Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Zwischenbemerkung: Herr Kollege Aiwanger, bitte.

Frau Aigner, Sie haben mir unterstellt, ich würde die angeblich bestehende Stromlücke mit 4.500 Windrädern in Bayern auffüllen wollen. Sie haben bis vor Kurzem gesagt, wir brauchen wahrscheinlich gar keine Trassen, wir schaffen das in Bayern selber. Sie wissen, dass die Stromleitung aus dem Raum Landshut nach Österreich jetzt von 220 auf 380 kV aufgerüstet wird. Tennet hat in der Stellungnahme hierzu geschrieben, damit sei auch langfristig die Versorgungssicherheit Südbayerns gewährleistet. Sie wissen übrigens, dass die Thüringer Strombrücke rechnerisch drei Kernkraftwerksäquivalente in den nordbayerischen Raum bringen wird. Drei Kernkraftwerksäquivalente zusätzlich, drei schließen wir, dann sind wir Pi mal Daumen – drei minus drei – wieder dort, wo wir gestartet sind. Ich sage Ihnen: Das ist eine Milchmädchenrechnung. Sie brauchen diese Trassen nicht. Der Vorwurf, ich würde in Bayern eine Riesenlücke nur mit Windrädern schließen wollen, ist billiger Populismus.

(Widerspruch bei der CSU – Staatssekretär Franz Josef Pschierer: Das ist so!)

Ich sage Ihnen: Wir haben die Trasse nach Österreich und die Thüringer Strombrücke. Die decken das ab. Sie haben bis vor Kurzem selber gesagt, wir klären, ob wir sie überhaupt brauchen. Plötzlich sind Sie davon überrascht, dass 4.500 Windradäquivalente fehlen würden. Das passt also nicht zusammen.

Frau Staatsministerin, bitte.

Erst mal zu Österreich: Das war sogar schon einmal in der Zeitung; schön, dass ich es noch einmal erklären kann. Österreich kauft mehr Strom in Deutschland, als es selbst produziert. So schaut es nämlich aus. Österreich ist nicht Exportland, sondern Importland. Insofern finde ich spannend, wie der Bedarf hier aus Österreich gedeckt werden kann. Das wird wohl nicht funktionieren.

Punkt zwei, nochmal zum Mitschreiben: Wenn wir einen Kapazitätsmarkt eingerichtet hätten – das war immer das "Wenn" –, wie es übrigens im Koalitionsvertrag steht, dann hätten wir auch Gaskraftwerke im Dauerbetrieb in Bayern aufbauen können. Das haben wir aber nicht. Deshalb brauchen wir auch, um die Versorgungssicherheit in Bayern darzustellen – –

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist die Erkenntnis seit drei Tagen!)

Wir hätten es gerne anders gemacht. Ich bin aber auch zuständig für die Wirtschaft. Sie muss Versorgungssicherheit haben. Die Alternative ist nicht be

kannt. Deshalb komme ich auf die 4.500 Windräder. Wo soll der Strom denn sonst herkommen? - Dann muss der Strom letztendlich aus Windenergie oder woraus auch immer kommen, gern auch aus Photovoltaik, aber die ist noch unbeständiger. Insofern stimmt diese Aussage nach wie vor.

Vielen Dank. – Herr Kollege Stümpfig, bitte.

Frau Staatsministerin Aigner, Sie haben eben gesagt, dass Sie im Jahr 2013 dem Kompromiss zugestimmt haben: Jawohl, die Leitungen werden kommen. Gleichzeitig mussten Sie bei der Erdverkabelung andere Wege gehen. Sie haben gerade gesagt, im Jahr 2013 gab es ein klares Ja zu Stromleitungen. Weshalb haben Sie in den letzten zweieinhalb Jahren hier genau das Gegenteil gemacht? - Sie haben hier die Bürger verunsichert, ihnen etwas vorgegaukelt – ich habe es eben schon erwähnt – und sie nach unserer Einschätzung für dumm verkauft. Deswegen die Frage an Sie: Ist das Ihre Vorstellung von Bürgerbeteiligung, Bürger erstmal auf die Barrikaden zu treiben, um heute zu sagen: Ätsch, jetzt ist doch wieder alles ganz anders? Ist das Ihre Vorstellung von Bürgerbeteiligung?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, bitte.

Ich sage es noch einmal: Die Staatsregierung hat 2013 – ich war da noch gar nicht in der Staatsregierung – etwas nicht verhindert oder nicht dagegen gestimmt bzw. hat es nicht in den Vermittlungsausschuss gebracht. – Das ist der Unterschied. Das hätte man machen können, dann wäre das Gesetz der Diskontinuität verfallen. Ich glaube, das wäre nicht in Ihrem Interesse gewesen.

Auch durch die technische Entwicklung wird sich etwas verändern. Was habe ich während des Energiedialogs nicht alles gehört, was definitiv nicht gehe und was das angeblich koste! Während des Energiedialogs haben Fachleute dargestellt, was geht, insbesondere auch bei der Erdverkabelung. Sie ist bei Weitem nicht mehr so teuer wie ursprünglich behauptet. Das war auch ein Ergebnis des Energiedialogs.

