Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Herr Kreuzer, Sie haben mich vorhin in Ihrer Rede gefragt, was daran so schlimm sei, wenn es eine Direktwahl gäbe. Ist das jetzt der nächste Punkt, den Sie planen, nämlich dass der Ministerpräsident direkt gewählt wird? Dann würde die Amtszeitbegrenzung vielleicht wieder einen Sinn ergeben.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben meine Ausführungen nicht verstanden, Herr Streibl!)

Dann hätten Sie die Ausführungen deutlicher machen müssen.

Auf jeden Fall können wir dem Ganzen nicht nähertreten. Das andere – Stichwort Wortbruch – muss man auch einmal klarstellen. Wenn sich, so wie es guter parlamentarischer Brauch ist und wie es auch vor der letzten Landtagswahl der Fall war, alle Fraktionen zusammengesetzt und sich gefragt hätten, was sie ändern wollen, wie sie zusammenkommen können und wo es Änderungsbedarf in der Verfassung gibt, dann hätte man auch darüber reden können. Dann wäre vielleicht ein Antrag herausgekommen, auf dem drei oder vier Fraktionen als Unterzeichner stehen. Sollte dann jemand abspringen, wäre das Wortbruch, aber nicht, wenn man im Vorfeld glaubt, Meinungen herauszuhören oder sie hineininterpretiert. Es ist Hybris, wenn man eine Verfassungsänderung in den Raum schmeißt und hofft, der Rest würde irgendwie mitmachen. Man sollte wirklich demütig sein, auf die anderen Fraktionen zugehen und fragen: Was haltet ihr davon? Reden wir einmal darüber. Das wäre vielleicht angemessener.

Zur Aussprache steht außerdem der Vorschlag der Fraktion der GRÜNEN für eine Verfassungsänderung. In diesem Gesetzentwurf sind einige Punkte enthalten, die wir begrüßen, aber auch einige Punkte, mit denen wir Probleme haben, zum Beispiel das Wahlalter von 16 Jahren und die Herabsetzung des Wählbarkeitsalters auf 18 Jahre. Hier haben wir noch Bauchschmerzen. Deshalb werden wir uns hier der Stimme enthalten.

Der Gesetzentwurf der SPD enthält Punkte, die wir seit langer Zeit mittragen und die wir auch selbst schon öfter gefordert haben. Auch wir wollen mehr Transparenz bei der Besetzung der Richterämter und einen ehrlicheren Wettbewerb. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf unterstützen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön. Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Guttenberger.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Eine Legislaturperiode nähert sich ihrem Ende. Manche, zum Beispiel die CSUFraktion, nutzen das, um eine positive Erfolgsbilanz der letzten fünf Jahre zu ziehen. Ich nehme zur Kenntnis, dass es in diesem Hause auch eine andere Gruppe gibt, die eine Sammlung von Gesetzentwürfen mit Verfassungsänderungen einbringt.

(Markus Rinderspacher (SPD): Mit Demokratie!)

Diese Verfassungsänderungen werden teilweise in Pauschalierungen und Headlines wie "Verbesserung von sonstwas" verpackt. Wer wäre nicht für eine Verbesserung?

(Markus Rinderspacher (SPD): Tja, Sie!)

Ja, aber Sie verschweigen, dass Sie mit Ihren "Verbesserungen" bestimmte Details auf den Weg bringen wollen, und genau auf diese Details kommt es an. Diese Details sind so gestaltet, dass Sie damit Hand an ein bewährtes Verfassungssystem legen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Deshalb machen Sie es selbst!)

Ich nehme jetzt einfach zur Kenntnis, dass Sie die Amtszeitbegrenzung eines Ministerpräsidenten mit Monarchie verbinden. Monarchie ist eigentlich auf Lebenszeit angelegt, oder habe ich etwas verpasst? Sie haben von Demut und Hybris gesprochen. Nein, darum geht es nicht. Es geht um Transparenz. Wir möchten transparent sagen, wieviel Zeit ein Ministerpräsident hat, um bestimmte Aufgaben zu erledigen.

