- Verehrter Herr Kreuzer, alle Experten sind sich darin einig – ich habe alle Zeitungsartikel dazu gesammelt –, ob es kirchliche Vertreter sind, ob das der Flüchtlingsrat ist, die Münchner Diakonie, die kommunalen Spitzenverbände oder das Rote Kreuz: Was sich derzeit in Bayern abspielt, ist eine humanitäre Katastrophe und eines reichen Landes wie Bayern unwürdig. Das ist menschenverachtend. Fundamentale Versäumnisse zeigen sich jetzt. Um es klar und deutlich zu sagen – ich werde es nachher noch etwas erläutern –: Nicht die Masern in der Bayernkaserne sind schuld, nicht die bösen Italiener, sehr geehrter Herr Innenminister, sondern die Bayerische Staatsregierung hat die Zeichen der Zeit sehr lange nicht erkannt und merkt jetzt, wie groß die Probleme sind.
Immerhin gibt es jetzt auch schon einige in der Bayerischen Staatsregierung, die das gemerkt haben, zum Beispiel die Frau Wirtschaftsministerin, die mehr Mut fordert und sagte: 1946 hatten wir 1,7 Millionen Flüchtlinge, das waren 20 % der Bevölkerung. Da müssen wir jetzt auch mehr tun. Der BRK-Chef Leonhard Stärk drückt es so aus: Wir haben Zustände wie nach dem Mauerfall, nur schlimmer, weil konzeptionsloser.
Die Bayerische Staatsregierung hat in der letzten Woche zwar reagiert und ein Maßnahmenbündel beschlossen. Ein eintägiger oder wenige Stunden dauernder Asylgipfel kann aber nicht das aufholen, was in den letzten Jahren versäumt wurde. Wir haben gemerkt – und unser Vorsitzender Herr Aiwanger hat es vorhin auch schon gesagt –: Man hat das Gefühl – oder es war tatsächlich so –, dass die Staatsregierung in den letzten Wochen und Monaten mit Modellautos oder mit der Maut beschäftigt war. Deswegen blieben
Der Ministerpräsident sagte am Dienstag noch: Es ist schön, in Bayern zu leben. Ich glaube, es wurde schon ein paarmal gesagt und auch zitiert. Ich habe mich dabei immer gefragt: Was mögen da die Asylbewerber gedacht haben, die unverschuldet hier bei uns in Bayern gelandet sind? – Die Frau Sozialministerin versucht im Moment, die Lage in den Griff zu bekommen. Wir wünschen Ihnen, Frau Müller, bei dieser Aufgabe viel Glück und Durchhaltevermögen.
Wie ist es zu dieser Situation gekommen? – Ich möchte gleich zum Antrag der CSU kommen. Herr Zellmeier hat gesagt, das sei der beste Antrag. Wir haben ihn ein paarmal durchgelesen, Herr Zellmeier. Darin steht praktisch nichts, was man in Bayern tun soll. Darum geht es aber eigentlich. Sie verweisen immer auf den Bund, Sie verweisen auf Europa. Aber dazu, was man in Bayern tun soll, finden wir in dem Antrag nichts. Dem können wir nicht zustimmen. Das können Sie sicherlich nachvollziehen. Am Schluss steht in drei Zeilen: "Die Asylsozialarbeit, Beratung und ehrenamtliches Engagement … sind weiterhin zu unterstützen." Herr Zellmeier, das hätten Sie größer herausstellen müssen. Die Asylsozialarbeit muss ausgeweitet werden. Heute Morgen hat Ihre Sozialministerin zumindest schon ein paar Ansätze aufgezeigt. Dazu komme ich noch, weil das in unserem Antrag steht. Frau Weikert hat richtig gesagt: Wenn es nicht die vielen ehrenamtlichen Helfer in Bayern gäbe, die sich unermüdlich engagieren – das sind einige Tausend –, dann würde es in diesem Rahmen ganz schwarz aussehen. Sie können vieles auffangen, was von der Staatsregierung leider versäumt wurde.
Welche Versäumnisse sind das? – Versäumnis Nummer eins ist das Fehlen weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen. Das wurde schon gesagt. Meine Kollegin Gabi Schmidt wird das noch näher erläutern. Wir fordern schon seit einigen Jahren die Schaffung weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen. Es wurde immer wieder abgelehnt. Die Vergangenheit hat Sie jetzt eingeholt. Das müssen Sie so akzeptieren.
