Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Gekreische von Frau Schulze fällt es sehr schwer, diesem Thema gerecht zu werden und ihm in Ruhe zu begegnen. Frau Präsidentin, ich möchte damit anfangen, dass ich Ihnen und der Stiftung Weiße Rose für den gestrigen Abend danke. Ich glaube, das kann ich mit allen Kolleginnen und Kollegen, die hier im Raum sind und gestern Abend anwesend waren, tun. Frau Strohmayr, wir saßen nebeneinander. Wir können miteinander feststellen, dass der gestrige Abend gelungen war und uns dieses Thema etwas nähergebracht hat. Deshalb erst einmal vielen Dank für den gestrigen Abend.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD)

Frau Schulze hatte bei der Abendterminplanung offensichtlich einen anderen Schwerpunkt gesetzt. Deshalb möchte ich sie ein Stück weit gerne daran teilhaben lassen, wie es gestern Abend war. Ich möchte mich bei allen anderen Rednern, bei Herrn Arnold, Herrn Rabenstein und Frau Gottstein und natürlich bei meinen beiden CSU-Kollegen bedanken – Herr Arnold, Sie schauen mich schon so erschreckt an –, weil man gemerkt hat, dass jeder in seinem Beitrag versucht hat, sich mit dem Thema in der Tiefe auseinanderzusetzen. Ich wünsche mir in der heutigen Aktuellen Stunde, dass wir uns überlegen, wie wir es schaffen können, dass Gewalt von rechts und von links, dass jeglicher Extremismus möglichst wenig Platz, am besten gar keinen Platz mehr in diesem Land hat. Deswegen danke ich Ihnen für Ihre Beiträge. Unser aller Auffassung muss es sein, dass wir jede Form von Gewalt, egal woher sie kommt, nicht gutheißen.

Wir alle haben den Faschismus nicht mehr erlebt. Viele von uns kennen aber noch die DDR. Ich möchte beides nicht gleichsetzen. Ich bitte Sie, mich nicht falsch zu verstehen. Als Vierjährige bin ich über die Grenze gefahren, um meine Verwandtschaft in der DDR zu besuchen. Wir wurden an der Grenze festgehalten, weil meine Mutter auf einem Formblatt etwas falsch angekreuzt hat. Mir war es als Vierjähriger völlig egal, aus welchem Grund mich jemand in einem rechtsfreien Raum festhält. Ich hatte einfach nur Angst.

Gerade darum geht es heute. Es ist doch nicht wichtig, ob Extremismus von rechts oder von links ausgeübt wird. Es ist auch nicht wichtig, warum man das Gefühl hat, sich in einem rechtsfreien Raum zu befinden. Wichtig ist, dass ein rechtsfreier Raum von uns

niemals gutgeheißen werden kann, egal auf welcher Seite er ist.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER)

Ich würde mir wünschen, dass Sie mit der Verve, mit der Sie gegen rechts vorgehen und die ich im Übrigen für richtig halte, auch gegen links und gegen Pädophilie vorgehen. Das bräuchten wir, damit so etwas gar nicht stattfinden kann.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den GRÜ- NEN)

So, wie es mir als Vierjähriger wurscht war, warum ich in einem rechtsfreien Raum war, dürfte es den Frauen, die missbraucht und vergewaltigt werden, wurscht sein, aus welchem Grund der Täter das tut.

(Zuruf der Abgeordneten Verena Osgyan (GRÜNE))

Genauso dürfte es dem Polizisten, auf den Steine fliegen, wurscht sein, ob sie von rechts oder von links kommen. Weh tut es immer gleich.

(Beifall bei der CSU)

Die CSU-Fraktion hat Ihnen im November die Hand gereicht. Wir haben Sie gebeten, Ihren Antrag dahingehend zu erweitern, dass wir jede Form von Extremismus im Hohen Hause einstimmig nicht gutheißen, damit wir in diesem Land miteinander ein Zeichen setzen können. Ich kann bis heute nicht verstehen, warum Sie unsere Hand nicht ergriffen haben.

Ich kann im Übrigen auch nicht verstehen, warum wir heute über das gleiche Thema noch einmal diskutieren, ohne einen weiteren Schritt zu gehen. Wir würden gerne jede Form von Extremismus und nicht nur eine verurteilen. Das tun wir auch.

