Nicht die Politik ist systematisch zu langsam, sondern Journalismus und Wissenschaft sind systematisch zu hektisch.
Ich füge hinzu: Auch Sie sind zu hektisch, was dieses Thema angeht, meine Damen und Herren von der Opposition.
Das beginnt schon mit dem Titel der Aktuellen Stun de. Wenn es darin heißt: "Energiewende retten", dann wird der Eindruck erweckt, hier stehe quasi alles mit dem Rücken an der Wand. Auch in Ihrer Rede haben Sie dieses Bild gemalt, Herr Hartmann.
Wenn wir uns anschauen, wo Bayern heute steht, dann können wir nur zu einem Schluss kommen: Die Energiewende in Bayern geht voll voran.
Wenn Sie sich die Erzeugungsformen erneuerbarer Energien anschauen, dann wissen Sie, dass Bayern auf sämtlichen Feldern voll im Ausbaukorridor liegt. Das belegen auch die Zubauzahlen für das Jahr 2014; ich habe noch einmal nachgeschaut, nach dem Sie Ihre Zahlen genannt hatten, Herr Hartmann. Im Jahr 2014 wurden in Bayern neue Windenergiean lagen mit einer installierten Leistung von 410 Mega watt errichtet. In BadenWürttemberg, wo Sie mitre
gieren – sonst immer Ihr Lieblingsvergleichspartner in diesen Fragen –, waren es nur 18,7 Megawatt. Im ge samten Jahr 2014 sind dort nur 8 neue Anlagen ans Netz gegangen. Allein im ersten Quartal 2015 sind in Bayern schon mehr genehmigt worden. Wollen Sie uns jetzt erklären, dass woanders bessere Politik ge macht werde als in Bayern?
Man kann alle Felder durchdeklinieren und auch die Solarbranche einbeziehen: Diese ist insgesamt zwar etwas in Bedrängnis geraten. Bayern ist aber auch auf diesem Gebiet mit weitem Abstand Spitzenreiter; neue Anlagen mit einer installierten Leistung von einem halben Gigawatt sind im vergangen Jahr ans Netz gegangen.
Wir bleiben nicht stehen, was den Zubau der Erneuer baren betrifft, sondern wir versuchen, die Energiewen de mit weiteren Bausteinen zu vollenden. Das 10.000 HäuserProgramm, zu dem Ministerin Aigner sicherlich noch etwas sagen wird, fügt einen wichtigen Baustein hinzu; denn unser Ziel ist eine dezentrale Energiewende, eine Energiewende, die darauf gerich tet ist, Energie zu sparen, das heißt effizient und intel ligent zu nutzen.
Wir agieren so, weil die Energiewende mehr ist als das Beschwören von Zielen, mehr ist als der Zubau von Erneuerbaren und mehr ist, als darauf zu hoffen, dass der Bund schon die richtigen Rahmenbedingun gen setzen werde.
Gute Politik heißt für uns aber auch, um die richtige Lösung zu ringen; das haben Sie bestätigt, Herr Hart mann. Aber gute Lösungen entstehen häufig nur unter Druck.
Ich gebe Ihnen drei Beispiele. Das erste Beispiel be trifft die Erdverkabelung. Erst hieß es, Erdverkabelung sei zu teuer und auch technisch nicht überall möglich.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wer hat denn in Berlin dagegen gestimmt? – Volkmar Halbleib (SPD): Die CSU! Das ist die Wahrheit!)
Meine Damen und Herren von Rot und Grün, glauben Sie, dass diese Lernkurve eingetreten wäre, wenn es nicht eine hohe Betroffenheit in der Bevölkerung ge geben hätte und wir nicht darauf hingewiesen hätten, dass Akzeptanz ein hohes Gut ist?
Ein anderes Beispiel sind die Trassenkorridore. Am Anfang war alles quasi wie betoniert, die Korridore waren mehr oder weniger festgezurrt.
