Protokoll der Sitzung vom 02.12.2014

Für Susanne war der Schritt ein Befreiungsschlag. Nach fast zehn Jahren hat die 36-Jährige endlich einen Ausweg gefunden und ihren gewalttätigen Mann verlassen. Jahrelang hatte er sie und ihr ältestes Kind brutal misshandelt. Er wollte sie totschlagen, falls sie jemandem davon erzählt. Irgendwann habe ich das geglaubt und mich deshalb ganz ruhig verhalten. Schon kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes war er eifersüchtig und jähzornig. Seine Wut richtete sich vor allem gegen den Säugling.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Und was soll das jetzt?)

Er hat viel geschimpft, gebrüllt und das Kind aus dem Bett geworfen und es geschlagen. Ich habe es auf die kleine Wohnung geschoben. Stellte ich mich zwischen sie, so bin ich in die Ecke geflogen. –

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Frauen ist eine gesellschaftliche Krankheit. Wir müssen alle Maßnahmen ergreifen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das zu verhindern,

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Das ist richtig!)

insbesondere dann, wenn Kinder betroffen sind. Denn wir wissen: Wenn Kinder entweder selbst Gewalt erleben oder Gewalt beobachten, neigen sie selbst als Erwachsene dazu, gewalttätig zu werden. Allein aus diesem Grund ist es wichtig, jegliche Gewalt gegen Frauen, jede Form der häuslichen Gewalt konsequent zu bekämpfen.

(Beifall bei der CSU – Ulrike Gote (GRÜNE): Dann macht es doch!)

Das ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Frau Strohmayr, es ist nicht Aufgabe des Freistaats Bayern, die Matratzen für ein Frauenhaus zu kaufen. Wir müssen die Verantwortung auch bei den Gemeinden sehen und die Gemeinden immer wieder daran erinnern, dass es eine kommunale Pflichtaufgabe ist,

(Thomas Gehring (GRÜNE): 35 von 350 kümmern sich darum! – Zuruf der Abgeordneten Eva Gottstein (FREIE WÄHLER))

im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge für ein konsequentes Beratungsangebot zu sorgen. Trotzdem ist es selbstverständlich, dass der Staat entsprechend mit einsteigt. Der Arbeitskreis Soziales hat für den proaktiven Beratungsansatz – er ist übrigens keine reine Erfindung der GRÜNEN, der SPD, der

Oppositionsparteien – bereits zu den Doppelhaushalten 2011/2012 und 2013/2014 Mittel beantragt, die leider nicht gewährt wurden.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Von wem?)

Aber jetzt sind diese Mittel da; freuen wir uns doch!

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): … in drei Jahren!)

Sie betreiben Vergangenheitsbewältigung. 250.000 Euro waren vorgesehen; endlich gibt es den Einstieg in die proaktive Beratung.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Diese 250.000 Euro sind genauso viel wie für den Biberfonds; der hat auch 250.000 Euro!)

Jetzt gibt es einen Antrag der GRÜNEN, aus dem ich zitieren könnte, 470.000 Euro sofort in den Haushalt einzustellen. Ich sage Ihnen: Wir haben 550.000 Euro im Haushalt. Wir gehen mit dem, was wir in den Haushalt einstellen, über den Antrag der GRÜNEN hinaus.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Eva Gottstein (FREIE WÄHLER))

Herr Kollege Vogel, Frau Kollegin Dr. Strohmayr möchte eine Zwischenfrage stellen.

Bitte im Anschluss.

Gut. Keine Zwischenfrage; Sie können im Anschluss das Wort für eine Zwischenbemerkung ergreifen.

Ich habe die Anträge extra mit hierher genommen; ich zitiere aus dem Antrag der GRÜNEN.

(Claudia Stamm (GRÜNE): Warum haben Sie nicht zugestimmt?)

- Wie hat Herr Söder gesagt? Erst hören, dann stören.

