Wenn ein Bundesinnenminister, der in Bayern zugleich CSU-Vorsitzender ist, die Migration als "Mutter aller Probleme" bezeichnet, dann legt er die Axt an die Grundlage unserer Gesellschaft.
Migration und Vielfalt sind ein Teil unserer bayerischen Identität. Oder wollen Sie das etwa bestreiten?
Jetzt denken die einen oder anderen von Ihnen vielleicht: Die macht hier nur Wahlkampf. – Nein, das mache ich nicht.
Wissen Sie, warum? – Da können Sie gerne lachen. – Meine Mutter kommt aus Irland. Ich bin Migrantin. Mich haben Sie aber wahrscheinlich nicht gemeint. Ja, so ist das.
Sie kommt aus Nordrhein-Westfalen? – Zu dem Umgang mit den anderen Bundesländern komme ich gleich noch. Das haben Sie hier gerade selbst hören können.
Der Punkt ist deshalb so ernsthaft, weil es um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft geht, um nicht weniger und nicht mehr. Es geht darum, was eine stabile Gesellschaft ausmacht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht mir nicht nur um den Zusammenhalt in Bayern, es geht mir auch um den Zusammenhalt außerhalb Bayerns. Wenn ich mit Menschen aus anderen Bundesländern zusammenkomme, dann be
gegnen mir immer zwei Bilder: Da ist zum einen das starke, das wirtschaftlich erfolgreiche Bayern, das Bewunderung erfährt. Mir begegnet aber noch ein zweites Bild, und das ist das arrogante, das überhebliche Bayern, das allen auf die Nerven geht, das aber auch unglaublich viele Menschen verletzt. Dann sage ich: Das erste Bayern, das sind wir tatsächlich. Das arrogante, das überhebliche Bayern, das sind wir nicht, nein, das ist die Regierungspartei, niemand anderes.
Wenn der Ministerpräsident eines Landes, und er ist derzeit der Ministerpräsident unseres Landes, Berlin als "Resterampe der Republik" bezeichnet,
Das sind Politiker, die grundsätzlich allen anderen Bundesländern erklären müssen, dass Bayern besser sei. Heute haben Sie das in aller Ausführlichkeit getan. Das ist die CSU, die einerseits in Berlin Regierungsämter besetzen will, die andererseits aber jede Gelegenheit nutzt, um die Regierung an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Wer sich aber so verhält, der baut keine Brücken, sondern der reißt sie ein. Das ist das, was Sie tun.
Damit wollen Sie neuerdings nichts mehr zu tun haben. Das haben Sie auch heute wieder gesagt. Bei unserem Duell bei den "Nürnberger Nachrichten" haben Sie, Herr Söder, letzte Woche sinngemäß gesagt: Jetzt sollen die da oben in Berlin endlich mal ordentlich regieren. – Als ob Sie mit der CSU-Landesgruppe nur eine sehr entfernte Bekanntschaft verbindet.
Das ist aber müde. Okay. – Mag sein, wenn Sie jetzt gleich auf die SPD zeigen, dass Ihnen das Verhalten von Horst Seehofer nicht mehr in die neue Strategie passt. Aber mal ganz ehrlich, da kommen Sie nicht mehr heraus. Das wäre politische Fahrerflucht und nichts anderes.
Wie gesagt, Herr Ministerpräsident, uns unterscheidet vieles. Drei Dinge aber unterscheiden uns ganz besonders. In den wesentlichen Punkten setzen Sie noch immer darauf, dass der freie Markt die Dinge in Bayern regeln wird.
Ich sage: Erstens. Das Bayern für alle, das schaffen wir nur, wenn der Freistaat eingreift, wenn er sich um die Bedürfnisse der Menschen, und zwar aller Menschen, kümmert. Das leistet der Markt eben nicht.
Sie setzen auf politische Taktik, und Sie setzen immer auf das, was kurzfristig politischen Gewinn verspricht. Das tun Sie ohne Rücksicht darauf, welche Auswirkungen das auf die Demokratie in Bayern hat. Ich mache Politik tatsächlich deshalb, weil ich sehr grundsätzliche Überzeugungen habe. Die stehen nicht zur Disposition; denn Politik braucht klare Haltung und Anstand.
Sie stehen für ein Bayern, das gegenüber dem Rest der Republik großmäulig, arrogant und besserwisserisch auftritt.
das aus seiner Stärke heraus solidarisch ist und an Lösungen mitarbeitet, statt immer wieder Konflikte anzuheizen. Vor diesen Alternativen steht Bayern: reines Vertrauen auf den Markt oder starker Staat für alle,
politische Taktiererei oder Politik mit Haltung. Ich sage Ihnen eines, krachlederne Arroganz oder Solidarität in Deutschland, das ist die Wahl, die Bayern hat, die Wahl, die Bayern treffen muss.
Glauben Sie mir – denn Sie schütteln den Kopf –, gehen Sie in sich, wenn Sie die Worte Respekt, Anstand und Haltung in den Mund nehmen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat nun Herr Kollege Kreuzer von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender.
(Der Abgeordnete Thomas Kreuzer (CSU) begibt sich auf Krücken zum Rednerpult, wo ein Stuhl für ihn bereitsteht)