Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Potz Blitz, jetzt haben Sie die Aufzählung doch relativ eingeschränkt gemacht. Mir fällt da in der Tat ein Bundeskanzler Gerhard Schröder von der SPD ein, der zu Gazprom wechselte, und mir fällt, um nur einen Weiteren zu nennen, zum Beispiel ein Bundesminister Werner Müller ein, der vor einigen Jahren aus dem Evonik-Vorstand ausgeschieden ist, nachdem er vorher auf dem Ticket der rot-grünen Bundestagskoalition Bundeswirtschaftsminister war.
Bei der Bayern-SPD habe ich niemanden gefunden. Was könnte uns dazu in den Sinn kommen? - Aber belassen wir es einfach einmal bei diesen Beispielen.
Wenn ein ehemaliger Bundeskanzler zu Gazprom wechselt, löst das natürlich immer Fragen aus. Solche Wechsel sind aber – das muss man realistisch betrachten – natürlich in einem Spannungsverhältnis zu sehen. Die Berufsfreiheit des Einzelnen ist durch die Verfassung garantiert, und andererseits sind nicht hinnehmbare Interessenkonflikte zu vermeiden. In diesem Spannungsverhältnis befindet sich ein solcher Wechsel.
Sicher wissen auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, dass es derzeit auf Bundesebene einen Gesetzentwurf gibt. Sie haben ihn abgeschrieben, ohne die bayerischen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
Sicher ist Ihnen auch nicht unbekannt, dass das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene noch nicht abgeschlossen ist.
Deshalb hat eine Vielzahl von Bundesländern wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz, Sachsen, SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern gesagt: Wir entscheiden jetzt nicht, sondern warten das Ergebnis der Bundesgesetzgebung ab.
(Franz Schindler (SPD): Das ist doch nicht der Maßstab für uns! Das Selbstbewusstsein Bayerns spricht ein bisschen dagegen!)
Genau dies werden wir auch tun. Man fragt sich natürlich, wer in die Bundesregierung in Berlin eingebunden ist. Das ist die SPD.
Da frage ich mich, ob die SPD wirklich so wenig Zutrauen in die Bundes-SPD hat und glaubt, dass ein hervorragendes Gesetz zu Karenzzeiten für die ganze Bundesrepublik nicht herauskommen kann. Wir jedenfalls haben volles Vertrauen in die Bundesregierung,
dass es einen guten, für ganz Deutschland einheitlichen und tragfähigen Gesetzentwurf geben wird. Deshalb werden wir abwarten, bis dieser Gesetzentwurf zum Tragen kommt und bis er Bestandskraft erhält. Im Moment sehen wir überhaupt keine Eile, irgendetwas zu unternehmen.
Wir sehen im Moment keine Veranlassung, hier gesetzgeberisch tätig zu werden, weil wir auch sehen, dass es sich um ein wirklich starkes Spannungsverhältnis handelt und man immer auch diskutieren muss, um welche Berufe es geht. Wollen wir jemanden, der in die Wirtschaft wechselt, so behandeln wie jemanden, der in die eigene Firma zurückwechselt, die vielleicht am Markt sehr gut positioniert ist? - Ich bin der Ansicht, es bestehen wirklich viele Fragen, die man diskutieren muss.
Der vorgelegte Gesetzentwurf würde dazu führen, dass ein Abgeordneter, der Mitglied einer Regierung wird, dann, wenn er in seine eigene Firma zurückkehren will, das auf Kosten des Steuerzahlers nicht darf.
Wir sagen, das ist nicht sinnvoll. Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Diskussion zu dem Thema. Man muss es sicher diskutieren. Aber so, wie es jetzt im Moment dargestellt ist, halten wir das für problema
Frau Kollegin, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Rinderspacher hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Kollegin Guttenberger, Sie haben richtig dargestellt, dass die SPD heute nahezu exakt den Entwurf vorlegt, der in der gemeinsam von uns getragenen Bundesregierung bereits im Kabinett beschlossen wurde.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stammt nicht aus einem SPD-Ministerium, sondern aus dem Innenministerium, geführt von Thomas de Maizière. Mittlerweile hat es im Deutschen Bundestag eine Regierungsbefragung gegeben. Die CSU-Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag haben deutlich gemacht, dass sie selbstverständlich diesem Gesetzentwurf zur Karenzzeit Rechnung tragen werden, und haben ihr Abstimmungsverhalten auch entsprechend markiert.
