Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Wir stellen in unserem Antrag aber die Soziale Marktwirtschaft in einen Rahmen. Wir treten für Eigenverantwortung verbunden mit Solidarität ein, den Schutz des privaten Eigentums und für Subsidiarität. Wir fordern in unserem Antrag ein klares Bekenntnis zu den sozialen Rechten der europäischen GrundrechtsCharta. Wir wollen ein Bekenntnis zu den ILO-Standards zum Schutz von Arbeitnehmerrechten und zur Sozialen Marktwirtschaft als Modell, das am besten für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Bayern, Deutschland und Europa sorgen kann, ein Bekenntnis zur Stärkung des Mittelstandes und ein Bekenntnis zu einem Europa, das im Rahmen seiner bestehenden Zuständigkeiten unter Wahrung der Subsidiarität den Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessert. Wir wollen ein Bekenntnis zur Zurückdrängung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und dazu, für angemessene Bezahlung und für faire Regeln auf dem EU-Arbeitsmarkt zu sorgen.

Die Punkte, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben, sind richtig und wegweisend. Ich bitte Sie daher zu einem Bekenntnis zur Stärkung der europäischen Zusammenarbeit von Polizei und Justiz, um Schwarzarbeit, Schattenwirtschaft, Schlepperunwesen und Korruption effektiv bekämpfen zu können. Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen würden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Kollegin, würden Sie bitte für eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Holetschek noch einmal ans Rednerpult kommen?

Habe ich mich jetzt getäuscht, oder habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie den SPD-Antrag eigentlich ablehnen wollten, ihm aber jetzt zustimmen, weil er gegen die CSU gerichtet ist? Ist das jetzt Ihr Ernst, dass Sie von der Sache abweichen, Hauptsache, man prügelt auf die CSU ein? Und dann seid ihr so flexibel und stimmt dem Antrag zu, oder?

(Beifall bei der CSU)

Nein. Herr Kollege, ich glaube, Sie haben den Antrag, dem man zustimmen oder den man ablehnen kann, genau gelesen. Mir ging es zuerst darum, dass wir sagen, wir wollen keine Kompetenzen nach Brüssel verlagern, bevor wir nicht das Volk befragt haben. In diesem Zusammenhang hat sich mir erschlossen, warum die SPD diesen Antrag so gestellt hat, nämlich um im Europawahlkampf Dinge herauszustellen, die von Ihrer Partei gekommen sind. Ob wir intern sagen, dass wir dem Antrag zustimmen oder ihn ablehnen, müssen Sie den FREIEN WÄHLERN schon selber überlassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Wittmann. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine erste Bemerkung zu Herrn Kollegen Dr. Förster. Herr Dr. Förster, wir haben im Europaausschuss in den letzten Wochen in ganz hervorragender Art und Weise zugunsten Bayerns und Europas zusammengearbeitet. Ihr Vortrag hier ändert das.

(Beifall bei der CSU – Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der SPD)

Erlauben Sie mir ein direktes Zitat des Ministerpräsidenten: "Die lautesten Kühe geben die wenigste Milch." Sie haben zu Ihrem Antrag, nachdem Sie dazu lediglich gesagt haben, Sie bitten ganz generell um Zustimmung, leider kein weiteres Wort mehr verloren. Ich weiß auch, warum, und werde es gleich darstellen. Sie haben gesagt, mit der CSU ist es wie mit Crystal Meth: Die Droge zersetzt das Gehirn - und im Interesse des Stils der Auseinandersetzung wollen Sie das nicht. Wenn das Ihr Stil der Auseinandersetzung ist, werden wir uns dem nicht anschließen. Das ist der Würde dieses Hauses nicht angemessen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Müller, zu Ihrer Rede braucht es keine weiteren Erläuterungen. Der Kollege Holetschek hat es bereits gesagt: Wenn ein Antrag, dem Sie nicht zustimmen wollen, dadurch zustimmungsfähig wird, dass in einer dermaßen polemischen Art und Weise einmal kurz ein Querschläger gelandet wird, dann tun Sie das bitte. Ich bin nicht ganz davon überzeugt, dass wir die Wahlbeteiligung in Europa mit diesem Stil exzessiv erhöhen werden.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt würde ich vorschlagen, dass wir auch noch ein paar Worte zum Dringlichkeitsantrag der SPD verlieren, nachdem die SPD selber darauf verzichtet hat. Die SPD beantragt ein Bekenntnis zu einem starken und sozialen Europa mit "guter Arbeit". Ich meine, dem können wir alle nur zustimmen. Das ist ein ganz hervorragender Satz, und dieses Bekenntnis wird durch die Politik Europas in den letzten Jahren gestärkt. Denken Sie an das ISF, das die Wirtschaftsund Währungsunion in Europa seit 50 Jahren begleitet, das Beschäftigungsmaßnahmen stützt und die Förderung sozialer und wirtschaftlicher Koalitionen zum Ziel hat, und nehmen Sie zur Kenntnis, wie hoch hier der Etat ist. 75 % des gesamten EU-Haushaltes fließen nur in solche Maßnahmen. Meine Damen und Herren, das ist ein ganz hervorragender Erfolg der europäischen Politik auf dieser Ebene.

