Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 19. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einige Glückwünsche aussprechen. Jeweils einen halbrunden Geburtstag feierten am 23. Mai Herr Kollege Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion, sowie am 24. Mai Herr Kollege Dr. Franz Rieger.
Einen runden Geburtstag feierte am 31. Mai Herr Kollege Josef Zellmeier, stellvertretender Vorsitzender der CSU-Fraktion. –
Ich wünschen Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft (Drs. 17/2137) - Erste Lesung
Ich habe gehört, dass dazu ein Geschäftsordnungsantrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt wird. Herr Gehring, bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beantrage im Namen meiner Fraktion und mit Unterstützung der FREIEN WÄHLER und der SPD die Absetzung des Punktes 1 von der Tagesordnung. Die Begründung: Dieser Gesetzentwurf der Staatsregierung ist ein Ausführungsgesetz. Die gesetzliche Grundlage, die gesetzliche Ermächtigung auf Bundesebene ist aber nicht gegeben, und es ist auch höchst fraglich, ob sie je kommen wird.
Oder, mit anderen Worten: Liebe Staatsregierung, Sie machen hier mit einem Gesetzentwurf viel Wind, aber Sie stehen im luftleeren Raum.
(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))
Daran sieht man, dass Ihr Unterfangen zum Scheitern verurteilt ist. Es klappt eben nicht mit Ihrer Windmacherei, die Sie in puncto Windkraft immer machen. – Am 21. Mai hat die Staatsregierung im Ältestenrat angekündigt, dass dieser Gesetzentwurf eingebracht wird. Anfang Mai fand die Erste Lesung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Baugesetzbuches ohne Aussprache im Bundestag statt.
Am 21. Mai fand eine Anhörung im Bundestag zu diesem Thema statt, bei der sich alle Experten bis auf drei eindeutig gegen diesen Gesetzentwurf ausgesprochen haben; nur die drei von der Staatsregierung benannten Windkraftgegner haben sich für diesen Gesetzentwurf ausgesprochen. Und dann, am 23. Mai, hat der Bundesrat mit Mehrheit entschieden, dass er gegen diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung ist. Das war in dieser Deutlichkeit überraschend, ist aber sehr zu begrüßen.
Die Länder haben also erklärt, diesem Gesetzentwurf auf Bundesebene nicht zuzustimmen; es ist möglich, dass dieser Gesetzentwurf dann in den Vermittlungsausschuss geht. Ich darf auch daran erinnern, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Gabriel gesagt hat, er werde in dieser Sache nichts gegen den Willen der Mehrheit der Länder tun. Das heißt, wir wissen überhaupt nicht, wie diese mögliche Ermächtigungsgrundlage, wie dieses Baugesetz auch dann aussehen wird.
Hinzu kommt, wir wissen es alle: Kein Gesetz verlässt nach den Beratungen den Bundestag so, wie es hineingegangen ist. Das ist dort guter parlamentarischer Gebrauch. Wir sollten uns im Bayerischen Landtag mehr daran orientieren.
Wir vertrauen natürlich schon auch darauf, dass die CSU-Abgeordneten, die projektionierte Windkraftanlagen zu Hause haben, und auch die SPD-Kollegen noch für Änderungen an diesem Gesetz auf Bundes
ebene sorgen werden. Deswegen haben wir heute keine Grundlage, auf der wir hier einen Gesetzentwurf der Staatsregierung diskutieren könnten.
Dieses vorauseilende Nachgehen ohne gesetzliche Grundlage hat ja schon Methode bei der Staatsregierung.