Ich frage Sie: Warum ist eigentlich das, was im Bund von uns gemeinsam beschlossen wird – das ist in absehbarer Zeit der Fall -, in Bayern so schwierig? Klar ist doch, dass die Regelungen des Bundesgesetzes die Bundesregierung betreffen und es deshalb notwendig ist, in den Ländern eine eigene Regelung zu treffen. Hamburg hat es getan, in Schleswig-Holstein wird es bereits auf den Weg gebracht, in anderen Bundesländern werden die Debatten schon geführt. Deshalb sollte es doch unser Selbstverständnis im Bayerischen Landtag sein, dass wir uns unabhängig von der Bundesgesetzgebung mit dieser Frage befassen.
Deshalb an Sie die Grundsatzfrage: Sehen Sie die Notwendigkeit für eine Karenzzeitregelung auch hier in Bayern, und wird diese in Kürze in Bayern beschlossen?
Ich habe sehr deutlich darauf hingewiesen, dass es hier um ein starkes Spannungsfeld verfassungsrechtlicher Art geht
wie man es auf Bundesebene auflöst. Darum werden wir wie andere Bundesländer auch dies jetzt abwarten. Das halten wir für den richtigen Weg.
Wie gesagt, ich persönlich bin der Ansicht, dass wir dann sehr genau hinschauen müssen; denn solche Vorgänge, Geschichten, dass ein Bundeskanzler nach seiner Amtszeit zum Beispiel in einen Dax-Konzern wechselt, sind alles Dinge, die natürlich zu Recht öffentliche Diskussionen auslösen. Ich bin jedoch auch der Ansicht: Wir müssen uns dieses Spannungsverhältnis sehr genau ansehen und vielleicht darüber diskutieren, ob es etwas anderes ist, wenn jemand in seine eigene Kanzlei zurückgeht, als wenn er zu einem Dax-Konzern zu wechselt.
Deshalb sollten wir uns diese Zeit gönnen und schauen, wie der Bund dies löst. Ich bin der Ansicht, dann können wir dieses Thema noch einmal miteinander – ich würde mich freuen, wenn wir es miteinander könnten –
diskutieren, welchen Weg wir in Bayern einschlagen. Aber ich halte es jetzt nicht für den richtigen Weg zu sagen: Wir preschen einfach einmal vor, weil uns diese Haltung überzeugt. Wir warten jetzt einfach ab und schauen, wie dieses Spannungsverhältnis auf Bundesebene gelöst wird.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Kollege Florian Streibl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant zu sehen, wie sich die Große Koalition hier kabbelt. Aber, Frau Guttenberger, wenn Sie sehen wollen, was die Bundesregierung vorhat, dann brauchen Sie nur Drucksache 52/15 des Deutschen Bundesrates ansehen. Dort steht das Gesetz nämlich 1 : 1 drin. Ein Unterschied zum Gesetzentwurf, den die SPD-Fraktion hier eingereicht hat, besteht darin, dass es auf Bundesebene Bundesregierung und hier Staatsregierung heißt.
Das Gesetz, das sich auf den Bund bezieht und dort beschlossen wird, betrifft nur die Mitglieder der Bundesregierung. Wir brauchen ein Gesetz, das sich auf die bayerischen Verhältnisse bezieht.
Ich halte den Vorstoß, den die SPD-Fraktion hier unternimmt, für gut. Man hätte ihn vorher vielleicht interfraktionell besprechen können. Dann hätte man eventuell Mitstreiter finden können; denn es geht schon um die Glaubwürdigkeit der Politik und vor allem um die Glaubwürdigkeit der Politiker. Wenn Minister oder Staatssekretäre, die in ihrem Amt gute Arbeit machen, anschließend in Wirtschaftsunternehmen, Privatunternehmen wechseln, die in einem näheren Zusammenhang mit ihrer vorherigen Tätigkeit stehen, dann untergräbt dies die Glaubwürdigkeit von Politikerpersönlichkeiten, die Glaubwürdigkeit dessen, was sie getan haben, und die Glaubwürdigkeit der Politik generell. Das wäre genauso, wie wenn zum Beispiel ein Bundesverkehrsminister eine Maut einführt und danach zu Toll Collect wechselt. Das wäre ein Skandal. Hoffentlich ist es nicht so.
Meine Damen und Herren, an diesem Gesetz kritisiere ich, dass man sagt, eine Karenzzeit bis zu 18 Monaten ist gut. Wenn man jedoch zu Gazprom wechselt, kann man vielleicht diese 18 Monate aussitzen und dann dorthin wechseln. Das andere ist, dass die Staatsregierung selbst entscheidet, ob ausscheidende Mitglieder unter die Karenzzeit fallen, und ein Gremium von drei Personen einen Vorschlag macht. Ich denke, man sollte hier vielleicht eine unabhängige Kommission bilden,