Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

(Zuruf von den GRÜNEN: Sie wollen sie doch gar nicht!)

Das ist doch die Frage. Man kann doch nicht allein mit Gefühl und einer Willkommenskultur Politik machen, man muss in der Politik doch auch seinen Verstand einschalten. Dazu fordere ich Sie auf, liebe Frau Bause.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist kein fairer Umgang!)

Damit Sie wissen, wie die Situation ist: Bis zum 27. September haben wir in Bayern 169.408 Flüchtlinge aufgenommen. Der September ist noch nicht um. Leider Gottes haben wir allein in Bayern von gestern auf heute einen Zugang von über 9.000 Flüchtlingen. Es waren genau 9.883 Menschen. Wenn dies so weitergeht, dann bekommen wir in diesem Monat über 200.000 Flüchtlinge. Wenn Sie dies mal zwölf nehmen, dann haben wir im nächsten Jahr über zwei Millionen Flüchtlinge. Sie aber stellen sich hier hin und reden über dieses Problem überhaupt nicht, sondern Sie sprechen nur über die Willkommenskultur. Sie haben die Problematik doch noch überhaupt nicht erkannt.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Was ist zu tun, meine Damen und Herren?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Mehr als Sie tun jedenfalls!)

Die Zahlen für das erste halbe Jahr belegen - die Zahlen für das zweite halbe Jahr liegen naturgemäß noch nicht vor -, dass insgesamt zwei Drittel der Menschen ohne jede Bleibeperspektive sind. Diesbezüglich haben wir schon vor der Sommerpause, intern sogar schon im Frühjahr, Vorschläge gemacht. Meine Damen und Herren, wir haben überlegt, wie wir dazu kommen können, die Verfahren zu beschleunigen und den Anreiz zu stoppen, nach Deutschland zu kommen. Menschen aus sicheren Drittstaaten sollen erst gar nicht mehr nach Deutschland kommen, um hier zu Unrecht Asyl zu beantragen. Das steckt hinter dieser Forderung. Wir hatten dazu sehr schwierige Debatten hier im Landtag. Daran kann sich jeder erinnern. Ich habe damals schon gesagt, ich empfehle Rot und Grün in Bayern, sich zu beeilen und der Realität anzupassen, sonst sind Sie nämlich die letzten Mohikaner Deutschlands, und das sind Sie auch inzwischen.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Das ist doch eine völlig falsche Darstellung!)

Sie haben sich explizit gegen die Anerkennung sicherer Drittstaaten ausgesprochen. Sie haben diese Forderung nicht unterstützt. Inzwischen ist sie aber in der Koalition vereinbart, auf Vorschlag der CSU und mit Zustimmung der SPD. Im Bundesrat werden die rotgrün regierten Länder zustimmen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das war schon im Juni auf dem Weg!)

Sie haben das abgelehnt. Sie haben sich gewehrt. Herr Rinderspacher, Sie sind in dieser Sache nicht besser als Frau Bause.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Markus Rinders- pacher (SPD): So ein Quatsch!)

- Sie haben sich gewehrt, das Anreizsystem - Sachleistungen statt Geldleistungen –zurückzunehmen. Sie haben das als nicht durchführbar bezeichnet. Das ist inzwischen in der Koalition vereinbart worden. Das wird umgesetzt. Folglich wird es nicht mehr attraktiv sein, bei kurzen Verfahren und nur mit Sachleistungen ohne Bleibeperspektive nach Deutschland zu kommen. Das ist richtig so. Wäre es aber nach Ihnen gegangen, dann wären diese Beschlüsse nicht gefasst worden. So kann ich noch mehrere andere Beispiele aufzählen.

