Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Wir wollen das Gesetz heute verabschieden, weil wir dringend Planungssicherheit brauchen. Diese Planungssicherheit wurde sowohl in der Anhörung als auch von Ihnen immer wieder gefordert.

(Beifall bei der CSU)

Der Gesetzentwurf schafft einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Interessen der Projektträger und dem Schutz der Bevölkerung. Er hat genügend Spielraum, Stichwort Ausbaukorridor, für zusätzliche Anlagen. Die Interessen der Nachbargemeinden werden damit, soweit das irgend möglich ist, gewahrt. In diesem Sinne glaube ich, dass wir heute einen Gesetzentwurf verabschieden, über den lange diskutiert worden ist und der ausgewogen ist.

Ich bin gebeten worden, einen Redaktionsfehler in dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/3417 zu korrigieren. Dort heißt es nach "§ 1 Nr. 2 wird wie folgt geändert" unter der Ziffer 1 in der fünften Zeile "§ 1 Nr. 7 BauGB". Dies ist in "§ 1 Abs. 7 BauGB" zu ändern. Das war ein Redaktionsversehen.

Meine Damen und Herren, entschließen Sie sich dazu, einem vernünftigen Gesetz zuzustimmen!

(Beifall bei der CSU)

Herzlichen Dank. Ich bitte die Kollegin Natascha Kohnen zum Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Bernhard, Sie tun gerade so, als ob in den letzten drei Jahren nichts gewesen wäre und Sie heute neu beginnen

würden. Seien wir doch einmal ehrlich: Sie haben die Kommunen vor drei Jahren aufgefordert, die Windkraft nach vorne zu peitschen. Was mich an Ihrem Beitrag genervt hat, ist das Misstrauen, das Sie den Kommunen entgegenbringen. Die Kommunen sind doch nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen, sondern haben in den letzten drei Jahren geplant. Sie tun gerade so, als ob sie die Bürger daran nicht beteiligt hätten. Natürlich haben sie die Bürger beteiligt.

Wir hatten kaum Petitionen zur Windkraft. Erst als Horst Seehofer gesagt hat, er wolle die 10-H-Regelung, stieg die Zahl der Petitionen von beiden Seiten wie verrückt. Sie kommen dann immer mit dem Märchen, dass sich die Technik weiterentwickelt hätte und deshalb die Windräder höher wären. Wann ist denn die 10-H-Regelung ausgerufen worden? – Das war vor exakt einem Jahr. Herr Dr. Bernhard, seitdem sind die Windkraftanlagen nicht von 80 auf 200 Meter gewachsen. Sie sind schon lange 200 Meter hoch. Die Kommunen konnten mit ihren kommunalen Steuerungsinstrumenten in den letzten drei Jahren sehr gut arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Worüber reden wir heute? – Wir reden darüber, dass Sie heute ein Gesetz verabschieden wollen. Wenn dieses Gesetz zur Entfaltung kommt, dann stehen nur noch 0,05 % der Fläche Bayerns für Windräder zur Verfügung.

(Erwin Huber (CSU): Das stimmt doch nicht!)

- Das stimmt, Erwin Huber. Ihr schränkt mit dem Gesetz die Windkraft ein. Ihr stellt mit dem Gesetz die Windkraft an die Wand, nichts anderes. Herr Huber, am Samstag stand in der "Süddeutschen Zeitung", dass auch Sie zugestehen, dass die Windkraft in Zukunft nicht mehr groß ausgebaut werden kann. Das steht in der Zeitung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Worauf ich noch nie eine Antwort bekommen habe, auch nicht von Herrn Dr. Bernhard, ist die Frage: Wo wollen Sie denn eigentlich hin? Wie viel Windkraft soll Bayern denn bekommen? Ich höre dazu keine Zahlen. Es werden immer nur Anlagen aufgezählt. Wie viele Prozent der Stromerzeugung wollt ihr denn durch Windkraft ersetzen? Ich sage euch was: Ihr wisst es nicht! Die Einzige, die weiß, dass ihr es nicht wisst, ist Frau Aigner. Sie sucht auch eine Antwort und hat sich überlegt, was sie machen will. Ob sie das freiwillig tut oder nicht, lasse ich einmal dahingestellt; denn sie hat schließlich noch einen Kollegen, der ihr oft sagt, was sie machen soll.

