Protokoll der Sitzung vom 15.10.2015

Zunächst zur Hilfe technischer Art. Was wir schon lange fordern, was jedoch immer wieder im Innenministerium versackt und was der Innenminister leider nicht aufnimmt: Wir sollten die Polizei endlich von polizeifremden Aufgaben entlasten. Wie lange fordern wir schon, dass Schwer- und Großtransporte nicht mehr von der Polizei begleitet werden müssen?

(Beifall bei der SPD)

Es würde eine große Entlastung bedeuten, wenn ein Großtransport von einer Fabrik in Norddeutschland hin zu einem Werk in Bayern hier in Bayern nicht mehr von unserer Polizei begleitet werden müsste, mit Übergaben, Ablösungen usw. Das ist eine polizeifremde Aufgabe, die in anderen Ländern überhaupt nicht mehr von der Polizei wahrgenommen wird.

In diesen Bereich gehören auch Objektschutzaufgaben. Schauen Sie sich nur einmal an, wie viele Objekte es gibt, die alle von der Polizei bewacht werden. Wir haben doch gerade erst die Kooperationsvereinbarung mit den Sicherheitsdiensten getroffen. Solche Aufgaben können die Sicherheitsdienste ohne Weiteres wahrnehmen; dafür brauchen wir nicht unsere Polizei einzusetzen.

Der zweite Bereich betrifft das Personal. Wir brauchen mehr Personal. Ich muss zunächst unseren Freistaat Bayern loben, weil er nicht der Tendenz anderer Länder gefolgt ist und Stellen bei der Polizei abgebaut hat.

(Zuruf von der CSU: SPD-Länder!)

Wir haben bei der Polizei Neueinstellungen vorgenommen; wir haben dafür gesorgt, dass wir hier einen guten Standard haben, wenn es auch noch nicht gut genug ist, das sage ich ausdrücklich. Aber das, was Sie sich zuerst überlegt haben, nämlich pensionierte Polizeibeamte als Datenerfassungskräfte aktivieren zu wollen – das war ja wohl ein Flop! Die pensionierten Polizeibeamten, mit denen ich gesprochen habe, haben gesagt: Ich dachte, ich kann zurückkommen und wirklich helfen. Es kann ja wohl nicht sein, dass ich nur Schreibkraft sein soll.

Insofern begrüßen wir, dass Sie gesagt haben: Wir stellen 500 Polizeibeamte ein und zudem 80 Tarifbeschäftigte, also Angestellte im Polizeidienst. Wenn wir allerdings die 500 Polizeibeamten jetzt einstellen – Herr Ländner, das wissen Sie auch –, dann sind die erst in drei Jahren mit der Ausbildung fertig. Das hilft uns in der derzeitigen Lage daher überhaupt nicht.

Ich finde es grundsätzlich richtig, 500 Polizeibeamte einzustellen; wir brauchen sie, unabhängig von der Flüchtlingssituation – aber wir brauchen vor allem dringend sofortige Hilfe. Diese sofortige Hilfe könnte von Tarifbeschäftigten kommen, also Angestellten im Polizeidienst.

Diese Kräfte könnten die notwendigen Erfassungsund Schreibarbeiten erledigen. Das sind keine typischen Polizeiaufgaben, die der Polizeibeamte selber erledigen muss. Wichtig ist vor allem, dass diese Maßnahme sofort erfolgen könnte. Wir könnten solche Angestellten sofort einsetzen.

Deshalb ist die vorgesehene Zahl von 80 Kräften viel zu wenig. Wir selber haben im Haushaltsantrag vorgeschlagen, 182 Polizeikräfte einzustellen, die GdP hat 200 Kräfte gefordert. Das scheint mir die bessere Anzahl zu sein, weil damit eine echte Entlastung der Polizei selber erfolgen kann. Es ist ja schon jetzt der Fall, dass unsere Tarifbeschäftigten bei der Arbeit in den Polizeiinspektionen einen großen Aufgabenbereich abdecken. Leider wird dies jedoch viel zu wenig gewürdigt. Diese Kräfte werden auch schlecht bezahlt.

Trotzdem wäre diese Sofortmaßnahme der richtige Weg, der Polizei entsprechende Entlastung zu verschaffen. Deswegen fordere ich Sie auf, Herr Minister: Legen Sie etwas drauf! Nur 80 Kräfte sind zu wenig. Vielleicht treffen wir uns in der Mitte und einigen uns auf 160. Das wäre der richtige Ansatz.

Lassen Sie mich schließen mit einem Dank an unsere Polizei. Dieser Dank bezieht sich nicht nur auf das, was sie macht – nämlich für die Sicherheit in Bayern zu sorgen –, sondern er bezieht sich auch darauf, wie sie das macht. Ich habe, wie gesagt, viele Polizeidienststellen besucht, gerade im Osten unseres Landes. Dabei ist mir eines aufgefallen, und darauf bin ich wirklich stolz. Das ist nämlich die Tatsache, dass unsere Polizei diese Arbeit sehr souverän erledigt. Da gibt es keine Ausfälle gegenüber den Flüchtlingen. Ich habe hier kein negatives Wort gehört.

