Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir in Bayern sind stolz auf unsere Demokratie. Wir sind es historisch und bis auf den heutigen Tag. Ausdruck des besonderen Lebensgefühls in Bayern war es immer, den Menschen Mitsprache zu ermöglichen. Das war
in Bayern anders als anderswo. Wir haben schon lange Volksentscheide. Wir haben schon lange Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. In keinem anderen Bundesland gab es so viele Volksbegehren wie bei uns in Bayern. Es hat uns in Bayern immer gutgetan, dass wir moderner, fortschrittlicher, demokratieorientierter als andere waren, das heißt, dass wir uns in Sachen Demokratie etwas getraut haben. Wir haben nicht gesagt, wie es vorhin zu hören war: Das könnte ein System irgendwie verändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Zeiten, in denen die Demokratie wackelt, in denen sie in Europa fast zerbröselt, ist es sogar unsere besondere Aufgabe, zu überlegen, wie wir die Demokratie wieder stärken und stabiler machen können.
Ich gebe zu: Es gibt viele Möglichkeiten, dorthin zu kommen. Wir haben versucht, eine Möglichkeit aufzuzeigen. Ich habe versucht, eine Möglichkeit aufzuzeigen. Ich glaube, dass die Amtszeitbegrenzung – das zeigen übrigens Umfragen und die Resonanz der Bevölkerung allgemein – eine Möglichkeit ist, tatsächlich zu zeigen, dass wir in Deutschland und gerade auch wir in Bayern den Wunsch ernst nehmen, den Wechsel in der Demokratie nicht nur von Machtfragen abhängig zu machen, sondern dass wir ihn auch institutionalisieren wollen.
Wer über Bürgerwünsche lacht, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Bürger ihn am Ende nicht mehr wählen.
(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Das ist nicht der Bürgerwunsch, das ist Ihr Wunsch!)
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Wir wären das erste Bundesland, das so etwas regelt, und würden damit die politische Architektur tatsächlich weiterentwickeln. Damit würden wir ernsthaft ein Signal setzen, das die Menschen im Land verstünden – so ist jedenfalls mein Eindruck –: Macht braucht Begrenzung. In der Demokratie wird der Wechsel als normal empfunden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der die Debatte draußen verfolgt und hört, dass der Ministerpräsident bereit ist, freiwillig – –
(Markus Rinderspacher (SPD): Wir werden Sie nicht dazu zwingen! Die Wähler werden Sie dazu zwingen!)
Ich glaube nicht, dass die Wähler die SPD damit beauftragen werden, das zu verändern. Nach den aktuellen Umfragen glaube ich das nicht. Aber das müssen Sie selbst wissen.
(Markus Rinderspacher (SPD): Ja, es ist schwer, Ihnen zuzuhören! Sie sind jedenfalls nicht freiwillig bereit! Der Wähler wird das entscheiden!)
Ich bitte einfach um den gleichen Respekt. Unter Demokraten sollten wir wenigstens den Versuch unternehmen, das Argument des anderen zu akzeptieren.
Andere Parteien tun das nicht. Sie werden erleben, dass ab Herbst hier möglicherweise Parteien sitzen,
die genau diesen Stil zum Prinzip erheben. Wir sollten das nicht bei uns tun, meine Damen und Herren.
Selbst kritische Medienbegleiter haben weder geschrieben noch auch nur annähernd zum Ausdruck gebracht, die Idee einer Amtszeitbegrenzung sei als besondere Form von Arroganz zu interpretieren.
In Monarchien gibt es überhaupt keine Amtszeitbegrenzung. Im Gegenteil, dort gilt das Prinzip der lebenslangen Amtszeit.
Ich verstehe Sie nicht. Sie versuchen, heute mit sehr laut vorgetragenen Argumenten etwas zu kaschieren, was man eine 180-Grad-Wende nennt.
Es stimmt: Sie wurden vorher nicht gefragt. Sie haben sich trotzdem dazu geäußert, und zwar positiv. Hubert Aiwanger, Herr Rinderspacher und Herr Hartmann haben sich entsprechend geäußert. Herr Hartmann hat sogar gesagt: Wenn er es ankündigt, soll er es sofort machen! Das ist kein Vorwurf. Es gab auf Ihrer Seite jedenfalls die grundsätzliche Bereitschaft, eine entsprechende Regelung zu treffen.
Es gab heute auch ein paar gute Argumente, die man ernst nehmen muss. Wenn Sie aber heute ausführen, Sie wollten diesem Vorschlag nicht zustimmen, weil er Ausdruck von Arroganz sei, weil es darum gehe, Parteienherrschaft zu beenden – Sie haben als Beispiel Mexiko genannt und einen Vergleich zwischen korrupten Parteien und im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien unternommen –, dann empfinde ich das wirklich als schwierig. So etwas würde ich gern nicht mehr hören.
(Lebhafter Beifall bei der CSU – Markus Rinders- pacher (SPD): Das habe ich nicht gesagt! – Horst Arnold (SPD): Nicht zugehört!)
Gut. Ich denke daran, was nach der heutigen Debatte stattfinden wird. Glauben wir, dass wir damit und – das sage ich jetzt grundsätzlich – mit dem Stil, in dem wir demokratische Prozesse abwickeln, unserer Demokratie einen Gefallen erweisen? Glauben wir das wirklich?
Heute wurde so viel inhaltliche Arbeit geleistet. Übrig bleiben wird wahrscheinlich vieles von dem, was Sie sich und wir alle uns untereinander leisten. Wir sind doch das Hohe Haus und keine Theaterbühne, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir müssen uns doch selbst ein bisschen ernster nehmen!
Natürlich wollen die Bürger, dass sachpolitische Debatten geführt werden. Die Bürger wollen vor allem Lösungen und entsprechende Entscheidungen. Diese dürfen auch strittig sein. Wir leben nicht in einer Demokratie, in der nur ein Wort gilt und nur eine Meinung zählt. Natürlich ist es respektabel, unterschiedliche Überzeugungen zu haben. Wir dürfen uns aber nicht auf einen Wettbewerb der Beleidigungen einlassen. Wir müssen immer wieder überprüfen – das sage ich auch für uns und für mich –, ob unser Stil tatsächlich angemessen ist.