Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir beziehen uns auf Erfahrungen und auf das Fachgespräch. - Ich bin jetzt fertig; ich habe noch fünf Sekunden. – Die Experten haben die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes fast einhellig angezweifelt. Das muss ich akzeptieren.

Zum Schluss möchte ich wie mein Kollege Günther Felbinger Montesquieu zitieren – manchmal sind Wiederholungen ganz gut -, der sagt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fahn. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Kollege Mistol, bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lotte, Sie haben schon darauf hingewiesen: Nach der Verfassung hat jeder Bewohner Bayerns – ich würde als GRÜNER hinzufügen: und jede Bewohnerin – Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Diese Worte und der damit verbundene Auftrag an den Landtag sind aktueller denn je, und zwar nicht nur deshalb, weil in den letzten Jahren gerade in den bayerischen Ballungsräumen die Mieten aufgrund der ungebremsten Nachfrage im wahrsten Sinne des Wortes durch die Decke gehen, sondern auch, weil einzelne Vermieter und Vermieterinnen – die Betonung liegt auf "einzelne" – die Wohnraumknappheit und so die Wohnungssituation von Menschen auf das Schamloseste ausnutzen. Die erwähnten Fälle von Mietwucher – das betrifft nicht nur Kirchtrudering, sondern es gibt auch andere Fälle –, die Fälle von Überbelegung, von Verwahrlosung und Vernachlässigung von Wohnraum sind tatsächlich nicht nur ein Münchner Problem, sondern sind symptomatisch für alle bayerischen Städte mit angespannter Wohnraumsituation.

Herr Kollege Unterländer, nur vier bis fünf Fälle sind es sicher nicht; diese würden mir allein schon in meiner Heimatstadt Regensburg einfallen.

(Joachim Unterländer (CSU): Im Bereich des damaligen Gesetzes!)

Kolleginnen und Kollegen der CSU, wir sollten uns nicht nur mit den Symptomen beschäftigen, sondern das Problem an der Wurzel packen. Wenn wir von Wohnungsaufsicht, von Zweckentfremdung und vom

Umgang mit verwahrlosten Immobilien sprechen, ist festzustellen, dass sich solche Eingriffe erübrigen oder zumindest beschränken würden, wenn ein in Ansätzen ausgeglichener Wohnungsmarkt bestünde. Das ist leider nicht der Fall. Das ist nicht mit Kürzungen beim öffentlich geförderten Wohnungsbau machbar.

Herr Kollege Unterländer, Sie haben zwar gesagt, dass Sie das auch haben wollten. Aber dann gilt es, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln, und zwar richtig. Das wäre das Gebot der Stunde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Verschärfung auf dem bayerischen Wohnungsmarkt hat in den vergangenen Jahren massiv dazu beigetragen, dass man – salopp gesagt – aus nahezu dem letzten Loch den letzten Cent herauspressen kann. Davon sind vor allem Zuwanderer aus den osteuropäischen Staaten betroffen, die bei ohnehin geringem Lohn froh sind, ein Dach über dem Kopf zu finden.

Herr Kollege Lotte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Landtagsfraktion der GRÜNEN 2004 der Abschaffung des bayerischen Wohnungsaufsichtsgesetzes zugestimmt hat, aber nicht aus einem Deregulierungswahn heraus, sondern weil es in der Praxis kaum Wirkung entfaltet hat und letztendlich zu einem Papiertiger verkommen war. Im Rahmen der weiteren Beratungen im Ausschuss bleibt abzuwarten, inwieweit die Ausgestaltung des Gesetzentwurfs der SPD die Vollzugsmöglichkeiten tatsächlich verbessern kann. Heute ist schon oft gesagt worden, dass beim Fachgespräch im Sozialausschuss Anfang Februar die kommunalen Spitzenverbände hinsichtlich der praktischen Umsetzung erhebliche Bedenken angemeldet haben. Aber das werden wir im Ausschuss sicher noch intensiv diskutieren. Dann wird sich auch zeigen, ob in der aktuellen Situation ein neues Wohnraumaufsichtsgesetz eher ein stumpfes Schwert bleibt, ob es ein nützliches Korrektiv sein könnte oder ob es vielleicht bessere Möglichkeiten gibt, prekären Wohnverhältnissen Einhalt zu gebieten. Die Betroffenen haben es auf jeden Fall verdient, dass wir uns mit diesem Problem wirklich intensiv auseinandersetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Mistol. – Für die Staatsregierung: Herr Staatsminister Herrmann, bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte ein Bayerisches Wohnraumaufsichtsgesetz nicht für erforderlich. Bereits jetzt stehen ausreichend

öffentlich-rechtliche Befugnisse zur Verfügung, um Wohnungsmissständen zu begegnen. Insbesondere können die Gemeinden und Kreisverwaltungsbehörden nach der Bayerischen Bauordnung, nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz, nach dem Seuchen- und Infektionsschutzrecht sowie mit entsprechender Satzung, wie die Landeshauptstadt München, auch nach dem Zweckentfremdungsrecht gegen Wohnungsmissstände vorgehen. Das Wohnungsaufsichtsgesetz von 1974 ist zum 1. Januar 2005 zu Recht außer Kraft getreten. Auch nach Außerkrafttreten des Gesetzes haben Gemeinden und Landratsämter dafür gesorgt, dass Wohnungsmissstände beseitigt und Überbelegungen beendet wurden. Häufig reichten hierzu formlose Aufforderungen oder freiwillige Verpflichtungserklärungen des Vermieters. In anderen Fällen wurde gegen die Missstände mit dem Erlass von Bescheiden vorgegangen.

