Allein bis Ende des Jahres 2015 werden hiervon rund 40.000 Eltern profitieren. Das bayerische Betreuungsgeld hat denselben Umfang wie das Bundesbetreuungsgeld. Die Höhe beträgt weiterhin 150 Euro monatlich; es wird maximal 22 Monate gewährt.
Das Betreuungsgeld schließt auch künftig an das 14monatige Elterngeld an. Die Leistung kann also im Regelfall ab dem 15. Lebensmonat des Kindes, längstens bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats, beansprucht werden.
Erstens. Der Gesetzentwurf sieht eine Information durch die Träger von Kindertageseinrichtungen bzw. durch die Jugendämter vor. Diese müssen künftig die Eltern darauf hinweisen, dass mit der Inanspruchnahme einer BayKiBiG-geförderten Kinderbetreuung der Anspruch auf Betreuungsgeld entfällt. Dies kann durch Übergabe eines Formblattes geschehen und hilft, Überzahlungen zu vermeiden.
Zweitens. Wir wollen die gesundheitliche Prävention stärken. Daher ist das Betreuungsgeld an die Wahrnehmung der altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchungen geknüpft. Das ist konsequent; denn ein entsprechender Nachweis wird auch bei der Beantragung von Landeserziehungsgeld, der Anmeldung in einer Kindertageseinrichtung oder bei Aufnahme des Kindes in Tagespflege gefordert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unzählige Eltern warten auf diese Leistung. Gerade am Beginn der Familiengründung sind die Ausgaben hoch und das Familienbudget vergleichsweise niedrig. Gerade in dieser Zeit kommt es auf jeden Euro an.
Im Interesse der betroffenen Familien bitte ich Sie, zu einem zügigen Gesetzgebungsverfahren beizutragen. Sobald das Bayerische Betreuungsgeldgesetz vom Landtag beschlossen worden ist, wird allen Eltern, die in Bayern Elterngeld bezogen haben oder beziehen, der Antrag unaufgefordert zugesandt. Hierüber werden die Eltern derzeit durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales konkret informiert.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Ich eröffne damit die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Einzelheiten sind Ihnen sicherlich bekannt. – Als nächste Rednerin erhält Frau Kollegin Rauscher für die SPD das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, sehr geehrte Frau Ministerin Müller! Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Pflege und zur Erziehung ihrer Kinder. Es ist Ausdruck der Entscheidungsfreiheit der Eltern, dass sie die Betreuungsform selbst wählen können; das ist klar. Von Wahlfreiheit und einer von Familien gewünschten Leistung kann beim Betreuungsgeld aber keine Rede sein. 150 Euro im Monat werden bei keiner Familie in Bayern dafür sorgen, dass sie ihre Kinder ohne finanzielle Sorgen zu Hause betreuen kann.
Entscheidungsfreiheit haben nur die Eltern, die es sich ohnehin leisten können. Für alle anderen ist das Betreuungsgeld keine Unterstützung für die Bewältigung der Herausforderung des Alltags. Die große Mehrheit ist auf gute Rahmenbedingungen für sich und ihre Kinder angewiesen – nicht nur in der Kita, sondern im gesamten Bildungsbereich. Es geht nach wie vor um die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Auch in anderen Ländern war ein Betreuungsgeld mit dem Argument, die Entscheidungsfreiheit der Familien solle gestärkt werden, eingeführt worden. Das Ergebnis der in Finnland, Norwegen und Schweden durchgeführten Evaluationen ist interessant: Ein Betreuungsgeld verstärkt das übliche Muster der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung bei der Kinderbetreuung und schwächt die Position von Frauen in der
Gesellschaft. Frauen kritisieren, keine Arbeit zu bekommen, bei Beförderungen nicht berücksichtigt zu werden und ihre dauerhafte Anbindung an den Arbeitsmarkt zu verlieren. Der Einfluss des Betreuungsgeldes auf die künftige Rente ist dabei nicht zu unterschätzen.