Energieministerin Aigner muss einen Energiedialog führen. Die Idee dahinter lautet, dass dieser Dialog ergebnisoffen sein soll. Die Teilnehmer haben sich vor sieben Tagen getroffen, um ergebnisoffen über ein neues Energiekonzept für Bayern zu diskutieren. Diese Teilnehmer wurden übrigens schon einmal vor drei Jahren eingeladen, um das Energiekonzept nach Fukushima zu erstellen, das wir sehr begrüßt haben und das einen Anteil der Windkraft von 10 % vorsah. Das Spannende ist: An diesem Dialog nehmen Frau Aigner, Trassengegner und Trassenbefürworter teil. Dort soll über Trassen geredet werden. Damit darüber geredet werden kann, hat der Ministerpräsident ein Moratorium über die Trassenplanung verhängt. Das bedeutet, die Trassen werden bis zum Abschluss des Energiedialogs nicht weiter geplant. Frau Aigner, ist das korrekt?

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Es geht um die Planung für das nächste Jahrzehnt!)

- Es ist korrekt. Herr Ministerpräsident, ich bin noch nicht ganz fertig. Sie können sich nachher aufregen. – Wie gehen Sie denn mit der Windkraft um? An dem Energiedialog nehmen doch auch Windkraftbefürworter teil. Ich habe zum Beispiel Herrn Beermann vom Windkraftverband gesehen. Sie haben auch die Gegner eingeladen. Dürfen die Windgegner unter den gleichen Bedingungen diskutieren wie die Befürworter? – Nein, das dürfen sie nicht, wenn Sie heute die 10-H-Regelung verabschieden. Sie schränken die Windkraft in Bayern ein, bevor im Rahmen des Energiedialogs darüber geredet werden kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wie viel Windkraft wollen wir denn? Wollen wir 2 % Windkraft oder 3 %, wie das Erwin Huber in der "Süddeutschen Zeitung" gesagt hat?

(Erwin Huber (CSU): 3 bis 5 %!)

- 3 bis 5 %. Das klingt sehr variabel. Oder wollen Sie etwa 10 %? Jetzt mal ganz ehrlich: Wenn die Windkraftbefürworter und -gegner bei diesem Energiedialog sitzen, über was dürfen sie noch reden,

(Jürgen W. Heike (CSU): Über den Wind!)

wenn Sie heute die 10-H-Regelung durchpeitschen? Das frage ich Sie!

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Frau Aigner, Sie haben Folgendes geschrieben und beim Energiedialog ausgeteilt: Divergierende Interessen müssen zum Ausgleich gebracht werden. Vertre

ten Windkraftbefürworter und Windkraftgegner keine divergierenden Interessen, die einen Ausgleich brauchen? – Sie schreiben weiter: Wir treffen keine Vorfestlegungen. – Es ist doch ein Schlag ins Gesicht der Windkraftbefürworter, dass Sie eine Vorfestlegung treffen. Genau das tun Sie heute mit der Verabschiedung der 10-H-Regelung: Sie treffen eine Vorfestlegung. - Ihr Energiedialog wird zu einer Farce, wenn Sie heute die 10-H-Regelung durchwinken.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Ich sage euch, was ihr machen müsst, damit das Ganze nicht zu einer Alibi-Veranstaltung wird: Ihr könnt eure absolute Mehrheit nutzen. Im Wirtschaftsausschuss wurde schon gesagt, dass wir uns auf den Kopf stellen und mit den Beinen wackeln können. Wir können Minderheitenanhörungen beantragen. Das ist euch wurscht. Wir bekommen sie. Terminiert werden sie auf ein bis zwei Jahre, denn es ist ja wurscht, wann die Anhörung kommt. Das ist ein interessantes Demokratieverständnis. Das möchte ich auch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU – Josef Zellmeier (CSU): Das ist eine einstimmig beschlossene Anhörung!)

