(Markus Rinderspacher (SPD): Schauen Sie nach Berlin, nach Niedersachsen und nach Schleswig-Holstein!)
Herr Kollege Rinderspacher, in Berlin funktioniert die Digitalisierung trotz, nicht wegen der dortigen Politik. Das ist doch der springende Punkt.
(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): In Berlin regiert die CDU mit! Das ist Ihnen vielleicht entgangen!)
Ich beginne mit der SPD. Andrea Nahles hat sich Gedanken über die Digitalisierung gemacht. Wissen Sie, auf welche Idee sie gekommen ist? - Sie fragt, ob wir ein neues berufsständisches Versorgungswerk für Crowd-Worker schaffen müssten. Das ist für sie eine entscheidende Frage. Diese Haltung fügt sich nahtlos ein in den Mindestlohnwahnsinn, über den wir vorhin diskutiert haben.
Ich bin froh, dass der Wahnsinn der Arbeitsstättenverordnung verhindert werden konnte. Damit wäre den Menschen nämlich vorgeschrieben worden, wie weit entfernt vom Laptop sie daheim sitzen dürfen. Glauben Sie, dass damit ein einziger neuer Arbeitsplatz in unserem Land entsteht? - Ich glaube es nicht.
Wenn ich mir anschaue, was die GRÜNEN zu diesem Thema zu sagen haben, wird es nicht besser: In ihrem Programm zur Wahl 2013 lautete der erste Treffer im Bereich Digitalisierung: "Schutz vor Elektrosmog". Sie, die GRÜNEN, nehmen immer zuerst die
Die GRÜNEN haben auf ihrer Klausurtagung im Herbst 2014 ein Positionspapier zum Thema Digitalisierung verabschiedet. Auf das, was man dort lesen kann, muss man erst einmal kommen: "Ausrichtung der Start-up-Förderung nach Nachhaltigkeitskriterien", "Gleichstellung auch im Netz voranbringen", "Eine Anti-Stress-Verordnung und Log-off-Recht für Beschäftigte" und "Fair Trade für IT". Glauben Sie, dass sich ein einziges Start-up-Unternehmen, wenn es wirklich an der Startlinie zur Gründung steht, überlegt, eine Gleichstellungsbeauftragte einzustellen, die Computer nach Fair-Trade-Kriterien zu beschaffen und sich dann auch noch für irgendwelche Ökorichtlinien zertifizieren zu lassen, so wie Sie das wollen? Glauben Sie, dass digitale Wirtschaft so funktioniert? Das ist ein Unternehmensverhinderungsprogramm, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen, was wir wirklich brauchen. Wir brauchen Chance statt Risiko. Wir brauchen Zukunftsantworten statt Zukunftsangst, und wir brauchen Souveränität im Umgang mit den neuen Dingen anstatt Verzagtheit.
Wir werden in einer neuen Welt leben, und es ist unser Auftrag als Politiker, den Menschen Digitalisierung zu erklären. Es ist unsere Verantwortung, Digitalisierung als Chance zu begreifen, und es ist am Ende unsere Pflicht, Digitalisierung so zu gestalten, dass sie unseren Wertvorstellungen entspricht. Meine Damen und Herren, das ist im "besten" Sinne des Wortes konservative Zukunftspolitik für die Menschen und für das Land.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Herr Kollege Glauber von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr verehrtes Präsidium, sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatsministerin Aigner, in einer großen bayerischen Zeitung steht in der Montagsausgabe in Bezug auf Digitalisierung: "Wir wollen den Abstand zur Weltspitze schließen." In Bezug auf Unternehmensgründungen werden
Sie zitiert mit der Aussage: "Wir müssen die Gründertätigkeit voranbringen." Wir FREIE WÄHLER stellen uns jetzt die Frage: Wenn Sie sich diese beiden Fragen stellen, dann hinkt Bayern wohl – das ist die Schlussfolgerung daraus – in der Digitalisierung hinterher.
