Protokoll der Sitzung vom 04.06.2014

Während der Fokus der Oppositionsparteien auf Ganztagsschulen liegt, die vor allem in gebundener Form eingerichtet werden – dies betrifft alle Anträge –, setzen wir auf eine vielfältige Angebotspalette mit verschiedenen Formen der Ganztagsbetreuung, also

Mittagsbetreuung, Hort und offener und gebundener Ganztagsschule. Herr Gehring, hier möchte ich etwas ergänzen. Sie haben gesagt, dass jemand von einem Projekt zurückgetreten sei. Es war ein gebundenes Ganztagsangebot. In der Diskussion im Ausschuss haben wir schon oft darüber gesprochen, dass Sie beim Ausbau von Ganztagsangeboten, bei der Qualität grundsätzlich nur von gebundenen Ganztagsangeboten reden. Das tun wir nicht.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Das stimmt doch gar nicht! Sie lesen unseren Antrag nicht!)

Nur die so erreichte Flexibilität – diese wollen wir in Bayern erreichen und behalten – wird den unterschiedlichen Bedürfnissen, Gegebenheiten und dem, was vor Ort anliegt, in den verschiedenen Regionen Bayerns gerecht. Damit handeln wir nicht an den Menschen vorbei. Zudem wünscht sich die große Mehrheit der Eltern – das sollten Sie vor Ort nachfragen, das ist nicht wegzudiskutieren – ein flexibles Angebot. Das können wir nur mit gebundenen Ganztagsangeboten nicht erfüllen.

(Beifall bei der CSU)

Ein flexibles Angebot muss zumindest an einzelnen Nachmittagen in der Woche Spielräume fürs Familienleben und für andere private Anlässe eröffnen. Die Wahrheit lautet: Der Ausbau der Ganztagsschulen in Bayern ist auf einem guten Weg. Deshalb ist es sehr schade, dass wir uns permanent mit den Schaufensteranträgen der Opposition beschäftigen müssen, die uns viel Zeit kosten. Sie kennen vielleicht den Ausspruch: Nicht reden, sondern tun. Das haben wir gemacht.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Was denn?)

Sie verlangen immer ein Konzept. Wir haben heute ein Eckpunktepapier vorgelegt. Es entspricht zwar inhaltlich nicht dem, was heute in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen war.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Dann müssen Sie es uns präsentieren!)

Dieses Eckpunktepapier trägt aber der notwendigen Weiterentwicklung der Ganztagsgarantie Rechnung.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Dann legen Sie es einmal vor!)

Deshalb komme ich zum Schluss, und auch mein Spruch hierzu stammt von Winston Churchill. Er passt hier ausgesprochen gut: Eine gute Rede ist eine Ansprache, die das Thema erschöpft, aber keineswegs

die Zuhörer. - Letzteres überlasse ich gerne der Opposition mit den ewig gleichen Anträgen. Dadurch wird die ganze Sache nicht besser. Zum Ausbau der Ganztagsangebote sage ich Ihnen klipp und klar: Wir sind gegen die Einführung einer staatlich verordneten Ganztagsschule. Wir sind für die Flexibilität, für die Vielfalt, und deshalb wird die CSU-Landtagsfraktion den Antrag der GRÜNEN ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Strohmayr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass wir auch heute wieder über die Ganztagsschule in Bayern sprechen können. Frau Dr. Eiling-Hütig, bis 2018 soll jeder Schüler bis 14 Jahre ein schulisches Ganztagsangebot wahrnehmen können. Ich habe gerade von Ihnen wieder gehört, um das zu erreichen, müssten wir gar nichts tun. Solche Aussagen verwundern mich immer wieder.

(Widerspruch bei der CSU)

- Lassen Sie mich ausreden. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass eine Arbeitsgruppe der CSU mittlerweile doch Handlungsbedarf bei der Ganztagsschule in Bayern sieht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schön, dass Sie endlich aufgewacht sind; denn Handlungsbedarf gibt es wirklich.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Es ist schön, dass Sie endlich erkannt haben, dass die Kinder, die meistens ganztags in die Kinderkrippe und in den Kindergarten gehen, bald schon vor der Türe stehen werden und in die Ganztagsschule gehen wollen. Wenn wir nicht wollen, dass diese Kinder nachmittags auf den Straßen und in den Kaufhäusern herumlungern, ihre Hausaufgaben abschreiben oder alleine zu Hause vor dem Fernseher oder dem PC sitzen, müssen wir jetzt dringend aktiv werden. Sie können mir glauben: Es gibt jede Menge zu tun. Für den Ganztag wird bisher noch nicht einmal flächendeckend der Bedarf erhoben. Aus den Bedürfnissen, die die einzelnen Familien anmelden und haben, werden 0,0 Konsequenzen gezogen. Wenn eine Mutter sagt, sie brauche ein Ganztagsangebot, wird sie damit alleine gelassen. Es wird ihr nichts zur Verfügung gestellt. Wir sind in Deutschland trauriger Letzter beim Auf und Ausbaustand der Ganztagsschulen. Das habe nicht ich festgestellt, sondern der Aktionsrat Bildung. Es ist eine Schande, dass wir in diesem reichen Bay

ern keine Verantwortung für diese Familien und Kinder übernehmen und nichts voranbringen.

