Frau Kollegin, einen Hinweis darf ich noch geben: Sie hatten zwei Minuten Zeit. Sie können vier Minuten reden, das hatten Sie zunächst aber nicht beantragt. Ihren Hinweis auf die vier Minuten werte ich als späten, aber zulässigen Antrag auf vier Minuten.
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. Dennoch kann ich bei einem Dringlichkeitsantrag vier Minuten in Anspruch nehmen.
Das müssen Sie aber vorher sagen. Vielen Dank für diesen Beitrag. – Für die Staatsregierung darf ich jetzt den Herrn Staatsminister des Innern und für Integration ans Mikrofon bitten. Herr Staatsminister Herrmann, bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kern der derzeitigen, bundesweiten Debatte ist offenkundig
die Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer, dass Asylbewerber, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Flüchtlinge registriert sind, künftig an deutschen Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Zunächst einmal will ich, liebe Frau Kollegin Kamm, darauf hinweisen, dass entgegen dem, was in Ihrem Dringlichkeitsantrag steht, und entgegen dem, was Sie hier ausgeführt haben, das geltende europäische Recht dem nicht entgegensteht.
Im Gegenteil: Die maßgebliche Dublin-III-Verordnung regelt ausdrücklich, dass in den Fällen, in denen es Grenzkontrollen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt, grundsätzlich der Staat, aus dem der Asylsuchende ausreisen will, für die Prüfung des Asylgesuchs zuständig ist.
So steht es in dem maßgeblichen Artikel 20 der Dublin-III-Verordnung, der bei Ihnen aber überhaupt nicht auftaucht. Richtig ist, dass es Ausnahmen geben
kann, wenn beispielsweise geltend gemacht wird, dass Angehörige des Betroffenen sich in dem Zielstaat aufhalten oder dergleichen. Sie können aber nicht völlig außer Betracht lassen, dass es der ausdrückliche Regelfall im europäischen Recht ist, dass das Land zuständig ist, aus dem jemand kommt, und nicht das, in das er einreisen will. Das ist der Regelfall.
Ich denke, es ist richtig, dass der Bundesinnenminister jetzt ein deutliches Signal gesandt hat. Offensichtlich wird nur so mancher unserer europäischen Partner aufgerüttelt. Sie werden aufgerüttelt, endlich gemeinsam wirkungsvolle Maßnahmen gegen das unkontrollierte Weiterreisen von Asylbewerbern zu ergreifen. Immerhin ist es erfreulich, dass sich, wie ich höre, die meisten Länder, die am Sonntag bei dem kleinen EU-Gipfel beisammen waren, darin einig waren, dass das geltende EU-Recht auch weiterhin nicht vorsieht, dass sich jemand beliebig aussuchen kann, in welchem europäischen Land ihm Zuflucht gewährt werden kann. In der Regel ist auch weiterhin das Land, in dem er ankommt, für das Verfahren zuständig. Dann wird über alles Weitere entschieden. Wenn er nicht anerkannt wird, dann hat er vom Erstankunftsland aus auch wieder die Heimreise anzutreten. Das alles ist geltendes Recht. Das ist kein neues bayerisches Landesrecht, sondern das ist geltendes europäisches Recht.
Ja, es ist wichtig, ein Signal an die Europäische Union zu senden, um zu einer Einigkeit und einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik zu gelangen. Die andere Sache ist, dass wir bereits jetzt weitere Maßnahmen treffen, um dem überwiegenden Wunsch der Bevölkerung nach Steuerung, nach Ordnung und nach Begrenzung der Zuwanderung stärker gerecht zu werden. Auch das stellt der Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion deutlich heraus. Ich begrüße ausdrücklich, dass der Bundesinnenminister bereits letzte Woche bei der Bundespolizei Zurückweisungen von Asylsuchenden angeordnet hat, für die eine Wiedereinreisesperre für Deutschland besteht. Es ist doch geradezu ein völlig absurder Zustand gewesen, dass die Bundespolizei bislang ausdrücklich angewiesen war – offensichtlich von früheren Anweisungen herrührend – auch Leute einreisen zu lassen, gegen die ein ausdrückliches
Es war höchste Zeit, dass das korrigiert worden ist, meine Damen und Herren, und das begrüßen wir ausdrücklich.
Es ist auch wichtig, liebe Frau Kollegin Kamm, dass meine Innenministerkollegen und ich bei der Innenministerkonferenz in Quedlinburg vor drei Wochen einvernehmlich beschlossen haben, dass zum einen künftig Straftäter und Gefährder wieder in den Zentralirak abgeschoben werden können. Zum anderen haben wir nun wieder Klarheit darüber, dass nach Afghanistan kein generelles Abschiebeverbot besteht. Ich darf darauf hinweisen, Frau Kollegin Stamm: Der Bericht der Bundesregierung liegt vor.
Nachdem in der Koalition darüber gesprochen worden ist, hat die Bundeskanzlerin öffentlich ausdrücklich festgestellt, dass jetzt wieder ohne Einschränkungen nach Afghanistan abgeschoben werden kann.
(Georg Rosenthal (SPD): Nein, es darf nicht ohne Einschränkungen nach Afghanistan abgeschoben werden! Das stimmt nicht!)