(Zuruf von der SPD: Gute Ausbildung!)

Die Polizei verrichtet die Arbeit souverän und staatsbürgerlich. Unsere Polizisten sind Staatsbürger in Uniform, die eine hervorragende Arbeit machen. In diesem Sinne von unserer Fraktion einen herzlichen Dank an die Polizei!

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat die Kollegin Schulze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die bayerische Polizei hat sehr viel zu tun. Aber gleichzeitig möchte ich feststellen, dass die bayerischen Polizistinnen und Polizisten nicht erst seit August 2015 tagtäglich ein riesiges Arbeitspensum abarbeiten. Das Jahr 2015 mit dem Sicherheits-Overkill G-7-Gipfel ist sicher ein besonders heftiges Jahr für die bayerische Polizei. Da hätte man mit einer anderen Einsatzplanung sicherlich einige Ressourcen sparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Trotz der hohen Arbeitsbelastung arbeiten die Polizistinnen und Polizisten effizient und konzentriert. Deshalb möchten wir als GRÜNEN-Fraktion ein herzliches Dankeschön für den unermüdlichen Einsatz der Polizistinnen und Polizisten aussprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für uns GRÜNE ist klar: Die Polizei braucht einen guten finanziellen Unterbau und ausreichend Personal, um die ihr gestellten Aufgaben auch abarbeiten zu können. Aber das allein, nur die Bereitstellung finanzieller Mittel, ist kein Allheilmittel. Solche Mittel auszuschütten wie mit der Gießkanne, das wird auch in Zukunft nicht reichen. Wir GRÜNEN finden, dass die bayerische Polizei dringend eine Aufgabenkritik braucht. In den vergangenen Jahren wurde sie mit immer mehr und neuen Aufgaben konfrontiert, die sie wahrnehmen muss. Hier muss man jetzt einmal politisch priorisieren und entscheiden, welche Aufgaben vordringlich bearbeitet gehören.

Dazu stelle ich mir schon einige Fragen: Warum müssen beispielsweise Polizistinnen und Polizisten auf den bayerischen Straßen jede Nacht Schwertransporter begleiten? – Diese Aufgabe kann man prima einem privaten Unternehmen unter festgelegten Vorgaben übertragen, und das würde zum Beispiel zu einer massiven Entlastung der Polizeikräfte führen. Außerdem frage ich mich, warum wir in Bayern nicht auch ein Pilotprojekt wie in NRW durchführen können, bei dem die Fußballspiele nach dem Risiko definiert werden, damit nicht immer Hunderte von Einsatzkräften bei unkritischen Fußballspielen dabei sein müssen. Auch das würde Ressourcen schonen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Ich erwähne jetzt einen Punkt, weil er sehr aktuell ist: Wann stellen wir endlich die Strafverfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten geringer Cannabismengen ein, wie es das Bundesverfassungsgericht schon 1994 beschlossen hat? - Wir GRÜNE haben erst gestern im Innenausschuss einen diesbezüglichen Antrag eingebracht und debattiert. Die CSUFraktion lehnt das ab, obwohl mittlerweile selbst Gewerkschafter der Polizei sagen: Ja, genau, das würde uns von Bürokratie entlasten und zusätzliche Ressourcen freistellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Mit diesen Ressourcen könnten sich unsere bayerischen Polizistinnen und Polizisten dann um die Auf

gaben kümmern, die im Moment wirklich vordringlich sind. Das ist zum Beispiel die Bekämpfung des Anstiegs rechter Gewalt in Bayern, das Thema islamistischer Terrorismus und das große Thema Cyberkriminalität. Hier braucht die Polizei Unterstützung, und zwar auch vom Freistaat Bayern.

Neben einer Umschichtung der Ressourcen ist es aber auch wichtig, dass sich der Freistaat Bayern als Arbeitgeber darüber Gedanken macht, wie man anerkennen kann, was für gute, sinnvolle und sinnstiftende Arbeit die Polizistinnen und Polizisten für uns als Gesellschaft leisten. Dazu gehört zum Beispiel eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit der Polizeiberuf attraktiv bleibt. Außerdem brauchen wir solche einfachen Dinge wie endlich die Verdoppelung der Ballungsraumzulage und die Erhöhung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten auf fünf Euro. Das alles sind Punkte, die wir GRÜNEN schon seit Jahren fordern, wobei wir aber leider immer wieder an der Verbohrtheit der CSU scheitern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Wenn ich mit Polizistinnen und Polizisten vor Ort spreche, sind das sehr oft die Punkte, die sie mir nennen und von denen sie sagen, damit würden sie von der Polizeiarbeit entlastet und erhielten eine Anerkennung ihrer Arbeit. Gleichzeitig höre ich von ihnen auch immer wieder, dass sie diesen Beruf gewählt haben, weil sie die Ausübung der Grundrechte für die Bürgerinnen und Bürger garantieren und etwaige Gefahren abwenden wollen. Ich finde, wir müssen sie genau dabei unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Heckner von der CSU das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Aktuelle Stunde gibt uns allen noch einmal die Gelegenheit, uns bewusst zu machen, was der öffentliche Dienst insgesamt in dieser historischen Situation bei der großen Menge an Flüchtlingen leistet. Ich möchte mich ausdrücklich dem Dank anschließen, der unserer bayerischen Polizei von allen Fraktionen ausgesprochen wurde. Wir erleben in unseren Kontakten, mit welch großer Empathie unsere gut ausgebildete Polizei auf die Flüchtlinge eingeht und mit ihnen arbeitet.

