Protokoll der Sitzung vom 24.11.2015

Auch bei der Besetzung der Ausschüsse muss beachtet werden, dass die staatlichen und die staatsnahen Vertreter in Zukunft lediglich ein Drittel der Plätze besetzen dürfen. Dies gilt übrigens auch für die Besetzung der Vorsitze des Fernsehrates, des Verwaltungsrates und von dessen Ausschüssen. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass die Personen, die dem staatlichen oder staatsnahen Bereich zugeordnet sind, nicht als Vertreter anderer Verbände oder Organisationen den Gremien angehören. So dürfen unter anderem Parlamentarier und Regierungsmitglieder

sowie führende Parteienvertreter dem Fernsehrat und dem Verwaltungsrat nicht angehören, sofern es sich bei ihnen nicht um die gesetzlichen staatlichen oder staatsnahen Mitglieder handelt. Frühestens 18 Monate nach dem Ausscheiden aus der dortigen Funktion dürfen auch diejenigen, die als inkompatibel eingestuft waren, Mitglied des Fernsehrates oder des Verwaltungsrates werden.

Ein Mitglied darf dem Fernsehrat und dem Verwaltungsrat insgesamt maximal drei Amtsperioden angehören. Die Mitgliedschaften in Fernsehrat und Verwaltungsrat werden dabei nicht einzeln betrachtet, sondern zusammengerechnet.

Vor dem Inkrafttreten laufende Amtsperioden – egal, wie viele es bisher waren – gelten als erste Amtsperiode. Dies soll auch einer Versteinerung der Gremien entgegenwirken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ein neues Mitglied entsandt wird – das ist der letzte Punkt, der mir an dieser Stelle erwähnenswert erscheint –, muss einem männlichen Mitglied eine Frau und einem weiblichen Mitglied ein Mann nachfolgen. Sollte eine Organisation oder ein Verband zwei Vertreter entsenden, sind je eine Frau und ein Mann zu entsenden. Diese Neuregelung soll verbindlich sicherstellen, dass bei Entsendung der Mitglieder in den Fernsehrat Männer und Frauen angemessen berücksichtigt werden.

Zu guter Letzt: Damit die Gremienarbeit selbst auch transparenter gestaltet wird, sollen die Sitzungen des Fernsehrates künftig öffentlich sein. Im Gegensatz dazu finden die Sitzungen der Ausschüsse sowie die Sitzungen des Verwaltungsrates und von dessen Ausschüssen grundsätzlich nichtöffentlich statt. Ich meine, das ist eine sinnvolle Einschränkung, vor allem deshalb, weil es dort oft im Detail um datenschutzwürdige Themen geht und ein geschützter Bereich für notwendige Diskussionen in diesem Bereich erhalten bleiben soll.

Die Zusammensetzung des Fernsehrates und der Ausschüsse sowie die Tagesordnungen und eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse werden künftig veröffentlicht. Hierzu reicht eine Veröffentlichung in elektronischer Form auf der Homepage des ZDF aus – nach meinem Dafürhalten ein überfälliger Punkt.

Die geplanten Änderungen sind zuvörderst eines – eine Umsetzung der Vorgaben des Gerichtsurteils. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind die Ergebnisse der zwischen den Landesregierungen geführten Verhandlungen. Meines Erachtens ist ein guter Kompromiss erzielt worden. Den wesentlichen Kritikpunkten des Bundesverfassungsgerichts wird mit diesem

Änderungsvertrag voll Rechnung getragen. Deshalb werden wir ihm zustimmen. Wir bitten Sie, Kolleginnen und Kollegen, um das Gleiche.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Kollegin Fehlner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach unserer Auffassung sind im Laufe der Beratungen zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der im Wesentlichen eine Novelle des ZDF-Staatsvertrags beinhaltet, keine neuen Erkenntnisse, Gesichtspunkte und Argumente hinzugekommen. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurden die Länder verpflichtet, eine verfassungsgemäße Neuregelung des ZDF-Staatsvertrags zu treffen. Dies ist geschehen. Die Länder haben sich auf eine entsprechende Neuregelung geeinigt. Diese findet auch unsere Zustimmung.