Die große Mehrheit der Leistungsempfänger sind in allen drei Ländern Mütter; in Bayern sind es 95 % aller Leistungsbezieher. Unter diesen sind überdurchschnittlich viele Frauen mit geringem Einkommen, niedrigem Bildungsniveau oder mit Migrationshintergrund vertreten.
Liebe Frauen – und liebe Männer –, nennen Sie mir einen Mann, der für 150 Euro im Monat zu Hause bleibt.
Eigentlich wird man aus Erfahrung klug. In Norwegen wurde das Betreuungsgeld zuletzt gekürzt, in Schweden und einigen anderen Ländern komplett abgeschafft. In unserem Nachbarland Thüringen ist es mit der Begründung, es habe falsche Anreize gesetzt, abgeschafft worden.
All diese Länder haben ihre Lehren gezogen. Nur der Freistaat Bayern mit seiner Staatsregierung hält eisern an einer Familienleistung fest, die von der Mehrheit in Bayern eigentlich nicht gewünscht wird.
Gleichstellung von Mann und Frau fördern – das müsste die Devise der Staatsregierung sein. Diese Leistung tut es nicht. Lassen Sie sich doch einfach von uns überzeugen.
63 % der Menschen in Bayern wollen, dass die Gelder aus dem Bundeshaushalt in den frühkindlichen Bereich investiert werden. Diese Einschätzung wird von Menschen in allen Regionen sowie über alle Alters-, Einkommens- und Bildungsgruppen hinweg geteilt. Nur 28 % wünschen sich ein Betreuungsgeld. Dies spiegelt die veränderten Bedürfnisse der neuen Lebens- bzw. Familienmodelle wider. Ziel muss es sein, allen Kindern den Zugang zu frühkindlicher Bildung zu ermöglichen – natürlich unter dem Vorbehalt, dass am Ende immer die Eltern entscheiden, ob sie das für ihre Kinder möchten. Zudem wäre dies ein Schritt in Richtung wirklicher Chancengleichheit.
Frau Ministerin, dass eine angebotene staatliche Leistung von Eltern abgerufen wird, auch wenn es lediglich 150 Euro pro Monat sind, ist doch klar. Wenn ich eine junge Mutter wäre und mich entscheiden würde, in der ersten Zeit nach Geburt des Kindes zu Hause zu bleiben, würde ich das wohl auch tun. Aber die Staatsregierung setzt ein falsches politisches Signal. Wir im Bayerischen Landtag müssen uns bewusst sein, dass das Betreuungsgeld die Gleichstellung von Mann und Frau nicht fördert.
Ich möchte noch einige weitere kritische Überlegungen zu dem Gesetzentwurf anschließen: Erstens. Die Gehaltsobergrenze ist wirklich sehr üppig. Ein Einzelverdiener kann bis zu einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro Betreuungsgeld beziehen. Andererseits wird es auf Sozialleistungen – diese nehmen schlechter gestellte Familien in Anspruch – angerechnet.
Frau Kollegin, einen kleinen Moment bitte. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Grundlärmpegel ist sehr hoch. Wenn Sie sich unterhalten müssen, dann gehen Sie doch bitte hinaus. Danke schön.
(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Deswegen ist der Geräuschpegel so hoch! – Kerstin Schrey- er-Stäblein (CSU): Weil die Argumente ausgetauscht sind!)
Sie geben kein gutes Bild ab. Auf der Besuchertribüne sitzen auch viele Frauen, liebe Männer der CSU-Fraktion. Das Gesetz benachteiligt wieder genau diejenigen, die schon schlechter gestellt und in unserer Gesellschaft von Armut bedroht sind.
Zweitens. Beim Übergang in eine Kindertagesbetreuung sollen die Kitas in die Verantwortung genommen werden und mit einem Infoblatt die Eltern informieren und belegen lassen, dass sie keinen Anspruch auf den Bezug von Betreuungsgeld haben. – Ich stelle mir die Frage: Wie viel Verwaltungsaufwand wollen wir den bayerischen Kindertageseinrichtungen noch zumuten, und wer kontrolliert, ob eine Änderungsmitteilung erfolgt? Wer haftet am Ende, wenn sich Eltern nicht entsprechend verhalten? Welche Last kommt da möglicherweise auf Träger von Kitas zu?