Nichtsdestoweniger möchte ich heute auch auf all die anderen Bereiche im öffentlichen Dienst hinweisen,

damit nicht der Eindruck entsteht, nur die Polizei leistet Gewaltiges. Der gesamte öffentliche Dienst befindet sich am Limit, und aus diesem Grund seid ihr mit dem Hinweis von Herrn Professor Dr. Gantzer, die Staatsregierung solle handeln, nicht ganz aktuell; denn die Staatsregierung hat gehandelt.

(Beifall bei der CSU)

Mit dem Sonderprogramm "Zusammenhalt fördern, Integration stärken" ist seit dem 09.10. klar, mit welchem gewaltigen finanziellen Aufwand unsere Staatsregierung und die CSU-Fraktion den Aufgaben gerecht werden will. Es sind alle Bereiche betroffen – die Sozialverwaltung, die Kommunen, die innere Verwaltung, die Verwaltungsgerichte und der sehr große Bereich unserer Schulen. Was hier alles geleistet wird, wird von uns anerkannt, und es wird auch entsprechend reagiert. Dieses Sonderpaket enthält 5.449 neue Stellen. Es entspricht der gewohnten Oppositionsrhetorik, überall noch mehr zu fordern. Wir müssen aber darauf achten, dass wir jetzt eine schnelle Reaktion schaffen und schnell entlasten können, damit wir all diesen Dingen, die wir auch alle möchten – Planbarkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf -, gerecht werden können.

In der Justiz wurden insgesamt 260 Stellen geschaffen. In der Bildung wurden wiederum 1.079 neue Stellen geschaffen, um die Integration zu fördern; denn uns allen ist klar, dass wir bei den Kindern beginnen müssen. Wenn Integration gelingen soll, muss sie so früh wie möglich beginnen, das heißt in unseren Schulen. Unsere Lehrkräfte haben das bislang alles ohne zusätzliches Personal hervorragend und vorbildlich gemeistert und werden jetzt sicherlich qualitativ noch besser einsteigen können und die Integrationsaufgabe lösen.

Lieber Herr Kollege Pohl, gestern wurde im Haushaltsausschuss Ihr Antrag auf Schaffung 50 neuer Stellen bei den Verwaltungsgerichten abgelehnt. In diesem Zusammenhang darf man vielleicht darauf hinweisen, dass das Paket der Staatsregierung die Schaffung von 26 Stellen für Verwaltungsrichter und 26 Stellen für nicht richterliches Personal vorsieht. Außerdem ist ein Pool von 40 Stellen vorhanden, der situationsbezogen dort hinkommen soll, wo es am nötigsten ist. Es ist deshalb eine Unverschämtheit von Ihnen, auf Facebook herumzupalavern, die CSU hätte Ihren Antrag abgelehnt,

(Beifall bei der CSU – Zurufe: Bravo!)

weil sie nicht an einer effizienten und raschen Bearbeitung von Asylanträgen interessiert sei.

(Zuruf bei den FREIEN WÄHLERN: Ja, stimmt es nicht?)

Natürlich, wir können ja auch lesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hören in wenigen Minuten eine Regierungserklärung, nach der über alle diese Punkte noch einmal ausführlich diskutiert wird. Ich bitte zu sehen, mit welcher großen Kraftanstrengung Bayern hier vorangeht, und zwar auch als Vorbild für andere Bundesländer und die Bundesregierung.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat nun der Herr Kollege Dr. Florian Herrmann von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in dieser Aktuellen Stunde sehr ausführlich und sehr intensiv zugehört und muss bei den Beiträgen der Opposition zu dem Ergebnis kommen, dass ich leider wieder nichts Neues gehört habe.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Eva Gottstein (FREIE WÄHLER))

Es war eine Situationsbeschreibung und eine Diskussion oder eine Debatte auf dem Niveau, das man eher von der Wursttheke in der Metzgerei kennt: Darf es ein bisserl mehr sein? - Das ist intellektuell nicht besonders herausfordernd, und Sie stehen auch nicht in der Verantwortung für solide Staatsfinanzen. Für mich steht deshalb fest: Die Opposition in Bayern bleibt eine Opposition der Ideenlosigkeit und des Nörgelns.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Ja- wohl!)