Herr Rabenstein, ich teile Ihre Meinung, dass es nicht sein kann, dass jemand die Bundeskanzlerin ins Ausland schicken will und ihr sagt, schreib doch deine Memoiren dort. Diese Meinung teile ich nicht deswegen, weil ich immer einer Meinung mit Frau Merkel bin. Aber als Politiker sollten wir miteinander so nicht umgehen, und deswegen war Ihre Aussage richtig.

(Beifall bei der CSU)

Frau Schulze, wenn Ihre Rede von heute die Bewerbungsrede für die Nachfolge von Frau Bause war, wünsche ich Ihnen persönlich ganz viel Glück. Wenn alle Reden so sinnentleert sind wie die, die Sie heute gehalten haben, wird es für uns ein Sonntagsspaziergang werden.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei und Zuru- fe von den GRÜNEN)

So, wenn wir uns jetzt bitte beruhigen! – Ich darf dann Herrn Staatsminister Herrmann das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen in der Tat feststellen, dass Rechtextremisten vermehrt versuchen, Sorgen und Ängste in der Bevölkerung für ihre Zwecke zu missbrauchen und die Situation auszunutzen, um ihre rassistischen und fremdenfeindlichen Thesen unters Volk zu bringen. Dabei müssen wir leider auch feststellen, dass die Zahlen der Gewaltdelikte gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte ansteigen.

Jede Straftat gegen Asylbewerberunterkünfte, gegen Asylbewerber ist erschreckend, und jede einzelne ist eine zu viel.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser fundamentale Satz unseres Grundgesetzes gilt für jeden Menschen, der sich in unserem Land aufhält. Es ist unser Auftrag, solange die Menschen bei uns sind: Jeder Flüchtling, auch Flüchtlinge, die unser Land nach rechtsstaatlicher Beurteilung wieder verlassen müssen, jeder Mensch in unserem Land muss von diesem Staat geschützt werden. Jeden Flüchtling wollen wir gegen jeglichen Angriff schützen. Das ist die Verantwortung dieses Rechtsstaats, und dazu steht der Freistaat Bayern.

Die bayerischen Sicherheitskräfte nehmen diesen Auftrag sehr ernst. Die bayerische Polizei und der bayerische Verfassungsschutz bekämpfen den Rechtsextremismus gerade auch angesichts der aktuellen Herausforderungen konsequent und mit hoher Intensität. Erst im Oktober 2015 ist den bayerischen Ermittlungsbehörden ein wichtiger Schlag gegen Rechtsextremisten in Ober- und Mittelfranken gelungen. Die Aktion zeigt, dass wir konsequent mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Rechtsextremisten und ihr menschenverachtendes Gedankengut vorgehen.

Die Sicherheitsbehörden haben auch andere Gruppierungen fest im Blick. So werden mittlerweile alle vier Pegida-Gruppierungen in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet. In keinem Bundesland steht die Pegida-Bewegung so im Fokus der Sicherheitsbehörden wie in Bayern. Seit Neuestem wird nun auch die sogenannte Identitäre Bewegung Deutschland durch den bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Die

Identitäre Bewegung sieht sich selbst als aktivistischen Arm der neuen Rechten. In der letzten Zeit traten die Identitären zunehmend in der Öffentlichkeit auf, zum Beispiel bei den Demonstrationen "Wir sind die Grenze" in Freilassing. Die Identitäre Bewegung betreibt eine islam- und fremdenfeindliche Agitation und greift rechtsextremistische Themenfelder und Forderungen auf. Auch die rechtsextremistischen Begleitparteien DIE RECHTE und DER III. WEG werden vom Verfassungsschutz beobachtet.

Für das Verbot von Parteien ist allerdings allein das Bundesverfassungsgericht zuständig. Seit dem ersten NPD-Verbotsverfahren dürfte jedem bekannt sein, dass ein solches Verbotsverfahren nicht einfach ist. Schnellschüsse sind hier das falsche Mittel; vielmehr sind Qualität und planmäßiges Vorgehen gefragt. Auch hier arbeiten die bayerischen Sicherheitsbehörden eng mit den Ländern und dem Bund zusammen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Hans Reichhart hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in dieser Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wie in der Auseinandersetzung mit jeder Form des Extremismus die Gemeinsamkeit der Demokraten brauchen. Ich bin dankbar – so habe ich Sie jedenfalls verstanden, Herr Kollege Rabenstein –, dass Sie das in Ihrem Beitrag auch herausgestellt haben.

Die einleitenden Ausführungen vonseiten der GRÜNEN waren demgegenüber unsäglich und haben das Klima, das wir in der gemeinsamen Bekämpfung des Rechtsextremismus brauchen, mehr vergiftet, als dass sie uns in irgendeiner Weise vorangebracht haben.