Versäumnis Nummer zwei ist ein starres Festhalten an der Ideologie der Gemeinschaftsunterkünfte, obwohl jeder weiß – wir haben das auch öfter gesagt –, dass Gemeinschaftsunterkünfte oft Ursache für soziale Spannungen sind. Deshalb sollten Asylbewerber die Möglichkeit haben, GUs früher zu verlassen. Wir haben zum Beispiel schon im Jahr 2009 einen Dringlichkeitsantrag gestellt und einen Gesetzentwurf vorgelegt, dass die Leute Gemeinschaftsunterkünfte nach einem Jahr verlassen können. Ich muss hier Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat zitie
Versäumnis Nummer drei ist die Blindheit vor der Realität, obwohl die Situation absehbar war. Schwankungen bei den Asylbewerberzahlen gibt es natürlich immer wieder, das ist normal. Aber die Spannungen in Syrien, im Irak, in Afghanistan und die Lage in der Ukraine – das sagen viele – waren im Prinzip absehbar. Das sagt sogar der Präsident des Bayerischen Landkreistages Christian Bernreiter, der noch dazu von der CSU kommt. Er sagte am 02.07. im "Münchner Merkur": Diese Situation hat sich bereits seit Jahren abgezeichnet. – Am 10.04. fand hier im Bayerischen Landtag eine Anhörung auf Antrag der FREIEN WÄHLER zum Thema Asylpolitik statt. Daran haben Leute vom Ministerium teilgenommen. Sie haben das alles gehört. Schon damals wurde gesagt, dass die Lage sehr drastisch ist und man konkret etwas unternehmen muss. Frau Ministerin Müller, was haben Sie nach dem April 2014 gemacht? – Wir haben erst in den letzten Wochen gemerkt, dass Sie etwas tätig geworden sind.
Versäumnis Nummer vier ist eine jahrzehntelange Abschottungspolitik anstelle einer Willkommenskultur. Die derzeit prekäre Situation ist auch eine Spätfolge der falschen Asylpolitik der Bayerischen Staatsregierung. Jahrzehntelang wurde gesagt: Wir wollen eine Förderung der Ausreisebereitschaft. Wir haben das, Gott sei Dank, letztes Jahr gemeinsam aus der Asyldurchführungsverordnung gestrichen. Es gab aber Probleme, weil die Investitionen in Erstaufnahmeeinrichtungen in den vergangenen Jahren sehr gering waren. Man hat gesagt: Die sind nicht erwünscht, die sollen schnell wieder hinaus, wir brauchen keine besonderen Vorkehrungen zu treffen.
Versäumnis Nummer fünf ist das Fehlen vorbereiteter Listen oder eine ungenaue Kenntnis möglicher Unterkünfte, zum Beispiel Kasernen usw. Ich habe vor einigen Wochen eine Schriftliche Anfrage gestellt und gebeten, einmal alle staatlichen Unterkünfte zu nennen. Die Staatsregierung hat zweimal Fristverlängerung beantragt, weil diese Liste anscheinend nicht vorlag. Vor zehn Tagen kam sie endlich. Auch das führte zu Problemen.
Versäumnis Nummer sechs ist eine zu späte oder unzureichende Einbindung der Kommunen. Soziale Spannungen entstehen immer dann, wenn Kommunen, wenn Landratsämter zu spät informiert werden. Oft geht es einem Landrat so, dass er freitags erfährt, dass montags hundert Leute in den Landkreis kommen, oder die Bürgermeister erfahren es hinterher. So geht es auch nicht. – Ich darf Ihnen einmal eine EMail vorlesen, die das Landratsamt Miltenberg von
der Bezirksregierung Unterfranken am 06.08. bekam: Anbei die aktuelle Liste mit am besten morgen unterzubringenden Personen, in Zirndorf gibt es nur Matratzen, wir benötigen jedes Bett, ob sich die Nachbarschaft freut oder nicht. Darunter: Regierung von Unterfranken. Sie können verstehen, dass ein Landratsamt sagt: Das ist kein Umgang unter Partnern; vielmehr wird der Druck von oben nach unten einfach weitergegeben, ohne Rücksicht auf Verluste. Das Problem hat sich in den letzten Wochen und Monaten aufgestaut.
Versäumnis Nummer sieben: Es gibt zu wenige Stellen in der Asylsozialberatung. Darüber haben wir schon öfter gesprochen. In einigen Fällen war das Verhältnis 1 : 300; Herr Zellmeier hat gesagt, dazu gebe es jetzt einen Zusatzantrag. Es ist so: Noch im Juli – daran kann ich mich erinnern – haben die GRÜNEN im Sozialausschuss in einem Antrag einen Betreuungsschlüssel von 1 : 150 gefordert. Herr Neumeyer hat aber gesagt, das machen wir nicht, das lehnen wir ab. Dann haben wir im Sozialausschuss beschlossen, dass ein Verhältnis 1 : 150 angestrebt wird. Man war ja noch froh, dass die CSU zumindest da mitgestimmt hat. Heute Morgen hat die Ministerin plötzlich gesagt, sie werde den Betreuungsschlüssel auf 1 : 100 ändern.
Da sagen wir: Super, dass sie das gesagt hat. Jetzt kann es sein, dass sie dann sagt: Das gilt nur für Erstaufnahmeeinrichtungen; ich habe das nicht gehört. Ich habe dazu auch noch andere gefragt.
Wir werden unseren Dringlichkeitsantrag deshalb abändern und sagen: 1 : 100 soll der Betreuungsschlüssel sein. Das hat die Ministerin heute Morgen gesagt, und das habe ich mir auch so mitgeschrieben. Dann müssen wir es hier auch so umsetzen. Aber, Herr Zellmeier, warum haben Sie das, was Ihre Ministerin heute Morgen gesagt hat – das waren ja zum Teil positive Ansätze für Bayern, dass zum Beispiel Jugendliche, die in der Ausbildung sind, nicht abgeschoben werden können –, nicht in Ihrem Antrag? – Dann hätten wir nämlich bayerische Aspekte drin und dann wären wir auch geneigt gewesen, dem Antrag der CSU vielleicht sogar zuzustimmen. Das verblüfft uns.
Sie bringen nur Europa-Sachen. Ihre Ministerin versucht, etwas Bayerisches zu bringen, aber wir finden es nicht im Antrag. – Wir fordern auch schon seit Monaten die Aufstockung des Personals, um die Asylanträge schneller und zeitnäher zu machen. Warum geschieht das nicht?
Ein weiteres Versäumnis: Die Asylbewerber müssen möglichst schnell arbeiten können. Das mit diesen drei Monaten wird immer wieder gesagt, aber es ist immer noch nicht konkret umgesetzt. Das geht einfach viel zu langsam.
Das zehnte Versäumnis ist das Fehlen einer europäischen Flüchtlingspolitik, die eine gerechte Verteilung mit sich bringt. Da muss ich zunächst einmal CSU und SPD gleichzeitig ansprechen; wir haben nämlich den Koalitionsvertrag genau angeschaut. Darin steht nichts von einer europäischen Flüchtlingspolitik. Das ist genau der Punkt, der noch geändert werden muss. Ich glaube, das hat auch die CSU inzwischen gemerkt. 90 % der Asylsuchenden werden nämlich von zehn EU-Ländern aufgenommen. Man müsste neue Kriterien festlegen, zum Beispiel eine Verteilung nach der Wirtschaftskraft und der Einwohnerzahl. Deutschland liegt nach absoluten Zahlen relativ gut, aber auf der anderen Seite gibt es nach wie vor viele Länder, die sich da völlig raushalten, meine Damen und Herren. Das muss sich eben auch konkret ändern, und das hat auch Italien gesagt: Wir brauchen einen anderen Schlüssel, damit alle Länder in Europa gleichermaßen berücksichtigt werden.
Versäumnis Nummer elf – das ist dann das letzte – ist das Fehlen von Konzepten, um die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern und damit die Fluchtursachen zu bekämpfen. Dieser Aspekt liegt uns natürlich am Herzen.
Wir wollen, dass Sie hier konkret was machen. In Ihrem Antrag steht was drin; wir werden dazu auch Anträge bringen. Es gibt nicht nur eine deutsche Entwicklungspolitik, es gibt auch eine bayerische Entwicklungspolitik, für die vier Millionen Euro zur Verfügung stehen. Deswegen wäre es ganz wichtig, hier auch Konzepte zu finden.