Sie schreiben dann weiter, dass es um die großen Zentren geht. Es geht um das Silicon Valley und um Tel Aviv. Es geht um Wagniskapitale in Ihren Aussagen. Sie brauchen leider gar nicht bis Tel Aviv oder ins Silicon Valley zu sehen, sondern nur nach Berlin, denn dort ist man uns in Bayern in Bezug auf das Wagniskapital meilenweit voraus.
Liebe Damen und Herren, nach der Regierungserklärung des Heimatministers Söder erscheint es uns FREIEN WÄHLERN schon ein wenig so, dass Sie als Wirtschaftsministerin hier eine Regierungserklärung zur Digitalisierung geben dürfen. Wir werden den Verdacht nicht los, dass es eigentlich um eine Bewerbungsrede für die Nachfolge des Bayerischen Ministerpräsidenten geht und wir einen Machtkampf hier im Bayerischen Landtag erleben dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, positiv wollen wir Ihnen anrechnen, dass Sie das Thema aufgreifen und anders als Erwin Huber in seiner letzten Rede hier am Rednerpult, der die McKinsey-Studie als völlig falsch beurteilt, doch vielleicht einige Folgerungen aus der McKinsey-Studie aufgenommen haben und sehen, dass Bayern doch ein Stück weit Gefahr läuft, in der Old Economy zu verharren. Wir haben momentan eine sehr starke Prägung in der Automobilbranche, und es stellt sich zu Recht die Frage, ob mit unseren Spitzenherstellern die Zukunft des Automobilbaus so weitergehen wird oder ob nicht Branchen aus der Digitalisierung, Branchen aus der Mobilkommunikation die Hersteller der Zukunft sind. Wir erachten es daher als richtig, dem Thema Digitalisierung 4.0 näherzutreten.
Sie haben einen 10-Punkte-Plan dafür aufgelegt, und ich möchte einiges aus diesem 10-Punkte-Plan aufgreifen. Das Zentrum in Garching ist aus unserer Sicht – dazu wurde alles schon in einer Pressekonferenz veröffentlicht – im Prinzip ein Stück weit wieder eine Konzentration auf München. Es ist bekannt, was Sie dort tun wollen. In Ihrem Bericht bzw. in Ihrer Regierungserklärung gehen Sie dann auf Würzburg und Erlangen ein. Dort gibt es diese Zentren schon lange; das ist alles schon Bestand. Vieles von Ihren Gründungen in der Fläche ist Zukunftsmusik; nichts davon ist zu spüren.
Sie sprechen davon, dass Sie im Zusammenhang mit Mobilität und Digitalisierung das autonome Fahren in Bayern voranbringen und die Vorreiterrolle übernehmen wollen. Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Wir haben zusammen mit dem Land Sachsen 500 Millionen Euro in eine Teststrecke für die E-Mobilität investiert. Elektrotankstellen wurden zwischen München und Leipzig errichtet. Ich selbst habe diese Tankstellen mit dem E-Mobil befahren und kann Ihnen einen Bericht für die Situation in Bayern geben: Die erste Tankstelle steht in Ingolstadt. Tankstelle in Ingolstadt angefahren. Das System zeigt an: out of order, also System nicht online. Ich bin der Meinung: Es ist richtig, wenn wir in die Digitalisierung 4.0 einsteigen. Dann sollte zumindest die Software an der Tankstelle funktionieren, wenn wir eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen wollen. Ich konnte dort schon einmal nicht tanken. Dann musste ich mir einen Fahrzeughändler in der Stadt suchen, der mir großzügigerweise mehrere Tassen Kaffee und Strom gespendet hat.
Die Reise geht weiter. Die nächste Elektrotankstelle steht ungefähr 90 Kilometer weiter in Lauf. Ich habe die nächste Tankstelle in Lauf angefahren und bei der Schnellladestation eingesteckt. Über den SMS-Code können Sie dort Strom zapfen. Nach einer Minute meldet die Tankstelle: Systemfehler. Ende.