Wichtig waren und sind für uns folgende Positionen: das Gebot der Staatsferne, die Vielfaltssicherung und die Transparenz der Gremien. Das Gebot der Staatsferne sei nicht als Abwesenheit, sondern vielmehr als besondere Form der Wahrnehmung der Verantwortung des Staates für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verstehen, so das Bundesverfassungsgericht in seiner Beurteilung. Die Gremien müssen also unsere Gesellschaft vielseitig und facettenreich widerspiegeln; sie dürfen nicht versteinern. Einer Dominanz von Mehrheitsperspektiven ist entgegenzuwirken.

Diesem Änderungsauftrag der Verfassungsrichter kommen die Länder im Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nach. Deshalb wird nicht nur der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Gremien auf ein Drittel gesenkt; auch das Spektrum der in den Gremien vertretenen gesellschaftlichen Strömungen und Perspektiven wird erweitert und um Vertreterinnen und Vertreter von Gruppen ergänzt, die vielfältiger als bisher die Gesellschaft und die aktuell in ihr vertretenen Meinungen und Haltungen widerspiegeln. Personen mit möglichst vielen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen gesellschaftlichen Bereichen unseres Gemeinwesens müssen vertreten sein. Immerhin sorgt die Evaluierungsregelung dafür, dass immer wieder überprüft werden muss, jeweils nach zwei Amtsperioden, ob die Zusammensetzung des Fernsehrates noch zeitgemäß ist, also der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung trägt.

Es ist gut, dass durch die Einführung der Inkompatibilitätsregelung verhindert wird, dass Verbände und Organisationen Politiker oder staatsnahe Vertreter in die

Gremien entsenden. So werden nun auch die Mitglieder der Europäischen Kommission, hauptamtliche kommunale Wahlbeamte und Beamte, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände auf Leitungsebene und die Mitglieder des Parteivorstandes dem staatlichen Bereich zugeordnet. Eine Karenzzeitregelung kann ebenfalls vor dem Zuzug der Politik durch die Hintertür schützen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist gut, dass Transparenzregelungen einbezogen werden, von der Veröffentlichung von Protokollen über die Öffentlichkeit der Sitzungen bis hin zur Veröffentlichung von Gehältern des Leitungspersonals.

Wir hoffen, dass die Gleichstellungsregelung in der Praxis nun wirkt, und werden genau beobachten, wie sich das Geschlechterverhältnis in den Gremien entwickeln wird. Klar ist, dass ein Staatsvertrag, der zwischen 16 Bundesländern mit unterschiedlichen Regierungszusammensetzungen und Interessenlagen geschlossen wurde, bedeutet, dass die vertragliche Regelung zwischen den Ländern natürlich auch immer eine Kompromisslösung ist. In diesem Fall glauben wir, dass ein guter Kompromiss gefunden wurde. Wir stimmen ihm zu.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Nächster Redner ist Professor Dr. Piazolo. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben schon intensiv und ausführlich den Inhalt des Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages beschrieben. Insofern kann ich mich auf einige wenige Ausführungen beschränken.

Sie haben im Wesentlichen die positiven Dinge herausgestellt. Ich will einige kritische Anmerkungen zu dem machen, was mir aufgefallen ist. Im Zentrum der gesamten Debatte und auch des Bundesverfassungsgerichtsurteils stand die Frage: Wie viel Einfluss soll die Politik, wie viel Einfluss sollen Politiker auf öffentlich-rechtliches Fernsehen, in diesem Fall das ZDF, auf ein staatsfernes Fernsehen haben? Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Höchstens ein Drittel der Vertreter dürfen staatsnah sein, dürfen Politiker sein. Vorher waren es mehr.