- Das ist eine einstimmig beschlossene Anhörung. Sie wird aber auf irgendwann terminiert. Das ist ein bisschen kompliziert. – Was sagt Frau Aigner außerdem? – Wir machen keine Basta-Politik. Seid ihr euch da sicher? Ich behaupte: Ihr unterwerft euch einer Basta-Politik.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das gilt nicht nur für die Energieministerin, wenn sie heute die Hand hebt und für die 10-H-Regelung stimmt, sondern für die gesamte CSU-Fraktion. Leute, wir sind doch nicht im Absolutismus, wo der Sonnenkönig sagt, wo es lang geht, und ihr lauft hinterher und sagt: So machen wir es. Im Absolutismus hieß es: Der Staat bin ich. Der Parlamentarismus hier und heute funktioniert definitiv anders.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Wenn ihr heute die Hand für die 10-H-Regelung hebt, müsst ihr auch in eure Stimmkreise gehen und euren Bürgermeisterinnen und euren Bürgermeistern - –

(Josef Zellmeier (CSU): Das tun wir gerne! – Unruhe)

Ich bitte doch, die Gemüter etwas zu beruhigen.

– Fangen wir noch einmal an: Wenn Ihr hinausgeht in eure Stimmkreise, dann müsst ihr euren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Menschen vor Ort erklären, warum ihr Geld, das sie in Planungen gesteckt haben, die nicht unter Bestandsschutz fallen, weg ist.

(Erwin Huber (CSU): Das stimmt doch gar nicht!)

Bürgergenossenschaften! Das stimmt! Wir beide zoffen uns nachher noch. – Die Leute haben ihr privates Geld als Darlehen in die Planungen von Bürgergenossenschaften gesteckt. Diese Planungen sind verdammt teuer. Die haben zum Teil keinen Bestandsschutz mehr. Wer gibt diesen Familien ihr Geld, das sie in die Windkraft gesteckt haben, wieder zurück? – Ihr seid es nicht, sondern ihr verbrennt dieses Geld im Moment.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Zum Bestandsschutz, lieber Herr Bernhard: Sie haben genau das nicht geschützt, wo die Windkraft geplant wurde. Sie wurde in den Regionalplänen geplant, und all die Regionalpläne haben keinen Bestandsschutz mehr. Nur mal so viel zur Wahrheit von dem, was Sie hier alles erzählen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist doch völlig falsch! – Erwin Huber (CSU): Das ist kein Baurecht!)

Ihr habt die Regionalpläne nicht mit Bestandsschutz ausgestattet. Die Antwort von Ihnen, Herr Huber, im Ausschuss war klipp und klar: Wir wissen schon, warum wir das tun. – Ihr wisst genau, warum ihr das tut: weil ihr es schaffen wollt, dass die Windkraft in Bayern abnimmt,

(Beifall des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD))

damit Horst Seehofer seinen Willen bekommt und niemand anders. Um nichts anderes geht es euch.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: Damit die Bürger ihren Willen bekommen!)

Ihr habt keine Vorstellung davon, wo ihr hinwollt. Ihr habt keine Analyse.

(Widerspruch bei der CSU – Jürgen W. Heike (CSU): Schön, dass wir Sie haben!)

Wissen Sie, was unsere Vorstellung ist? – Wir haben nach Fukushima parteiübergreifend hier ein Energiekonzept beschlossen; das war gut, das war richtig. Das habt ihr jetzt für ungültig erklärt. Für Bayern existiert kein Energiekonzept mehr.