Ich rufe die Notfall-Hotline an. Die Notfall-Hotline berichtet mir, dass sie mir nicht helfen können, der Systemfehler ist nicht behebbar. Mein freundlicher Autohändler, der in Lauf wohnt, ist von zu Hause wieder hergefahren und hat mir Strom in seinem Autohaus gegeben. - So viel zur Digitalisierung 4.0.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Thomas Kreuzer (CSU): Bedienungsfehler! Dass ausgerechnet Ihnen das passiert!)
Ja, ja, genau, Bedienungsfehler. Herr Kreuzer, ich wünsche Ihnen viel Spaß, wenn Sie diese Tankstellen aufsuchen. Ich bin der Meinung: Wenn wir als Freistaat dieses Thema mit einem, ich sage einmal, berechtigten Aufwand angehen, dann muss auch für den Kunden, für den Nutzer gewährleistet sein, dass er mobil bleiben kann.
Sie sprechen in Ihrem zweiten Punkt von Bildung und Digitalisierung. Völlig berechtigt – Digitalisierung und Bildung, ein Zukunftsthema. Ich frage mich aber, ob Sie als Wirtschaftsministerin das wirklich entscheiden können; denn das ist doch eigentlich die Zuständigkeit des Bildungsministers und des Bildungsministeriums. Von daher: Ein guter Vorschlag, aber ich würde einmal sagen, eine andere Zuständigkeit.
Aus meiner Sicht begegnet man mit einem Schulbauprogramm aus den Neunzigerjahren einem realen Neubau. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben immer noch ein Schulbauprogramm am Laufen, das aus den Neunzigerjahren stammt, und dem wollen Sie die Digitalisierung und die neuen Unterrichtsmethoden gegenüberstellen? - Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte überarbeiten Sie das Schulbauprogramm; denn veränderte Unterrichtsmethoden werden der Digitalisierung erst dann gerecht. So kommen wir bei diesem Thema nicht voran.
Bayern und Gründerland, Gründerland in New Economy: Da muss ich Ihnen Zahlen bringen, die leider nicht dafür sprechen, dass wir hier in der Champions League spielen. Gründerquote pro 1.000 Einwohner, liebe Kolleginnen und Kollegen: Berlin 6 pro 1.000 Einwohner, Bayern oder München 3,8. Wir hinken bei der Gründerquote eben hinterher. Von daher ist es richtig und wichtig, hier anzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen in der CSU, Sie sitzen in Berlin in der Regierung. Sie haben davon gesprochen, Wagniskapital steuerlich absetzbar zu machen. Das haben Sie leider nicht umgesetzt. Damit würden wir einen großen Schritt vorankommen, ohne überhaupt erst einmal Geld anfassen zu müssen. Aber Sie schaffen es leider wieder einmal nicht. Die Absetzbarkeit, lieber Herr Kollege Blume, ist angesprochen, aber in Berlin halt wieder nicht umgesetzt worden.
Die Kollegin Karl hat vom Wagniskapital gesprochen. Das waren die Zahlen der letzten Jahre, die aktuellen Zahlen sehen etwas anders aus: Momentan beträgt in Berlin das Wagniskapital 240 Millionen Euro, in Bayern 150 Millionen Euro. Die 240 Millionen Euro Wagniskapital in Berlin sind auf 3,5 Millionen Einwohner bezogen. Bayern hat 12,5 Millionen Einwohner, verfügt aber nur über ein Gründungswagniskapital von 150 Millionen Euro. Es ist also wichtig, dass wir auf diesem Gebiet nachholen und nicht nach Silicon Valley oder nach Tel Aviv schauen. Es gilt vielmehr, in Bayern eine Attraktivität zu schaffen, die Wagniskapital nach Bayern bringt.
Zur internationalen Darstellung Bayerns auf Messen in der Auslandsrepräsentanz bei "Invest in Bavaria": Liebe Frau Aigner, all das gibt es bereits. Das ist im Prinzip keine Neuerung. Ich hatte den Eindruck, dass dieses Thema in Ihrem Programm der Lückenfüller wird, damit es zehn Punkte enthält.