Bemerkenswert ist auch in diesem Punkt: Was am Anfang überhaupt nicht in Rede stand, scheint plötz lich zu gehen. Ich zitiere noch einmal den Präsidenten Homann:
Darüber hinaus könnten bestehende Stromtras sen technisch auch für die neuen Höchstspan nungsGleichstromleitungen fit gemacht … wer den.
Meine Damen und Herren, glauben Sie, dass diese Erkenntnis sich durchgesetzt hätte, wenn wir uns nicht dafür eingesetzt hätten, auch nach anderen Lö sungen zu suchen und zu hinterfragen, ob bestimmte Trassen überhaupt notwendig sind?
Ein Drittes: Sie von Rot und Grün hängen sonst immer die Forderung nach Bürgerinformation und Bürgerakzeptanz sehr hoch. Angesichts dessen ist es für mich überhaupt nicht zu verstehen, dass beides für Sie bei dem Thema Energiewende anscheinend keine Rolle spielt. Sie haben den Energiedialog der Wirtschaftsministerin belächelt. Die Übertragungs netzbetreiber haben sich gefragt: Müssen wir über haupt informieren? Wenn ja, vielleicht erst dann, wenn alles schon entschieden ist?
Auch in dieser Frage hat sich gezeigt, dass der baye rische Kurs der richtige ist. Ich finde es bemerkens
wert, dass Sie unser Agieren kritisieren, während in Hessen der dortige SPDFraktionsvorsitzende einen Energiegipfel fordert, um über Akzeptanzfragen zu sprechen. Offenkundig lernt man in anderen Ländern eher von der CSU und von Bayern als Rot und Grün in Bayern selbst lernen. Sie sollten sich einfach ein mal mit Ihren Kollegen dort unterhalten.
Gute Politik heißt für uns auch, über das Gesamtpa ket zu verhandeln und die eigenen Interessen durch zusetzen.
Das kann ich ehrlich sagen: Selbstverständlich hat jedes Land Interessen. Aber – das ist der Unterschied – wir wollen, dass diese Interessen in einem Gesamt konzept Berücksichtigung finden und dass nicht ein Thema nach dem anderen herausgezogen wird.
Ich sage Ihnen, was schlechte Politik ist – diese ver bindet sich an dieser Stelle mit Ihnen –: Schlechte Po litik ist, wenn gute Vorhaben im Bundesrat bzw. gene rell auf Bundesebene blockiert oder dort nicht die Hausaufgaben gemacht werden. Ich nenne beispiel haft die steuerliche Förderung der energetischen Ge bäudesanierung und den Ausbau der KraftWärme Kopplung. Es war nicht Bayern, das sich gesperrt hat, sondern Rot und Grün haben verhindert, dass es eine entsprechende Regelung auf Bundesebene gibt.
Schlechte Politik heißt auch, das Strommarktdesign nicht voranzubringen. Das ist jedoch eine der ent scheidenden Voraussetzungen dafür, dass notwendi ge Reserve und Ersatzkapazitäten in Bayern ans Netz gehen können. Erst daraus das ist der dritte Schritt kann der Bedarf für den Netzausbau abgelei tet werden.
Das Entscheidende: Schlechte Politik ist es aus unse rer Sicht auch, Bayerns Interessen zu verraten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin als bayerischer Land tagsabgeordneter gewählt. Bei einigen von Ihnen frage ich mich, ob Sie an dieser Stelle dasselbe Man dat im Hinterkopf haben.
Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Wenn in BadenWürt temberg nur 100 Kilometer neue Stromleitungen ge baut werden sollen, aber in Bayern 400, dann stellen Sie sich hin und sagen, das sei gerecht. Wenn die von der SPD gestellte Bundesumweltministerin einseitig
und ohne Rücksprache das 2013 zwischen den Minis terpräsidenten vereinbarte Verfahren zu Endlagersu che und Zwischenlagerung verlässt und die Castoren nun freihändig im Land verteilen will, dann stellen sich SPD und GRÜNE hin und sagen, das sei eigentlich ganz gut.