Protokoll der Sitzung vom 07.05.2015

Aber wir haben auch etwas getan, was Ihnen eigentlich Freude machen müsste: Wir haben wesentliche Inhalte beibehalten, und wir haben stark gewichtet, was Sie heute von uns fordern; denn im bestehenden LEP gibt es ein eigenes Kapitel zum Thema Gleichwertigkeit und Nachhaltigkeit. Da ist zum Beispiel der Vorrang ökologischer Belange bei Nutzungskonflikten beschrieben, es gibt dort Festlegungen zum Ressourcenschutz, es gibt ein eigenes Kapitel zum demografischen Wandel. Unter anderem gibt es dort das sogenannte Vorhalteprinzip. Wir legen darauf Wert, dass Einrichtungen, die der Grundversorgung dienen, flächendeckend in ganz Bayern vorhanden sind. Es gibt ein eigenes Kapitel zum Klimawandel. Dort gibt es Festlegungen zum Klimaschutz. Dort steht: Energieverbrauch reduzieren, Einsatz erneuerbarer Energien

fördern. Es gibt Festlegungen zur Anpassung an den Klimawandel, zum Beispiel zum Erhalt klimarelevanter Freiflächen. Außerdem ziehen sich die Themen demografischer Wandel und Klimawandel praktisch wie ein roter Faden durch alle einschlägigen Kapitel im geltenden LEP 2013.

Meine Damen und Herren, wir setzen jetzt auch schon fleißig um. Wir haben hier im Saale über Behördenverlagerungen diskutiert, über die Fortentwicklung des Regionalmanagements, wofür wir die Mittel massiv aufgestockt haben. Es gibt einen DemografieLeitfaden und Demografie-Modellprojekte in Bayern. Deswegen sind wir der vollen Überzeugung, dass das LEP 2013 nicht neu erfunden werden muss, sondern an der einen oder anderen Selle nachjustiert werden sollte. Das Ziel ist, die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum zu stärken.

Daher müssen wir darauf achten, was unsere Gemeinden und Kommunalpolitiker an Instrumenten brauchen, um vor Ort das umzusetzen, was zur Stärkung der jeweiligen Kommune notwendig ist. Deswegen haben wir geplant, den Raum mit besonderem Handlungsbedarf auszuweiten. Wir werden das gemeindescharf stellen. Mehr Gemeinden und Landkreise werden von erhöhten Fördermöglichkeiten profitieren. Und wir haben – Sie haben es angesprochen – als Aspekt tatsächlich wenige weitere Ausnahmen vom Anbindegebot vorgesehen.

Ich sage aus voller Überzeugung: Ich selbst bin seit 25 Jahren Gemeinderat in einer Gemeinde mit 2.300 Einwohnern. Ich, mein Gemeinderat, meine Kollegen, mein Bürgermeister vor Ort wissen wesentlich besser, was in der Gemeinde an Entwicklung notwendig und sinnvoll ist, als das der Bayerische Landtag überhaupt wissen kann.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen wollen wir mehr Entscheidungsbefugnis auf die kommunale Ebene delegieren. Was man dagegen haben kann, begreife ich bis zum heutigen Tag nicht.

Eine Ausnahme ist, dass wir an Autobahnausfahrten Gewerbe zulassen. Das ist doch nur sinnvoll; wir haben es mehrfach besprochen. Das heißt doch nicht, dass dort ein Gewerbegebiet entstehen muss. Das heißt doch nicht, dass dort Gewerbegebiete gegen geltendes Fachrecht im Umweltbereich genehmigt werden. Das heißt lediglich, dass es ermöglicht wird, falls notwendig, dort ein Gewerbegebiet auszuweisen. Die Notwendigkeit legt die Gemeinde mit dem Gemeinderat fest, möglicherweise unterstützt oder abgelehnt durch Bürgerentscheid vor Ort. Darüber brau

chen wir uns hier im Bayerischen Landtag wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen.