Deshalb war der Energiedialog richtig; denn so konnten wir die breite Palette noch einmal abdecken und fragen, was bei Erneuerbaren geht, was sozusagen mit einem Marktdesign gemacht werden kann und welche technischen Möglichkeiten es bei den Leitungen überhaupt gibt. Das war eine breite Palette. Allein schon deshalb war der Energiedialog ein wichtiges

Instrument. Wir werden das jetzt erklären. Ich werde mit den Bürgerinitiativen sprechen, und ich werde mit den Bürgern sprechen. Darauf können Sie sich verlassen. Ich bin mir auch sicher, dass wir jetzt mit den Regelungen einen guten Konsens schaffen werden.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen jetzt zur Abstimmung. Mittlerweile wurde von allen Fraktionen namentliche Abstimmung über die jeweiligen Anträge beantragt. Wir stimmen zunächst über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion auf der Drucksache 17/7357 ab. Die Urnen stehen bereit. Die Abstimmung ist eröffnet. Fünf Minuten bitte.

(Namentliche Abstimmung von 17.01 bis 17.06 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird wie immer zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Ich rufe jetzt den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – das ist die Drucksache 17/7372 – als weitere namentliche Abstimmung auf. Die Urnen stehen wieder bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Drei Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 17.06 bis 17.09 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Zur weiteren namentlichen Abstimmung rufe ich auf den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf der Drucksache 17/7373. Ich eröffne die Abstimmung. Drei Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 17.10 bis 17.13 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten außerhalb des Plenarsaals auszuzählen. Das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Zur weiteren namentlichen Abstimmung rufe ich auf den Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf der Drucksache 17/7374. Die

Stimmkarten können eingeworfen werden. Ich eröffne die Abstimmung. Drei Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 17.14 bis 17.17 Uhr)

Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten aus den Urnen herauszunehmen und wiederum außerhalb des Plenarsaals auszuzählen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können.

(Unruhe)

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich darf das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Vermessungs- und Katastergesetzes sowie weiterer Rechtsvorschriften auf Drucksache 17/6576 bekannt geben. Mit Ja haben 83, mit Nein 68 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Es gab keine Stimmenthaltungen. Damit ist das Gesetz angenommen. Es trägt den Titel: "Gesetz zur Änderung des Vermessungs- und Katastergesetzes sowie weiterer Rechtsvorschriften".

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Kathi Petersen u. a. und Fraktion (SPD) Task Force für die beruflichen Schulen zusätzliche Lehrkräfte für die Beschulung und Betreuung von Flüchtlingen einstellen (Drs. 17/7358)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Günther Felbinger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Pflichtunterricht für das kommende Schuljahr 2015/2016 sicherstellen - berufliche Schulen nicht vergessen! (Drs. 17/7375)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Kerstin Schreyer-Stäblein, Prof. Dr. Gerhard Waschler u. a. und Fraktion (CSU) Unterrichtsversorgung angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden weiterhin sicherstellen (Drs. 17/7376)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Prekäre Situation an den beruflichen Schulen jetzt lösen (Drs. 17/7377)

Es ist wiederum eine gemeinsame Aussprache festgelegt worden. Diese darf ich hiermit eröffnen. Als Erste hat Frau Kollegin Petersen das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Die Kernaufgabe für die Zukunftsfähigkeit der bayerischen und bundesdeutschen Gesellschaft liegt in der Gewinnung von Fachkräften" - so der Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst bei einem Neujahrsempfang des Kfz-Gewerbes.

(Zuruf von der CSU: Bravo!)

Wenn dem so ist, dann müsste es den beruflichen Schulen in Bayern richtig gut gehen; denn Einrichtungen, die gesellschaftliche Kernaufgaben wahrnehmen, werden doch wohl angemessen, wenn nicht sogar reichlich ausgestattet. Das sollte man meinen.

Doch die Realität schaut ganz anders aus. In einem gestern publizierten offenen Brief bezeichnet der Verband der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern – VLB – die Unterrichtsversorgung an beruflichen Schulen als katastrophal; sie stünden im kommenden Schuljahr vor dem Kollaps. Das, Kolleginnen und Kollegen, muss uns alarmieren; denn gerade die Lehrer an beruflichen Schulen sind nicht für Wehleidigkeit bekannt.

Sie haben es hingenommen, dass von einem Bildungsetat von 11,2 Milliarden Euro im Jahr 2015 gerade einmal 450 Millionen Euro, also 4 %, in die berufliche Bildung investiert werden. Sie haben nicht resigniert, als sie mit erweiterter Schulleitung, QM und anderen zusätzlichen - vor allen Dingen bürokratischen - Aufgaben konfrontiert wurden, ohne eine entsprechende Mehrung des Personals. Weil ihnen ihre Schüler am Herzen liegen, haben sie Überstunden gemacht, und zwar in erheblichem Umfang. Die Überstunden entsprechen derzeit 359 Lehreräquivalenten, also 359 Planstellen. Wo bleibt da die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers