Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

denen manche Kommunen auch leiden müssen? – Das kommt daher, weil alle anderen Länder die Flüchtlinge durchlassen und sagen: Die Deutschen nehmen sie ja freiwillig. – Das widerspricht der Rechtslage. Wir müssen wieder rechtmäßige Zustände herstellen. Deshalb werden wir als letztes Mittel, wenn es gar nicht anders geht, klagen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wann ist das zu erwarten?)

Jetzt warten wir erst einmal die Antwort der Bundesregierung ab, Herr Kollege Aiwanger. Wenn wir die Antwort haben, werden wir uns damit beschäftigen. Sicherlich wird eine Klage folgen, wenn bis dahin keine entscheidenden Schritte getan worden sind. Darauf können Sie sich verlassen. Alles, was wir gesagt haben, haben wir auch umgesetzt.

Für die Balkanzentren, die wir eingerichtet haben, sind wir bundesweit gescholten worden. Jetzt wissen wir, dass es funktioniert. Jetzt fordern andere Ministerpräsidenten von der roten und der grünen Couleur ebenfalls die Einrichtung solcher Zentren, in denen die Fälle jener bearbeitet werden, die keinerlei Chance auf Bleiberecht haben. Das bedeutet, unser Beispiel ist maßgebend für andere. Wir sind darauf angewiesen, dass das andere Länder auch tun. Es reicht nicht, wenn nur Bayern die richtigen Schritte geht. Die anderen Bundesländer, die bedauerlicherweise weitgehend rot-grün regiert werden, müssen nicht nur reden, sondern auch handeln.

(Lachen der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Frau Kollegin Bause, Sie wechseln jetzt in den Bundestag. Sie werden sehen, dass sich manche Dinge anders darstellen. Sie werden Ihren Wechsel noch bedauern.

(Lachen der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Hier in Bayern ist die Lage in Ordnung. Sie leben in einem Land mit geordneten Verhältnissen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄH- LERN)

Schauen Sie sich doch einmal die Länder an, die über viele Jahre rot-grün regiert worden sind. Das ist ein Trauerspiel. Das muss man ganz ehrlich sagen. Wenn Sie als Oppositionspartei und als SPD, die im Bund Regierungspartei ist, so weitermachen, werden noch viele Länder die Regierungen wechseln müssen. Wenn wir auch in der Asylpolitik mit unserer Schwesterpartei nicht einig sind, ist eines sicher: In der Wirt

schaftspolitik und in vielen anderen Bereichen macht die Union insgesamt eine viel bessere Politik als Sie.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Mindestlohn-Bürokratie oder Ausländermaut!)

Die Mindestlohn-Bürokratie kommt auch von der SPD-Ministerin.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Stromtrassen!)

Sie können jetzt noch mehr Beispiele bringen. Ich will jetzt nicht auf den Mindestlohn eingehen. Wir haben den Mindestlohn in der Koalition vereinbart. Die Umsetzungsschritte und die konkrete Ausgestaltung lehnen wir jedoch ab. Das wissen Sie auch. Darüber brauchen wir nicht im Detail zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden den Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen, obwohl er in seiner Grundrichtung in Ordnung ist. Das Drängen der FREIEN WÄHLER, die nicht abwarten wollen, was uns die Bundesregierung antwortet, geht uns zu schnell. Wir müssen diese paar Wochen noch abwarten, damit wir ordnungsgemäß reagieren können und eine Klage auch wirklich Erfolg hat. Lieber Herr Kollege Aiwanger, wir müssen diese Zeit wirklich noch abwarten.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie hatten schon monatelang Zeit!)

Jede Woche schmerzt uns. Das ist richtig. Diese paar Wochen müssen wir jedoch noch aufbringen. Dann können Sie sicher sein: Wenn sich nichts tut, werden wir Klage einreichen; denn sonst hätten wir das Gutachten nicht in Auftrag gegeben und die entsprechenden Schritte eingeleitet.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Zellmeier, einen kleinen Moment bitte. Sie müssen auch noch ein bisschen abwarten, wenn ich das aufgreifen darf. Mir liegen zwei Zwischenbemerkungen von Frau Kollegin Kamm und Herrn Kollegen Pohl vor. Frau Kamm, bitte schön.

