Wir hatten ein planbares Ereignis, den G-7-Gipfel. Gegenwärtig haben wir es mit einer Herausforderung zu tun, deren Ausmaß sicherlich nicht nur die Politik, sondern auch die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes überrascht hat. Die hohe Zahl der Flüchtlinge ist eine Herausforderung, mit der das Ehrenamt und das Hauptamt, die Beamtinnen und Beamten, der Bayerische Landtag und viele weitere Lebensbereiche täglich konfrontiert sind und die von allen Beteiligten hervorragend gemeistert wird. Ich möchte hier auch einmal sagen: Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist eine großartige Anstrengung der gesamten Bevölkerung Bayerns, seien es nun Beamtinnen und Beamte oder ehrenamtlich Tätige. Auch hier ein aufrichtiges "Vergelt’s Gott" an alle, die sich beteiligen!
Ja, sehr geehrte Frau Kollegin Gottstein, es ist richtig: Die Grenzen der Belastung der bayerischen Bereitschaftspolizei sind erreicht. Diese Belastung wird dadurch bewältigt, dass in der bayerischen Polizei ein Korpsgeist herrscht, der zwar manchmal auch politisch hinterfragt wird, aber dass es einen Zusammenhalt gibt, der besagt: Jawohl, wir schaffen das. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Freistaates Bayern bewältigen diese Situation, und sie fragen natürlich mit Recht: Was macht die Politik?
Damit komme ich zum Klammersatz: Aktuell ist es nicht. Aktuell war es letzten Freitag, als der Ministerrat – danke noch einmal unserem Innenminister Joachim Herrmann – 500 neue Stellen für die Polizei und
80 Stellen für Angestellte beschlossen hat, um Einstellungen und Verstärkungen der Einsatzkräfte weiter voranzubringen.
Wir sollten alle einmal das Bulletin nachlesen, das in der Kabinettssitzung beschlossen wurde. Viele andere Stellen wurden auch beschlossen. Das ist gut so. Frau Kollegin Heckner wird noch darauf eingehen.
Wir zeigen der Polizei, dass wir auch im fiskalischen Bereich zu ihr stehen, auch indem wir Haushaltsmittel in die Hand nehmen, um neue Stellen zu schaffen. Das ist gut so, und das wollen wir so.
Sie haben die Bundesrepublik angesprochen. Polizei ist schon seit vielen Jahrzehnten Ländersache. So steht es im Grundgesetz. Die einzelnen Bundesländer handeln natürlich unterschiedlich. Wir haben als Bayern zwar die Freude, die anderen Bundesländer im Länderfinanzausgleich finanziell zu unterstützen – ich glaube, aktuell mit 4 Milliarden Euro –, wir können aber die anderen Bundesländer nicht dazu verpflichten, diese Mittel zu bestimmten Zwecken einzusetzen. Es wäre für unseren Innenminister schön, wenn er sagen könnte: Liebe Freunde Innenminister der anderen Bundesländer, stellt auch ihr mehr Polizisten ein. Das machen sie halt nicht. Da stehen wir als Bayern einsam da. Wir bezahlen 4 Milliarden Euro, aber was damit gemacht wird, ist Ländersache, Sache der Regierungen der jeweiligen Länder.
Wir müssen aufgrund der Bund-Länder-Gesetzgebung natürlich andere Bundesländer unterstützen. Das tun wir, wobei der Schwerpunkt aber eindeutig auf dem Einsatz hier in Bayern liegt. Ich denke, wir bewältigen diese Einsätze hervorragend.
Wenn es Kritik gibt – auch ich gestatte mir, diese Kritik einmal im Hohen Haus zu formulieren –, dann sollte man vielleicht einmal überdenken und überlegen – das muss aber die Polizeiführung machen –, ob zum Beispiel für jedes Drittligaspiel unbedingt ein so hoher Einsatz an Kräften erforderlich ist.
Aber ich bin sicher, dass das Innenministerium hierüber in guten Gesprächen mit den polizeilichen Einsatzleitern ist. – Es sei mir gestattet, Herr Minister, das einmal so auszudrücken.
Tatsache ist, dass wir unsere Polizei seit vielen Jahren immer unterstützen. Die Polizei kann sich auf die Bayerische Staatsregierung und auf die CSU-Landtagsfraktion verlassen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir kümmern uns um unsere Polizei auch dann, wenn dies keine mediale Aufmerksamkeit verspricht, so wie in der Aktuellen Stunde.
