerische Familiengeld um. Meine Damen und Herren, wir organisieren echte Wahlfreiheit für junge Familien. Der Staat weiß nicht am besten, wie junge Familien ihr Familienleben organisieren sollen. Das wissen die Familien vor Ort am besten. Deswegen geben wir jungen Menschen die Möglichkeit der Wahlfreiheit. Mit unserem Bayerischen Familiengeld legen wir bekanntermaßen das Erziehungsgeld und das Betreuungsgeld zusammen. Wir werden jungen Familien die Unterstützung geben können, die sie brauchen. Von dem Familiengeld kann die Kita genauso wie die Tagesmutter bezahlt, können Anschaffungen für das Kind gemacht werden. Damit wird die Familie gestärkt. Gott sei Dank befindet sich Bayern in der Situation, dies tun zu können. Wenn man über Familie spricht, sind alle der Meinung, dass mehr für Familien getan werden müsse. Macht man etwas, darf man sich anhören, dass es zu wenig sei oder die Rücklagen geplündert würden. Beides ist nicht nötig. Unser Familiengeld in Bayern ist ausgewogen.

Ich könnte noch über den Hebammenbonus sprechen. Auch das ist eine neue Leistung für eine Berufsgruppe, die wir dringend benötigen, wenn wir auch in Zukunft unsere Kindergärten und Schulen füllen wollen. Wir denken auch an die totalen Schattenseiten des Lebens und gründen ein Kinderhospiz. Alle diese Maßnahmen werden klugem staatlichen Handeln gerecht.

Vergessen wir bei all dem nicht die Kultur; denken wir beispielsweise an das Staatstheater in Augsburg. Meine Damen und Herren, auch die Tourismusförderung spielt in Bayern eine große Rolle. Nach Bayern kommen Millionen Menschen, weil es hier so schön ist, wir etwas zu zeigen haben und über einen organisierten Tourismus verfügen. In allen Regierungsbezirken kümmern sich unsere Verbände darum und bringen ihre Ideen ein. Für die Tourismusförderung wird ein Betrag in Höhe von 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit zeigen wir, dass wir es in Bayern im Jahr 2018 und in der Zukunft ernst mit der Unterstützung des Tourismus meinen.

Zu allen Maßnahmen besteht ein hoher gesellschaftlicher Konsens. Wenn ich frage, ob man die Pflege, Fa

milien, den Tourismus, Investitionen und Infrastruktur unterstützen sollte, ist mir noch nie widersprochen worden. Deshalb glaube ich, dass unsere Maßnahmen abgewogen und ausgewogen sind. Wir helfen den Menschen. Wir initiieren Konzepte und Ideen. Kreative Ideen werden unterstützt, Anreize geschaffen. Eigentlich müsste über diesen zweiten Nachtragshaushalt ein großer Konsens in diesem Hause bestehen.

Ich bitte um eine gute gemeinsame Gestaltung der Debatte im Ausschuss, lieber Peter Winter. Vieles wird diskutiert werden. Ich freue mich auf weitere Beratungen, die wir durch unser Haus gerne unterstützen und begleiten. Ich wünsche mir eine möglichst große Zustimmung zu den Ideen, die wir eingebracht haben. – Ich danke Ihnen für die angedachte großartige Unterstützung und Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU – Erwin Huber (CSU): Sehr gut!)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass im Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 96 Minuten vereinbart worden ist. Als nächster Redner hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Rinderspacher, Sie haben das Wort.

Herr Vizepräsident Bocklet, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ministerpräsident Dr. Söder hat in seiner Regierungserklärung hier im Hohen Haus vor 48 Tagen über die Zukunft des Freistaats Bayern ein kleinteiliges Wimmelbild gezeichnet, ohne dass eine große Skizze erkennbar gewesen wäre. Herr Staatsminister Füracker macht heute in etwa das Gleiche. Das große Ganze ergibt sich eben nicht automatisch aus der großen Vielzahl kleiner Teile.

