Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 41. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Vorgestern erreichten uns am Vormittag die ersten Nachrichten über den Absturz eines Flugzeugs der Firma Germanwings in den französischen Alpen. Schnell wurde deutlich, wie schrecklich das Ausmaß der Katastrophe war: Insgesamt starben 150 Passagiere und Besatzungsmitglieder, unter ihnen viele deutsche Staatsangehörige. Jedes einzelne Schicksal ist tragisch und macht uns fassungslos. Besonders berührt uns der Tod von 16 Schülerinnen und Schülern aus Haltern. Sie waren gemeinsam mit ihren Lehrkräften auf dem Heimweg von einer Schüleraustauschreise nach Barcelona. Ihr hoffnungsvolles Leben endete auf schreckliche Weise.

Wir sind davon überzeugt, dass alles getan wird, um dieses Unglück aufzuklären. Aber wir wissen auch, dass dies nur ein schwacher Trost in dem unermesslichen Leid ist, das die Angehörigen und Freunde getroffen hat. Unsere Gedanken und unsere Anteilnahme sind bei den Angehörigen und Freunden der Opfer, die so viel Schmerz ertragen müssen. Wir wünschen ihnen in dieser schwierigen Zeit Kraft und Menschen, die ihnen zur Seite stehen.

(Schweigeminute)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben sich zum Gedenken von Ihren Plätzen erhoben. - Ich danke Ihnen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, am 21. März feierte Herr Kollege Michael Brückner einen runden Geburtstag. Im Namen des Hohen Hauses und persönlich wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg für die parlamentarische Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Wir treten nun in die Tagesordnung ein, und ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER "Die Flughafen München GmbH darf keine Aktiengesellschaft werden!"

Sie kennen die Regeln für die Aktuelle Stunde; ich verweise insofern auf die Geschäftsordnung. – Erster Redner der antragstellenden Fraktion der FREIEN WÄHLER ist der Kollege Zierer. Herr Zierer, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Aktuellen Stunde könnte heißen: Im Lügenmeer der Staatsregierung.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Ich denke, wir haben es alle satt, uns von der Staatsregierung immer wieder neue Lügen und Halbwahrheiten auftischen zu lassen. Falsche Prognosen zur Zahl der Starts und Landungen bin ich mittlerweile gewohnt; aber wie die Staatsregierung jetzt mit der möglichen Umwandlung der Flughafen GmbH in eine Aktiengesellschaft umgeht, schlägt dem Fass den Boden aus. Dass sich die Staatsregierung in Sachen dritte Startbahn mittlerweile im Wochentakt selber widerspricht und ihr Kapitän Seehofer Mühe hat, das Ruder auch nur einigermaßen zu halten, zeigt für mich ganz deutlich: Ministerpräsident und Staatsregierung haben in Sachen Flughafen und dritte Startbahn den Kurs im eigenen Lügenmeer verloren.

Vor etwas mehr als drei Wochen, am 3. März, haben wir an dieser Stelle schon einmal über eine mögliche Umwandlung der Flughafen München GmbH in eine Aktiengesellschaft diskutiert. Damals ging es um einen Antrag der GRÜNEN. Gefordert wurde ein klares Votum des Freistaats als Flughafengesellschafter gegen eine solche Änderung. Wir haben diesen Antrag unterstützt, weil wir ein klares Votum wollten, damit die Veto-Position der Stadt München nicht über ein Hintertürchen ausgehebelt werden kann, wenn es um die dritte Startbahn geht.

Im Gesellschaftsvertrag der FMG steht ganz klar, dass für einen Ausbau des Flughafens über die jetzige dritte Ausbaustufe hinaus die Zustimmung aller drei Gesellschafter, Freistaat, Bund und Landeshauptstadt München, notwendig ist. Sie kennen die Situation: Die Stadt München steht weiterhin zu dem Bürgerwillen von 2012 und wird dem Bau einer dritten Startbahn nicht zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

In einer Aktiengesellschaft aber wäre die Einstimmigkeit nicht mehr nötig; eine Mehrheit würde reichen.

