Wir haben beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt ein Highlight, eine Sternstunde dieses Parlaments erlebt. Warum können wir nicht eine weitere Sternstunde folgen lassen? – Bitte geben Sie sich einen Ruck und denken Sie an das "C", das Sie in Ihrem Parteinamen tragen.
Vielen Dank, Kollege Streibl. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir müssen allerdings noch eine Minute warten, bis wir zur namentlichen Abstimmung kommen können.
- Nein, mit dem nächsten Punkt fangen wir jetzt nicht an, sondern ich gebe außerhalb der Tagesordnung gemäß § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag die folgenden Ausschussumbesetzungen bekannt: Die CSU-Fraktion hat mitgeteilt, dass die Abgeordneten Rüth und Ländner ihre Ausschusssitze getauscht haben. Anstelle des Kollegen Berthold Rüth wird Herr Kollege Manfred Ländner neues Mitglied im Ausschuss für Bildung und Kultus. An dessen Stelle wird Herr Kollege Rüth neues Mit
Außerdem wurden von der Fraktion der FREIEN WÄHLER folgende Ausschussumbesetzungen mitgeteilt: Herr Kollege Dr. Hans Jürgen Fahn wird anstelle der Kollegin Eva Gottstein neues Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration. Anstelle des Kollegen Dr. Fahn wird Herr Kollege Professor Dr. Michael Piazolo neues Mitglied im Ausschuss für Bildung und Kultus. Ich bitte um die entsprechende Kenntnisnahme.
Ich komme zurück zu Tagesordnungspunkt 11. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/3194. Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über diesen Antrag. Die Verwaltung signalisiert mir, dass wir abstimmen können. Ich eröffne die Abstimmung. Sie haben fünf Minuten, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Ich bitte darum, das Ergebnis draußen zu ermitteln. Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen. Wir fahren in der Tagesordnung fort.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Horst Arnold, Florian von Brunn u. a. und Fraktion (SPD) Erneute Milchmarktkrise verhindern - Stärkung der bäuerlichen Milcherzeuger (Drs. 17/4181)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Leopold Herz u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Milchmarktkrise ernst nehmen - wirksame Kriseninstrumente installieren (Drs. 17/4194)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Angelika Schorer, Gudrun BrendelFischer u. a. und Fraktion (CSU) Wirksames Sicherheitsnetz am Milchmarkt etablieren (Drs. 17/4195)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärk
sten Fraktion: CSU 8 Minuten, SPD 6 Minuten, FREIE WÄHLER 5 Minuten, GRÜNE 5 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung beträgt somit 8 Minuten. Der erste Redner ist Herr Kollege Arnold.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum hat die SPD dieses Thema in den Landtag geholt? – Die Preisstürze für Milch und Milchprodukte im vergangenen Jahr sind gravierend und bedrohen die Existenz unserer bäuerlichen Milchviehhalter in Bayern. Die Butterpreise sind im Euro-Raum innerhalb eines Jahres um 30 % gefallen. Magermilchpulver und Vollmilchpulver büßten über 40 % ein. Hinzu kommt, dass in gut einem Monat ab dem 1. April die Milchquote ausläuft und infolgedessen eine Steigerung der Milchproduktion zu erwarten ist. Wie Sie hoffentlich alle wissen, ist am Milchmarkt preislich eine Erholung eingetreten. Es sieht jedoch nicht so aus, als würde sich dies für alle Zeiten bestätigen. Nicht ohne guten Grund spricht man von einem volatilen Markt. Durch die völlige Liberalisierung des Milchmarktes besteht die Gefahr, dass die Produktion der Milch in die Gunstlage der Maissilage-Milch abwandert. Viele Grünlandregionen werden zunehmend Probleme bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde über den Tourismus in Bayern wäre schnell vorbei, wenn es im Voralpenland kein Grünland mehr gäbe. Bayern ist auch und vor allem im Agrarbereich ein Exportland. Bayern produziert sehr hochwertige Milchprodukte. In Bayern wird dreimal so viel Käse produziert, wie im Land verbraucht wird. Aus diesem Grund sind wir darauf angewiesen, unsere Spezialitäten auf lukrativen Märkten abzusetzen. Hierzu braucht es Anstrengungen. Diesen Weg müssen wir aktiv und im Hinblick auf die internationalen Verhandlungen verantwortungsvoll weitergehen.