(Beifall bei der CSU)

Dass wir im Bereich des Einzelhandels ausdrücklich keine Veränderungen vornehmen, zeigt doch, dass uns die Innenortentwicklung maßgeblich am Herzen liegt. Aber dass es im gewerblich produzierenden Bereich auch Standorte im Innenort gibt, die aus verschiedensten Gründen nicht mehr geeignet sind, dass dort produziert wird und dass es für ortsansässige Firmen wichtig sein kann, in Ortsnähe an der bestehenden Autobahn anzusiedeln, liegt doch auf der Hand und ist jedem Kommunalpolitiker geläufig.

Damit keine Kannibalisierung innerhalb der kommunalen Familie entsteht, ermöglichen wir interkommunale Gewerbegebiete als Anreiz für die Kommunen, damit sie eben nicht aus Angst prophylaktisch Gewerbegebiete ausweisen müssen, dass, wenn doch mal jemand kommt, er nicht zum Nachbarn geht. Wenn es Bedarf gibt, können die Gemeinden sich zusammentun, interkommunal ein Gewerbegebiet ausweisen und dadurch die Konkurrenz um die Flächen minimieren.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Zum Schluss gerne. – Und deswegen sage ich Ihnen voraus, dass diese Möglichkeit, das Anbindegebot in diesen zwei Ausnahmefällen nicht mehr beachten zu müssen, den Kommunen einen großen Schub in der weiteren Entwicklung geben kann, die Situation vor Ort günstiger zu gestalten.

Ich sage das Gleiche wie Herr Nussel, meine Damen und Herren: Der Städtetag braucht das nicht abzulehnen; er sollte sich mal die Entwicklung an den Ausfallstraßen der Städte anschauen. Dort stehen die großen Einkaufsmärkte, dort stehen Supermärkte zuhauf – nicht in den Innenstädten, wie immer proklamiert wird. Die Städte sollten dem ländlichen Raum auch einmal etwas gönnen. Für keine Stadt ist es ein Problem, wenn sich ein Betrieb nach außen verlagern und segensreich im ländlichen Raum niederlassen würde. Davon profitieren die Menschen im ländlichen Raum. Qualifizierte Arbeitsplätze werden entstehen, die Sie offensichtlich verhindern wollen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch der Abgeord- neten Christine Kamm (GRÜNE))

Eines ist ganz interessant – ich habe die Debatte letztens ganz genau verfolgt –: Wenn wir im LEP zum Beispiel besonders schutzwürdige Natur- und Land

schaftsbereiche definieren wollten, dann kommt die Kritik von den GRÜNEN in der Öffentlichkeit, dass das geradezu Blödsinn wäre. Ich verstehe manchmal die Welt nicht mehr. Heute kritisiert man, dass wir angeblich zu sehr Landschaft verplanen und zersiedeln würden; die Regelungen, die das verhindern sollen, kritisiert man aber auch. Deswegen glaube ich, dass die Veränderungen, die wir vornehmen wollen, sehr ausgewogen sind und auch passen.

Herr Muthmann, das Zentrale-Orte-System wird weiterentwickelt; Sie haben recht. Das Gutachten ist mit den Verbänden so weit besprochen, die Systematik ist erläutert und auch akzeptiert. Jetzt geht es darum, dass man, bevor man etwas vorschlägt, lieber mal vier Wochen länger darüber nachdenkt, damit es hier nicht wieder heißt, es sei ein Schnellschuss und alles sei verkehrt. Ich kenne die Argumente, die dann kommen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): In der letzten Legislaturperiode sollte es schon fertig sein!)

Ich weiß, Herr Pohl, dass Sie gerne dazwischenrufen. Das beeindruckt mich in diesem Fall aber nicht.

Wir wollen auf jeden Fall – lassen Sie mich das betonen – neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum entstehen lassen. Dadurch entstehen auch im ländlichen Bereich attraktive Wohn- und Arbeitsbereiche. Wir wollen die Ballungsräume dadurch entlasten. Es ist wahr: Es muss nicht alles in den großen Städten stattfinden, Leben gibt es auch im ländlichen Raum. Davon sind wir zutiefst überzeugt.