Im Ergebnis haben wir nach wie vor ein einsturzgefährdetes Haus; das rettet man nicht durch neue Tapeten, sondern nur durch eine Generalsanierung. Dem Antrag der SPD werden wir zustimmen, obwohl der erste Punkt ein bisschen ambitioniert ist: Bis Ende September sollen die Zelte verschwinden; das ist ein bisschen schwierig. Aber gut, es ist ein Auftrag. Beim Antrag der GRÜNEN werden wir uns enthalten, weil verschiedene andere Punkte drin sind. Dem Punkt, der in der Koalition besprochen wurde, dem Vorschlag des Bundesinnenministers, andere Länder wie Mazedonien oder Serbien als sichere Herkunftsländer zu bezeichnen, können wir insgesamt zustimmen.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Asylsozialberatung bedarfsgerecht auszubauen. Dabei ist ein Betreuungsschlüssel von 1 : 100 sicherzustellen.
Kolleginnen und Kollegen, bevor ich mit den Wortmeldungen weiterfahre, darf ich bekanntgeben, dass die CSU-Fraktion für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt darf ich Frau Kollegin Kamm das Wort erteilen. – Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen heute, ein Jahr nach dem Ende des Wirkens von Frau Haderthauer als Sozialministerin, immer noch vor dem Scherbenhaufen ihrer Flüchtlingspolitik. Aber es ist natürlich nicht nur die Flüchtlingspolitik der Kollegin Haderthauer gewesen, sondern es war Ihre Flüchtlingspolitik, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Sie war von Anfang bis Ende geprägt von dem Gedanken, den Flüchtlingen den Aufenthalt hier so unangenehm wie möglich zu machen und es ihnen schmackhaft zu machen, Deutschland und auch Bayern möglichst schnell freiwillig zu verlassen. In den letzten Sitzungen der letzten Legislaturperiode haben wir es geschafft, diesen unwürdigen Satz aus unserem Aufenthaltsgesetz zu streichen. Aber er wirkt natürlich noch nach, und es wird noch einiger Anstrengungen bedürfen, dieses Gedankengut aus unserem Asylsystem herauszubringen.
Ich habe jetzt einiges zum Thema Förderung der Akzeptanz von Flüchtlingen von Ihnen gehört, Herr Kollege Zellmeier. Ich fand Ihre Ausführungen gespalten; denn Akzeptanz für Flüchtlinge erhöht man nicht, wenn man Grenzkontrollen fördert, wenn wir sagen, es sollen nicht mehr werden, es sind zu viele, wir haben eine Flut, und wir können diese Aufgabe nicht stemmen, wie es manchmal auch in den Presseerklärungen des Sozialministeriums der Fall war. Ich sage: Die 30.000 bis 35.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr hier Schutz suchen, muss ein Land wie Bayern mit seinen zwölf Millionen Einwohnern gut bewältigen können. Wenn wir wollen, schaffen wir das auch gemeinsam. Man muss nur wollen;
man sollte sich hier nicht selber bedauern, weil eine Aufgabe auf einen zukommt. Ich denke, wir müssen aufhören mit diesem unwürdigen Spagat zwischen der Erklärung zur Bereitschaft zu humanitärer Hilfe und der Forderung nach einem größeren Recht, Flüchtlinge an den Grenzen abzuwehren.
An dieser Stelle möchte ich noch ein Wort zu den Staaten sagen, die Sie als sichere Drittstaaten bezeichnen. Ein Staat wird nicht dadurch sicher, indem er von Ihnen dazu ernannt wird, sondern ich denke, wir müssen die Berichte des Menschenrechtskommissars nachlesen und prüfen, wie die Situation dort wirklich ist. Man muss nur jüngste Pressemitteilungen ansehen: Im April wurden beispielsweise in Belgrad mehr als 1.000 Roma Opfer rechtswidriger Zwangsräumungen; im Kosovo herrscht weiterhin Straffreiheit für Kriegsverbrechen, die gegen Sinti und Roma verübt worden sind. Nach wie vor kommt es im Norden des Kosovo zu gewaltsamen Zusammenstößen und so weiter.
Ich denke, Europa muss endlich wesentlich mehr tun, um Europas größter Minderheit gerecht zu werden und deren Situation zu verbessern. Hier sind unsere Anstrengungen gefordert; hier haben wir erheblichen Handlungsbedarf.