(Florian von Brunn (SPD): Das wäre ja was Neues im CSU-Staat Bayern!)

Wir halten das angesichts der Bedeutung dieses Amtes für den richtigen Weg. Dabei geht es nicht darum, zu sagen, der Ministerpräsident sei wie der amerikanische Präsident.

(Markus Rinderspacher (SPD): Er hat getwittert, ich nicht!)

Herr Kollege Rinderspacher, ich gehe davon aus, dass Sie das verstanden haben, nachdem Herr Kollege Kreuzer Sie überdeutlich darauf hingewiesen hat. Es gibt Aussagen, die man, wenn man im Wahlkampf ist, einfach nicht verstehen will.

Damit komme ich zu den Details, die in ihren Gesetzentwürfen stehen. Sie sagen, Sie wollen eine Verbesserung der Volksbegehren. Nein, Sie wollen etwas anderes. Sie wollen Volksbegehren, die sich auf den Staatshaushalt auswirken. Damit vergessen Sie, dass dies mit dem Demokratieprinzip in unserem Lande nicht vereinbar ist. Das ist nicht meine Erfindung, sondern das wurde vielfach vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof entschieden.

Sie wollen eine Erweiterung von Volksbegehren auf alle Entscheidungen, die der Landtag in seinem Zuständigkeitsbereich treffen kann.

(Florian von Brunn (SPD): Schlimm, diese direkte Demokratie!)

Das ist schwierig. Zum einen haben wir hier das Demokratieprinzip, zum anderen haben wir eine repräsentative Demokratie. Der Bürger erwartet von uns zu Recht, dass wir Entscheidungen treffen und diese Entscheidungen umsetzen.

(Isabell Zacharias (SPD): Wovon reden Sie?)

Haben Sie Ihren Gesetzentwurf nicht gelesen? – Ich glaube das nicht. In Ihrem Gesetzentwurf ist außerdem geregelt, dass nicht mehr nur Gesetze Gegenstand von Volksbegehren sein sollen. Unsere Verfassung beschränkt Volksbegehren auf Gesetze, weil klar und inhaltlich bestimmt sein muss, worüber der Bürger dann bei einem Volksentscheid abstimmen soll. Sie wollen Volksbegehren über Staatsverträge. Ich zweifle die Praktikabilität dieser Regelung schon aufgrund des zeitlichen Vorlaufs an.

Sie wollen das Quorum von 10 % auf 5 % absenken. Dabei verschweigen Sie, dass ein Quorum beim eigentlichen Volksentscheid, sofern er keine Verfassungsänderung betrifft, nicht existiert. Das habe auch nicht ich entscheiden, sondern mehrfach der Bayerische Verfassungsgerichtshof. Die Dignität wird erst erlangt, wenn das Volksbegehren von 10 % der Bürgerinnen und Bürger unterstützt wird.

Sie wollen einen Volksentscheid und eine Volksgesetzgebung durch Beschluss des Landtags. Ich frage mich daher: Wofür soll denn der Bürger um Himmels willen Abgeordnete im Rahmen einer repräsentativen Demokratie wählen, wenn der Landtag sagt: Das ist mir jetzt zu schwierig. Jetzt soll das Volk entscheiden. Auch dies ist mit unserer Verfassung nicht in Einklang zu bringen.

Sie wollen dann, dass die Verfassungsrichter mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie tödlich langweile, sage ich Ihnen:

Ich bitte um etwas Ruhe.

Wir wollen, dass Richterstellen nach Eignung, Leistung und Befähigung besetzt werden. Wir wollen keine politischen Positionen oder Absprachen, um eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Wir wollen auch nicht, dass jede Fraktion be

stimmte Gremien mit ihrem Wunschrichter besetzen kann.

(Florian von Brunn (SPD): So, wie Sie es seit Jahrzehnten tun!)