Nicht nur das wirtschaftliche und soziale Wohl der Bauernfamilien hängt von einem guten Milchabsatz ab, auch die Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich bedeuten Wertschöpfung im ländlichen Raum. Allein in der Milchwirtschaft gibt es 14.000 Arbeitsplätze. Jeder siebte Arbeitsplatz in Bayern ist von der Landwirtschaft abhängig oder hat mit dieser zu tun. Das unterstreicht die Wichtigkeit der verschiedenen Maßnahmen in unseren Anträgen. Bei der Milchwirtschaft handelt es sich nicht um ein operettenhaftes Randprodukt oder ein Segment, in dem sich nur Fachleute aufhalten. Davon hängen vielmehr das wirtschaftliche Wohl, das Ansehen und das Wohlergehen unseres Landes ab. Solidarität mit den Milcherzeugern ist zugleich auch Solidarität mit all denen, die in diesem Bereich erwerbstätig sind.
Mit unserem Antrag fordern wir, die Bündelung der Milcherzeuger weiter zu unterstützen. Dabei geht es um Marktmacht. Eine Verhandlung mit dem Lebensmitteleinzelhandel soll auf Augenhöhe oder zumindest auf Höhe der Kinnlade möglich werden.
Trotzdem sagen Sie, in Bayern sei alles in Ordnung, man müsse auf europäischer Ebene handeln. Bei unserem Fachgespräch vor zwei Wochen zum europäischen Milchmarkt wurde uns von den Praktikern der Genossenschaften anderes dargelegt und offenbart. Manche Genossenschaften fühlen sich durch Verwaltungshandeln kujoniert. Es wird beklagt, dass durch übertriebene Auflagen Zulassungen entzogen werden könnten. Ich verweise auf die Milcherzeugergemeinschaft Kempten. Das sind Dinge, die wir vor Ort erledigen können. Offensichtlich steht der Verwaltungsamtsschimmel stärker im Vordergrund als das Voranbringen der Bündelung. Wir sind uns alle darüber einig, dass für die Bündelung auf bayerischer und europäischer Ebene erheblicher Korrektur- und Intensivierungsbedarf besteht. Daran müssen wir gemeinsam weiter arbeiten. In diesem Sinne sind auch die beiden anderen Anträge zu werten.
Ein weiterer Punkt unseres Antrags sieht die Möglichkeit einer den Produktionskosten angepassten und kurzfristigen Intervention im Falle eines eklatanten Preisverfalls vor. Darüber besteht in diesem Hause weitgehend Einigkeit. Der dritte Punkt ist jedoch entscheidend. Wenn wir uns über Krisen unterhalten, sollten wir das offen ansprechen und nicht mit einem romantischen Anstrich versehen. Wir wollen, dass ein Kriseninstrument, basierend auf Einsicht, möglicherweise auch auf Zwang, für den Milchmarkt entwickelt wird, welches im Falle einer drohenden Marktkrise das Angebot der tatsächlichen Nachfrage anpasst. Diesen Punkt können und wollen Sie in der CSU nach wie vor nicht unterstützen. Das bedauere ich sehr. Sonntagsreden und politisches Handeln befinden sich hier nicht in Einklang.
Wir brauchen für diese gesellschaftliche Herausforderung in der neuen Dekade der Milcherzeugung, die nicht nur unseren Bäuerinnen und Bauern, sondern auch vielen anderen Angst macht, Antworten und Lösungen. Hier darf es keine Denkverbote geben. Außerdem sollen keine Schlagworte wie Sozialismus oder Marktfreiheit fallen. Wir müssen konstruktiv arbeiten. Selbstverständlich sollte man über eine freiwillige Mengenreduktion in der Erzeugung nachdenken, die zumindest teilweise aus einem Fonds entschädigt werden könnte. Wenn im schlimmsten Fall alle Stricke
reißen und die kurzfristige Intervention am Milchmarkt versagt, brauchen wir neue Instrumente. Niemandem von uns ist geholfen, wenn in diesem Zusammenhang die Bauern wieder Milch ausschütten und die Krise ausrufen.
