Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen allen einen schönen guten Morgen und uns einen guten Arbeitstag und eröffne die 38. Vollversammlung des Bayerischen Landtags in dieser Legislaturperiode. Presse, Funk und Fernsehen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie wurde wie immer vorab erteilt.

Ich darf Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst bitten, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 16. Februar verstarb im Alter von 89 Jahren Wilhelm Baumann. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1978 bis 1990 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Schweinfurt-Nord. Im Parlament war er im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes, im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen sowie im Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen vertreten. Zudem engagierte er sich über viele Jahre im Landessportbeirat.

Wilhelm Baumann hat sein politisches Wirken und seinen ehrenamtlichen Einsatz ganz in den Dienst seiner Heimat gestellt. Er nahm das Engagement für die Gemeinschaft sein Leben lang ernst. Dabei war er in zahlreichen Vereinen und Verbänden nicht nur aktiv, sondern auch in verantwortlicher Position tätig und engagierte sich für viele soziale Projekte. Vor allem lag dem früheren Oberligaspieler der Sport am Herzen. So brachte er sich für den Landessportverband, besonders aber auch für seinen Heimatverein FC Schweinfurt ein.

Für sein umfangreiches Engagement wurde Wilhelm Baumann vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Verfassungsmedaille in Silber, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Verdienstkreuz erster Klasse. - Ich danke Ihnen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einem Kollegen sehr herzlich zum Geburtstag gratulieren. Verehrter Kollege Markus Blume, Sie feierten am 14. Februar. Alles Gute, herzlichen Glückwunsch und alle guten Wünsche, vor allen Dingen für Ihre Gesundheit, und auf eine weitere gute Zusammenarbeit hier im Hohen Haus!

(Allgemeiner Beifall)

Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns in der letzten Plenarsitzung von Herrn Ludwig verabschiedet. Heute dürfen wir das erste Mal in der Verantwortung für den Ablauf des Plenartages Frau Schindler unter uns begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen.

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Ihnen ist dieses Hohe Haus nicht fremd; Sie kennen es schon aus vergangener Zeit und in anderer Verantwortung. Glück auf und auf eine gute Zusammenarbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Urlaubsland Bayern - Chancen für den Tourismusstandort"

Hier darf ich für die CSU-Fraktion als erstem Redner Herrn Kollegen Stöttner das Wort erteilen. Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Hören wir alle Herrn Kollegen Stöttner und den weiteren Rednern und Rednerinnen zu. Bitte schön, Herr Kollege.

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. - Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich danke der CSU-Fraktion, dass sie das Thema "Urlaubsland Bayern" in den Mittelpunkt der heutigen Aktuellen Stunde gestellt hat. Ich danke auch der Frau Ministerin Ilse Aigner, dem DEHOGA und dem Heilbäderverband dafür, dass sie in der letzten Woche deutlich gemacht haben, welchen Stellenwert der Tourismus in Bayern hat.

Wir sprechen alle von "Leitökonomie", und keiner weiß genau, in welcher Größenordnung wir uns befinden. Was hat die Lufthansa Group weltweit mit dem bayerischen Tourismus zu tun?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Dass sie eine Billiglinie einrichtet!)

Lufthansa hat einen Umsatz von 30 Milliarden Euro und der Bayerntourismus einen von 31 Milliarden Euro. So viel gibt der Gast in Bayern aus. Lufthansa beschäftigt 120.000 Mitarbeiter und der Bayerntourismus fast das Dreifache, 360.000 direkt Beschäftigte.

(Dr. Paul Wengert (SPD): 560.000 insgesamt!)