(Beifall bei der CSU)

Der Ablauf ist geklärt: Wir werden diese Vorschläge zur Weiterentwicklung natürlich in Anhörungen mit den Verbänden besprechen müssen. Es wird auch Landtagsdebatten zu diesem Thema geben. Da können sich alle in gewohnter Weise einbringen und mitdiskutieren. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass auch das Ergebnis, das wir zum Schluss finden, eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, vor allen Dingen bei den kommunalpolitisch Verantwortlichen, finden wird.

In diesem Sinne sind die Anträge, denke ich, heute mehr als überflüssig, und deswegen empfehlen wir vonseiten der Staatsregierung deren Ablehnung.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Damit zur Zwischenbemerkung vom Kollegen Stümpfig.

Herr Füracker, der angeblich überflüssige Antrag ist nach unserer Meinung gerade nicht überflüssig, und zwar aus verschiedenen Gründen. Sie haben gesagt, Sie haben in dem derzeit gültigen LEP nur zwei Ausnahmen gemacht. Die Ausnahmen vom Anbindegebot sind aber wirklich entscheidend. Deswegen die Frage an Sie: Wir haben derzeit 10.000 Hektar frei verfügbare Gewerbefläche. In meinem Landkreis, dem Landkreis Ansbach, sehr ländlich strukturiert, haben wir 400 Hektar freie Gewerbeflächen. Die Unternehmen können sich wirklich aussuchen, wohin sie gehen möchten. Das einzige Manko ist vielleicht noch der Bahnanschluss. Aber das haben Sie in Ihrem Konzept auch nicht vorgesehen. Wir haben ausreichend Flächen. Jetzt passiert genau das, was ich beschrieben habe. 30 Euro pro Quadratmeter sind ein sehr niedriger Preis. Der geht immer mehr zurück, weil das Angebot einfach so unglaublich hoch ist.

Sie sprechen von einer Stärkung der Kommunen, machen aber – da werden wir uns wahrscheinlich nicht einigen – in der Praxis genau das Gegenteil, weil sich die Kommunen eine enorme Konkurrenz im Nachlaufen aufbauen, wer letztendlich den Zuschlag bekommt, welcher Gewerbebetrieb sich bei welcher Kommune ansiedelt.

Derzeit siedeln sich viele Logistikkonzerne an. Da ist der Mutterkonzern oftmals ganz woanders, und die Gewerbesteuereinnahmen sind nahezu null. Es gibt sehr wenige Arbeitsplätze, und von Ausbildungsplätzen brauchen wir gar nicht zu sprechen. In welche Richtung gehen wir hier also? Genau das kritisieren wir.

Es mag gut sein, dass das LEP ein Kapitel zum Ressourcenschutz enthält. Aber wir müssen uns die Praxis anschauen. Wir haben einen wahnsinnig hohen Flächenverbrauch. Da ist das Kapitel im LEP nicht das Papier wert, auf dem es steht.

Herr Stümpfig, ein ausgewiesenes, nicht bebautes Gewerbegebiet ist noch kein Flächenverbrauch. Solange dort Landwirtschaft stattfindet, ist das Land zwar statistisch verbraucht, weil es ein ausgewiesenes Gewerbegebiet ist; es ist aber nicht versiegelt. Nach wie vor ist es auch die Entscheidung des Landwirts, ob er für ein Gewerbegebiet eine Fläche zur Verfügung stellt. Das muss niemand machen.