Wo liegt das Problem im Moment? – Bei diesen Zugangszahlen sind wir sowohl bei den ehrenamtlichen als auch bei den hauptamtlichen Helfern absolut am Anschlag; das hat Herr Kollege Steiner vorhin schon gesagt. Ich sage Ihnen, wir können die Hilfe auf Dauer bei diesen Zugangszahlen nicht aufrechterhalten. Ich möchte an dieser Stelle meine große Bewunderung für die Helfer zum Ausdruck bringen. Wir müssen auch an diejenigen bei der Polizei, bei den Landratsämtern und bei den Hilfsorganisationen denken. Ich möchte ihnen meinen Dank sagen. Es ist unglaublich, wie sie angesichts dieser Zugangszahlen die Sache überhaupt geschafft haben. Vielen Dank an alle diese Helfer! Wären sie nicht gewesen, hätte der Zustrom überhaupt nicht bewältigt werden können.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Gerade diese Menschen, die sich einsetzten, sind aber diejenigen, die mir vor Ort als Erstes die Frage stellen: Herr Kreuzer, wie soll das eigentlich weitergehen? Ist geplant, dass wir jeden Tag 6.000 bis 9.000 Menschen zusätzlich aufnehmen? – Man muss außerdem wissen, dass die bekannten Zahlen nicht alle Flüchtlinge berücksichtigen; denn wir haben keine geschlossenen Grenzen. Mindestens 30 % kommen noch dazu, die irgendwo anders über die Grenze gehen, ohne sich registrieren zu lassen, und die im Land bei Bekannten oder Verwandten unterkommen. Wir haben also eine Situation, die insgesamt gesehen unmöglich zu stemmen ist. Was gilt es zu tun? – Der Asylmissbrauch muss abgestellt werden. Die entsprechenden Beschlüsse dafür haben wir gefasst, das ist insgesamt gesehen ein guter Ansatz. Hier müssen wir weitergehen. Ich hoffe, dass auch Sie irgendwann zu dieser Einsicht kommen. Ich hoffe, Sie werden nicht sagen, man könne zwischen den Flüchtlingen nicht differenzieren.

(Markus Rinderspacher (SPD): Was soll denn das? Wir haben das doch gemeinsam beschlossen!)

Dies wurde immer wieder gesagt. Das ist in diesem Fall aber grob falsch. Ich kann Ihnen schon sagen, was Sie immer wieder vertreten haben. Frau Christine Kamm von den GRÜNEN hat noch im Juli lapidar offene Grenzen für jedermann gefordert und in der letzten Plenardebatte gesagt, die Menschen werden kommen, egal wie oft wir sie abschieben, lassen wir es also gleich bleiben.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist doch so!)

Frau Bause hat im vergangenen Jahr die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte gefordert und wollte alle Flüchtlinge in privaten Unterkünften unterbringen.

(Unruhe bei der CSU)

Jawohl, so steht es in einem Homepageeintrag der GRÜNEN am 10.09.2014. Das ist ein unglaublicher Blödsinn.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Wenn wir das gemacht hätten, dann wären wir jetzt untergegangen. Was gilt es zu tun? – Die außenpolitische Komponente haben Sie angesprochen. Erstens. Ich halte es für überfällig, dass die Vereinten Nationen in Syrien, aber auch in Libyen - ich nenne beide Staaten in einem Atemzug - internationale Aktionen starten, um diesem Morden ein Ende zu bereiten und insgesamt wieder Zustände herzustellen, die es den Menschen ermöglichen, in ihrem Land zu leben, was die Allermeisten auch wollen.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens. Wir müssen die Hilfe in den Flüchtlingslagern wesentlich verstärken, bei den Vereinten Nationen, aber auch in Europa. Da Sie sagen, dass das alles machbar ist, will ich Ihnen schon einmal vorrechnen, mit welchen Zahlen wir es zu tun haben. In den Flüchtlingsunterkünften in der Türkei, im Libanon und in Jordanien befinden sich circa sechs Millionen Menschen, die aus Syrien geflohen sind und nach dem geltenden Recht potenziell berechtigt sind, nach Europa zu kommen. In Syrien sind neun bis zehn Millionen Menschen auf der Binnenflucht. Sie befinden sich also noch im Staat Syrien, aber nicht mehr an ihrem Wohnort, sondern sie sind dort auf der Flucht. Allein in Syrien sind 15 Millionen Menschen. Hinzu kommen unsichere Zustände in Afghanistan. Davon sind ebenfalls mehrere Millionen betroffen. Sie müssen auch wissen: In diesem Gebiet liegt Pakistan mit einer ebenfalls unsicheren Lage, operierenden Taliban – 180 Millionen Menschen. Deswegen müssen wir, was Kriegsflüchtlinge anbelangt, die Politik der Europäischen Union grundsätzlich verändern.