Herr von Brunn, nennen Sie mir einen Richter oder eine Richterin, die nicht aufgrund seiner oder ihrer Eignung, Leistung und Befähigung ernannt wurde. Nennen Sie mir einen. Da bin ich wirklich neugierig. In diesem Land ist es unter Beteiligung der oberen Gremien immer geglückt, die Besten zu bekommen. Das gilt für die Staatsanwaltschaften und für die Richterschaft. Deshalb werden wir an diesem System festhalten. Wir können unter den Besten auswählen und haben damit das erfolgreichste Rechtssystem, das man in der Bundesrepublik finden kann.

Für die Unabhängigkeit der Richter ist es nicht erforderlich, diese mit Zweidrittelmehrheit zu wählen. Das haben auch nicht wir erfunden, sondern das Bundesverfassungsgericht. Zu diesem Thema gab es auch einmal ein Volksbegehren. Anscheinend ist auch das Volk der Ansicht, dass wir keine Zweidrittelmehrheit, sondern Eignung, Leistung und Befähigung brauchen.

Sie fordern die Gleichstellung von Mann und Frau. Wer wäre nicht für die Gleichstellung von Mann und Frau? Ich wünsche mir sehr viel mehr Frauen in einem Parlament.

(Florian von Brunn (SPD): Warum haben Sie dann am wenigsten von allen?)

Sie kommen hier mit den paritätischen Wahlvorschlägen unter Ignorierung der Tatsache, dass der Verfassungsgerichtshof erst Ende März festgestellt hat, dass dies nicht der richtige Weg ist. Sie wollen außerdem das Wahlrecht auf 16 Jahre absenken. Begründung: Die Jugendlichen warteten nur darauf und würden sich viel mehr für Politik interessieren. In unserem Rechtssystem ist ein Wahlalter von 18 Jahren vorgesehen. Ab diesem Zeitpunkt sind die Menschen volljährig und geschäftsfähig. Offensichtlich haben Sie eine völlig andere Vorstellung von der Regierung eines Landes und von der Bedeutung der Demokratie. Wir sind der Überzeugung, dass es nicht minder wichtig ist, die Geschicke eines Landes durch Wahl zu bestimmen, als einen zivilrechtlichen Vertrag abzuschließen. Sie haben offensichtlich grundsätzlich andere Vorstellungen von dem Wert des Wählers und der Wählerin in einer Demokratie.

(Florian von Brunn (SPD): Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Frau Kollegin? – Markus Rinderspacher (SPD): Das fragt sich die CSUFraktion gerade auch!)

Ich handele Ihre einzelnen Punkte ab. – Auch die Absenkung des Mindestalters des Ministerpräsidenten von 40 Jahren auf 18 Jahre halten wir nicht für den richtigen Weg, weil wir glauben, dass der erste Posten in einem Land auch mit einer gewissen Lebens- und beruflichen Erfahrung verbunden sein sollte.

Sie wollen zusätzlich den Klimaschutz und den Artenschutz aufnehmen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das wäre eine gute Idee – wenn es in Form des Umweltschutzes nicht schon drinstünde. – Genau aus diesen Gründen werden wir Ihre Gesetzentwürfe ablehnen.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Was ist mit Ihrem Gesetzentwurf? Zu diesem haben Sie gar nichts gesagt!)

Herr Ministerpräsident Dr. Söder hat um das Wort gebeten.

(Beifall bei der CSU)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus!

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wenn man den ganzen Tag Revue passieren lässt

(Dr. Paul Wengert (SPD): Wenn man da war!)

und einzelne Wortmeldungen herausnimmt, wenn man erlebt, dass wie jetzt, schon bevor der erste Satz gesprochen worden ist, dazwischengebrüllt wird, wie versucht wird zu stören, dann, finde ich, ist um diese Uhrzeit ein guter Moment, einfach einmal für ein paar Minuten zuzuhören und am Ende zu entscheiden, ob man etwas gut oder schlecht findet. Auch Zuhören gehört zur Demokratie.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Sie waren die meiste Zeit gar nicht da!)