Wenn Sie zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland allein ein Drittel des Budgets für diese Maßnahmen aufbringt, sehen Sie, dass Deutschland seiner Verantwortung für die EU-Länder aus eigener Stärke heraus, aus seiner Stärke am Arbeitsmarkt und aus seiner Stärke der sozialen Systeme in ganz außergewöhnlicher Art und Weise gerecht wird. Darauf bin ich als Deutsche und Bayerin sehr stolz.

Wir haben aus der Krise heraus das Programm "Europa 2020" aufgelegt, ein Programm, das als intelligent, nachhaltig und integrativ bezeichnet wird, weil es Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation för

dert und weil es vorrangig die Schaffung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Arbeitskraft zum Ziel hat. Das ist genau das, was wir tun müssen. Wir müssen die Menschen vor Ort genau dafür stärken.

Lassen Sie mich auch noch das Zielprogramm ansprechen, das mit 920 Millionen Euro besonders eine hochwertige und nachhaltige Beschäftigung fördern und gewährleisten will, dass es einen fairen sozialen Schutz mit dem absoluten Schwerpunkt auf der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung gibt. Allein dorthin fließen über 61 % dieser Gelder. Die europäische Jobbörse EURES hat 18 % gleich 160 Millionen Euro Mikrofinanzierung etc. Sie sehen, es gibt einen bunten Strauß von Maßnahmen, die bereits geleistet werden. Schließlich geht es um die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den anderen Ländern. Die Mittel hierfür wurden allein in diesem Jahr um weitere 6 Milliarden Euro aufgestockt. Wer da sagt, Europa ist nicht sozial und kümmert sich nicht um die Jugend, hat einfach keine Ahnung von Europa.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Hohlmeier hat gesagt: mehr in Rumänien und Bulgarien investieren!)

Ich komme zum zweiten Teil des Antrags, den, wie mir scheint, keiner wirklich gelesen hat. Dort werden alle politischen Ebenen aufgefordert, in der Europäischen Union in der nächsten Wahlperiode für diese Dinge Rechnung zu tragen. Sie wollen, dass die Sorge um Soziales, Arbeit, Beschäftigung und regionale Förderung auf die EU-Ebene übertragen wird. Dafür bekommen Sie niemals unsere Zustimmung. Für mich ist nichts so wichtig, wie dass die regionale Zuständigkeit gerade für Soziales und Arbeitsmarktpolitik bei den Ländern und den Regionen bleibt; denn nur dort kann individuell gefördert werden, was individuell gefördert werden muss.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Und dann unterstützen Sie das Freihandelsabkommen!)

- Herr Kollege Aiwanger, es würde Ihrer Entscheidungsfindung und Wissensfindung helfen, wenn Sie mir zuhören würden.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ich höre Ihnen zu!)

Ich habe beim letzten Mal zum Freihandelsabkommen gesprochen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ich hinterfrage nur Ihre Sätze!)

Davon haben Sie offensichtlich nichts mitbekommen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, Frau Lehrerin!)

Wir werden nichts nach Europa verlagern, und ich sage Ihnen, warum: weil Bayern mit seiner Sozialund Arbeitsmarktpolitik außergewöhnlich erfolgreich ist. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote und die höchste Erwerbstätigenquote. Wir haben die ohnehin niedrige Arbeitslosenquote in den letzten fünf Jahren in Bayern noch einmal halbieren können. In den meisten Regionen herrscht faktisch Vollbeschäftigung.

Lassen Sie mich zu den Kernpunkten kommen, die Indikatoren für Entwicklung und Zukunft sind. Wir haben in Bayern die europaweit beste Ausbildungsstellensituation. Auf 100 unversorgte Bewerber kommen 834 freie Stellen. Wir wollen nicht, dass das von Europa neu reguliert wird. Wir wollen in Bayern dafür sorgen, dass diese Angebote da sind. Wir wollen viel lieber, dass Europa von Bayern lernen kann.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben – darauf lege ich ganz großen Wert – den niedrigsten Anteil Langzeitarbeitsloser und sind erfolgreich darin, die Menschen, wenn sie denn aus dem Netz fallen, wieder in Arbeit zu bringen. Das bringt die Menschen zurück in die Gesellschaft und gibt ihnen Selbstbewusstsein zurück. Das ist besser als jedes Gießkannenprinzip, bei dem man nicht weiß, wo etwas ausgekippt wird.