Ich darf nur an diesen Bescheid an die Behörden erinnern, bereits genehmigungsfähige Anlagen nicht mehr zu genehmigen - im Vorgriff auf eine mögliche Änderung der Landesgesetze und des Bundesgesetzes. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie:
Setzen Sie diesen Tagesordnungspunkt heute ab. Warten wir, bis wir entsprechende gesetzliche Grundlagen haben, und entscheiden dann, wie es guter parlamentarischer Brauch ist, über Dinge, die wirklich Hand und Fuß haben, anstatt so etwas zu tun, wie Sie es jetzt vorschlagen. Normalerweise wird so etwas nur gemacht, um publikumswirksam vor den Wahlen Politik zu machen. Die Wahlen sind vorbei. Man kann der Staatregierung natürlich empfehlen, diesen Gesetzentwurf in die Tonne zu treten – ich gehe davon aus, dass es die blaue Papiertonne ist –; er ist nämlich unnütz. Wir als Landtag sind hier aber der Souverän, und wir haben heute hier nichts zu beraten. Wir beantragen deshalb die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Vorgehensweise und ein Gesetzentwurf aus dem Innenministerium, das auch Verfassungsministerium ist, sind höchst erstaunlich. Politik sollte unserer Meinung nach nachvollziehbar, transparent und vertrauenswürdig sein. Insofern können Sie kaum jemandem außerhalb erklären, warum heute ein Gesetzentwurf behandelt werden soll, der keine Rechtsgrundlage hat.
doch unser Selbstverständnis sein, dass wir abwarten, wie der Bundestag die Länderöffnungsklausel bewertet, und welche Entscheidung dort getroffen wird, damit es überhaupt eine Rechtsgrundlage für die von Ihnen heute gewünschte Diskussion gibt. Daher appelliere ich an Sie: Halten wir die Reihenfolge, so wie es sich gehört, ein, sodass die Menschen auch verstehen, was wir tun, und handeln Sie nicht im vorauseilenden Gehorsam gegenüber Ihrem Ministerpräsidenten, der schon vor über einem Jahr ausgerufen hat, was er am liebsten hätte, dass in diesem Land passiert. Vorab wurden bereits Verordnungen herausgeschickt und die Menschen verunsichert. Ich denke, es reicht jetzt.
Danke schön, Frau Kollegin. Als Nächster erhält zur weiteren Begründung der Kollege Streibl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Als im Ältestenrat das Gesetz angekündigt wurde, wussten wir nicht, wie die Geschichte weitergeht, dass es im Bundesrat vehementen Widerstand geben würde, dass bis zum heutigen Tag keine gesetzliche Grundlage geschaffen werden konnte, dass es keine Ermächtigung des Bundes für dieses Gesetz gibt. Von daher ist eigentlich jede Diskussion absolut überflüssig; denn wir reden hier über eine Dame ohne Unterleib, über ein Gesetz, das es so gar nicht geben kann und darf.
Das zeigt wieder einmal ganz deutlich die populistische Hybris, die in der Staatsregierung vorherrscht: Man möchte Gesetze machen, zu denen man gar nicht legitimiert ist. Meine Damen und Herren, es ist ein Akt von Staatsanarchie, wenn man sich gegen Bundesregeln und Bundesgesetze wendet.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion widerspricht der Absetzung von der Tagesordnung. Wir wollen, dass das Verfahren zur Beschlussfassung über die 10-H-Regelung eingeleitet wird. Die 10-H-Regelung ist eine Initiative der CSU-Fraktion, der CSU in Bayern.
(Natascha Kohnen (SPD): Ja, die gibt es nur in Bayern! – Volkmar Halbleib (SPD): Aber ein Bundesgesetz brauchen wir dafür, oder? Da besteht doch wohl Konsens! Gesetze werden nicht auf der Grundlage von CSU-Parteitagsbeschlüssen gemacht! – Weitere Zurufe von der SPD – Glocke des Präsidenten)
- Natürlich brauchen wir auch das Bundesgesetz. Das ist in der Großen Koalition auch so vereinbart. Liebe Kollegen der SPD, Sie tragen das doch mit. Machen Sie also bitte hier keinen Sturm im Wasserglas, wenn Sie in Berlin die Entscheidungen mittragen.
Bezüglich der Windkraft gibt es hoch emotionale Diskussionen draußen vor Ort, wo Windkraftanlagen geplant sind. Ich habe das in meiner Nachbargemeinde erst wieder live mitbekommen. Deshalb darf es zu keiner Verunsicherung kommen.
(Volkmar Halbleib (SPD): Die verursachen doch Sie! – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)