Frau Kollegin Schulze, ich kann Ihnen nur sagen – ich habe gestern im Innenausschuss schon darauf hingewiesen –, die vorläufigen Zahlen des Bundeskriminalamts für 2015 besagen in der Tat, dass in Bayern, was Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte anbelangt, ein Anstieg von 24 in 2014 auf schlimme 64 in 2015 zu verzeichnen ist. Wenn ich mir dann aber die Zahlen aus den anderen Bundesländern ansehe, stelle ich fest, dass

(Zurufe des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Ist der immer noch nicht heiser!)

im gleichen Zeitraum in Niedersachsen die Zahlen von 7 in 2014 auf 81 in 2015 gestiegen sind. In Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen von 25 in 2014 auf 213 in 2015 gestiegen. Frau Kollegin Schulze, sind Sie wirklich der Meinung, dass diese schlimmen Entwicklungen die Folge des Klimas sind, das die jeweilige Landesregierung in ihrem Land schafft? Dann

wären für die Asylbewerberunterkünfte rot-grüne Landesregierungen das allergrößte Risiko. Frau Kollegin Schulze, das können Sie wohl nicht ernsthaft behaupten!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Ich habe Ihnen diese Zahlen gestern schon im Innenausschuss vorgetragen. Ich vertrete solche Thesen nicht, und wie man ideologisch so verbohrt sein kann, solche Thesen ernsthaft in den Raum zu stellen, kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Schulze, damit werden Sie auch keinen Erfolg haben.

Ich sage Ihnen noch etwas, damit wir uns,

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

liebe Kolleginnen und Kollegen, in aller Sachlichkeit bewusst werden, was in unserem Land zurzeit eigentlich los ist. Ich nenne Ihnen jetzt noch einmal als Beispiel die vorläufigen Zahlen für Körperverletzungsdelikte gegen Asylbewerber vom Dezember 2015 in Bayern. Nach den vorläufigen Zahlen der Kriminalpolizei hat es im Dezember 2015 in Bayern 572 Fälle gegeben, bei denen Asylbewerber Opfer von Körperverletzungsdelikten waren. Nach diesen vorläufigen Erhebungen sind in 505 von 572 Fällen andere Asylbewerber die Täter dieser Körperverletzungsdelikte gewesen. In 67 Fällen waren es andere Täter. Wohlgemerkt: Von 572 Fällen im Dezember 2015 in Bayern, bei denen Asylbewerber Opfer von Körperverletzungsdelikten waren, waren in 505 Fällen andere Asylbewerber die Täter.

Andererseits gab es insgesamt 611 Körperverletzungsdelikte in Bayern, bei denen die Täter Asylbewerber waren, davon, wie gesagt, diese 505 Fälle, bei denen die Tat an anderen Asylbewerbern begangen wurde, und 106 Fälle, bei denen andere Bürger die Opfer waren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen nur sagen, dass wir alle diese Dinge sehr, sehr ernst nehmen müssen. Sie eignen sich überhaupt nicht dazu, derartig oberflächliche Propagandareden zu halten, wie Sie es hier getan haben, Frau Kollegin Schulze.

(Beifall bei der CSU)

Klar ist: All das, was sich an schrecklichem Rechtsextremismus in unserem Land abspielt, was sich an islamistischem Extremismus abspielt, was sich an Kriminalität von Asylbewerbern und gegen Asylbewerber

in unserem Land abspielt, führt zu einer enormen zusätzlichen Einsatzbelastung für unsere Polizei. Das will ich an dieser Stelle auch einmal sagen. Sie tut alles dafür, um die Sicherheit in unserem Land aufrechtzuerhalten. Deshalb sage ich an dieser Stelle vor allen Dingen den Kolleginnen und Kollegen von der Polizei und vom Verfassungsschutz heute einmal mehr ein herzliches Dankeschön für den großartigen Einsatz, der mit einer extremen Arbeitsbelastung im Moment geleistet wird.

(Beifall bei der CSU, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Die bayerischen Sicherheitsbehörden führen einen engagierten Kampf gegen den Rechtsextremismus wie auch gegen anderen Extremismus. Ich kann Ihnen auch versichern, dass wir diesen Weg unbeirrt weitergehen und uns mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Extremisten jeder Ausrichtung zur Wehr setzen werden. Ich bitte in der Tat alle Demokraten in unserem Land auch weiterhin um ihre Unterstützung dabei.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 2: