Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Bildung ist in Bayern grundtief und vielfältig. Sie ist vielfältig in der Ausstattung. Das Bildungshaus steht. Den Schlüssel für eine gute Zukunft haben die Schülerinnen und Schüler in der Hand.

Ich bedanke mich beim Minister, beim Staatssekretär, bei Herrn Waschler als Arbeitskreisleiter, bei Herrn Winter und beim gesamten Haushaltsteam. Wir haben stark gerungen. Ich sage auch an die Fraktionsspitze vielen Dank für die Unterstützung. Jetzt bitte ich darum, den Bildungsdoppelhaushalt 2015/2016, zu dem ich sagen darf, dass er gut unterfüttert ist und gut dasteht, zuzustimmen. Mit einem kleinen Augenzwinkern, da wir ja in China waren, zitiere ich Konfuzius: "Wenn du liebst, was du tust, wirst du nie wieder in deinem Leben arbeiten." In diesem Sinne nehmen wir die Arbeit freudig an. Stimmen Sie unserem positiven Schulhaushalt zu!

(Beifall bei der CSU)

Bevor ich Kollegen Strobl das Wort erteile, darf ich noch einmal darauf hinweisen: Nicht nur zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/3821 wurde namentliche Abstimmung beantragt – darauf habe ich schon hingewiesen –; sondern auch die beiden Abstimmungen über die Haushaltspläne sollen in namentlicher Form stattfinden. - Nächster Redner für die SPD-Fraktion ist Kollege Strobl.

Herr Präsident, liebe an der Bildungspolitik interessierte Kolleginnen und Kollegen! Den anderen wünsche ich noch einen guten Appetit. – Ich habe vorhin etwas erlebt, was eigentlich selten ist. Kollegin Sem, Sie haben das Wort "selbstkritisch" gebraucht. Das vermisse ich bei der CSU sehr oft.

(Widerspruch von der CSU)

Ich muss sagen: Frau Sem, Kompliment.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in meiner letzten Rede zum Einzelplan 05 habe ich gesagt, die Bereiche Bildung und Jugend eigneten sich nicht zum Sparen; hier müsse Geld in die Hand genommen werden; dazu sei es notwendig, dass mit einer entsprechenden Haushaltspolitik und einer gerechten Steuerpolitik

dafür gesorgt wird, dass entsprechend Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dieser Satz gilt nach wie vor.

Durch unsere, durch die Politik der SPD, hat auch der Freistaat mehr Geld bekommen – zum einen zum Beispiel durch das Verhandlungsgeschick unseres Landesvorsitzenden Florian Pronold, zum anderen zum Beispiel auch durch die Steuer-CDs, die der Herr Finanzminister nicht kaufen wollte. Er hat sich geweigert. Da der Bund den Landesanteil an den Kosten für die Gewährung von BAföG ab 2015 übernimmt, kommen uns 155,1 Millionen Euro zugute. Sie profitieren, ohne etwas beizutragen.

Ein moderner Staat braucht ein innovatives und gut ausgestattetes Bildungssystem. Bildung unterliegt einem dauernden Wandel, und zwar von den Inhalten her, pädagogisch und organisatorisch. Die Herausforderungen in unseren Schulen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Der demografische Faktor spielt auch hier eine große Rolle. Wir wissen doch, dass es Regionen gibt, die Menschen, Schülerinnen und Schüler verlieren, und Regionen, wohin Menschen ziehen, wo Kinder dazukommen. Es kommen Flüchtlinge; die Kinder beherrschen die deutsche Sprache nicht und hatten traumatische Erlebnisse. – An dieser Stelle möchte ich ein herzliches Danke von mir und meiner Fraktion an die Menschen draußen im Lande sagen, welche sich jetzt wirklich um die hilfsbedürftigen Menschen kümmern, ihnen helfen, ihnen beistehen. Das war leider nicht immer so ausgeprägt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker müssen alles unterlassen, was dazu beitragen würde, das sich das zum Negativen ändern würde.

Erlauben Sie mir deshalb ein paar Worte zur Sprache. Es gibt Gott sei Dank in Bayern viele Menschen, die viele Sprachen sprechen oder auch ihre Mundart. Momentan gibt es eine große Diskussion darüber, welche Sprache in Zukunft in der Familie zu sprechen ist. Im Leitantragsentwurf für den CSU-Parteitag am Wochenende heißt es: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen". – Ich gebe der CDU nicht gerne recht. Aber wenn sogar der CDUGeneralsekretär Peter Tauber twittert, "Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause lateinisch, klingonisch oder hessisch rede", dann muss ich sagen: Dieser Mensch hat recht. Ich persönlich würde es mir auch verbitten, wenn ich zu Hause mit meiner Frau nicht mehr oberpfälzisch reden dürfte.

(Josef Zellmeier (CSU): Das ist doch Deutsch! Gutes Deutsch!)

- Ja, aber manche verstehen es nicht. Welche Sprache darf dann im Landtag gesprochen werden? Ist Schwäbisch, Fränkisch oder Oberpfälzisch dann noch erlaubt? Die Weihnachtsgeschichte von Ludwig Thoma, die "Heilige Nacht", wird, wenn sie im Original gelesen wird, nicht einmal von allen Bayern verstanden. Darf diese Geschichte dann nicht mehr verlesen werden, weil sie nicht überall in Deutschland verstanden würde?

(Alex Dorow (CSU): Das ist alles Deutsch!)

Was machen wir eigentlich mit Urlaubern aus fernen Ländern? Was machen wir mit den Amerikanern in Grafenwöhr und in Vilseck? Dürfen die zu Hause auch nicht mehr Englisch reden? Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie mit Ihrem abstrusen Vorschlag auch der Wirtschaft schaden?

(Zuruf von der CSU: Ist der Haushalt so gut, dass man dazu nichts sagen muss? – Prof. Dr. Ger- hard Waschler (CSU): Kein Wort zum Haushalt!)

Ich spreche zu den Inhalten der Bildungspolitik. Natürlich ist es wichtig, dass jeder Deutsch gut lernt. Nützt es denn aber nicht der Zukunft unseres Landes, wenn die Menschen, die zu uns kommen, auch ihre Heimatsprache weiter sprechen? Wir machen heute mit der ganzen Welt Geschäfte. Wir sind darauf angewiesen. Dazu brauchen wir Menschen, welche die Sprache dieser Länder sprechen, mit denen wir Geschäfte machen wollen.

(Karl Freller (CSU): Thema verfehlt!)

Diese Fragen müssen erlaubt sein. Wenn jemand eine so bescheuerte Feststellung trifft, muss die Frage erlaubt sein, ob dann die Eltern zu Hause ihren Kindern keinen Nachhilfeunterricht in Englisch oder einer anderen Sprache geben dürfen.

(Karl Freller (CSU): Das ist doch Themaverfehlung!)

Diese Fragen mögen abstrus klingen, aber wenn Sie abstruse Vorschläge machen, dann müssen solche Fragen erlaubt sein, tut mir leid. Das habe ich jetzt einfach sagen müssen, so wie heute auch ein Kollege von Ihnen gesagt hat: Das muss ich jetzt sagen.

Wir wissen, in unserem bayerischen Schulsystem gibt es durchaus Schwachstellen. Das müssen auch Sie erkennen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Sie müssten vor allem bereit sein, so wie die Kollegin vorhin sagte, Selbstkritik zu üben, über Veränderungen, über Verbesserungen nachzudenken, sie zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen und das System zu verbessern.

Ich habe gerade von Flüchtlingskindern gesprochen. Wenn in kleinen Schulen ein oder zwei Flüchtlingskinder kommen, gibt es da ausreichend Hilfe, damit sie die Sprache erlernen können? Werden traumatische Erlebnisse aufgearbeitet? Werden die anderen Kinder in der Klasse darauf vorbereitet? Gibt es ausreichend Psychologen? Der BLLV forderte vor Kurzem ein Notprogramm für die Flüchtlingskinder. Gibt es auch dafür ausgebildete Lehrer? Warum absolvieren jährlich Tausende teuer ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer die Lehrerbildung, ohne eine Anstellung zu finden, obwohl sie gebraucht würden? Es ist doch nicht so, dass sie nicht gebraucht würden. Ich höre immer wieder, dass eine Klasse sich selbst beschäftigen muss, weil kein Lehrer da ist.

Ich möchte den Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe Dank sagen, an der Spitze unserem Vorsitzenden Martin Güll, der die entsprechenden Anträge erarbeitet hat. Wir haben im Haushaltsausschuss darüber gesprochen.

Wir haben eine Reihe von Anträgen gestellt und es geschafft, die Streichung von Lehrerstellen zu verhindern. Mit unserem Antrag wollten wir die Rückholung von 773 Stellen aus der demografischen Rendite und Qualitätsverbesserungen mit weiteren Stellen an allen Schularten. Es ging auch darum, dass jungen Lehrerinnen und Lehrern ein Anstellungsangebot gemacht wird. Das ist alles abgelehnt worden. Wir wollten eine Entlastung der Kommunen durch ein Sonderinvestitionsprogramm "Ganztag und Pädagogik". Nur 5,9 % der Schülerinnen und Schüler können in Bayern eine pädagogisch qualifizierte, gebundene Ganztagsklasse besuchen. Wir wollten die Fortbildungsbedarfe, zum Beispiel im Bereich der Inklusion, decken und die Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen fördern.

Das ist nur ein kleiner Querschnitt dessen, wo es überall fehlt. Wir wollten die Jugendkunstschulen stärken. Wir setzen uns für Zuschüsse für Medienkompetenzprojekte ein, weil wir der Meinung sind, dass zur Bildung alles gehört, was der Mensch im Leben braucht. Das ist eben nicht nur Mathematik.

Ich danke den Kollegen, dass wir auch einen Antrag zu Mödlareuth gestellt haben. Wir haben das Jubiläumsjahr der Grenzöffnung 1989 aufgegriffen. Wir wollten, dass das innerdeutsche Museum finanziell besser ausgestattet wird.

Jeder fünfte Erwachsene in Bayern kann nicht richtig lesen und schreiben. In Deutschland sind 17,5 % der Erwerbstätigen funktionelle Analphabeten. Das sind erschreckende Zahlen, die deutlich machen, dass es viele Menschen gibt, die dringend Förderung und Hilfe

bräuchten. Ich kann mich erinnern, dass einmal von Ihnen geplant war, alle Mittel für die Erwachsenenbildung zu streichen. Die eingeplante zusätzliche Million Euro betrifft nur das nächste Jahr 2015. Was ist denn 2016? Wir haben einen entsprechenden Antrag dazu eingebracht.

Noch einmal zurück zur dualen Ausbildung. Sie ist uns sehr wichtig. Wenn man in andere Länder kommt, zum Beispiel nach Tschechien oder wohin auch immer, stellt man fest, dass junge Menschen fehlen, die einen Beruf ergreifen können. Die berufliche Bildung ist eine wichtige Sache, zu der wir stehen. Auch im Bereich berufliche Bildung fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Unsere Wirtschaft ist auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen. Gesellschaftspolitisch ist es ein Armutszeugnis, wenn so viele Menschen durchs Raster fallen.

Der BLLV hat Ihnen, sehr geehrter Herr Staatsminister Spaenle, am 30. September eine Petition mit mehr als 17.000 Unterschriften übergeben. Der BLLV hat in dieser Petition darauf hingewiesen, dass die zu bewältigenden Herausforderungen an unseren Schulen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben; gemessen am Bruttoinlandsprodukt nähmen die Ausgaben für Bildung sogar ab, so der BLLV. Bildung – so der BLLV, und er versteht schließlich etwas davon – sei in Bayern unterfinanziert angesichts der objektiven Bedeutung von Bildung für die Stabilität und Prosperität unserer Gesellschaft und angesichts der Erwartungen von Eltern, Wirtschaft und Politik an die Schule. Der BLLV weist darauf hin, dass die Unterrichtsversorgung nicht gesichert ist. Die mobile Reserve – Sie wissen ja, was draußen an den Schulen passiert – ist unzureichend ausgestattet und die Personaldecke zu gering.

