Protokoll der Sitzung vom 04.06.2014

(Volkmar Halbleib (SPD): Die CSU-Fraktion ist heute unfolgsam! – Glocke der Präsidentin)

Kolleginnen und Kollegen, es kann doch nicht so schwer sein, sich hinzusetzen. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze jetzt wieder ein! - Ich will die Sitzung fortführen und gebe nun das Ergebnis des Hammelsprungs bekannt: Mit Nein haben 87 gestimmt, mit Ja haben 66 gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zu einer persönlichen Erklärung zur Abstimmung nach § 133 Absatz 2 der Geschäftsordnung hat sich der Kollege Arnold gemeldet. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zum Abstimmungsverhalten eine Erklärung ab, weil ich höchst bestürzt bin. Soeben haben wir uns über vernünftige, fachbezogene Diskussionen in den Ausschüssen unterhalten. Wir haben diesen Antrag im Landwirtschaftsausschuss besprochen. In Absprache mit dem Kollegen Schöffel von der CSU und der dortigen Vertretung der CSULandtagsfraktion haben wir diesen modifizierten Antrag einstimmig beschlossen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)

Dabei geht es darum, dass der Freistaat Bayern in Zukunft Flächen zum gentechnikfreien Anbau verpachten soll.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was er macht, geht nicht!)

Jetzt muss ich feststellen, dass die CSU-Fraktion offensichtlich ihren eigenen

Herr Kollege, eine Erklärung zur Abstimmung bitte!

- Landwirtschaftspolitikern in diesem Bereich ins Kreuz fährt. Ich bin überrascht davon, und ich drücke bei dieser Gelegenheit meine Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen der CSU im Landwirtschaftsausschuss aus. Weiter so! Wir werden es irgendwann einmal auf die Reihe bekommen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Volkmar Halb- leib (SPD): Unwürdiges Verhalten!)

Zu einer weiteren Erklärung zur Abstimmung hat sich Kollege Zellmeier gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bedauerlicherweise ist der Opposition entgangen, dass die Europäische Union mittlerweile zugestimmt hat, dass die Länder selbst entscheiden können, ob sie Gentechnikanbau wollen oder nicht. Deshalb haben alle Kollegen der CSUFraktion, auch ich, auch die Landwirtschaftspolitiker, entschieden: Dieser Antrag ist überholt. Wir werden das umsetzen, und es wird in Bayern keinen Gentechnikanbau geben.

(Volkmar Halbleib (SPD): Es geht um den politischen Willen! Sie haben dagegen gestimmt!)

Also bitte: Die Aktualität hat Sie leider überholt. Dafür können wir nichts.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Diese Erklärung hat jetzt nichts verbessert!)

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, sich § 133 noch einmal anzuschauen. Beide Erklärungen waren nicht zur Abstimmung. Man hätte den Antrag auch hochziehen können, wenn man eine weitere Debatte wünscht. – Es ist schwierig. – Gut.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zur Verfassungsstreitigkeit und den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? –

Das sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Höchstspannungsleitung Lauchstädt - Meitingen aus dem Bundesbedarfsplangesetz streichen (Drs. 17/2196)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Erwin Huber, Karl Freller u. a. und Fraktion (CSU) Erforderlichkeit neuer Stromtrassen prüfen Ablehnung der Gleichstrompassage Süd-Ost (Drs. 17/2209)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Natascha Kohnen, Annette Karl u. a. und Fraktion (SPD) Stromversorgung in Bayern neu bewerten (Drs. 17/2210)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Dr. Christian Magerl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Debatte über den Netzausbau versachlichen Energiewende und Versorgungssicherheit nicht durch populistische Energiepolitik gefährden (Drs. 17/2211)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Pohl. Bitte sehr, Herr Kollege Pohl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion bittet heute um ein Votum, damit sich für die Bayerische Staatsregierung auf Bundesebene dafür stark macht, § 2 Absatz 1 des Bundesbedarfsplangesetzes in Verbindung mit der Nummer 5 der Anlage zu diesem Gesetz zu streichen, in denen die Gleichstromtrasse – wir nennen sie Kohlestromtrasse – von Lauchstädt nach Meitingen verankert ist.

Erfreulicherweise hat sich unser Ministerpräsident auf unsere Seite gestellt.

(Lachen bei der CSU)