Jetzt komme ich zu Ihren Ausführungen zur angeblich besseren Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Da hat man von Ihnen in den letzten Wochen doch sehr Unterschiedliches gehört. Man hat beispielsweise von Ihnen gehört, dass man eine Quotenlösung braucht, und man hat gehört, dass Italien mehr tun müsse und so weiter. Als ich das gelesen habe, habe ich mich immer gefragt: Warum kümmern Sie sich um die Flüchtlinge an der Grenze von Österreich nach Deutschland? Warum machen Sie sich nicht ab und zu Gedanken über Flüchtlinge im Mittelmeer, die Italien derzeit noch über die Operation Mare Nostrum zu retten versucht, was häufig genug nicht funktioniert, obwohl der italienische Staat erhebliche Mittel dafür einsetzt? Seit Juni sind im Mittelmeer insgesamt wieder über 2.000 Menschen ertrunken. Ich denke, wir müssen uns mehr Gedanken darüber machen, Menschen zu retten, als darüber nachzudenken, wie man Menschen an den unterschiedlichen Grenzen in Europa am besten kontrolliert.
Was müssen wir in Bayern tun? – Wir haben jetzt einiges zur Erstaufnahme und zu der Frage gehört, wie man die Kapazitäten angemessen zu erhöhen ge
denkt. Aber das war für mich nicht nachvollziehbar, und ich hätte gerne eine detaillierte Aufstellung, wie die Plätze an den verschiedenen Stellen aufgestockt werden und wie in Zukunft vermieden wird, dass weiterhin Tag für Tag neue Ad-hoc-Lösungen in Angriff genommen werden, wie sie den ganzen Sommer über in der Bayernkaserne und in Zirndorf praktiziert worden sind. Diese Verhältnisse müssen endlich, und zwar so schnell wie möglich, ein Ende haben. Aber wie das geschehen soll, ist noch nicht erklärt worden. Bisher wurden nur die Absicht und die Bereitschaft erklärt, dass die Verhältnisse beendet werden. Aber ein Konzept ist nicht in Sicht, allenfalls für Mitte des Jahres 2015, wenn die verschiedenen Einrichtungen, die auch auf eine starke Initiative der Kommunen auf den Weg gebracht werden, verfügbar sind.
Wir müssen uns auch so bald wie möglich nicht nur über die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen, sondern auch über die Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften und in den dezentralen Unterkünften unterhalten. Hier gilt es, zunächst einmal einen Paradigmenwechsel vorzunehmen. Viele Menschen müssen in Bayern viel zu lange in Gemeinschaftsunterkünften leben, die diese Bezeichnung nicht verdienen. Flüchtlinge wohnen oft vier, fünf oder sechs Jahre in einer Gemeinschaftsunterkunft. Gestern traf ich jemanden, bei dem das 14 Jahre der Fall ist. Da leben vier, fünf oder sechs Personen in einem Raum, mit einer Küche und mit sanitären Einrichtungen, die mit 60 anderen Personen geteilt werden müssen. In diesen Unterkünften gibt es keine Privatsphäre und keinen Schutz, und in diesen Unterkünften ist es besonders schwer für Menschen, die ein Trauma haben und die schlimme Erlebnisse in ihrem Heimatland und bei ihrer Flucht zu verarbeiten haben.
Ich denke, wir müssen dafür sorgen, dass demnächst so viele angemessene Unterkünfte wie möglich nicht nur angemietet, sondern auch errichtet werden und dass Menschen schneller aus den Unterkünften ausziehen dürfen. Die unsinnige Verpflichtung, jahrelang in den teilweise unwürdigen Unterkünften zu wohnen, muss so schnell wie möglich abgeschafft werden.
Ich möchte noch etwas zur gesundheitlichen Versorgung sagen. Es ist außerordentlich bedauerlich, dass in einem Land wie Bayern Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung oft acht oder neun Tage lang medizinisch nicht untersucht und, egal, welche Krankheit sie haben – vielleicht haben sie offene Tbc, was nach einer Flucht ja durchaus vorkommen kann –, in 100Betten-Sälen einquartiert werden. Das kann nicht sein, und ich hoffe, dass auch das so schnell wie möglich ein Ende findet.
Ich hoffe auch, dass wir es bald schaffen, die gesundheitliche Versorgung endlich deutlich zu verbessern. Viele Flüchtlinge bekommen keine psychologische Hilfe, obwohl sie traumatisiert sind, und auch nur eine reduzierte sonstige medizinische Hilfe.