Die digitale Strategie für jeden Betrieb halten wir für einen interessanten Ansatz. Wir glauben, dass bei "Handwerk digital", beim Projekt "Digitale Einkaufs
stadt Bayern" und beim digitalen Marketing in der Tourismusbranche wirklich Ansätze und Möglichkeiten bestehen. Insofern bleibt abzuwarten, was aus dieser Idee wird und ob Sie in diese Richtung gehen wollen.
Ein weiteres Thema Ihres Zehn-Punkte-Programms ist der Umbau der Technologieförderung hin zu Schnittstellen. Nach meinem Verständnis geht es im Prinzip letztlich darum – Herr Kollege Blume hat es angesprochen -, eine komplette Dienstleistungskette zu betrachten und in die Digitalisierung einen ganzen Lebenszyklus und eine ganze Dienstleistung, zum Beispiel das Handwerk, einzubeziehen. Das heißt, dass der Handwerker keine einzelne Maschine mehr kaufen muss, um ein Loch in die Wand zu dübeln, sondern dass der Hersteller dieser Maschinen im Prinzip das Loch direkt verkauft. All die dahinter liegende Serviceleistung ist digitalisiert. Das sehen wir für die Zukunft als wichtigen Schritt für die Dienstleistung an.
Sie haben von der Beseitigung von Schlaglöchern auf den Datenautobahnen gesprochen. Ihre Ausführungen dazu habe ich ein bisschen als Seitenhieb an den Kollegen Söder und dahingehend verstanden, dass Sie da noch nachlegen wollen.
Herr Kollege Blume, Sie sprechen bei der Umsetzung des Breitbandprogramms immer von einer Zukunftsaufgabe. Wir haben Ihnen fünf Jahre lang vorgehalten, dass Sie nicht in der Lage sind, das Thema Breitband als Volksversorgung anzusehen. Sie haben fünf Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass es eine Frage der Daseinsvorsorge ist, jeden Haushalt mit schnellem Internet zu versorgen. Ich bin froh darüber, dass Sie die Bedeutung nach fünf Jahren verstanden haben und hierfür ein Programm auflegen, damit wir diesem Anliegen näher kommen.
Wir FREIEN WÄHLER haben Sie aber immer aufgefordert, diese Problematik anders zu lösen, und zwar mit "fibre to the curb", also erst einmal in jedem Kupferverzweiger eine Glasfaserleitung vorzusehen. Das wäre der richtige Ansatz. Heute haben wir beim Breitbandprogramm nach wie vor das Problem, dass die Flächengemeinden genauso betrachtet werden wie zentralörtliche Gemeinden.
- Hören Sie sich das an. – Im Prinzip muss die kommunale Ebene entscheiden, welche Gemeindeteile man in Bezug auf das Förderprogramm weglässt und welche Haushalte man nicht versorgt. Sie haben die Flächengemeinden immer noch nicht in Ihr Programm aufgenommen. Ich verstehe nicht, warum das so kompliziert ist. Bayern ist nun einmal ein Flächenland
- Lieber Herr Kollege Rudrof, es ist aber so. Fragen Sie doch Ihre Gemeinden ab. Das werden auch Sie bei sich in Bamberg merken.
- Wunderbar. – Dass es beim Breitbandausbau eine interkommunale Zusammenarbeit gibt, haben Sie im Ministerium eisern verhindert. Die interkommunale Zusammenarbeit beschränkt sich auf 50.000 Euro. Wir fordern, dass die sich zusammenschließenden Kommunen den Betrag, der ihnen zugesichert wurde, in die Digitalisierung investieren können.
Herr Kollege Blume, Sie sprechen von 30 Mbit/s aufwärts. Wissen Sie, was mit all den Kommunen passiert, die am ersten Förderprogramm teilgenommen und vielleicht schon viel eigenes Geld angefasst haben? - Diese Kommunen haben heute eine Versorgung von über 30 Mbit/s, fallen aber aus dem Förderprogramm heraus. Im Prinzip haben also alle, die bei der Ersterschließung dabei waren, nach der jetzigen Ausgestaltung keine Chance mehr, am Digitalisierungswettbewerb teilzunehmen. Das heißt, Sie haben die Kommunen, die im ersten Schritt aktiv waren, ausgenommen.