(Beifall bei der SPD)

Wir fühlen uns in diesen Wochen an die Regierung Günther Beckstein erinnert, der knapp ein Jahr vor der Landtagswahl 2008 die Funktion des Regierungschefs übernommen hat. Die Parallelen sind unverkennbar: Die Übernahme des Amts des Regierungschefs ein Jahr vor der Landtagswahl, beide sind Franken, beide Nürnberger, beide evangelisch. Auch Dr. Beckstein hielt zu Beginn seiner Amtszeit eine sehr kleinteilige Regierungserklärung. Auch Dr. Beckstein hat sehr viele Fleißkärtchen gesammelt. Auch Dr. Beckstein war bemüht. Auch Dr. Beckstein wollte unliebsame Themen abräumen. Er hat den Transrapid beerdigt, so wie Dr. Söder jetzt den Nationalpark. Vor

zehn Jahren gab es hektische Reparaturarbeiten beim milliardenschweren Landesbankdesaster. Hektische Reparaturarbeiten gibt es auch heute mit Dr. Söder, nachdem er selbst vor fünf Jahren 33.000 GBWWohnungen eigenhändig auf dem freien Markt verscherbelt und damit 85.000 Mieter im Stich gelassen hat. Das war eine wohnungsbau- und sozialpolitische Todsünde, die durch die weiße Salbe des Nachtragshaushalts nicht wiedergutgemacht werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Auch Dr. Beckstein wollte an den Menschen nah dran sein, näher als sein distanzierterer Vorgänger Dr. Stoiber. Es war die Rede davon, dass er sich im Bierzelt besonders lange bei den Menschen aufgehalten hat. Dr. Söder macht jetzt, 180 Tage vor der Landtagswahl, mit großem Medienecho seine erste Bürgersprechstunde. Er ist seit 1994 Mitglied des Landtags, also seit 24 Jahren. Er ist seit elf Jahren Kabinettsmitglied. Jetzt, 180 Tage vor der Landtagswahl, macht er seine erste Bürgersprechstunde. Damit sollen die Bürger das Gefühl bekommen, Dr. Söder sei für sie da.

(Isabell Zacharias (SPD): Die mache ich schon seit zehn Jahren!)

Ich kann dazu nur sagen: Am Abend werden die Faulen offensichtlich fleißig.

(Beifall bei der SPD – Isabell Zacharias (SPD): Wow! – Margit Wild (SPD): Jawohl, genau so ist es!)

Auch vor zehn Jahren war die Christlich-Soziale Union mit Dr. Beckstein wenige Monate vor der Landtagswahl von Panik getrieben, die absolute Mehrheit zu verlieren. 2018, zehn Jahre später, ist sie von der AfD getrieben, und die Panik ist sogar noch größer.

(Peter Winter (CSU): Schaut mal, wo ihr jetzt steht! – Hans Herold (CSU): 13 %!)

Die Bayerische Staatsregierung hat in dieser Legislaturperiode – das lässt sich als Bilanz ziehen – jede Menge Chancen verpasst und liegen gelassen. Hausaufgaben wurden nicht gemacht. Die Bilanz dieser Legislaturperiode ist auch: Ja, die Wirtschaft in Bayern brummt – das ist überhaupt keine Frage – dank fleißiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und kreativer Unternehmer. Aber trotz der guten wirtschaftlichen Lage gibt es bei der Armutsbekämpfung keinerlei Fortschritte. Heute gibt es in Bayern mehr arme Menschen als noch zu Beginn der Legislaturperiode.

Bayern wird moderner. Das ist überhaupt keine Frage. Aber in der Gesellschaftspolitik auf Landesebene werden keine Fortschritte gemacht. In Bayern ist der

Lohnunterschied zwischen Mann und Frau so groß wie in keinem anderen europäischen Landstrich. Ja, immer mehr Menschen ziehen zu uns in den Freistaat. Die Folgewirkungen sind: Bayern ist Stau-Weltmeister in der Bundesrepublik. Der öffentliche Personennahverkehr platzt aus allen Nähten. Bei der Elektrifizierung der Schiene sind wir nicht vorangekommen. Ja, in dieser Legislaturperiode ist es uns dank der Hartnäckigkeit der Opposition gelungen, in der Schulpolitik zum G 9 zurückzukehren. Aber die Anzahl der ausgefallenen Unterrichtsstunden wächst. Es sind mittlerweile sechs Millionen Unterrichtsstunden pro Jahr. Die Klassen sind immer noch zu groß. Wir haben immer noch zu wenige Lehrer.

