Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Wenn ich mir die Ereignisse der letzten 40 Jahre in Erinnerung rufe, kann ich zusammenfassend feststellen: Wir stehen heute an einer entscheidenden Weggabelung, einer Weggabelung, vor der die Politik eigentlich nur alle paar Jahrhunderte steht. Dessen muss sich vor allem der neue Landtag bewusst sein. So sehr wir auf das förderale System pochen, muss uns doch allen klar sein, dass die Globalisierung der Welt keine Rücksicht auf Länderparlamente nehmen wird, die nicht über den Länder-Tellerrand hinausschauen. So stolz wir auf Bayern sind – am 8. November feiern wir 100 Jahre Freistaat Bayern –, so muss uns auch in Bayern und in Deutschland klar sein, dass wir den kommenden Herausforderungen nur in einem vereinten Europa standhalten können.

(Allgemeiner Beifall)

Europa ist immer noch der stärkste Wirtschaftsraum der Welt. Ich bin der festen Überzeugung, dass nur dieser große Wirtschaftsraum die zukünftige Entwicklung in den Bereichen Umwelt, Sicherheit, Vermögensverteilung und soziale Gerechtigkeit beeinflussen kann. Dazu muss er sich auf seine Stärke besinnen. Wenn wir so weitermachen, wie das jetzt der Fall ist, werden Nationen mit großer Bevölkerungszahl, zum Beispiel China, vielleicht auch Russland, vielleicht auch die USA, an uns vorbeiziehen. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ein Vorbeiziehen dieser Länder zu sozialer Gerechtigkeit und zu sozialer Sicherheit führen wird, im Gegenteil.

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass dieses Schlusswort ernster als erwartet ausgefallen ist. Ich mache aber nicht die Tür hinter mir zu und schließe ab, sondern ich und die anderen 38 Kolleginnen und Kollegen, die den Landtag jetzt verlassen, geben nur den Staffelstab an den neuen Landtag weiter, der

sich mit all den genannten Krisen und Erscheinungen auseinandersetzen muss.

Ich selbst habe vor fünf Jahren gesagt, dass ich nicht mehr kandidieren werde. Deshalb bin ich persönlich mit mir im Reinen. Über bestimmte Umfrageergebnisse bin ich einfach nur traurig. Eigentlich müssten wir alle in diesem Raum über die Umfrageergebnisse traurig sein. Ich habe versucht darzustellen, wie es dazu kommen konnte. Wir alle müssen in den Spiegel schauen und uns fragen, was wir falsch gemacht haben und was wir ändern können.

In diesem Sinne wünsche ich zusammen mit meinen ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen dem neuen Landtag Klugheit, Einsicht, Weitsicht und vor allem die Erkenntnis, dass es wichtig ist, dass gerade die etablierten Parteien über die Parteigrenzen hinaus zusammenarbeiten. Hier schließe ich mich meiner lieben Landtagspräsidentin an. Sonst bekommen wir die aufgezeigten Probleme nicht in den Griff. Letztlich geht es darum, diese freiheitliche demokratische Gesellschaft im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Bayern zu erhalten.

Es lebe der Freistaat Bayern! Es lebe der Bayerische Landtag! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Herzlichen Dank, lieber Herr Kollege Prof. Dr. Peter Paul Gantzer, und nochmals alle guten Wünsche.

Jetzt darf ich dem Stellvertretenden Ministerpräsidenten, Herrn Staatsminister Joachim Herrmann, das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Liebe Frau Landtagspräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Ehre, heute für die Staatsregierung die Schlussworte anlässlich der sich dem Ende zuneigenden 17. Wahlperiode sprechen zu dürfen. Ich schließe mich meinen Vorrednern an und danke allen Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus für die insgesamt gute und kollegiale Zusammenarbeit in den letzten Jahren.

Ich darf gleich ausdrücklich hinzufügen, mein Dank geht – stellvertretend für viele – an Sie, lieber Prof. Dr. Gantzer. Ja, ich sage das auch deshalb, weil bei Ihnen die Sachpolitik stets im Mittelpunkt stand. Sie waren für mich über die vielen Jahre hinweg immer ein Musterbeispiel für einen Abgeordneten, der sein Mandat selbstbewusst ausfüllt und sich bei aller Loyalität zu Partei und Fraktion immer auch das Recht auf eine eigene, gegebenenfalls abweichende Meinung bewahrt hat. Sie haben dabei die Interessen

der Sicherheit in unserem Land und besonders unserer bayerischen Polizei so gut vertreten, dass es mir eine Freude war, Ihnen heuer im Sommer für Ihr langjähriges Wirken die Staatsmedaille für die Verdienste um die Innere Sicherheit zu verleihen. Sie waren, wenngleich wir als politische Kontrahenten nicht immer der gleichen Meinung waren, stets auch ein leuchtendes Beispiel dafür, dass man über Parteigrenzen hinweg jenseits der sachlichen Kontroversen stets respektvoll, vertrauensvoll und fair zusammenarbeiten kann. Deshalb Ihnen, lieber Kollege, sehr geehrter Herr Professor, sehr geehrter Herr Oberst der Reserve Peter Paul Gantzer, herzlichen Dank, stellvertretend für viele andere, mit denen es auch immer eine gute Kollegialität gegeben hat. Vielen Dank!

(Allgemeiner Beifall)

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich alle Abgeordneten dieses Hauses den demokratischen Grundwerten, dem fairen und respektvollen Umgang miteinander verpflichtet fühlen und diese Werte in der gemeinsamen Debatte der letzten fünf Jahre zumindest meist auch mit Überzeugung gelebt haben. Dass aber diese demokratische Selbstverständlichkeit alles andere als gottgegeben ist, sehen wir aktuell, wenn wir in den Deutschen Bundestag oder in andere Landesparlamente blicken, in denen schon länger verbal radikal agierende Parteien Einzug gehalten haben, die essenzielle Grundüberzeugungen unserer Demokratie infrage stellen oder gar ablehnen und bekämpfen.

Dort, wo die Vielfalt unserer Gesellschaft zum bedrohlichen Problem hochstilisiert wird, trifft man im Grunde auf politische Einfalt. Dort, wo der bewusste Tabubruch zum kalkulierten politischen Stilmittel gemacht wird, müssen die wahren Demokraten in ihrem eigenen politischen Reden und Handeln umso konsequenter anständig bleiben und die Würde dieses Hohen Hauses verteidigen. Ich denke hierbei an demokratische Errungenschaften wie eine respektvolle Sprache, die die Grenzen zum Unsagbaren und Unsäglichen wirklich strikt wahrt. Ich denke an eine politische Kultur, die das fachliche Argument hoch schätzt und falsche Informationen und hetzerische Diffamierungen ächtet. Ich denke an die feste Überzeugung, sich von extremistischen Kräften zu distanzieren, anstatt ihnen zum Beispiel bei Montagsdemonstrationen voranzumarschieren. Ich denke in der Tat an unsere historisch gewachsene Gedenkkultur, die es zu bewahren gilt, statt die düsterste Epoche unserer deutschen Geschichte in irgendeiner Weise kleinzureden, zu relativieren oder gar zu beschönigen.

Gerade mit Blick auf diese neuen parlamentarischen Herausforderungen wird es in der nächsten Legisla

turperiode wichtiger denn je sein, dass alle demokratischen Parteien über die Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten und sich von extremistischen

Bestrebungen, sei es von rechts oder links, klar distanzieren. Wir müssen mit vereinten demokratischen Kräften klarmachen, dass im Bayerischen Landtag die Demokratie auch in Zukunft im besten Sinn gelebt und verteidigt wird. Ich spreche hier von einer demokratischen Kultur, die auch und gerade mit Blick auf die nun zu Ende gehende Legislaturperiode die Vorlage der Erfolgsbilanz ihres Handelns insgesamt nicht zu scheuen braucht; denn in den letzten fünf Jahren haben wir zwar sicherlich das eine oder andere Thema intensiv und manchmal auch kontrovers diskutiert. Aber der von verschiedenen Meinungen getragene Streit um die beste Lösung ist natürlich auch ein wesentliches Element der Demokratie; ja, es ist ihre Stärke. Das bedeutet zugleich, dass wir auf genau diese parlamentarische, freiheitliche und rechtsstaatliche Demokratie stolz sind. Auch das dürfen wir in der Öffentlichkeit ab und zu spüren lassen.

Ich persönlich bin jedenfalls der festen Überzeugung, dass diese Demokratie das Beste ist, was es in unserem Land jemals gegeben hat. Wir wollen sie, wo immer es möglich ist, noch besser machen. Aber eine Alternative dazu brauchen wir nicht und wollen wir auch nicht.