Soweit ich das beurteilen kann, gehen von Deutschland aus nur Flieger nach Kabul und nicht in irgendwelche gefährdete Regionen. Herr Kollege Rosenthal, Sie können mir wahrscheinlich kein einziges Beispiel nennen, bei dem ein Abschiebeflug aus Deutschland in den letzten zwei, drei Jahren in eine andere Stadt gegangen ist. Insofern ist das eine rein abstrakte Diskussion. Wir können uns aber gerne darauf verständigen. Das ist ein Unterschied zu dem, was vorhin vonseiten der GRÜNEN und von Frau Kollegin Stamm erklärt worden ist. Ich bedanke mich, dass das im Dringlichkeitsantrag ausdrücklich festgehalten ist. Nach einer sorgfältigen Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – –.
Gerade bei den afghanischen Flüchtlingen wird in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft, ob eine individuelle Verfolgung vorliegt oder nicht. Wir haben eine Anerkennungsquote von rund 30 %. Das zeigt, die Einzelfälle werden angeschaut. Einzelne werden anerkannt, andere aber werden nach individueller Prüfung eben nicht anerkannt. Das kann uns nicht egal sein. Wir können nicht sagen: Wir lassen alle da. – Nein, jetzt ist Klarheit geschaffen. Diejenigen, die nach individueller Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht anerkannt worden sind, müssen unser Land auch wieder verlassen. Die Bundesregierung hat festgestellt, dass das zumutbar ist. Wir werden uns deshalb an künftigen Rückführungsflügen, die die Bundesregierung organisiert, auch beteiligen.
Meine Damen und Herren, wir haben aber auch vonseiten Bayerns unsere Hausaufgaben gemacht. Die Bayerische Staatsregierung hat den Bayerischen Asylplan beschlossen. Diesen Plan setzen wir konsequent um.
Sie haben vorhin vom Koalitionsvertrag gesprochen, lieber Herr Kollege Rinderspacher. Ja, der Koalitionsvertrag enthält die Anker-Zentren. Wir haben beschlossen, dass in jedem bayerischen Regierungsbezirk eine solche Anker-Einrichtung geschaffen wird. Wer hat sich denn in merkwürdiger Weise in den letzten Wochen landauf und landab, zeitweilig auch bundesweit aus der ganzen Diskussion davonstehlen wollen? Seit der Innenministerkonferenz in Quedlinburg ist jetzt etwas Ruhe eingekehrt. Wer hat denn kundgetan, mit Anker-Zentren eigentlich überhaupt nichts zu tun haben zu wollen?
(Markus Rinderspacher (SPD): Weil Herr Seehofer nicht geliefert hat! Sie haben es nur umetikettiert! – Unruhe bei der SPD)
Wir richten diese Anker-Zentren ein, und zwar mit all dem, was im Koalitionsvertrag steht. Ich freue mich, wenn wir darüber Einigkeit haben und das von der SPD-Landtagsfraktion mitgetragen wird. Genau so bringen wir nämlich mehr Effizienz und mehr Tempo in die Verfahren. Es muss klar sein: Wer anerkannt wird, der muss möglichst schnell integriert werden. Wer aber nicht anerkannt wird, der muss unser Land möglichst schnell wieder verlassen.
Wir werden auch eigene bayerische Abschiebeflüge durchführen. Wir werden die freiwilligen Ausreisen durch passgenaue Förderprogramme forcieren. Wir werden die Aufenthaltsbeendigung bei Straftätern und bei Gefährdern durch eine Taskforce beim Landesamt für Asyl und Rückführungen weiter beschleunigen. Wir werden das Sachleistungsprinzip in diesen Einrichtungen verstärken.
All dies zeigt: Wir reden nicht nur von einer Neuordnung der Migrationspolitik, sondern wir gehen sie an. Wir wollen sie angehen in Bayern, wir wollen sie auf bundesdeutscher Ebene angehen, und wir wollen sie auf europäischer Ebene angehen. Wenn Sie, Herr Kollege Rinderspacher, in Ihren Rundumschlägen vorhin gemeint haben,
am Schluss noch in Vorwürfe des Nationalismus versteigen zu sollen, dann kann ich das nur als lächerlich bezeichnen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist lächerlich. Ich sagen Ihnen hier ausdrücklich: Ja, wir befürworten gesamteuropäische Lösungen. Aber ich sage Ihnen auch noch einmal: Nicht die Bundesrepublik Deutschland und nicht der Freistaat Bayern haben in den letzten Jahren gegen geltendes europäisches Recht verstoßen
sondern ganz offenkundig tun andere europäische Länder schon seit Jahren nicht mehr das, was im Schengen-Recht und was im Dublin-Recht vorgesehen ist. Sie setzen sich einfach darüber hinweg oder lassen es laufen; jedenfalls halten sie sich nicht mehr an geltendes europäisches Recht. Das sind andere europäische Länder und nicht die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern, meine Damen und Herren.
Es hat sich gezeigt: Wer in den letzten Jahren versucht hat, gesamteuropäische Lösungen dadurch zu erreichen, dass er ein ums andere Mal erklärt hat, wir brauchen ein Konzept, in dessen Rahmen alle Flüchtlinge, die in Europa ankommen, gleichmäßig auf alle EU-Staaten gleichmäßig verteilt werden, der ist damit ganz offensichtlich gescheitert. Es gibt nämlich eine Fülle von europäischen Ländern, wohlgemerkt wiede
Das ist wieder mal typisch; da fallen Ihnen immer nur Ungarn und Orbán ein. Sie sehen nicht, dass darunter auch sozialdemokratisch regierte europäische Länder sind und inzwischen ganz Osteuropa sich nicht mehr daran beteiligen will.