Es ist schon paradox, dass genau diejenigen, von denen die Kinder ferngehalten werden, am Ende für die Kontrolle dieses Infoblatts zuständig sind.
Es gibt eine Härtefallregelung, die nach meinem Empfinden im Gesetzentwurf viel zu undeutlich formuliert ist. Die Tendenz geht zu Ausnahmeregelungen bei Kindertagesbetreuung und gleichzeitigem Bezug von Betreuungsgeld. Ich würde mir aus dem Sozialministerium eine deutlichere Information darüber wünschen, wie das zu verstehen ist.
– Ja. – Abschließend möchte ich noch sagen, dass es schon interessant ist, dass beim Betreuungsgeld das Beziehen einer staatlichen Leistung mit einer Nichtinanspruchnahme einer anderen staatlichen Leistung einhergeht. Ich glaube, das gibt es in keinem anderen Bereich.
Meine Fraktion positioniert sich ganz klar mit einem Nein zu dem Vorhaben der CSU und der Staatsregierung. Ich bitte Sie um Unterstützung. Ich bitte Sie darum, sich die Einführung des bayerischen Betreuungsgeldes noch einmal gut durch den Kopf gehen zu lassen. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Kollegin Rauscher. Ich darf dazusagen, dass mein Hinweis auf die Redezeit natürlich schon mit einem Sicherheitszuschlag versehen war. – Die nächste Wortmeldung ist vom Kollegen Unterländer. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Lieber Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der bekannte Leiter der innenpolitischen Redaktion der "Süddeutschen Zeitung", Heribert Prantl, hat in seinem jüngsten Buch über Heimat ausgeführt: Familie ist der Ort, an dem der Mensch zu Ende geboren werden kann. Diese Aussage trifft meines Erachtens auch den Kern dessen, dass Familie im Zentrum unseres menschlichen und unseres gesellschaftlichen Lebens steht.
Die Familie ist der Markenkern und der Wesenskern einer Gesellschaft, die davon lebt und leben muss, dass Menschen optimal gefördert werden. Kinder, die optimal gefördert werden sollen, werden nur dann gefördert, wenn Eltern zufrieden sind. Diese Zufrieden
Meine Damen und Herren, Familien haben in Bayern das Recht, selbst über ihre Lebensbiografie zu entscheiden. Das hat nicht die Politik mit erhobenem Zeigefinger zu tun. Daran sollten Sie sich auch halten, meine Damen und Herren von der Opposition.
Dazu gehört auch, die Kinder zugunsten einer vollständigen Erziehung und Betreuung zu Hause zu erziehen oder alternativ eine Krippenbetreuung bzw. Tagespflege in Anspruch zu nehmen. Wenn eine öffentlich geförderte Einrichtung in Anspruch genommen wird, ist doch der Ansatz, diejenigen, die diese öffentlich geförderte Einrichtung nicht in Anspruch nehmen, mit einem eigenständigen Leistungsanspruch auf ein Betreuungsgeld zu entlasten, ein Beitrag zu echter Wahlfreiheit. Die CSU steht dazu, und die Bayerische Staatsregierung steht dazu, dieses Betreuungsgeld im Sinne einer echten Wahlfreiheit in Bayern einzuführen, meine Damen und Herren.
Wir haben von politischer Seite nicht das Recht, uns in diese Wahlfreiheit der Familien einzumischen. Sie sehen im Übrigen – über Zahlen kann man streiten –: 73 % der bezugsberechtigten Eltern in Bayern, die das Bundesbetreuungsgeld in Anspruch nehmen – das sind drei Viertel aller Eltern –, wollen das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen. Zu interpretieren, warum sie das tun, ist überhaupt nicht unsere Sache. Übrigens ist es auch nicht unsere Sache zu vermuten, dass dieses Geld nicht für die Kinder, nicht für die Familien, sondern für etwas anderes verwendet wird. Das ist billige Polemik. Das ist sogar menschenverachtend. Das sollte in den Diskussionen bitte unterbleiben. Frau Kollegin Rauscher, Sie haben das nicht angesprochen.