Ich bin manchmal auch nicht besonders glücklich, wenn mediale Aufmerksamkeit im Hinblick auf unsere Polizei dadurch erzielt werden soll, dass man Polizeibeamte ständig vor den Kadi zieht. Wenn jemand falsch gehandelt hat – das haben wir hier im Hohen Haus schon oft besprochen –, dann sind Staatsanwaltschaft und Gericht zuständig, und dann muss verfolgt werden, aber nicht ständig.
Nicht von den FREIEN WÄHLERN, Frau Gottstein. – Unsere Beamtinnen und Beamten beklagen, dass sie bei jedem Einsatz mit einem Bein in der Presse bzw. vor dem Kadi stehen; denn irgendjemand ist immer da, der mit der Kamera herumläuft und versucht, die Polizei in den Schmutz zu ziehen, sodass wesentliche Teile des polizeilichen Einsatzes darauf gerichtet sind, zu dokumentieren und zu beweisen, dass man richtig handelt. Wir könnten uns in der polizeilichen Tätigkeit manches ersparen, wenn die Polizei nicht ständig – auch politisch motiviert – vor Gericht oder in die Medien gezerrt würde. Das muss ich sagen.
(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ständig! – Inge Aures (SPD): Hin und wieder, aber nicht ständig!)
Vielleicht ist "ständig" nicht ganz richtig, aber hin und wieder und sehr häufig, gerade in manchen fränkischen Städten. Unterhalten Sie sich mit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei Einsätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir stärken unsere Polizei und haben im Doppelhaushalt 2013/2014 bereits 936 neue Stellen für unsere Polizei ausgebracht. Wir werden mit dem aktuellen Nachtragshaushalt weitere 500 Stellen für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte bzw. 80 neue Stellen für Angestellte im Polizeidienst schaffen. Peter Winter wird diesen Nachtragshaushalt heute im Laufe der Plenarsitzung noch vorstellen.
Wir sind bei der Internetkriminalität dabei, wir sorgen für Cyber-Sicherheit, und wir wollen natürlich auch Ausbildungsstellen schaffen. Im Gegensatz zu manch verbreiteter Meinung ist der Polizeiberuf nach wie vor ein attraktiver Beruf. Nach wie vor besteht ein Verhältnis von 1 : 6 zwischen Kolleginnen und Kollegen, die eingestellt werden, und Bewerbern.
Polizeibeamter ist ein attraktiver Beruf, nicht zuletzt auch durch die vielen Leistungen, die der Freistaat Bayern seinen Beamtinnen und Beamten bieten kann, was natürlich hier im Hohen Haus miteinander errungen wurde. Der Polizeiberuf ist also nach wie vor attraktiv, was junge Menschen motiviert, sich bei der bayerischen Polizei zu bewerben. Nichtsdestoweniger müssen wir uns natürlich ständig bemühen, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Attraktivität dieses Berufes bestehen bleibt. Ich gebe Ihnen, Frau Gottstein, völlig recht – wir verstehen uns in diesen Dingen ja relativ gut –: Wir müssen sehr sorgsam mit der Lebensleistung dieser jungen Menschen umgehen. Ich glaube, sagen zu dürfen, dass wir dies in Bayern tun.
Schauen Sie sich Beförderungssituationen in anderen Bundesländern und hier bei der bayerischen Polizei an. Schauen Sie sich Einstellungssituationen an – ich wiederhole mich –: hier 500 neue Stellen. Schauen Sie sich die Unterkünfte an, in denen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte ausgebildet werden. In Nürnberg haben wir erst vor wenigen Wochen Richtfest gefeiert, wir haben in Würzburg Einweihung gefeiert, viele Dinge mehr. Es ist also ein attraktiver Beruf in einem attraktiven Umfeld.
Ich komme jetzt zum Schluss, indem ich sage: Sehr geehrte Damen und Herren, ein attraktiver Beruf in attraktivem Umfeld bedarf auch politischer Unterstützung. Ich weiß, dass auch viele Kolleginnen und Kollegen, die nicht zur CSU gehören, hinter unserer Polizei stehen. Nur, lassen Sie uns das auch im täglichen Dienst sagen. Lassen Sie uns ein kräftiges "Vergelt´s Gott" an unsere Beamtinnen und Beamte sagen, die die Herausforderungen meistern.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Professor Dr. Peter Paul Gantzer von der SPD das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es sehr, dass wir eine Aktuelle Stunde haben, wo wir über die Belastungen unserer Polizei sprechen, gerade in der derzeitigen Lage.
Um diese genau einordnen zu können, müssen wir eine Analyse machen: Wie war es denn bis jetzt, bevor wir die Flüchtlingsproblematik hatten? Ich habe inzwischen mehr als 300 Dienststellen besucht, das heißt über drei Viertel der Dienststellen in Bayern. Wahrscheinlich bin ich der Einzige, der so viele besucht hat. Ich nehme jetzt mal die zwei letzten Dienststellen, die ich besucht habe; zwei in Regensburg, eine in Neu-Ulm: Ich stelle jedes Mal fest, dass die Soll-Zahlen und die Dienststärke weit auseinanderklaffen.
Das bedeutet für beide Polizeiinspektionen in Regensburg wie für die Polizeiinspektion in Neu-Ulm ein Minus von 20 %. Das heißt, wir sprechen von Unterbesetzung. Wir verzeichnen also schon jetzt eigentlich in jeder Dienststelle in Bayern eine Unterbesetzung.
Das wirkt sich bei den Überstunden aus; da kann man das genau nachvollziehen. Wenn Sie sich ansehen, wie viele Überstunden sich derzeit bereits bei den Dienststellen angesammelt haben, dann stellen Sie fest: Der Schnitt, der eigentlich bei 25 Überstunden liegen sollte – das hängt mit dem Schichtdienst zusammen, und da ist das normal –, liegt oft bei 100 Überstunden pro Beamten. Das ist einfach nicht mehr hinnehmbar.
Aber: Bayern ist das sicherste Bundesland. Das heißt, unsere Polizei macht eine hervorragende Arbeit. Wir sind das sicherste Bundesland und verzeichnen die höchste Aufklärungsquote. Insofern muss man der Polizei schon für die Ist-Lage danken.
Das alles gerät jetzt durch die Flüchtlingsströme ins Wanken. Ich nenne Ihnen noch einmal die Zahlen: Alleine im September dieses Jahres sind mehr Flüchtlinge, nämlich 150.000, nach Bayern gekommen als in den Monaten Januar bis August dieses Jahres zusammen; da waren es – in Anführungszeichen – "nur" 130.000. Im Münchner Hauptbahnhof haben wir an den beiden ersten Wochenenden des letzten Monats je 20.000 Flüchtlinge empfangen.
Was heißt das für die Polizeiarbeit? – Das bedeutet, dass sie wirklich, wie es so schön heißt, am Limit ist. Ich zähle Ihnen mal die einzelnen Aufgaben auf, die die Polizei aufgrund der Flüchtlingsströme jetzt noch zusätzlich übernehmen muss: Ersterfassung der Flüchtlinge, Kontrolle bei den illegalen Grenzübertritten, Transport zu den Aufnahmeeinrichtungen, Abar
beitung der Schleuserangriffe, Schutz der Asylbewerber und Flüchtlingsheime, rechte Gewalttäter in Schach halten, Demonstrationsfreiheit gewährleisten; Gegendemonstranten ebenfalls das Demonstrationsrecht gewährleisten, dabei zugleich verhindern, dass beide Gruppen aufeinandertreffen; Auseinandersetzungen unter Flüchtlingen schlichten und schließlich Abschiebungen unterstützen.
All diese zusätzlichen Aufgaben bedeuten eine solche Mehrbelastung, dass wir uns wirklich fragen müssen: Wie schafft das unsere Polizei? Und jetzt kommt noch eines hinzu: Sie fordern auch noch Transitzonen: Wer soll das denn noch regeln? Wie soll denn da noch die Ordnung durch die Polizei hergestellt werden?
Wie wollen Sie das denn noch erreichen? - Wir sind doch schon jetzt überlastet – und dann wollen Sie noch Transitzonen einrichten, die wahrscheinlich mit einem Zaun umgeben werden sollen, weil Sie dort ja erst mal Flüchtlinge – ich sage das jetzt in Anführungsstrichen – "einfangen" wollen,
um zu überprüfen, ob sie überhaupt ein Aufenthaltsrecht für Deutschland bekommen können. Ich halte das für einen ganz schlechten Weg. - Wir reden gerade über die Arbeit der Polizei, und das geht alles zulasten der Polizei, Frau Kollegin. Wie wollen Sie das denn alles gewährleisten?
- Reden Sie doch mal mit ihrer eigenen Polizeiinspektion Unterhaching, dann werden Sie schon hören, wie dort über die momentane Überlastung gejammert wird.
Was können wir also tun? Einige Vorschläge sind schon unterbreitet worden. Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten, für Abhilfe zu sorgen. Das ist zum einen die Hilfe technischer Art – so will ich es einmal nennen –, und zum anderen die Hilfe beim Personal.
Zunächst zur Hilfe technischer Art. Was wir schon lange fordern, was jedoch immer wieder im Innenministerium versackt und was der Innenminister leider nicht aufnimmt: Wir sollten die Polizei endlich von polizeifremden Aufgaben entlasten. Wie lange fordern wir schon, dass Schwer- und Großtransporte nicht mehr von der Polizei begleitet werden müssen?