(Zuruf von der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen schnellstmöglich einen Ausbauplan. Nur mit einem konkreten Plan kann es gelingen, zeitnah Ganztagsplätze für die Kinder zu schaffen. Vor allem brauchen wir mehr Qualität in den Ganztagsbetreuungen. An der Qualität hapert es. Das zeigt das Beispiel des Kreisjugendrings in München, das mein Kollege aufgezeigt hat. Der Kreisjugendring München hat der gebundenen Ganztagsschule die Note 5 ausgestellt und wird zukünftig sein Angebot einstellen. Bei 6.000 Euro pro Klasse und Schuljahr für externe Kooperationspartner, das sind 500 Euro pro Monat, kann wahrlich kein pädagogisches Personal dauerhaft sozialversichert angestellt werden.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig?

Nein, jetzt nicht.

Frau Kollegin, Sie haben nachher die Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bedeutet, wir müssen schnellstmöglich nachbessern. Ich lese Ihnen die Darlegungen des Kreisjugendrings nicht mehr vor. Das können Sie selbst nachlesen. Eines sage ich Ihnen aber: Wir wollen keineswegs nur gebundene Ganztagsschulen, auch wenn wir der festen Überzeugung sind, dass eine gebundene Ganztagsschule ein gutes Angebot für Kinder sein kann. Das haben viele Studien, zum Beispiel die StEG-Studie, festgestellt. Eines ist aber ganz wichtig: Die Qualität des Angebots muss stimmen.

(Beifall bei der SPD)

Nicht nur bei der gebundenen Ganztagsschule, auch bei der offenen Ganztagsschule gilt es, nachzufinanzieren. Auch dort wird größtenteils mit gering entlohntem Personal gearbeitet. Das Gleiche gilt für die Mittagsbetreuung. Uns kommt es nicht darauf an, nur gebundene Ganztagsschulen zu bekommen. Wir brauchen eine gute Qualität für unsere Kinder. Diese wird in vielen Studien eingefordert. Wenn Ihnen diese Diskussion weh tut, sehe ich, dass das bei Ihnen angekommen ist.

Zum Schluss kann ich Ihnen nur eines sagen: Wir brauchen einen konkreten Ausbauplan. Wir brauchen

einen Ganztagsgipfel, damit wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden abstimmen können. Wir brauchen eine flächendeckende Bedarfserhebung. Wir brauchen einheitliche Qualitätsstandards für die verschiedenen Angebote. Außerdem müssen Mittel her, damit endlich die Qualität stimmt und damit eine Ganztagsschule mehr ist als nur eine Aufbewahrung.

Mich hat es aus dem Stuhl gehoben: Eine Präsenzpflicht für Lehrer am Nachmittag. Allein eine solche Präsenzpflicht für Lehrer am Nachmittag wird es nicht richten. Ohne Moos ist in diesem Bereich nichts los.

(Beifall bei der SPD – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Das fordern wir gar nicht! Erst Konzept lesen, danach reagieren!)

Frau Kollegin, verbleiben Sie bitte am Rednerpult für eine Intervention von Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig.

Frau Dr. Strohmayr, ist Ihnen bekannt, dass in dem Aktionsplan, den Sie immer so gern zitieren, auf keiner Seite steht, dass unsere Kinder verwahrlosen, wenn sie nicht im gebundenen Ganztag betreut werden? Zur Seite 102: Ich habe das schon viermal zitiert und Sie merken, es regt mich langsam auf. Dort steht, dass bei den sozialen Kompetenzen und bei den Kompetenzen in den Kernfächern keine Unterschiede zwischen den Kindern an einer Halbtagsgrundschule und einer Ganztagsgrundschule eruierbar sind. Ich halte es für eine unwahrscheinliche Frechheit, sich hierher zu stellen und zu sagen: Wenn Kinder nicht in einem gebundenen Ganztag sind, dann lungern sie im Kaufhaus rum. Ich weiß nicht, was Ihre Kinder machen. Unsere tun das nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Frau Dr. Strohmayr, Sie sind sehr belesen. Sie sind ja fünf Jahre länger im Landtag als ich. Das akzeptiere ich, und das ist auch richtig so. Ist Ihnen aber bekannt, dass der Kreisjugendring München ganz deutlich gesagt hat, dass nur gebundener Ganztag nicht das ist, was die Kinder brauchen, sondern dass er vor allem dafür plädiert, dass es den Kindern gut geht? Das ist auch in einem Hort möglich, nicht nur über den gebundenen Ganztag. Ist Ihnen das bekannt? Lesen Sie die Note 5 des Kreisjugendrings München für die gebundene Ganztagsschule an der Grundschule. Ich habe es Ihnen schon dreimal gesagt: Zitieren Sie bitte korrekt. Beleuchten Sie alles und nicht nur das, was Ihnen gerade in den Kram passt.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin, bitte.