Herr Kollege Zellmeier, Sie haben die Rückkehrzentren als gut funktionierende Einrichtungen gelobt. Ich würde Ihnen raten, sich die Zentren erst einmal anzusehen. Schauen Sie mal, wie viele Asylsozialberater dort sind. Schauen Sie, ob es eine funktionierende Rückkehrberatung gibt. Schauen Sie, in welchen Situationen Flüchtlinge von Bayern zurückgeschoben werden. Ich kenne den Fall einer achtköpfigen Familie, die von Bayern in die Ob

dachlosigkeit nach Südserbien abgeschoben worden ist. Das macht Bayern. Die Familie war fünf Jahre hier. In den Rückkehrzentren gibt es keine Anlaufstellen, keine Beratungen oder Hilfen. Es geht bloß darum, die Menschen so schnell wie möglich rauszubringen. Über die Umstände im Hinblick auf das Catering, die Decken usw. möchte ich gar nichts sagen. Schauen Sie wenigstens, dass in den Rückkehrzentren menschenwürdige und anständige Verhältnisse herrschen, bevor Sie sie so loben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Rückkehrzentren sind – wie ich höre, zu Ihrem Bedauern – erfolgreich, weil die Zahl der Rückkehrer tatsächlich deutlich gestiegen ist. Das gilt auch für die freiwilligen Rückkehrer. Die Zahl der Menschen, die zu uns kommen, ist extrem zurückgegangen. Ziel war es klarzumachen: Wer in Serbien, im Kosovo oder Makedonien – wo auch immer – sein Haus verkauft und glaubt, das Land verlassen zu können, um hier sein Glück zu finden, lebt im Irrtum. Er lebt im Irrtum, ob er ein Jahr hier ist, ob er zwei Jahre hier ist oder ob er ein paar Wochen hier ist. Jedem aus diesen Ländern, der ein paar Wochen hier ist und zurück muss, ist klar, dass er keine Chance hat. Es ist dann klar, dass man seine Existenz nicht aufs Spiel setzen sollte für ein vermutetes Glück, das es nicht gibt, und das es auch nie geben wird. Liebe Frau Kollegin Kamm, ich darf darauf hinweisen, dass mittlerweile auch führende GRÜNEN-Politiker sagen: Wir müssen Flüchtlinge aus diesen Ländern wesentlich früher abschieben. – Ich frage Sie: Was hat Asylsozialberatung denn für einen Sinn, wenn die Leute möglichst schnell gehen sollen?

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Wir müssen unsere Mittel und unser Personal doch auf die konzentrieren, die bleiben dürfen, die eine Perspektive haben. Denen müssen wir helfen. Es ist niemandem damit gedient, wenn wir Geld an diejenigen verschwenden, die in einigen Wochen wieder weg sind. Das ist doch der falsche Weg.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt kommt Herr Kollege Pohl. Bitte schön.

Herr Kollege Zellmeier, Sie haben momentan doch kein Problem mit einer rot-grünen Landesregierung, sondern Sie haben Probleme mit einer CDU-geführten Bundesregierung.

(Unruhe bei der CSU)

Sie haben jetzt eine Klage angekündigt. Wir verlangen, diese unverzüglich einzureichen, das heißt, ohne schuldhaftes Zögern und nicht sofort.

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Sind wir jetzt in einer Rechtsvorlesung?)

Die Klage ist selbstverständlich erst einmal zuzustellen, und eine Stellungnahmefrist ist zu gewähren. Da machen Sie nichts kaputt.

Finanzminister Söder hat eine Klage zum Länderfinanzausgleich befürwortet. Das wurde von uns unterstützt. Er hat dies getan, um Druck aufzubauen. Warum machen wir es hier nicht genauso?