Und wie reagiert die Politik? Sie reagiert exakt an der Oberschwelle. Exakt die Oberschwelle, nämlich ein Anteil von einem Drittel, wird festgeschrieben. Das ist zwar eine Umsetzung des Bundesverfassungsge

richtsurteils, es ist mir aber zu wenig. Wenn man den Einfluss der Politik beschränken will – ich halte das bei einem staatsfernen, unabhängigen Rundfunk für notwendig –, dann sollte man weiter gehen. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass man nur ein Fünftel mit Politikern besetzt. Das ist immer noch genügend und eine große Anzahl angesichts der Gesamtzahl von 60.

Das ist aber nicht passiert. Ich glaube, dass dieser Staatsvertrag damit kein schönes Zeichen setzt für das, was vielleicht in den Ländern umgesetzt wird, weil ich auch da das Gefühl habe, dass man an die Obergrenze dessen geht, was möglich ist, dass man das, was durch das Bundesverfassungsgericht vorgegeben ist, bis an die Obergrenze ausschöpft. Ich meine, dass das kein gutes Zeichen nach außen ist, auch kein gutes Zeichen gegenüber den Bürgern, weil der Eindruck entsteht: Die Politiker wollen den Einfluss so weit ausdehnen, wie sie nur irgendwie können. Das ist einer der kritischen Punkte, die ich in diesem Staatsvertrag sehe.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zwei weitere Dinge, die mir aufgefallen sind, sind die beiden Protokollerklärungen von verschiedenen Bundesländern. Interessant ist, welche Protokollerklärung Bayern unterschreibt und welche Protokollerklärung Bayern nicht unterschreibt. Sie unterschreiben die erste Protokollerklärung, in der es darum geht, ob Geschäftsführer von kommunalen Spitzenverbänden als Politiker gelten oder nicht. Da lautet sogar die Argumentation, dass dadurch, dass sie weisungsgebunden sind, sie eben nicht der Kategorie Politik zuzuordnen sind. Die Frage ist natürlich, wer die Weisungen gibt. Ist das nicht wieder die Politik, die die Weisungen gibt? Insofern ist meine Auffassung, ist unsere Auffassung als FREIE WÄHLER, dass man auch diese Vertreter kommunaler Spitzenverbände – seien es auch die Geschäftsführer – in die Kategorie Politik mit hineinnehmen und dazuzählen müsste. Es wäre gut gewesen, wenn Bayern diese Protokollnotiz nicht unterzeichnet hätte.

In der zweiten Protokollnotiz geht es darum, wie schnell man die Ideen des Bundesverfassungsgerichts auf den Fernsehrat, auf die Ländergesetzgebung umsetzt. Hier wird auf das Tempo gedrückt. Es wird gesagt, wir wollen das möglichst schnell umsetzen. Da hat Bayern nicht mitgewirkt, vielleicht auch wohl wissend, dass man, was die eigene Landesgesetzgebung anbetrifft, insbesondere beim Rundfunkrat und Medienrat hinterherhinkt und es nicht geschafft hat, innerhalb der Amtszeit eine Regelung zu schaffen, eine neue Amtszeit mit einer neuen Regelung zu beginnen, die dem Urteil des Bundesverfassungsge

richts entspricht. Deshalb musste man den Bypass aus Verlegenheit wählen und die Amtszeit des Medienrates verlängern. Das macht deutlich, dass die Staatsregierung, aber auch der Gesetzgeber geschlafen haben, sich zu viel Zeit gelassen haben. Insofern scheint auch in dieser Protokollnotiz ein Versäumnis des Freistaates Bayern auf.

Diese Gründe, die ich genannt habe, veranlassen uns FREIE WÄHLER, die wir noch nicht in einer der Landesregierungen vertreten sind, dazu, diesem Staatsvertrag nicht zuzustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Kollegin Ulrike Gote.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNE haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehr begrüßt. Wir haben das Ganze ja mit angeschoben, damit es überhaupt zu dem Verfahren kam. Allerdings ist die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils leider nicht das geworden, was wir uns erhofft haben. Es ist nämlich nicht zu einer echten tiefgreifenden Reform gekommen.