Welche anderen Hintergedanken könnte die Staatsregierung also haben, wenn sie in der momentanen Situation über eine Änderung der Gesellschaftsform nachdenkt? Dass sie das tut, war zu Beginn der Woche nachzulesen.

Vor drei Wochen hörte sich das allerdings noch ganz anders an. Auslöser für den Antrag war eine Ausschreibung der FMG für einen neuen Wirtschaftsprüfer. Darin hieß es, dass von einem Börsengang bis 2020 auszugehen sei. Das war schon ein Hinweis darauf, dass etwas im Busch sein könnte; denn einen solchen Satz schreibt man nicht einfach in eine Ausschreibung. Von der Staatsregierung und vonseiten der CSU wurde das als Alleingang der FMG-Geschäftsführung und als Formulierungsfehler dargestellt.

Dass die Gegner der dritten Startbahn aufgrund dieser Ausschreibung hellhörig geworden sind, wurde von Ihnen genau an dieser Stelle mehrmals verhöhnt. Kollege Weidenbusch hat dem Kollegen Magerl damals Verfolgungswahn unterstellt.

(Zuruf von der CSU: Zu Recht!)

Drei Wochen später zeigt sich nun, dass das mit einem Verfolgungswahn gar nichts zu tun hatte. Es war schlicht und einfach die Wahrheit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Wer die Diskussion um den Flughafenausbau seit zehn Jahren verfolgt, weiß, dass er Aussagen von der Regierungsbank nicht so leicht trauen darf. Denn die Staatsregierung trickst, wo sie nur kann, und nimmt es, wenn es pressiert, auch mit der Wahrheit nicht so genau.

(Zuruf von der CSU: Jejeje!)

Staatssekretär Hintersberger hat am 3. März erklärt: "Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zu Umwandlung und Börsengang stehen derzeit nicht an." Auch merkte er an, dass die FMG Pläne für einen möglichen Börsengang dementiert habe. Alles wunderbar, könnte man meinen. Nur: Kein Börsengang heißt noch lange nicht keine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Dass aktuell keine Entscheidung der Gesellschafterversammlung zur Umwandlung und zum Börsengang ansteht, heißt noch lange nicht, dass dies nicht in einem halben Jahr der Fall sein wird. Die Formulierung wurde geschickt gewählt. Anders ausgedrückt: Es sind Halbwahrheiten. Besser

gesagt: Es ist eine bewusste Täuschung, nicht weit von der Lüge entfernt; denn glaubt man den jüngsten Medienberichten, dann laufen in mehreren bayerischen Ministerien sowie in Dobrindts Verkehrsministerium bereits seit Monaten Prüfungen, wie die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft funktionieren könnte. Wenn das so ist, war der Oberbürgermeister Dieter Reiter noch sehr zurückhaltend, als er von einem kleinen unfreundlichen Akt sprach. Man könnte es auch schlicht als Sauerei bezeichnen. Weil ihm sprichwörtlich alles aus dem Ruder läuft, hat der Ministerpräsident jetzt seinen Leuten einen Maulkorb verordnet.

(Zuruf von der CSU: Ach Gott!)