Wie die Angleichung von Angebot und Nachfrage bei extremen Krisen konkret auszusehen hat, kann von uns noch niemand sagen. Dies kann verpflichtend oder freiwillig, branchen- oder steuerfinanziert geschehen. Darüber müssen wir diskutieren. Zumindest in dieser Hinsicht besteht bei den Anträgen Gleichmut. Deswegen werden wir allen drei Anträgen zustimmen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen, weil es um Wahrheit und Klarheit geht.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst habe ich eine Anmerkung an die Regie zu richten. Ich finde es nicht angemessen, dass ein so wichtiges Thema am Ende der Sitzung stattfindet. Ich hielte einen anderen Zeitpunkt für angemessener. Das sage ich nur nebenbei; aber es ist nicht unwichtig.
Jetzt komme ich zum Thema EU-Milchmarktordnung. Wir alle wissen, dass sie in wenigen Wochen ausläuft. Das bedeutet einen Einschnitt in der Geschichte Europas. Wir hatten ja früher einige Milchviehbetriebe mehr. Jetzt sind es noch 34.000 in Bayern. Die Prognose fällt nicht schwer, dass wir im Jahr 2020 vielleicht nur noch 20.000 haben. Das ist zwar Spekulation, aber man kann es an den Entwicklungen ablesen. Momentan stellt sich die Entwicklung auf dem Weltmarkt so dar, dass wir in Europa nur noch etwa ein Drittel der Milch produzieren. Wir hatten einmal einen Anteil von weit über 40 %. Das zeigt, dass wir verdrängt werden. Wir müssen zum Beispiel mit Chile konkurrieren, obwohl das kein so großer Milchproduzent ist. Dort stehen die Helfer in den Melkständen und arbeiten Tag und Nacht für zwei Euro pro Stunde. Wir müssen damit konkurrieren. Vor diesem Hintergrund müssen wir natürlich Sicherheitsmaßnahmen einführen. Aktuell ist die Situation so: Der Kieler Rohstoffwert, der die Milchpreise anzeigt, liegt für den Monat Januar – für Februar ist er noch nicht abschließend berechnet – bei 25,2 Cent bei einem Fettgehalt von 4 % und einem Eiweißanteil von 3,4 %. Das sind Nettobeträge. Dennoch zeigen sie, dass wir hier nicht wettbewerbsfähig sind und nicht wirtschaftlich rechnen können.
Ich komme zu den Anträgen. Ich bin positiv überrascht. Ich glaube, in der SPD gibt es nicht viele praktizierende Milchbauern. Aber dem SPD-Antrag ist zuzustimmen. Er lässt einen Blick nach vorne erkennen. Zunächst einmal ist die Bündelung berücksichtigt, die ganz wichtig ist. Wenn Interventionspreise gefordert werden, sind diese konkret benannt. Ihre Höhe ist an den Produktionskosten orientiert. Es sind Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen für den Fall, dass es besonders nach dem 01.04.2015 nicht so gut läuft. Damit muss man nicht rechnen, und das ist kein Herunterreden der Milchpreise, aber das könnte passieren. Für diesen Fall brauchen wir Sicherheitsmechanismen.
Jetzt komme ich zu unserem Antrag. Wir sind froh, in Bayern die große Runde der Milcherzeuger zu haben. Ich glaube, Helmut Brunner war für deren Einberufung zuständig. Das ist sehr gut. Wir sollten aber zu einem Konsens kommen. Das ist überfällig. Wir FREIEN WÄHLER haben uns ja bei diesem Antrag etwas gedacht. Ich habe argumentiert, und wir waren uns ziemlich einig: Wir müssen einen Antrag stellen, der von der Mehrheitsfraktion nicht abgelehnt wird; denn jetzt ist es fünf vor zwölf, und deswegen brauchen wir den Konsens über alle Gruppen hinweg. Ich war nicht überrascht, dass man im Ausschuss das Haar in der Suppe gefunden und argumentiert hat, man könne diesem Antrag nicht zustimmen: es sei nicht möglich, dass der Staat eine solche Koordinierungsstelle übernehme.