Ja, Bayern ist ein sicheres Bundesland. Das ist überhaupt keine Frage. In Bayern ist die Zahl der Straftaten so niedrig wie seit 30 Jahren nicht mehr. Dennoch haben unsere Polizisten einen Berg in Höhe von 2,2 Millionen Überstunden auf dem Buckel. Ja, Bayern ist modern. Dennoch ist das richtig, was Herr Füracker zumindest angedeutet hat: Jede vierte Staatsbrücke ist dringend sanierungsbedürftig. Jede dritte Staatsstraße ist dringend sanierungsbedürftig. Jedes zweite Schwimmbad ist dringend sanierungsbedürftig. Überall da, wo die Landespolitik eigentlich zuständig wäre, sind Löcher zu erkennen. Da bröckelt es. Diese Staatsregierung hat über fünf Jahre der Legislaturperiode nachlässig gehandelt. Die Staatsregierung hat zu oft nach Berlin geblickt. Sie hat sich zu sehr an Frau Merkel gerieben, anstatt hier die politischen Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb setzt die neue Regierung mit Dr. Söder an der Spitze auf Ablenkungsmanöver. Seit Amtsantritt von Dr. Söder hat sich die CSU alle Mühe gegeben, sich mit einer zunehmend autoritär anmutenden und im Kern autoritären Politik auf den Pfaden ihres besten Freundes Victor Orbán zu bewegen. Das harte neue Polizeiaufgabengesetz setzt auf Überwachung nicht nur bei Terrorverdacht, obwohl die bayerische Kriminalitätsrate so niedrig ist wie seit 30 Jahren nicht mehr.

(Tobias Reiß (CSU): Ja, warum denn?)

Der erste Entwurf zur beinharten Psychisch-KrankenHilfe-Gesetzgebung zeigt, wie die CSU-Staatsregierung psychisch Kranke wie Verbrecher kriminalisiert. Für die SPD-Fraktion sage ich noch einmal: Die Hilfe für psychisch Kranke am Strafrecht und am Maßregelvollzug für Straftäter zu orientieren, ist rechtsstaatlich ein Unding und trifft auf unseren entschiedenen parlamentarischen Widerstand.

(Beifall bei der SPD)

Die CSU-Alleinregierung zwingt der Öffentlichkeit eine völlig unsinnige und schädliche Debatte darüber auf, wer zu unserem Land gehört und wer nicht. Dazu gehört auch der Anschein söderscher Staatsreligion mit einem bayerischen Kreuzerlass. Dieser ist im Ergebnis weder dem Staat und schon gleich gar nicht der Religion von Nutzen. Er ist auch nicht dem guten Miteinander von Staat und Religion von Nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Kardinal Marx, Landesbischof Bedford-Strohm und die Jugendverbände der evangelischen und katholischen Kirche in Bayern haben es zum Ausdruck gebracht: Dr. Söder hat mit diesem Kreuzerlass die Gesellschaft in einem Bereich gespalten, in dem sie sich eigentlich einig war. Das war ein schnödes Wahlkampfmanöver. Für uns steht fest: Unser Grundgesetz und die Bayerische Verfassung sehen keine Hierarchien und keine Vormachtstellung einer einzelnen Religion vor. In Bayern existiert Religionsfreiheit. Als gläubiger Christ und Mitglied der Evangelischen Landessynode füge ich hinzu: Wir Christen in Bayern sind so selbstbewusst, dass wir unsere Kreuze dort, wo sie hingehören, schon selbst aufhängen, nämlich in die Kirchen. Dafür brauchen wir diesen Staatserlass nicht.

(Beifall bei der SPD – Margit Wild (SPD): Bravo! – Isabell Zacharias (SPD): Bravo!)

Peinlich ist das, was hinterhergeschoben wird. Es wird ein staatlicher Erlass herausgegeben, eine Verordnung, und dann wird hinterhergeschickt, wir werden es nicht kontrollieren. Dann gibt es plötzlich staatliche Institutionen erster und zweiter Güte, die mit besonderer christlicher Prägung und die ohne christliche Prägung. Theater, Museen und Hochschulen werden davon ausgenommen, als gäbe es dort vielleicht keine christliche Prägung. Am Ende ist kein Nutzen vorhanden, sondern nur Schaden sowohl für den Staat als auch für die Religion. Wir hoffen, dass Dr. Söder wenigstens jetzt im Vatikan gelernt hat, dass das Kreuz kein politisches Motiv von christsozialem "Mia san mia" ist, sondern religiöses Symbol für die Hoffnung auf Erlösung und Auferstehung.

(Beifall bei der SPD)

Polizeiaufgabengesetz, Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, konservative Revolution, Kreuzerlass, Muskelspiele in der Flüchtlingspolitik – das ist Victor Orbán light. Er hat im 100. Jubiläumsjahr des Freistaates Bayern nichts bei uns verloren.

(Beifall bei der SPD)