In Bayern, ich habe es schon angedeutet, verlassen jährlich Tausende teuer ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer die zweite Phase der Lehrerausbildung, die keine Anstellung finden. Die Folge ist eine hohe Lehrerarbeitslosigkeit bei gleichzeitiger personeller Unterversorgung der bayerischen Schulen. Lehrer, die daraufhin etwas anderes gesucht und gefunden haben, sind für unsere Kinder verloren, sie kommen nicht mehr zurück an die Schule und fehlen für unsere Kinder. Die Daseinsvorsorge in Form der bestmöglichen Bildung unserer Kinder muss ein hohes Ziel sein. Gute Bildungspolitik wird viel Geld kosten. Die Zukunft unserer Kinder sollte und muss uns das aber wert sein. Das wollte ich Ihnen sagen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER spricht nun Herr Kollege Felbinger. – Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Staatssekretäre! Es ist schön, dass Sie pünktlich zu unserer heutigen Aussprache gekommen sind, wenn schon drei Viertel der CSU-Fraktion es gar nicht für nötig halten, sich an der Debatte zum Thema Bildung zu beteiligen.

(Unruhe bei der CSU)

Ich muss sagen, das wird dem Schwerpunkt Bildung eigentlich nicht gerecht. In den Einzelplänen 05 und 15 sind 17,8 Milliarden Euro eingestellt. Dabei handelt es sich immerhin um ein Drittel des gesamten Doppelhaushalts. Das hätte schon etwas mehr Aufmerksamkeit verdient, wenn Sie schon immer sagen, Bildung sei Ihre oberste Priorität und sei Ihnen viel Geld wert.

(Josef Zellmeier (CSU): Ist es auch! – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Deshalb stellen wir es ja im Haushalt ein, weil es uns das wert ist! Deswegen steht das drin!)

Meine Damen und Herren, wie sehr Ihnen Bildung am Herzen liegt, wie sehr Bildung im bayerischen Staatshaushalt abgebildet ist und wie viel Luft oder Potenzial es noch nach oben gibt, will ich Ihnen an ein paar Zahlen deutlich machen. Das Bruttoinlandsprodukt in Bayern ist für das Jahr 2013 auf 488 Milliarden Euro veranschlagt. In einer OECD-Studie wurde einmal gesagt, 10 % des Bruttoinlandprodukts sollten für Bildung aufgewendet werden. Wir liegen hier in Bayern bei mageren 3,65 %. Das zeigt mir doch: In Bayern wird nach wie vor an Bildung gespart.

(Zuruf von der CSU: Ah geh!)

Das kann ich Ihnen nachher noch an vielen Beispielen deutlich machen. – Deswegen ist es umso wichtiger, dass sich die Staatsregierung eindeutige Ziele setzt. Noch wichtiger ist es aber, diese eindeutigen Ziele auch finanziell zu hinterlegen. Die Zielsetzungen für den Bereich Bildung hat der Herr Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung eigentlich vorgegeben: keine neuen Schulreformen, die Grundschulbestandsgarantie und die Ganztagsgarantie. Die letzten beiden Garantien sind auf jeden Fall haushaltsrelevant.

Die erste Garantie ist inzwischen schon fast Schall und Rauch. Mit Blick auf die Reform am Gymnasium muss man sagen, dass das eher ein Wunschtraum als eine Reform ist. Solange sich hier kein Umdenken

seitens der Staatsregierung ergibt und die Gymnasien pädagogisch geknebelt und gefesselt werden,

(Karl Freller (CSU): Das gibt´s doch nicht! )

ist das sicherlich eine verfehlte Reform.

Meine Damen und Herren, kommen wir zur Grundschulgarantie. Hier fordern wir FREIE WÄHLER pädagogische und passgenaue Konzepte für Klein- und Kleinstschulen. Wie wir alle wissen, sind circa 300 Schulen sogenannte Außenstellen, die nicht in dieser schönen Bestandsgarantie, die der Ministerpräsident ausgegeben hat, enthalten sind. Die Garantie gilt nur für rechtlich selbstständige Grundschulen. Darum machen wir uns natürlich Sorgen. So ist es dem Ministerium oder den übergeordneten Behörden jederzeit möglich, diese Schulen ohne eine große Anhörung von Bürgern, Kommunen und Politik dichtzumachen. Das, meine Damen und Herren von der CSU, ist auch Ihr Ziel: Die Grundschulen weiter zu schwächen.

(Karl Freller (CSU): So ein Blödsinn! – Zuruf von der CSU: Wir erhalten ja die Grundschulen! – Weitere Zurufe von der CSU: Quatsch!)

Ein eindeutiges Bekenntnis zum Erhalt aller Grundschulstandorte wäre an dieser Stelle richtig.