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurden zwar gerade so eben umgesetzt; aber die Gesamtschau zeigt, dass das doch relativ mutlos gemacht wurde. Es wurden Chancen verpasst, dem ZDF eine gesellschaftsnahe Aufsicht und den Zuschauerinnen und Zuschauern damit das Gefühl zu geben, dass sie von diesem Gremium tatsächlich vertreten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde wieder wie alle vorhergehenden auf sehr intransparente Art und Weise hinter verschlossenen Türen ausgemauschelt. So bleibt es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien welche gesellschaftliche Gruppe vertreten sein wird und welche nicht. Es gibt keine Begründungen dafür im Staatsvertrag oder auch analog zu den Verhandlungen.

Das Gremium sollte ja staatsferner werden. Ja, es ist jetzt staatsferner geworden. Die Ministerpräsidenten haben das aber auf eine sehr eigene Art interpretiert und umgesetzt. Die staatliche Seite stellt zwar nun nur noch ein Drittel des Gremiums, das heißt, die Ministerpräsidenten können einen kritischen Chefredakteur nicht mehr einfach aus dem Amt kegeln. Es wird also keine zweite "Causa Brender" geben. Aber nun sind auch die Vertreter und Vertreterinnen der Partei

en herausgefallen, und zwar allein zugunsten der Exekutiven. Hier wird das Rad des Exekutivföderalismus munter weitergedreht. Es steht außerdem zu befürchten, dass dort nur noch die Ministerpräsidenten und die Regierungsvertreter der Großen Koalition vertreten sind.

Wenn ich das jetzt einmal aus unserer Warte, aus der Warte der GRÜNEN hier im Bayerischen Landtag sehe, dann kann das nicht in unserem Sinne sein. Die politische Vielfalt bildet sich in dem neuen ZDF-Fernsehrat nicht ab. Es gibt nur einen einzigen wirklichen Erfolg, und den bejubeln wir auch kräftig. Der einzige wirkliche Erfolg kam aber nur zustande, weil wir GRÜNEN nicht lockergelassen haben. Wir haben auch bei der Umsetzung darauf gedrängt, und wir haben eine Möglichkeit gefunden, das umzusetzen. Künftig wird es eine Vertretung der Schwulen und Lesben bzw. der LSBTTIQ im Fernsehrat geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist sicherlich ein ganz, ganz großer Fortschritt. Den begrüßen wir ganz ausdrücklich. In der Gesamtschau aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist uns das zu wenig. Gerade nach den Beratungen in den Ausschüssen und nach dem, was wir gehört haben – auch die Ausführungen von Herrn Kollegen Piazolo haben das bestärkt, sowohl im Ausschuss als auch gerade eben wieder –, ist uns das deutlich zu wenig. Wir wollen, und hier bin ich auch bei einem Argument, das der Kollege gerade aufgegriffen hat, und knüpfe daran: Wir wollen auch die Landesgesetzgebung reformieren. Wir wollen deutlich weiter gehen als das, was wir jetzt haben. Wir sehen es deshalb als schlechtes Zeichen an, diesem Staatsvertrag jubilierend beizutreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In dieser Gesamtschau kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir unser Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen revidieren und diesem Staatsvertrag nunmehr nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Staatsvertrag auf der Drucksache 17/7548 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Wissenschaft und Kunst auf der Drucksache 17/8850 zugrunde. Gemäß § 58 der Geschäftsordnung kann die Abstimmung nur über den gesamten Staatsvertrag erfolgen. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung. Wer dem Staatsvertrag zustimmen möchte, den bitte ich nun um sein

Handzeichen. – Das sind die CSU und die SPD. Danke schön. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die FREIEN WÄHLER und die GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dem Staatsvertrag zugestimmt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Abstimmung über eine Europaangelegenheit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlage mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)