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Noch eine letzte Bemerkung: Wir wollen nicht, Herr Kollege Zellmeier, dass dies hier zu einem parteipolitischen Spektakel verkommt. Wir wollen vielmehr den sinnvollen Weg einer Klage des Freistaats Bayern gegen eine Bundesregierung, die von Ihnen mit geführt wird. Wir wollen das unterstützen, um die Interessen des Freistaats Bayern zu wahren. Wir halten es deshalb für richtig, dass dieses Parlament, nicht nur die Regierung, ein Votum abgibt. Bei dieser Deutung des Wortes "unverzüglich" könnten sie problemlos zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Lieber Herr Kollege Pohl, die Deutung, die Sie dem Wort geben, eine juristische Deutung, ist eine andere als die, die Ihr Fraktionsvorsitzender Herr Aiwanger formuliert hat. Er möchte gar nicht warten, er möchte am liebsten noch heute klagen. Für uns ist eine Klage hingegen wirklich das letzte Mittel. Es ist schließlich nicht normal, dass Länder gegen den Bund klagen, noch dazu ein Land, das von einem Koalitionspartner in Berlin geführt wird. Es ist aber auch nicht einmalig.

(Lachen des Abgeordneten Markus Rinders- pacher (SPD))

- Lieber Herr Kollege Rinderspacher, die Hansestadt Hamburg hat gegen den Bund in Sachen Betreuungsgeld geklagt. Sie wissen, wer die Hansestadt Hamburg führt. Frau Ministerin Schwesig von der SPD hat den Bund in Fragen Betreuungsgeld vertreten. Gleichzeitig hat die SPD-geführte Hansestadt Hamburg, die gegenteilige Meinung vertreten. Es ist also nicht ungewöhnlich. Oder denken Sie an die FDP-Bundestagsfraktion. Lesen Sie die "Bayerische Staatszeitung", die ist sehr erhellend. Herr Professor Schumann, dessen Vorlesungen ich selbst besuchen

durfte, hat das dort deutlich ausgeführt. Die FDP-Bundestagsfraktion hat während der Koalition unter Helmut Kohl beispielsweise gegen die damalige Bundesregierung geklagt. Da ging es um einen Organstreit, die damaligen Out-of-Area-Einsätze. Das alles sind Dinge, die es schon gegeben hat. Es ist nicht normal, aber es ist auch nicht völlig ungewöhnlich. Weil es nicht normal ist, wollen wir alle Verhandlungsmöglichkeiten ausschöpfen, Herr Kollege Pohl. Wir wollen uns aber nicht binden; denn wir sagen: An dem Tag, an dem die Antwort da ist, werden wir prüfen, ob sie uns genügt. Wenn sie uns nicht genügt, dann wird am nächsten Tag Klage eingereicht.

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Wir werden dieses Druckmittel natürlich auch weiter benutzen. Sie können aber sicher sein: Wenn wir keine andere Möglichkeit mehr sehen - und die Zeit dafür ist sehr nah -, dann werden wir die Klage einreichen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das Schwert wird stumpf, wenn Sie es nicht endlich nutzen!)

Wir werden uns aber nicht von den FREIEN WÄHLERN treiben lassen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sollten Sie aber! – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Dann kämen wir in den Wald!)

Ich habe Ihnen zu Beginn dafür gedankt, dass Sie unsere Linie hier unterstützen. Sie sehen, ich will kein parteipolitisches Geplänkel. Wir sind dankbar, dass Sie mit uns gehen. Die linke Seite des Hauses ist unvernünftig. Sie sind vernünftig. Aber nicht alles, was in Ihrem Antrag steht, ist vernünftig. Wir werden ihm deshalb nicht zustimmen. Wir haben aber einen Antrag eingebracht, dem Sie gerne zustimmen können; denn dieser Antrag ist vernünftig.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Zellmeier. - Jetzt Herr Kollege Rinderspacher für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Werter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Statt eines Dringlichkeitsantrags der FREIEN WÄHLER zum Thema, wie die FREIEN WÄHLER die CSU rechts außen überholen können, hätte die SPD-Fraktion ein viel wichtigeres Signal von Ihnen erwartet, Herr Kollege Aiwanger.

(Beifall bei der SPD)