Frau Dr. Eiling-Hütig, es ist noch viel schlimmer, als Sie es gerade gesagt haben: Ich bin nicht nur fünf Jahre länger in diesem Haus, sondern zehn Jahre länger. Frau Kollegin, auch wenn es Ihnen schwer fällt, noch einmal zuzuhören: Daher weiß ich, wie die Dinge hier laufen. Vor zehn Jahren stand ich hier und habe für Kinderkrippen gekämpft. Damals habe ich die gleiche Debatte über die Kinderkrippen geführt. Inzwischen gibt es sie. Deshalb werde ich nicht aufhören, das einzufordern, was unsere Kinder, unsere Familien und unsere Lehrer brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Herr Kollege Felbinger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist interessant, diese x-te Debatte über die Ganztagsangebote in Bayern zu verfolgen. Frau Dr. Eiling-Hütig, ich muss mich wundern: Sie werfen der Kollegin vor, sie sollte korrekt zitieren. Sie müssen einfach nur die korrekten Zahlen und die Wahrheit auf den Tisch legen und nicht irgendwelche Visionen oder Wunschvorstellungen. Sie haben vorhin gesagt, die Opposition würde immer die gleichen Anträge zum Thema Ganztagsangebote bringen, es seien Schaufensteranträge. Das sind sie bei Weitem nicht.

In Ihrem Wahlprogramm heißt es: Wir sagen zu, dass jeder Antrag auf Einrichtung eines Ganztagsangebots genehmigt wird. Bis 2018 soll jeder Schüler bis 14 Jahre ein Ganztagsangebot wahrnehmen können. – Dazu muss ich Ihnen sagen: Das enthält mindestens eine Unwahrheit, nämlich die, dass jeder Antrag genehmigt wird. Ich war erst vor zwei Tagen bei einem Schulbesuch. Man hat mir von einem Netzwerktreffen bei der Regierung von Unterfranken berichtet. Gleich mehreren Schulen wurden die Anträge auf gebundene Ganztagszüge nicht genehmigt, weil – man höre und staune! – das Thema Klassenmehrung ein Hinderungsgrund war. Das ist die Realität an den Schulen, nicht das, was Sie hier erzählen. Man sieht daran, dass die Garantien, die Sie immer verkünden wollen, Schall und Rauch sind.

Das sind ohnehin schwammige Garantien; denn wenn Sie von einem Ganztagsangebot reden, meinen Sie eigentlich Ganztagsbetreuung. Das verwundert nicht, wenn man sich die Zahlen anschaut: 4,3 %, 15,9 %, 0,8 % und 1,1 %: Da sind nämlich unsere Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien angesiedelt, so viele Schüler nehmen an diesen Schularten den gebundenen Ganztagsunterricht wahr, der

eine gewisse Qualität verspricht und eben nicht nur eine Verwahrung oder Betreuung umfasst. In Deutschland haben wir die drittniedrigste Quote. Das ist eigentlich bedauerlich. Insofern frage ich mich, wie Sie unsere Anträge als Schaufensteranträge titulieren können.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Ute Eiling-Hütig (CSU))

Diese Bewertung müssen Sie aber selber vornehmen.

Der Ministerratsbeschluss von 2009 lautet, dass bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode der Ausbau gebundener Ganztagsschulen an jedem der 407 Gymnasien für die Jahrgangsstufen 5 und 6 stattfinden sollte oder durchgezogen werden könnte. An 1,1 % der bayerischen Gymnasien ist das erfolgt. Dazu muss ich sagen: Ziel nicht nur verfehlt, sondern krachend verfehlt.

Weil wir wissen, dass die Staatsregierung gerne ankündigt, aber nicht liefert, wollen wir, dass unverzüglich ein Ausbauplan in Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden vorgelegt wird. Kollege Gehring hat schon thematisiert, dass das Angebot oft scheitert, weil die Kosten, die die Kommunen tragen müssen, erheblich sind. Der Staat bezuschusst viel zu gering. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Der Markt Oberthulba bezuschusst seine Ganztagsklasse zusätzlich mit 63.000 Euro pro Jahr, damit das Ganze funktioniert. So viele Kommunen gibt es nicht, die das Geld in die Hand nehmen.

Sie sagen, es gibt einen Plan. Das ist schön und gut, aber dieser Plan ist überholt. Immerhin ist es erfreulich, dass die CSU aufgewacht ist – Sie haben das vorhin gesagt – und vier Grundschulmodelle vorstellt. Wenn wir näher hinschauen, stellen wir aber fest – egal, welcher Zeitung wir glauben dürfen –: Es geht im Wesentlichen wieder nur um Betreuung, die irgendwie variiert.