Ich gehe auch davon aus, dass er als Mitglied des Bayerischen Landtags unserem Antrag zustimmen wird. Bei Ihrer Fraktion, speziell bei Ihnen, Frau Staatsministerin, bin ich mir nicht so sicher; denn Sie haben als Mitglied des Deutschen Bundestages im April 2013 diesem Gesetz in der vorliegenden Fassung zugestimmt.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Das ist ein gewisses Dilemma. Aber möglicherweise schließen Sie sich heute Ihrem Ministerpräsidenten an und korrigieren Ihr damaliges Votum im Deutschen Bundestag. Dies wäre zu wünschen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Mit Ihnen ist eine ungewöhnlich große Zahl von Menschen im Freistaat Bayern der Meinung, dass wir diesen Wahnsinn rechtzeitig stoppen müssen. Ich war am vergangenen Mittwoch im Bundeswirtschaftsministerium bei Staatssekretär Beckmeyer und habe gemeinsam mit verschiedenen Petenten insgesamt 130.000 Unterschriften unter diverse Petitionen übergeben. Eine von mir selbst initiierte Petition hat 22.000 Unterstützer in ganz Bayern gefunden.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Menschen gegen diese Art der Energiewende rebellieren. Ich zitiere den Herrn Ministerpräsidenten sinngemäß: Wir sind nicht aus der Atomkraft ausgestiegen, um dann in den Kohlestrom zu gehen. – Jawohl. Deswegen, so haben wir gesagt, dürfen wir dies nicht nur öffentlich bekunden, sondern wir müssen dies auch parlamentarisch umsetzen. Sie müssen im Bundesrat Ihre Möglichkeiten nutzen und, so hoffe ich, auch über die Landesgruppe der CSU im Bundestag darauf hinwirken, dass dieses Gesetz in der von uns gewünschten Form verändert wird.

Allzu groß war meine Hoffnung nicht, als ich den Termin am letzten Mittwoch wahrgenommen habe. Denn Staatssekretär Beckmeyer steht zu dieser Kohlestromtrasse, auch wenn Ihre Parlamentarier – Herr Koschyk und Herr Brandl waren mit dabei – vehement opponiert haben. Das hat ihn relativ wenig interessiert.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Sein Partei- vorsitzender steht auch sehr auf unserer Seite!)

- Das ist schön. Ich konnte jetzt den Finger nicht deuten – sein Parteivorsitzender oder sein Parteivorsitzender? Wenn beide Parteivorsitzenden auf unserer Seite stehen, dann bekommen wir mit unserem Antrag heute im Bayerischen Landtag eine große Mehrheit. Aber was noch wichtiger ist: Wir bekommen die notwendige Gesetzesänderung durch. Die Energiewende ist wichtig; aber wir müssen sie so ausgestalten, dass keine schweren, irreparablen Schäden angerichtet werden, weder an Mensch und Natur noch an den Zielen der Energiewende. Stellen Sie sich vor, die Kohlestromtrasse würde gebaut: Sie würde die Fläche einer sechsspurigen Autobahn in Anspruch nehmen, und die Leitungen verliefen in 80 Metern Höhe. Welch großen Eingriff das in die Natur bedeutet, muss ich sicherlich nicht näher ausführen.

Alle Parteien im Bayerischen Landtag haben Anträge nachgezogen. Die CSU-Fraktion verdeutlicht in ihrem Antrag, dass sie die Kohlestromtrasse ablehnt; sie fordert die Staatsregierung aber lediglich dazu auf, Gespräche zu führen. Herr Kollege Kreuzer und Herr Kollege Zellmeier, Ihr Antrag geht zwar in die richtige Richtung, reicht aber definitiv nicht aus. Gespräche zu führen, ist schön und recht, aber Gespräche müssen zielführend sein. Wir haben das entsprechende Instrumentarium. Zu Ihrem Antrag werden wir uns der Stimme enthalten.

Die SPD-Fraktion fordert lediglich die Überprüfung der Notwendigkeit der Leitung. Liebe Kollegen, denken Sie bitte noch einmal nach! Eine Überprüfung – das ist noch deutlich weniger als das, was die CSU fordert. Bei einer Überprüfung ist noch nicht einmal klar, in welche Richtung die Reise gehen soll. Wegen dieser Unklarheit müssen wir Ihren Antrag ablehnen.

Die GRÜNEN fordern sowohl die HochspannungsGleichstrom-Übertragungs-Technik als auch die Erdverkabelung. Ich gebe zu, dass die Erdverkabelung ein Fortschritt wäre. An dieser Stelle zitiere ich allerdings aus der Antwort der Bundesregierung, Drucksache 18/1177, auf die Kleine Anfrage des GRÜNENBundestagsabgeordneten Oliver Krischer und anderer. Darin heißt es eindeutig, dass die Erdverkabelung nur "für ausgewählte Pilotvorhaben und klar definierte Ausnahmefälle" vorgesehen werde. Das bedeutet, dass wir die Erdverkabelung selbst dann nicht realisieren könnten, wenn wir diese Trasse wollten, was bekanntlich nicht der Fall ist.

Es wird darüber fabuliert, dass eine ganz neue Trasse – von der Ostsee nach Landshut – kommen könne. Die Landshuter wird das sicherlich freuen. Mit dem Hinweis auf die Ostsee will man wohl suggerieren, es handele sich nicht um Braunkohlestrom.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Die Meldung ist falsch!)

- Die Meldung ist falsch? Okay. Dann ist das geklärt. Ich habe aber aus Ihren Reihen schon andere Meinungsäußerungen vernommen.

Es mag sein, dass an der Ostsee mehr Windstrom gewonnen werden kann als in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt oder 100 Kilometer weiter, in der Lausitz. Im Bundesbedarfsplangesetz ist aber die Trasse von Bad Lauchstädt nach Meitingen festgeschrieben, und um diese Trasse geht es. Wir diskutieren nicht über hypothetische Trassen, über die die "Süddeutsche Zeitung" und andere Blätter spekulieren; wir diskutieren über das, was vonseiten des Gesetzgebers auf dem Tisch liegt.