Die prophylaktische Ausweisung von Gewerbegebieten ist entstanden, weil jeder, der ein Gewerbegebiet hat, glaubt, dass schon einmal jemand kommen wird. Genau das wird in Zukunft nicht mehr passieren; denn wenn wir interkommunale Gewerbegebiete begünsti

gen, können die Gemeinden abwarten, bis jemand kommt, weil keiner mehr Angst zu haben braucht, dass er der Schnellste sein muss. Das kann man sich aufteilen und das Projekt gemeinsam stemmen. Bei Logistikunternehmen – das ist interessant – brauchen wir keine Veränderungen; denn im aktuellen LEP ist für Logistikunternehmen das Anbindegebot tatsächlich in der Weise geregelt, dass es an Autobahnausfahrten gilt. Da wird also keine Veränderung notwendig sein.

Deswegen sehe ich nicht, dass hier etwas Großes passiert. Ich glaube eher, man zieht anhand des Anbindegebots etwas hoch. Man möchte ein Schreckgespenst an die Wand malen. Ich habe eine andere Erlebniswelt. Ich bin in Bayern unterwegs und treffe einen Bürgermeister, der sagt: Ich hätte einen Unternehmer, der gerne in meine Gemeinde käme; ich habe aber auch eine Autobahnausfahrt, und da darf er nicht hin, weil das Anbindegebot bisher eine Ansiedlung sozusagen verhindert hat. Wo geht dann der Unternehmer hin? - In die nächste Stadt. Wollen wir im ländlichen Bereich wirklich eine solche Strukturentwicklung? – Ich meine: nein. Es geht um ein Ermöglichen im Sinne der Kommunen und der Menschen im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Meine Damen und Herren, ich darf kurz etwas zum weiteren Fahrplan sagen. Für die namentliche Abstimmung sind die 15 Minuten nicht ganz erreicht. Das wird aber demnächst der Fall sein. Deswegen schlage ich vor, dass wir die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes unterbrechen und zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12, zu denen es keine Aussprache gibt und über die nur noch abzustimmen ist, die Abstimmung durchführen. Anschließend folgt die namentliche Abstimmung zu dem Dringlichkeitsantrag, und dann geht es mit den Tagesordnungspunkten 9 und 10 weiter.

(Claudia Stamm (GRÜNE): Wir haben noch einen Dringlichkeitsantrag!)

Nein, das war der letzte Dringlichkeitsantrag.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12:

Antrag der Abgeordneten Petra Guttenberger, Josef Zellmeier, Klaus Stöttner u. a. (CSU) Kirchweih- und Volksfestkultur in Bayern bewahren (Drs. 17/5433)

und

Antrag der Abgeordneten Klaus Adelt, Horst Arnold, Inge Aures u. a. (SPD) Bayerische Volksfeste bewahren! (Drs. 17/5089)

Die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, auf eine Aussprache zu verzichten. Wir kommen sofort zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 11 – das ist ein Antrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt Zustimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit ist dem Antrag einstimmig zugestimmt worden.

Jetzt lasse ich über den Tagesordnungspunkt 12 – das ist ein Antrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt Zustimmung in einer Neufassung. Ich verweise insofern auf die Drucksache 17/6311. Wer dem Antrag in dieser Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen – oder Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diesem Antrag in der Neufassung einstimmig zugestimmt worden.

Jetzt komme ich zurück zu den beiden Dringlichkeitsanträgen zum Landesentwicklungsprogramm. Zur Abstimmung werden die Anträge wieder getrennt. Ich beginne mit dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/6435; das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Abstimmung erfolgt in einfacher Form. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der GRÜNEN. Die Gegenstimmen! – CSU und FREIE WÄHLER. Enthaltungen? – Die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/6453. Sind Sie mit einer Abstimmungszeit von drei Minuten einverstanden? – Ich höre allgemeine Zustimmung.

(Namentliche Abstimmung von 15.36 bis 15.39 Uhr)

Meine Damen und Herren, die drei Minuten sind abgelaufen. Ich schließe die Abstimmung.

Die Kollegin Stamm hat recht gehabt; ich bitte um Nachsicht. Wir hatten so viele Anträge zur Volksfest

kultur, dass man schon einmal ins Schleudern kommen kann.