Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Wissen Sie, was unsere Vorstellung ist? – Wir haben nach Fukushima parteiübergreifend hier ein Energiekonzept beschlossen; das war gut, das war richtig. Das habt ihr jetzt für ungültig erklärt. Für Bayern existiert kein Energiekonzept mehr.

Herr Bernhard, nur so viel zur Planungssicherheit: Planungssicherheit heißt, dass die Menschen endlich wissen, wie es in Bayern mit der Energiewende weitergeht. Diese Planungssicherheit gibt es nicht mehr. Mit 10 H stoßt ihr eure Kommunalpolitiker vor den Kopf. Fragt doch euren Brandl, Chef des Bayerischen Gemeindetages: Der hat die Schnauze gestrichen voll von euren Planungen.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Gabriel schlägt Kohle vor! – Josef Zellmeier (CSU): Kohlekraftwerke von Gabriel!)

Herr Kreuzer, ich habe nur darauf gewartet, dass das Wort Kohle kommt. Normalerweise kommt Kohle, NRW, Gabriel, wenn ihr nicht mehr weiterwisst.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das haben Sie doch gelesen heute in den Zeitungen!)

Aber hier seid ihr am Ruder, und ihr entscheidet. Wenn ihr heute über 10 H abstimmt, dann führt ihr den Energiedialog von Frau Aigner ad absurdum, weil ihr alle, die Windkraftgegner und die Windkraftbefürworter, mundtot macht. Keiner braucht mehr mitzureden. Ergebnisoffen ist dieser Energiedialog ab dem heutigen Tag, wenn ihr dem zustimmt, nicht mehr.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: So ein Quatsch!)

Es wäre so einfach: Verhängt ein Moratorium bis zum Ende des Energiedialogs! Dann herrschen faire Verhältnisse für alle Teilnehmer am Energiedialog.

(Widerspruch des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Oh doch, lieber Erwin Huber.

(Erwin Huber (CSU): Das ist eine Täuschung der Leute, die wir nicht machen!)

Eine Täuschung der Leute? Wieso? Weil ihr eurem großen Manitu nicht folgt, oder was? – Macht endlich einmal, was vernünftig ist! Dann können die Menschen in Bayern wirklich mitreden. Das sind auch die Windkraftbefürworter, die Menschen vor Ort, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Macht ein Mora

torium! Dann seid ihr endlich wieder mal vernünftig drauf.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, den FREI- EN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Jetzt bitte ich Kollegen Thorsten Glauber zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, verehrte Gäste!

(Zuruf: … vor den Fernsehgeräten!)

Genau, auch vor den Fernsehgeräten! – Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, Sie werden heute das 10-H-Gesetz auf den Weg bringen und es nach der Zweiten und Dritten Lesung verabschieden. Ich frage Sie – bis jetzt haben Sie darauf noch keine Antwort geben können –: Wieso haben Sie eigentlich 10 H gewählt? Wieso haben Sie nicht 5 H, 6 H oder 8 H gewählt?

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Das lässt sich besser rechnen!)

Soll ich Ihnen die Antwort geben, warum Sie 10 H gewählt haben? –

(Zurufe von der CSU)

Sie haben 10 H deshalb gewählt, weil nämlich in den Regionen in Bayern die Arbeit schon geleistet wurde.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Sie haben gelernt, dass Sie durch 10 H das BImschGVerfahren faktisch außer Kraft setzen und damit die Windkraft in ganz Bayern zum Erliegen bringen. Deshalb haben Sie 10 H gewählt. Das ist auch der Grund dafür, dass Sie das jetzt nicht hören wollen. Sie haben in diesem Haus den Bürgerinnen und Bürgern doch jahrelang erklärt, dass man die Windkraft nicht braucht. Dann war Fukushima, der Ministerpräsident sprach hier. Dann war Bayern leuchtendes Beispiel. Jetzt sind wir wieder genau dort, wo Sie hinwollen, jetzt ist wieder alles obsolet. Damals haben Sie das Parlament aufgerufen, Bayern solle zu den bestehenden noch 1.500 Windräder dazubekommen. Das war Ihr Wunsch.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Den Wunsch erfüllen wir auch!)

Den Wunsch, lieber Herr Ministerpräsident, werden Sie nie erfüllen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Mehr als die Hälfte haben wir schon!)

Ich sage Ihnen, dass wir heute bei 700 sind. Herr Ministerpräsident, Ihre beiden Ministerien, das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium, geben aktuell zum Beispiel völlig unterschiedliche Zahlen heraus: Das Umweltministerium spricht davon, dass in Bayern noch 75 Anlagen zu genehmigen seien; Ihr Wirtschaftsministerium spricht von 350 Anlagen. Dann sagen Sie natürlich: Das wird Bayern erreichen. – Bayern wird das nicht erreichen. Mit der jetzigen Regelung wollen und werden Sie keine neuen Windräder zulassen. Für Investoren in Bayern gibt es nämlich auch keinen Schutz.

Sie haben in Berlin die Länderöffnungsklausel auf den Weg gebracht.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Mit Zustim- mung der SPD!)

Von 16 Bundesländern, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht nur ein Bundesland davon Gebrauch.

(Klaus Holetschek (CSU): Wir waren schon immer vorne!)

Das sind diejenigen, die 1.500 Windräder nach Bayern und damit die Energiewende nach vorne bringen wollten – von einem Anteil von 0,7 % auf 1,5 % aktuell. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben damals erkannt, dass Sie mit der Windenergie die günstigste Energieform der Erneuerbaren ins Land bringen müssen. Das war damals die Erkenntnis. – Jetzt bleiben wir bei 1,5 % stehen. Die von Ihnen anvisierten und gelobten 10 % werden Sie nie erreichen, Herr Ministerpräsident. Wie wird es mit der Windenergie nach 2021 weitergehen? Wie wird es mit der Windenergie schon nach 2014 weitergehen? Diese Fragen stellen Sie sich überhaupt nicht.

Dann machen wir im Bayerischen Landtag eine Anhörung. Dazu waren 12 Sachverständige geladen. Davon erklären Ihnen 11 Sachverständige, dass dieses Gesetz im Prinzip so nicht machbar ist. Das interessiert Sie aber nicht. Unter den Angehörten waren der Bayerische Gemeindetag, der Bayerische Landkreistag, der Bayerische Städtetag, der Bund Naturschutz, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der Bundesverband der Windenergie – da kann man natürlich sagen, die sind klar dafür –, die IHK, der Verband kommunaler Unternehmen; sie alle haben Ihnen bescheinigt, dass dieses Gesetz zu 10 H so nicht auf den Weg gebracht werden soll.

Natürlich haben Sie einige Dinge übernommen. Sie haben drei Änderungsanträge zur Beratung im feder

führenden Wirtschaftsausschuss eingebracht. Sie sprechen heute davon, damit sei die kommunale Planungshoheit gesichert. Das ist doch ein Spaß, den Sie hier veranstalten. Die kommunale Planungshoheit beschneiden Sie nämlich mit Ihrer Gesetzgebung. Ich frage mich, wie Sie den Mut haben können, sich damit hier hinzustellen.

Die gemeindefreien Gebiete umfassen in Bayern 70.000 km². Die hatten Sie gar nicht im Blick. Gott sei Dank sind 3.500 Quadratkilometer Bayerns in die 10H-Regelung aufgenommen worden. Mit der Einbeziehung der gemeindefreien Gebiete haben Sie es gut gemeint. Aber Sie haben die Planungshoheit der Kommunen außer Kraft gesetzt.

In Ihren Anträgen geht es darum, dass Sie als CSU und als Bayerische Staatsregierung in Flächennutzungspläne und Bebauungspläne, die in Kommunen Bestandsschutz erreicht haben, eingreifen. Das ist aber absolut verfassungswidrig; denn Sie beschneiden die Planungshoheit der Kommunen.

(Erwin Huber (CSU): Das ist ja nicht so! - Weitere Zurufe von der CSU)

- Natürlich ist es so, Herr Huber! Lesen Sie Ihren Änderungsantrag! Sie haben ihn doch selber geschrieben.

Ein Flächennutzungsplan hat Rechtskraft. Mit einem Vetorecht müssen jetzt Kommunen, die einen rechtskräftigen Flächennutzungsplan bzw. Bebauungsplan haben, diesen erneut in die Abstimmung geben. Wo ist denn da die Planungshoheit der Kommunen, wo ist der Vertrauensschutz, wo ist der Bestandsschutz?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Noch schlimmer ist es, wenn Sie, Herr Huber, den Antrag selber geschrieben haben. Sie sind so lange im Bayerischen Landtag. Sie kennen die Bayerische Verfassung. Und da stellen Sie sich hin und sagen: Keine Ahnung; mit diesem Vetorecht ist es leider so.

Was machen Sie denn? Herr Kollege Otmar Bernhard hat davon gesprochen, dass es mit "Abs. 7" eine redaktionelle Änderung gibt. Das ist in Ordnung. Aber das zeigt auch, dass Sie die Änderung noch am Morgen des Tages, an dem der Wirtschaftsausschuss beraten hat, vorgenommen haben. Die Eile, mit der Sie den Gesetzentwurf erarbeitet haben, zeigt die Schlampigkeit, mit der Sie das Gesetz auf den Weg

gebracht haben. Trotzdem stellen Sie sich hier hin und sagen, es brauche keine erneute Anhörung, was wir hier wollten, sei nur Theater.

Nein, der Bayerische Landtag ist dazu angehalten, ein gutes Gesetz zu machen, das nach Verabschiedung aus meiner Sicht nicht sofort beklagt werden kann. Deshalb wollten wir uns als Parlamentarier die Zeit nehmen, mithilfe einer weiteren Anhörung ein gutes Gesetz für Bayern zu machen. Aber daran sind Sie einfach nicht interessiert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Huber, Sie stehen auf der Rednerliste. Sie können später also hierauf antworten.

Was ist denn mit Ihrem Antrag auf Drucksache 17/3417? Vorher ging es um einen Eingriff in den Bestandsschutz. Das fand ich noch viel verwerflicher. Aber in dem Antrag auf Drucksache 17/3417 wollen Sie die sogenannte Einvernehmlichkeit herstellen. Auch da ist zu sagen: Die Planungshoheit der Kommunen bedeutet nun, dass dann, wenn der 10-H-Abstand gilt, Einvernehmlichkeit mit der Nachbarkommune hergestellt werden muss.

Herr Kollege, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?