Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur "Stärkung der Mitwirkungsrechte der Einwohnerinnen und Einwohner und der Demokratie in den Kommunen" auf Drucksache 17/138 bekannt. Mit Ja haben 16 gestimmt. Mit Nein haben 88 gestimmt. Es gab 34 Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Kommunale Bildungsregionen finanziell unterstützen (Drs. 17/251)
Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Fahn.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Inzwischen gibt es insgesamt 50 bayerische Landkreise und kreisfreie Städte, die sich auf den Weg gemacht haben, das Gütesiegel "Bildungsregion in Bayern" zu erwerben. Es handelt sich um Konzepte mit fünf vorgegebenen Säulen. Das wurde vor Ort mit allen Beteiligten vereinbart. Wie Sie wissen, sind die Landkreise und die Kommunen an pragmatischen Lösungen interessiert. Sie wollen die Regionen fit machen, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Je nach Region sind das Herkulesaufgaben. Bildungsangebote sind ein wesentlicher Standortfaktor für junge Familien. Schülerinnen und Schüler wünschen sich einen passenden Abschluss, den sie wohnortnah absolvieren können. Außerdem wünschen sich Erwachsene ein gutes Bildungsangebot im Landkreis, das sie neben ihrem Beruf wahrnehmen können.
50 Landkreise haben kommunale Bildungsbüros eingerichtet und Bildungsbeiräte gegründet, um vor Ort Initiativen zu gestalten und zu organisieren. Ein solches Bildungsbüro haben viele Landkreise aus eigenem Antrieb eingerichtet, um vor Ort passgenaue Lösungen – darauf kommt es an – für die Region zu entwickeln. Es geht darum, vorhandene Ressourcen
Wir wollen – darüber haben wir im Ausschuss diskutiert – keine bürokratischen Systeme aufbauen. Das sagte ein Abgeordneter der CSU im Bildungsausschuss, um damit seine Ablehnung zu begründen. Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen eine bessere Vernetzung schaffen. Ein Bildungsbüro koordiniert viele Initiativen und baut Bürokratie in der Region ab. Deshalb verstehe ich das nicht. Ich bin auf die Aussage der CSU gespannt, welche bürokratischen Systeme sie meint.
Die Forderung unseres Antrags ist pragmatisch und orientiert sich an der Zukunft. Wir wollen, dass die Kommunen grundsätzlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Allerdings – das gehört zur Wahrheit – sind dabei unsere Landkreise und Kommunen, wie so oft, auf sich allein gestellt. Derzeit vergibt der Freistaat Bayern das Gütesiegel "Bildungsregion in Bayern" und leistet damit ideelle Unterstützung, beteiligt sich jedoch nicht finanziell. Das ist das Problem. Wir sind der Meinung, Bildung ist eine staatliche Aufgabe. Meine Damen und Herren, darauf kommt es an.
Ein solches Förderprogramm gibt es in Baden-Württemberg. Allein schon mit dem Vergleich mit dem Bundesland Baden-Württemberg haben einige CSUAbgeordnete Probleme. Sie sagen, wir sollten uns in der Bildungspolitik auf gar keinen Fall an Baden-Württemberg orientieren. Mit Rücksicht auf die CSU lege ich das rote Tuch Baden-Württemberg einmal weg und erwähne stattdessen einen anderen Interessenvertreter, den Bayerischen Städtetag. Der Bayerische Städtetag hat am 18. Oktober 2013 die Auflegung eines finanziellen Förderprogramms gefordert, um neben der ideellen auch eine finanzielle Unterstützung zu erhalten. Wie dies im Einzelnen aussehen könnte, haben wir in einem Antrag für den Nachtragshaushalt zusammengestellt. Ich erwarte, dass alle in diesem Hohen Hause die kommunalen Bildungsregionen unterstützen, nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Meine Damen und Herren, darauf kommt es nämlich an.
Ich komme aus dem Raum Aschaffenburg. Die Stadt Aschaffenburg verfügt über ein Bildungsbüro als zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle für Kindertagesstätten, Schulen und außerschulische Einrichtungen. In der Stadt Aschaffenburg geht es wie in vielen anderen Regionen um Kooperation und Vernetzung. Damit wird dem erheblichen Personalaufwand für die Einrichtung und Umsetzung der Bildungsregion Rechnung getragen.
Wir fordern die Staatsregierung auf, ein Förderprogramm aufzulegen, um die mit dem Gütesiegel bedachten kommunalen Bildungsregionen nicht nur ideell, sondern auch finanziell zu unterstützen. Meine Damen und Herren, jede kommunale Bildungsregion soll entweder mit zusätzlichen Lehrerstunden oder einem finanziellen Äquivalent bedacht werden.