- Ach Gott, es ist doch so, meine Herren, was den Flughafen und die dritte Startbahn betrifft. Das wundert mich nicht; denn vor allem nach der Pause, nach der möglichen Volksbefragung, sind sich nicht einmal Ministerin und ihr Staatssekretär einig. Man merkt, dass in der CSU die Nervosität steigt. Sie wollen diese Piste durchdrücken, egal, ob es einen Bedarf gibt oder nicht. Dass die Zahl der Flugbewegungen seit Jahren sinkt, ist inzwischen allgemein bekannt, aber Sie ignorieren diese Tatsache. Sie wollen die Startbahn auf Biegen und Brechen. Die Wahrheit und unbequeme Fakten stören Sie dabei nur. Maulkorb hin oder her; was die Pläne der Staatsregierung für eine Änderung der Gesellschaftsform angeht, ist jetzt eine Klarstellung gefordert. Fragen gibt es genug. Wie lange tüftelt die Staatsregierung hinter den Kulissen schon an einer solchen Lösung? Welche Verträge gibt es, in denen Klauseln stecken, die eine Umwandlung der GmbH möglich machen? Was steht in dem sogenannten Konsortialvertrag von 1998? Als der geschlossen wurde, hatte die Stadt München prüfen lassen, wie sie die Anteile verkaufen könnte, was sie zum Glück nicht getan hat. Weitere Fragen finden sich im Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN, der heute noch nicht behandelt wird.

Ich fordere die CSU und die Staatsregierung an dieser Stelle auf: Ducken Sie sich nicht weg, beantworten Sie die Fragen hier, hier und heute. Beenden Sie Ihre Halbwahrheiten und Ihre Irrfahrt. Noch einmal: Im Gesellschaftsvertrag der FMG, den die drei Gesellschafter in den Jahren 1972 und 1973 geschlossen haben, steht klipp und klar, wofür eine Zustimmung aller Gesellschafter nötig ist, nämlich für die Verfügung über die Geschäftsanteile und die Veränderung des Gesellschaftsvertrags. Eine Umwandlung der GmbH in eine Aktiengesellschaft würde also die Zustimmung aller Gesellschafter benötigen. Erklären Sie uns hier eindeutig: Plant die Staatsregierung irgendwelche Winkelzüge, um diese Regelungen zu umgehen?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich fordere Sie auf: Schaffen Sie Klarheit, tüfteln Sie nicht an irgendwelchen Tricks herum. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden hat, dann muss auch hier in München eine Entscheidung fallen, und zwar gegen die dritte Startbahn, weil sie unnötig ist, weil sie auf falschen Prognosen fußt, weil sie die Bürger nicht wollen, weil sie der Freistaat nicht braucht, weil sie die Wirtschaft nicht braucht und weil sie die Staatsregierung zwingt, bei der Wahrheit vom rechten Kurs abzukommen.

Deshalb appelliere ich an die CSU und an die Mitglieder der Staatsregierung: Reißen Sie das Ruder herum, fahren Sie heraus aus diesem Lügenmeer und werfen Sie bei diesem Kurswechsel die Pläne für die dritte Startbahn endgültig von Bord. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als nächster Redner hat der Kollege Ernst Weidenbusch von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zierer, ich glaube nicht, dass es angemessen ist, wie Sie mit dem Thema umgehen.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte gerade mit Ihnen sprechen. Insofern fände ich es freundlich, wenn Sie wenigstens zuhören würden.

(Zuruf des Abgeordneten Benno Zierer (FREIE WÄHLER))

Herr Kollege Zierer, Sie selbst haben der FMG Grundstücke verkauft, die sie als Ausgleichsflächen benutzt hat, um mit diesem Flughafen zu arbeiten. Sie tun heute so, als ob Sie der größte Kämpfer dagegen waren.

(Zurufe von der CSU: Oh! – Beifall bei der CSU)

Dann haben Sie offenbar gestern beschlossen, das Wort "Lügenmeer" so oft zu verwenden, dass Sie sicher sein können, damit zitiert zu werden. Aber dazu muss man sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der CSU – Dr. Karl Vetter (FREIE WÄHLER): Zur Sache! – Zuruf von der CSU: Das ist zur Sache!)

- Wenn Herr Zierer zur Sache gesprochen hätte, wäre das nicht notwendig.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Karl Vetter (FREIE WÄHLER))

- Haben Sie auch Grundstücke verkauft?

(Zuruf des Abgeordneten Benno Zierer (FREIE WÄHLER) – Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)

Haben Sie auch Grundstücke verkauft, weil Sie sich so aufregen?

(Zuruf)