(Allgemeiner Beifall)

Diese Legislaturperiode war von einer bestmöglichen Bewältigung der Folgen geprägt. Ich denke an das gewaltige Hochwasser im Jahr 2013, mit dessen Folgen wir noch lange beschäftigt waren. Es ging auch um wichtige Weichenstellungen wie die Umsetzung der Energiewende oder auch die Begleitung des G-7Gipfels auf Schloss Elmau; ferner um Megathemen wie die Migrationskrise, um Terrorgefahren und Amokläufe, um die Auswirkungen des Brexits auf Bayern und um die Luftreinhaltung, also um ein breites Spektrum. Egal, von welcher Warte aus man diese Themen betrachten mag, sie waren und sind für die Zukunft Bayerns, aber auch für Deutschland und ganz Europa von maßgeblicher Bedeutung.

Für diese hoch produktive und von Vertrauen in die Demokratie als Wert an sich getragene Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren zum Wohle unserer bayerischen Bevölkerung möchte ich mich im Namen der Staatsregierung ausdrücklich bedanken, zuallererst in der Tat, liebe Frau Landtagspräsidentin, bei Ihnen, bei dir, liebe Barbara Stamm. Es ist bereits viel dazu gesagt worden. Ich will nochmals ausdrücklich unterstreichen, dass unsere Landtagspräsidentin dieses Parlament, diese Stätte der Demokratie, wenngleich man vielleicht im Einzelfall unterschiedlicher

Meinung gewesen sein mag, auch nach außen hin wirklich in hervorragender Weise repräsentiert und dafür in der Bevölkerung viel Zustimmung gefunden hat.

(Beifall bei der CSU)

Ich danke allen Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten. Ich danke den Damen und Herren Fraktionsvorsitzenden, den Vorsitzenden der Ausschüsse und parlamentarischen Gremien. Ich danke allen

Abgeordneten, aber auch sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landtagsamt, den Offizianten, Stenografen, Sicherheits- und Pfortendiensten, Mitarbeitern in den Fraktionsgeschäftsstellen, Kolleginnen und Kollegen der Polizei sowie dem Sanitätsdienst und den Landtagsbeauftragten, die alle wie viele andere auch, die ich nicht genannt habe, unsere parlamentarische Arbeit durch ihr tägliches Zutun überhaupt erst möglich machen.

Mein besonderer Dank geht an alle Abgeordneten, die für den neuen Landtag nicht wieder kandidieren, und an alle Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen des Hohen Hauses, die sich zum Teil jahrzehntelang für unser Land und seine Menschen unermüdlich eingesetzt haben. Ich rufe ihnen allen im Namen der gesamten Staatsregierung ein ganz herzliches Vergelts Gott zu.

Mein Dank geht in der Tat auch an die Landtagspresse, die uns in den letzten Jahren gewohnt sachlich und kritisch begleitet hat. Die Wahrnehmungen darüber, wer da jeweils besser wegkommt, mögen unterschiedlich sein, lieber Herr Prof. Gantzer. Aber insgesamt will ich deutlich unterstreichen, dass man, wenn

man die Nachrichten aus anderen Teilen der Welt vernimmt, spürt, wie wichtig eine freie Presse ist. Sie ist in der Tat ein unverzichtbarer Teil unserer Demokratie. Das, was ich vorhin zur Demokratie gesagt habe, ist ohne freie Presse nicht vorstellbar. Deshalb ist es wichtig, dass es diese gibt.

(Allgemeiner Beifall)

Ich danke im Namen der Staatsregierung noch einmal sehr herzlich für das insgesamt gedeihliche Miteinander von Legislative und Exekutive. Ich wünsche Ihnen allen, jedem und jeder Einzelnen von Ihnen, von Herzen alles, alles Gute und Gottes Segen. – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sind nun mit allen guten Wünschen versehen. Wie Sie wissen, haben wir auch Kolleginnen und Kollegen, denen es momentan gesundheitlich nicht gut geht. Ihnen sagen wir von dieser Stelle herzliche Genesungswünsche. Stellvertretend nenne ich unseren Kollegen Thomas Kreuzer, der ja trotz seiner Verletzung heute Vormittag noch anwesend war.

Ich darf nun nicht wie sonst das Ende der Sitzung verkünden, sondern sagen: Damit ist die Tagung geschlossen. Alles Gute für Sie.

(Allgemeiner Beifall – Schluss: 17.49 Uhr)