(Beifall bei der CSU)

Frau Stamm, ich möchte Sie an das erinnern, was Sie der Frau Kollegin Gerlach vorgeworfen haben "Es braucht keine Bedarfsanalyse". Ich zitiere aus dem Antrag der GRÜNEN: Wir brauchen die Überprüfung der fachlichen und personellen Vorgaben … und so weiter … auf der Basis einer bayernweiten Bedarfsanalyse. Antrag der GRÜNEN! – "Grundlage … muss dabei eine bayernweite Ermittlung des Bedarfs an Unterstützungsangeboten für von Gewalt bedrohte oder

betroffene Frauen sein." – Frau Stamm, Sie müssen erst Ihre eigenen Anträge lesen, bevor Sie Frau Gerlach mit etwas konfrontieren, was nicht der Wahrheit entspricht.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Verena Osgyan (GRÜNE))

Auch die SPD fordert eine Bedarfsanalyse. Dazu sage ich Ihnen eines: Für mich ist das Wort "Bedarfsanalyse" -

(Ulrike Gote (GRÜNE): Aber dass wir mehr Geld brauchen, wissen wir schon lange! Da muss man sich nicht jetzt hinstellen und so tun, als würde man das untersuchen!)

- Sie sind doch schon einmal aufgefallen mit dem Ausspruch, der lautet: Männer sollten nicht nur mit dem Schwanz denken.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ja, das stimmt, so ist es!)

Vielleicht sollten Sie sich einfach mal etwas zurückhalten.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Was daran falsch ist, möchte ich wissen! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Ich habe probiert, mich in aller Sachlichkeit dem Thema zu nähern.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das haben wir am Anfang Ihrer Rede gesehen!)

Aber leider Gottes wird das durch Zwischenrufe immer wieder gestört. - Ihre Anträge haben sich quasi erledigt. Es gibt diese Studie. Sie geht umfassend an das Thema heran: Wie sieht es mit dem Präventionsgedanken aus? – Kein einziger Antrag von Ihnen befasst sich mit der Frage, wie Gewalt tatsächlich zu verhindern ist. Wir reden nur von Frauen, die bereits Opfer von Gewalt geworden sind. Unser Ziel muss doch sein, dass Frauen überhaupt nicht Opfer von Gewalt werden.

(Beifall bei der CSU)

Wir gehen weiter; wir wollen mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und den Kommunen nach Vorlage dieser umfassenden Studie die richtigen Wege für einen effektiven Schutz wählen: Prävention, Schutz und Unterstützung. Wir werden mehr tun. Wir schlagen dann einen Landesaktionsplan "Frauen gegen Gewalt" vor, mit dem wir das Thema umfassend aufarbeiten. Wie sieht es mit einer

Kampagne aus? – Susanne war zehn Jahre lang Opfer von Gewalt.

Herr Kollege, ich darf Sie an die Redezeit erinnern.

Ja. Durch die Zwischenrufe wurde mir einiges von der Redezeit weggezwickt. – Zehn Jahre lang wurde sie von ihrem Mann geschlagen. Das ganze Umfeld hat weggeschaut. Das kann doch nicht sein – wir brauchen doch ein Bewusstsein des Hinschauens, nicht des Sich-Wegdrehens!

(Beifall bei der CSU)

All diese Dinge fassen wir mit Ihren Anträgen überhaupt nicht. Inwieweit der barrierefreie Zugang zu Frauenhäusern, der in kommunaler Verantwortung liegt, Gewalt gegen Frauen verhindern soll,

(Thomas Gehring (GRÜNE): Der Zugang ins Frauenhaus wird leichter!)

erschließt sich mir nicht. Deshalb lehnen wir diese Anträge ab; denn erstens geht der Haushaltsansatz für die proaktive Beratung mit 550.000 Euro über Ihren Antrag hinaus, zweitens braucht’s keine Bedarfsanalyse, weil wir die Studie bereits in Auftrag gegeben haben, und drittens werden wir im nächsten Jahr das Landesaktionsprogramm "Nein zu Gewalt gegen Frauen" starten. Da werden wir uns viel umfassender mit dem Thema auseinandersetzen, als es mit dem Stückwerk möglich wäre, das Sie von der Opposition mit Ihren Anträgen vorschlagen.

(Beifall bei der CSU – Ulrike Gote (GRÜNE): Und all die Jahre haben Sie zugeschaut!)

Danke schön, Herr Kollege Vogel. Jetzt haben wir mehrere Meldungen zu Zwischenbemerkungen. Als Erste bitte ich Frau Kollegin Dr. Strohmayr. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Vogel! Wenn Sie sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben, wissen Sie sicherlich, dass es mittlerweile eine Vielzahl von Abkommen gibt, die gerade den Staat verpflichten, den Schutz der Frauen zu gewährleisten.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Ich lese Ihnen jetzt diese Abkommen der Reihe nach vor. Das ist zum Beispiel das CEDAW-Abkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, des Weiteren die Europä