Zur Vermeidung von Gefahren sowie von unzumutbaren Belästigungen sind in der Bayerischen Bauordnung Mindestanforderungen für Aufenthaltsräume und Wohnungen geregelt. Danach sind beispielsweise die ausreichende Belichtung und Belüftung, der Schutz gegen Feuchtigkeit und Schädlinge sowie die Ausstattung von Wohnräumen mit einer Küche bzw. mit einer Kochnische und sanitären Anlagen klar vorgesehen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es ist aber zum Beispiel gesetzlich nicht festgelegt, wie viele Quadratmeter Raum jeder Person zur Verfügung stehen muss. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen, das deutlich macht, wie problematisch dieser Gesetzentwurf ist: Was würde beispielsweise die Landeshauptstadt München machen, wenn ein junges Paar in einer 39 Quadratmeter großen Wohnung lebt und Eltern von Zwillingen wird? Das ist auf die Dauer kein optimaler Wohnungsbestand. Aber bedeutet diese Vorschrift jetzt, dass damit automatisch die Überbelegungsregelung in Kraft tritt und die Landeshauptstadt dafür zu sorgen hat, dass eines von vier Familienmitgliedern die Wohnung verlässt, damit die durchschnittliche Belegungsquote wieder stimmt?

(Zuruf von der SPD: Haben Sie den Gesetzent- wurf gelesen?)

Entschuldigung, was soll denn die Landeshauptstadt München mit einer solchen Vorschrift anfangen? Die Familie müsste aus der Wohnung ausziehen oder die Anzahl ihrer Mitglieder reduzieren. Was soll die Landeshauptstadt damit machen? Soll sie dem Vermieter verbieten, diese Wohnung weiter an diese Familie zu vermieten? Das ist doch alles absurd. So lösen Sie die Probleme, die wir am Wohnungsmarkt zweifellos haben, nicht.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Mit der Lautstärke wird die Aussage nicht richtiger! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie in den Gesetzentwurf hineinschauen, werden Sie feststellen: Im Gesetzentwurf steht, die Gemeinden haben Wohnungssuchende bei der Beschaffung von Wohnraum zu unterstützen, soweit sie der Hilfe bedürfen. Die Gemeinden sollen jetzt also Maklerfunktionen übernehmen. Ist es jetzt Aufgabe der Gemeinden, bei der Wohnungsvermittlung zu helfen? Die Gemeinden sollen dem Hauseigentümer aufgeben, Heizöl zu bestellen, falls dies unterlassen wurde und deshalb die Heizung kalt bleibt? Die Gemeinden sollen gegenüber dem Eigentümer durchsetzen, dass die kaputte Kinderschaukel hinterm Haus repariert wird? Das alles sind typische Dinge, die sich zwischen Vermieter und Mieter abspielen. Ist es tatsächlich sinnvoll, das alles zur kommunalen Aufgabe zu erklären?

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)

Das ist einerseits eine Überforderung der Kommunen. Andererseits können Sie auch sagen, das ist – Entschuldigung! – der erste Schritt zu einem Sozialismus in Reinkultur; denn in alles, was im Moment privatrechtlich geregelt wird, soll sich die Kommune einschalten.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb überrascht es nicht, dass der Bayerische Gemeindetag den Entwurf eines Wohnraumaufsichtsgesetzes klar ablehnt. Der Städtetag steht dem Gesetzentwurf einerseits offen gegenüber, weist aber andererseits darauf hin, dass der Vollzug mit den vorhandenen Kräften kaum geleistet werden könne, sondern bei einer Inkraftsetzung wesentlich mehr Personal benötigt werde. Damit steht wieder im Raum, dass das erforderliche kommunale Personal nach dem Konnexitätsprinzip vom Freistaat bezahlt werden müsste.

Ich fasse zusammen: Dieses Wohnraumaufsichtsgesetz ist nicht erforderlich. Es widerspricht unserem Ziel nach Deregulierung. Es verursacht unnötige Bürokratie und bringt mehr Nachteile, als es den Mietern nützt. Ich glaube, wir brauchen kein Wohnraumaufsichtsgesetz, sondern wir brauchen mehr Wohnungsbau. Bauen, bauen, bauen ist angesagt. Nur damit lösen wir die Probleme.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf an den

Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Benennung eines Mitglieds für den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE)

Vonseiten der CSU-Fraktion wurde mitgeteilt, dass sie vorschlägt, anstelle der Kollegin Angelika Schorer den Kollegen Walter Taubeneder als neues ordentliches Mitglied des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas für den Rest der 10. Mandatsperiode zu benennen. Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Beschlussfassung. Wer mit der Benennung des Kollegen Taubeneder als neues ordentliches Mitglied des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und der FREIEN WÄHLER. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Ausgenommen von der Abstimmung sind die Listennummer 18, die einzeln beraten werden soll, und die Listennummer 23, die im Einvernehmen der Fraktionen abgesetzt werden soll.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe gemeinsam die Tagesordnungspunkte 5 bis 10 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bestands- und Qualitätssicherung von kleinen Grundschulen im ländlichen Raum I Modellversuche zulassen (Drs. 17/3087)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bestands- und Qualitätssicherung von kleinen Grundschulen im ländlichen Raum II Mehr Qualität für jahrgangskombinierte Klassen (Drs. 17/3088)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bestands- und Qualitätssicherung von kleinen Grundschulen im ländlichen Raum III Lehrerzuweisung optimieren (Drs. 17/3089)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bestands- und Qualitätssicherung von kleinen Grundschulen im ländlichen Raum IV Mobile Reserve aufstocken (Drs. 17/3090)

und