Ich bin einigermaßen überrascht und behaupte nach wie vor: Wenn der Staat keine Bündelung seiner Aufgaben vornimmt, wird es nicht funktionieren. Das hat nicht nur mit bäuerlicher Mentalität zu tun, sondern auch damit, dass wir momentan gewisse Entwicklungen haben. Wir haben es neulich beim Milchgespräch in Augsburg von anderer Stelle hören dürfen. Momentan haben wir die bedenkliche Entwicklung, dass bestehende Milcherzeugergemeinschaften, die unter den Oberbegriff Bündelung fallen, auseinanderbrechen und wir mehrere kleine Organisationen bekommen. Das ist genau die Entwicklung, die wir nicht wollen. Wer sonst außer dem Staat sollte es in die Hand nehmen, mehr Bündelung zu erreichen, damit wir auf Augenhöhe mit den Produzenten und mit dem Lebensmitteleinzelhandel Milch verkaufen können?
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD – Zuruf der Abgeordneten An- gelika Schorer (CSU))
Abschließend komme ich zum Antrag der CSU. Ich habe es schon erwähnt: Auf den ersten Blick könnte man zustimmen. Aber, liebe Kollegen von der CSU, Sie betonen immer, wie sehr Sie hinter den Bauern stehen. Es gibt keine konkrete Angabe, wie Sie die In
tervention in Krisenzeiten berechnen wollen. Es steht drin, eine angemessene Anpassung soll erfolgen. Das klingt für mich nach "Wischiwaschi". Zudem fehlt der große Punkt der Bündelung, gerade bei Ihnen, die Sie immer sagen, wir kennen uns aus, wir stehen zu den Bauern usw. Das ist schön und gut und recht. Aber der entscheidende Faktor Bündelung fehlt hier. Da muss ich den Kollegen von der SPD danken. Wir haben das Wort Bündelung bereits in einem früheren Antrag gebracht.
Herr Präsident, ich bin bereits am Ende meiner Ausführungen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
Danke sehr. Das war jetzt nicht erkennbar. Der Redefluss war noch so aktiv. Da habe ich lieber einmal auf die Uhr geschaut. Vielen Dank, Kollege Dr. Herz. – Für die CSU-Fraktion hatte sich Kollege Schöffel gemeldet. – Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat so, dass unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern im letzten Jahr einen gravierenden Preisrückgang bei ihren Erzeugerpreisen hinzunehmen hatten. Ein Berufskollege hat mir am Wochenende erklärt, dass er im Vergleich zu vor einem Jahr zehn Cent weniger pro Liter bekomme. Aber wir können deutlich darauf hinweisen, dass wir in Bayern immer noch wesentlich bessere Auszahlungspreise für Milch haben als im Norden der Bundesrepublik.
Wir können darauf hinweisen, dass wir bei den Verkaufspreisen für Magermilchpulver und für Butter eine Stabilisierung erkennen. Das Schlechteste, was wir heute machen könnten, wäre, die Vertragsverhandlungen zwischen den Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel mit absoluten Negativszenarien zu belasten. Herr Kollege Arnold, Sie haben darauf hingewiesen: Wir wissen nicht, wie es letzten Endes weitergeht. Wir wissen auch, dass die Milchauszahlungspreise an die Bauern den Vertragsverhandlungen noch nachlaufen.
- Mit Schönreden hat das nichts zu tun. - Aber wir können diese Vertragsverhandlungen nur dann unterstützen, wenn wir die Situation im Bayerischen Landtag nicht schlimmer darstellen, als sie tatsächlich ist, und damit die Verhandlungen und die Marktmacht der Molkereien unterstützen. Wir haben im letzten Jahr weltweit Produktionsausweitungen gesehen: in der EU plus 4,5 %, in den USA plus 2,4 %, in Brasilien, in Neuseeland plus 8,4 %. Gleichzeitig gab es eine Kaufzurückhaltung in China und das Russlandembargo. Die Marktentwicklung hat mit dem Quotenende nichts zu tun, führt aber zu enormen Preisschwankungen, mit denen die Bauern allerdings umgehen können. Die gebremste Anlieferungsmenge zeigt, dass es entsprechende Anpassungsmöglichkeiten gibt.