(Zuruf: Sie schüren Ängste!)

Es kann überhaupt kein Weg sein, ganze Völker, in deren Staat Krieg herrscht, von dort nach Europa umzusiedeln, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Das kann überhaupt kein vernünftiger Weg in der Flüchtlingspolitik sein. Wir müssen vor Ort in den entsprechenden Einrichtungen helfen. Kriegsflüchtlinge sind immer in der Nähe aufgenommen worden. Wir waren beispielsweise extrem gefordert, als das in Jugoslawien passiert ist. Syrien ist nicht in unserer Nähe.

Wir müssen deswegen die Grenzen schließen, vor Ort helfen und in Europa Kontingente besonderer humanitärer Fälle aufnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das ist dann eine begrenzte Aufgabe, die wir bewältigen können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Das ist im Übrigen auch die Flüchtlingspolitik in der ganzen Welt. So handeln die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und Australien, alles klassische Einwanderungsländer. Sie würden es niemals zulassen, meine Damen und Herren, dass nicht mehr die Staaten bestimmen, wie viele Menschen in ein Land kommen, sondern die Schleuser. Das wird so nicht bleiben können.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie regieren ja!)

Durch diese Maßnahmen werden wir wieder ordnungsgemäße und rechtmäßige Zustände herbeiführen.

Wenn das Abkommen von Schengen weiter nicht eingehalten wird und auch die Dublin-III-Verordnung von den Nachbarstaaten verletzt wird, müssen wir in Deutschland und in Bayern geeignete Maßnahmen ergreifen – das fordert auch unser Innenminister –, um das Recht wieder zum Durchbruch zu bringen. Es kann nicht angehen, dass jeden Tag massenhaft Leute in unser Land kommen, deren Identität wir nicht kennen, deren Aufenthaltsort wir nicht kennen. Das ist nicht nur ein Flüchtlings-, ein Migrationsproblem, sondern das ist ein Sicherheitsproblem, das wir auf Dauer unter keinen Umständen hinnehmen können.

(Beifall bei der CSU)

Besonders tragisch ist noch dazu, dass diese Politik der Willkommenskultur Menschen, die nicht unmittelbar aus Kriegsgebieten kommen, sondern schon jahrelang in sicheren Lagern in Nachbarstaaten leben, wo überhaupt keine Kampfhandlungen vorkommen, dazu veranlasst, sich auf den Weg zu machen, und dass sie dann teilweise im Mittelmeer ertrinken. So etwas können wir auf Dauer nicht zulassen. Dies müssen wir abstellen.

(Beifall bei der CSU)

Das heißt also: Änderung der europäischen Rechtslage, Sicherung der Außengrenzen. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei.

Wir brauchen auch mehr Solidarität innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.

(Markus Rinderspacher (SPD): Innerhalb der Bundesregierung!)

Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Bayern wird bis zum Ende des Jahres circa 15.000 unbegleitete Minderjährige aufgenommen haben, weit mehr als alle anderen Länder zusammen. Ab 1. Januar wird verteilt. Auf unsere Aufforderung hin, bei rot-grün regierten und anderen Ländern in Deutschland Plätze zu nennen, wurden insgesamt 99 Plätze angeboten.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist alles falsch! Das ist dramatisch falsch! Glaubt nicht diese Propaganda! Das kann nicht euer Ernst sein!)

Das ist die Solidarität, die innerhalb Deutschlands geübt wird. Das ist zu wenig und ganz besonders lausig. Wir werden hier natürlich nicht nachlassen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Lausige Propaganda ist das!)

Das ist keine lausige Propaganda, das sind die Tatsachen, Herr Rinderspacher. Dass die Ihnen nicht gefallen, dafür kann ich nichts.

(Beifall bei der CSU)