Dabei ist der Unterschied, dass diese Beschäftigten in Bayern arbeiten und leben und die Arbeitsplätze nicht ins Ausland verlagerbar sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Bayern spielt im Premiumsegment ganz oben mit. Wenn man bedenkt, dass das bayerische Gastgewerbe einen Umsatz von knapp 14 Milliarden Euro erwirtschaftet, was dem Umsatz

des DAX-Unternehmens Adidas entspricht, wird deutlich, welche Bedeutung der Bayerntourismus bei uns hat. Unsere bayerische Wirtschaftsministerin hat letzte Woche eine wirklich erfolgreiche Pressekonferenz abgehalten. Mehr als 32 Millionen Gäste – ein Plus von 2,7 % – besuchten den Freistaat Bayern. Jährlich übernachten 85 Millionen Menschen in Bayern. Das heißt, jeder Bundesbürger übernachtet jährlich eine Nacht in Bayern. Jeder Bayer lässt jährlich sieben Freunde bei sich übernachten.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Was? Saustark!)

- Vielleicht nicht in Niederbayern, Herr Kollege Aiwanger. – Damit gehört Bayern zu den Ganzjahresdestinationen und ist die Nummer eins in Europa. Wir können nicht nur Sommer, sondern wir können auch Winter.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die fünfte Jahreszeit auch!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Besonders erfreulich ist, dass alle vier Tourismusregionen, Franken, Ostbayern, Allgäu – Bayrisch-Schwaben – und Oberbayern, sich sehr gut entwickelt haben und dass sich der Tourismus wieder einmal als Konjunkturmotor für Städte und ländliche Räume gleichermaßen erwiesen hat. Der oft geäußerte Verdacht, dass die ländlichen Räume keinen Zuwachs haben, stimmt nur punktuell. Die diesbezüglichen Pressemitteilungen entsprechen also weitgehend nicht der Wirklichkeit. Dort, wo dies zutrifft, ist die Entwicklung oft hausgemacht.

Tourismus ist eine Leitökonomie. Sie ist identitätsstiftend. "Mia san mia" oder "Dahoam is dahoam" hat zentrale Bedeutung als Arbeits- und Wirtschaftsfaktor, besonders für den ländlichen Raum, der von der demografischen Entwicklung stärker betroffen ist.

Erwin Huber monierte in seiner Zeit als Wirtschaftsminister und somit als Tourismusminister, dass unsere Betriebe den Charme der Siebzigerjahre hätten. Dies hat die Branche erschüttert, aber er hatte nicht unrecht. – Erwin Huber hat oft recht. – Trotz eines enormen Investitionsstaus fuhr das Bayern-Tourismusschiff zwar früher immer ganz nach vorn, aber mit Eiche rustikal ist leider kein Blumentopf mehr zu gewinnen.

Betriebliche und kommunale Investitionen auf der touristischen Angebotsseite, gestützt von klugen politischen Entscheidungen und Rahmenbedingungen wie dem 100-Millionen-Darlehensprogramm für den Tourismus, dem Mittelstandskreditprogramm, der Reduzierung der Mehrwertsteuer für die Hotellerie und

auch dem Bergbahnförderprogramm sind die wesentlichen Schlüssel zum Erfolg und zu einer Entwicklung hin zu einer modernen, zeitgemäßen Destination.

Die Bayerische Staatsregierung unterstützt Betriebe und Kommunen unter anderem durch gewerbliche Investitionsprogramme, aber man muss deutlich machen:

(Reinhold Strobl (SPD): Es gibt noch viel zu tun!)

Wie in der freien Marktwirtschaft üblich, gilt auch hier das Grundprinzip, dass Qualität und Wettbewerb den Markt bestimmen.

Wir werden uns in der Tourismuspolitik dem Strukturwandel in den ländlichen Räumen stärker widmen müssen. Die Kompetenz für den Bayerntourismus liegt beim Freistaat Bayern und seinen Landesteilen Franken, Schwaben und Altbayern. Die Tourismusmarke Bayern und die Angebotsentwicklung vor Ort sind das zentrale Monument. Wir müssen weg vom Kirchturmdenken und hin zu schlagkräftigen Destinationen mit einem geschlossenen Auftreten. Insoweit müssen die Landkreise noch eine große strukturpolitische Aufgabe bewältigen. Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie diesbezüglich einen Workshop angestoßen haben, der die Idealstrukturen in Bayern diskutiert und im Sommer präsentieren wird. Auch die geniale Vernetzung der Ministerien ist zu nennen, die unter Ihrer Hand einen neuen Stellenwert bekommen hat. Im Hinblick auf den Urlaub auf dem Bauernhof, auf Radwege, auf die Infrastruktur sind das Innenministerium, das Umweltministerium, das Finanzministerium und die Schlösser- und Seenverwaltung gut vernetzt. Das ist Ihr Verdienst. Vielen Dank, Frau Ministerin.

(Beifall bei der CSU)

Im Hinblick auf die Ergebnisse der Tourismuspolitik möchte ich aber auch die Wohlfahrtswirkung des Tourismus für die eigene Bevölkerung hervorheben. Ein besserer ÖPNV, bessere Kulturangebote und eine bessere Gesundheitsversorgung in Kurorten dienen auch unserer eigenen Bevölkerung.

Meine Damen und Herren: Der durchschnittliche Tourist hat das Bedürfnis, dorthin zu fahren, wo keine Touristen sind. Dies zwingt zu einem Spagat, der ganz sicherlich eine große Herausforderung darstellt.

Wir werden in der Zukunft zwei wichtige Dinge anpacken. Erstens. Das Anbindungsgebot für die Tourismusprojekte hat Erwin Huber bereits in seiner Zeit als Ausschussvorsitzender auf den Weg gebracht. Richtigerweise wird die Architektur im ländlichen Raum einen neuen Stellenwert bekommen; denn die archi

tektonische Qualität hat für die Touristen einen immer größeren Stellenwert. Daher hat das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Architektenkammer schon in der Vergangenheit den Architekturpreis "artouro" ins Leben gerufen und somit deutschlandweit einmalig einen Preis zur Wertschätzung der Weitsicht in der Architektur geschaffen.

Ein zweiter Punkt ist wichtig: Wir werden in Zukunft den Jugendtourismus stärker in den Mittelpunkt rücken. Ich bin dem Haushaltsausschuss und dem Finanzminister sehr dankbar, dass im Haushaltsplan des Wirtschaftsministeriums für den Marketingbereich jetzt statt 8 Millionen Euro 11 Millionen Euro eingestellt werden konnten, um die Bereiche Barrierefreiheit, Digitalisierung und Jugendtourismus stärker zu unterstützen.

Wir leben von einer intakten Umwelt, und 40 % der Wertschöpfung kommen in Bayern aus dem Wintertourismus.

(Erwin Huber (CSU): Sudelfeld!)

Der Wintertourismus hat einen besonderen Stellenwert. Mit einer Wertschöpfung von 12 Milliarden Euro wird die Größenordnung des Umsatzes von Adidas erreicht. Ich denke, dass der Alpenplan, der einen Teil des Landesentwicklungsprogramms darstellt, ganz deutlich macht, dass Wirtschaftszonen in den Bergen zu schützen und zu bewahren sind, dass aber auch Wirtschaftsberge weiterzuentwickeln sind. Darin besteht die Herausforderung der Zukunft.

(Zurufe von den FREIEN WÄHLERN und von den GRÜNEN: Wirtschaftsberge?)

Meine Damen und Herren, der Tourismus lebt vom unstillbaren Drang des Menschen,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jetzt wird er poetisch!)

für teures Geld ins Ausland zu fahren und immer bestätigt zu bekommen, dass es nirgends so schön ist wie zu Hause. – Diesem Spruch von Alexander Herzen möchte ich beipflichten. Schöner ist es nur in Bayern, und deswegen blei ma dahoam.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Man kann noch anfügen: Blei ma daheem. – Für die SPD-Fraktion darf ich jetzt Frau Kollegin Fehlner das Wort erteilen.

(Unruhe)