Lassen Sie mich schließlich ein letztes Argument dafür ausführen, warum die Regionen zuständig bleiben müssen. Wir haben die Spanne zwischen der höchsten und der niedrigsten Arbeitslosigkeit in den Regierungsbezirken, also die Spanne zwischen den Bezirken, die aufgrund von Tourismus usw. stark sind, und den Bezirken, die wegen Abwanderungen oder ihrer Randlage gewisse Schwächen haben, in den letzten fünf Jahren halbieren können. Das sind nur noch 1,3 % und ist fast schon nicht mehr nennenswert, und daran arbeiten wir weiter.

Meine Damen und Herren, fallen Sie nicht auf den Placebo-Antrag der SPD herein, der nichts anderes ist als eine Auftaktveranstaltung zur Beschimpfung Einzelner.

(Inge Aures (SPD): Das sagt die Richtige!)

Wir werden dem Antrag nicht zustimmen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir brauchen ein Europa, in dem auch die sozialen Interessen der Menschen ernst genommen werden und in dem die Menschen nicht zu kurz kommen. Wir wollen ein Europa, das die Schicksale der Bürgerinnen und Bürger ernster nimmt als bisher und die Lobby-Interessen zurückdrängt. Wir wollen ein Europa, das fair und solidarisch ist und wieder mehr das Gemeinwohl im Auge hat. Wir wollen ein Europa, in dem die Krise nicht mehr länger durch eine einseitige Kürzungspolitik verschärft wird.

Wir wollen stattdessen Arbeitsplätze durch einen grünen Umbau der Wirtschaft und im Bereich der Umweltinvestitionen. Wir wollen sinnvolle Investitionen und vermehrte Bildungsausgaben, und wir wollen ein Europa, das den Menschen wieder mehr Perspektiven und Arbeitsplätze verschafft. Wir wollen ein Europa, das die Menschenrechte verteidigt und die Rechte und die Würde der Menschen – auch die von Flüchtlingen – schützt.

Wir stimmen dem Antrag der SPD zu, in dem es heißt, dass sich der Bayerische Landtag zu einem starken sozialen Europa bekennt und in der nächsten Wahlperiode für eine grundlegende Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen Sorge tragen will. Das bedeutet nicht, dass man Kompetenzen auf die nächste Ebene verlagern muss. Das bedeutet aber, dass wir uns gemeinsam im Europaparlament und durch die Nationalstaaten mehr um die Belange der Menschen in Europa kümmern, auch derjenigen, denen es vielleicht nicht ganz so gut geht wie denen in Oberbayern.

Wir stellen uns gegen die Politik des einseitigen Sparens, das Sozialabbau und Armut befördert und die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern leider verstärkt hat. Wir wollen ein Europa, das der Jugend eine Zukunft bietet. Da muss sich die Europapolitik ändern, aber 6 Milliarden Euro reichen nicht, wenn man den Betrag auf derzeit 6 Millionen arbeitslose junge Menschen umrechnet. Das ist ein Klecks auf einen heißen Stein.

Wir wollen nicht, dass die Jugend die Zeche für eine falsche Finanzpolitik zahlen muss. Europa muss mehr Geld für die Jugend, für Zukunftsinvestitionen und für Bildung in die Hand nehmen, und da reichen 6 Milliarden Euro nicht.

Wir haben uns im Wahlkampf immer wieder die Europaprogramme der Parteien angeschaut. Ich habe festgestellt, dass es in allen Parteiprogrammen Aussagen zur Jugendarbeitslosigkeit gibt, nur leider nicht im

Parteiprogramm der bayerischen CSU. Ich stelle fest, dass die CSU eine Partei ist, die wenig Ahnung von Europa hat. Vielleicht ist das einfach das Schicksal einer Regionalpartei. Das Wort "Jugend" kommt bei Ihnen nicht vor.

(Widerspruch bei der CSU)

Sie sollten dieses Problem wirklich ernster nehmen. 6 Millionen jugendliche Arbeitslose in Europa sind ein Thema, das Sie komplett ignorieren und das an Ihnen komplett vorbeigeht, Hauptsache, uns geht es gut.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So ist es leider. Lassen Sie andere Leute die Programme schreiben, dann müssen Sie sich nicht dafür schämen.

(Karl Freller (CSU): So etwas Seichtes habe ich schon lange nicht mehr gehört!)