Noch einmal: Ich bin auf die Argumente der CSU gespannt. Es geht nicht um zusätzliche Bürokratie, sondern um passgenaue Lösungen für die Region. Wir wollen keine neuen Strukturen schaffen, sondern lediglich die vorhandenen Strukturen mit einer bescheidenen Hilfe des Freistaats stärken und erhalten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Fahn, entweder haben Sie das Konzept der Staatsregierung immer noch nicht verstanden, oder Sie betreiben ein kommunales Schaulaufen; etwas anderes ist das nicht. Wir schauen lieber nicht so genau nach BadenWürttemberg. Der bildungspolitische Scherbenhaufen Baden-Württembergs taugt schlecht zum Vergleich.
Um was geht es bei dem Konzept der Bildungsregionen? - Die Bildungsregionen basieren im Wesentlichen auf ein paar Säulen. Das hat Herr Fahn bereits angesprochen. Dazu zählen schulische und außerschulische Bildungsangebote, die Vernetzung der Bildungsträger, die Stärkung der Bürgergesellschaft, die Jugendhilfe und die Jugendarbeit, die Ganztagsangebote sowie der generationenübergreifende Dialog. Außerdem soll für reibungslose Übergänge gesorgt werden.
Mit diesem Anstoß soll ein Prozess aus der Region für die Region in die Wege geleitet werden, um individuelle Lösungen zu entwickeln und eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kommunen und Bildungsträgern zu ermöglichen. Das ist die Überschrift des Ganzen. Wie geschieht das? - Im Rahmen von Dialogforen sollen mit allen Beteiligten Wege gefunden werden, um die Bildungsangebote zu vernetzen und die Qualität der Bildung zu verbessern. Das ist
das Ziel der Bildungsregionen. Für die Kommunen wird ein passgenaues Bildungsangebot, wie Sie es bezeichnet haben, erarbeitet. Für die jeweilige Region werden passgenaue Ansätze entwickelt, um für junge Menschen vor Ort die Wahrnehmung der Bildungsund Teilhabechancen zu optimieren. In der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren vor Ort kann und wird es immer unterschiedliche Weg und Vorgehensweisen geben.
(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Das wissen wir alles, Herr Steiner! Kommen Sie endlich zum Thema!)
Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass der Grundgedanke der Vernetzung in einer mehr oder weniger starken Ausprägung vielerorts bereits vorhanden ist. Bei uns im Landkreis Traunstein ist das beispielsweise so. Neu ist, dass mit dem Konzept der Staatsregierung Strukturen für die Entwicklungschancen unserer jungen Leute geschaffen werden. Wir müssen ein System finden, um die Bildungsakteure vor Ort zusammenzubringen. Dieser individuelle Ansatz ist das Kernstück des Konzepts. Ob die Regionen, die Landkreise und Städte in Bayern diese Angebote in Anspruch nehmen, ist der Entscheidung vor Ort vorbehalten. Das Konzept des Kultusministeriums soll nur eine Anregung sein. Es soll kein festgeschriebenes und vorgeschriebenes Programm sein.
Gewissermaßen geht es um Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist entscheidend. Sie fordern jetzt wieder ein umfassendes staatliches Finanzierungskonzept und ein staatliches Programm. Das ist genau der falsche Weg. Der Weg ist der Vorschlag und das Konzept des Kultusministeriums. Wir müssen einen Anstoß geben. Herr Fahn, es hilft nichts, wenn Sie Ihre Forderungen in fast schildkrötenhafter Sturheit immer wiederholen und neu aufstellen. Natürlich sagt der Städtetag: Wenn wir Geld bekommen, nehmen wir es auch. Das sagen auch die Kommunen. Das ist aber nicht der Ansatz. So wird es draußen auch nicht verstanden.
Die Kommunen gehen diesen Weg. Sie sagen es auch richtig: 50 sind es bereits, und es werden mehr werden. Wer es machen will, soll es machen. Wer es
nicht machen will, wie wir im Landkreis Traunstein – wir haben vorher schon hervorragende Konzepte gehabt -, wird diesen Weg nicht gehen. Die Freiwilligkeit, der Anstoß und die Hilfe zur Selbsthilfe sind das Kernstück dieses Konzepts und dieses Weges. Deshalb ist es billig, sich um die Finanzierung nicht zu kümmern und einfach ein riesiges staatliches Programm zu fordern.
Herr Kollege Steiner, jetzt muss ich Sie darum bitten, zurückzukommen, weil schon lange eine Zwischenbemerkung angekündigt war, die ich leider übersehen habe. Herr Felbinger, bitte.
Herr Kollege, sind Sie mit mir der Meinung, dass die Bildungsregionen ein kontinuierlich wachsender Prozess sein sollen? Sie haben behauptet, dass das nur ein punktueller Prozess und quasi ein Angebot ist, das man wahrnehmen kann oder nicht. Meines Erachtens können die Bildungsregionen nur wachsen. Sie haben selber davon gesprochen, dass sie Strukturen bekommen müssen. Sie haben aber leider nichts dazu gesagt, wie diese Strukturen aussehen sollen. Wir möchten mit unserem Antrag, dass Strukturen entweder finanzieller Art oder in Form von Personal geschaffen werden.
Nein, das ist wieder der falsche Ansatz. Es geht darum, dass wir einen Anstoß geben. Es gibt in Bayern Regionen, die diese Strukturen bereits haben. Ich habe gerade meinen Landkreis als Beispiel genannt.
Wir haben bereits die Vernetzung zwischen den Kreishandwerksmeistern, den Berufsschulen, den Realschulen und den Mittelschulen. Neu mit dabei sind jetzt auch die Gymnasien. Wir sind zum Teil schon viel weiter. Der Ansatz des Ministeriums ist richtig. Wir müssen diese Strukturen anbieten. Wir haben im Übrigen acht Koordinatoren, die diesen Prozess sehr wohl begleiten. Wir haben diese Begleitung. Wir haben die staatliche Unterstützung durch die Koordinatoren.
Hier hilft es nichts, einen riesigen Topf aufzustellen. Der richtige Weg heißt Hilfe zur Selbsthilfe. Subsidiarität heißt das.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Steiner, ich glaube, Sie machen es sich zwar nicht in allen Bereichen, aber doch in weiten Teilen zu leicht. Sie sagen, eine Region kann das machen, oder sie kann es nicht machen. Dazu kann ich nur sagen: Entweder – oder! Wenn man die Bildungsregionen ernst meint, wie es auch in Baden-Württemberg der Fall ist, können sie sehr sinnvoll sein. Davon bin ich überzeugt.
Welche Ziele sollen diese Bildungsregionen verfolgen? – Die Bildungsangebote sollen vernetzt werden, die Qualität soll steigen, und vor allem sollen sich die Lern- und Lebenschancen unserer Kinder und Jugendlichen verbessern. Das ist ein sehr hoher Anspruch, und darüber müssen wir sehr ernsthaft und sachlich diskutieren. Machen Sie sich einmal die Mühe und schauen Sie im Internet nach, welche großen Ziele Minister Spaenle verkündet hat. Eines seiner wichtigsten Wörter war das Wort "passgenau". Damit hat er festgehalten, dass es völlig unterschiedliche Regionen, unterschiedliche Schulangebote und unterschiedliche Stärken und Schwächen gibt. Wenn man dann die Angebote passgenau machen will, bedeutet es, dass man unterschiedliche Lösungen zulässt. Damit möchte ich das Selbstentscheidungsrecht der Kommunen, der Schulen und der Bildungsträger vor Ort schon noch einmal ganz deutlich in den Vordergrund rücken. Da gibt es bei Ihnen noch gewisse Schwachstellen.
Wenn man dann weitere Ziele ernst nimmt, wenn man sich ansieht, was mit dem fast schon missbrauchten Begriff der individuellen Förderung gemeint ist, muss man feststellen, dass ohne finanzielle Unterstützung nichts geht. Sie sagen, Sie wollen Schulstandorte weiterentwickeln. Das ist auch ein ganz großer Anspruch, den man sehr ernst nehmen muss. Daran zweifle ich aber immer, wenn ich daran denke, dass in Unterjoch plötzlich die Schule geschlossen werden soll. Letztes Jahr wurden die Leute im Ort noch ein bisschen hingehalten.
So viel zur Schulentwicklung und diesen wunderbaren Zielformulierungen. In der Tat – das kann man auch
nachlesen – sind die Regionen, die das Gütesiegel bekommen, auch sehr stolz darauf. Wenn man aber den Auftrag des Vernetzens und die anderen Ziele ernst nimmt, kann man nicht nur ideell unterstützen, sondern dann muss man auch materiell unterstützen.
Ich möchte jetzt das aufgreifen, was Kollege Fahn schon gesagt hat. Baden-Württemberg ist hier ein Vorbild. Die Baden-Württemberger nehmen es wirklich sehr ernst. Sie veranstalten Fachseminare und Symposien. Sie sind ernsthaft daran interessiert, ihre einzelnen Regionen nach vorne zu bringen. Erst vor Kurzem war bei einer großen Fachanhörung der einhellige Tenor: Wenn man die Ziele ernst nimmt, braucht man eine kontinuierliche personelle Unterstützung und auch eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung.
Ich greife jetzt ein Beispiel heraus, das für BadenWürttemberg, aber genauso auch für Bayern gilt. Ich denke an den Übergang zwischen Schule und Beruf. Da gibt es große Defizite. Wenn man sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt, muss man sich die Frage stellen, wo, was und wie die jungen Menschen lernen, welche Unterstützung sie brauchen, welche Rahmenbedingungen sie brauchen und wie alles aufeinander abgestimmt werden muss, damit die Angebote richtig greifen. Dann könnte man zu der Konsequenz oder der Forderung kommen, dass für diese Schülerinnen und Schüler ein Unterstützungssystem installiert werden muss, was ganz einfach nicht ohne finanzielle Unterstützung möglich ist. Das Gleiche könnte man für die Kindertagesstätten und die Sprachförderung sagen. Hier ließen sich viele weitere Beispiele anführen.