Wir sprechen nicht nur vom "Fördern und Fordern", sondern formulieren auch klar, was wir im Sinne der Weiterentwicklung des Wertebewusstseins erwarten. Der Appell an den Verfassungspatriotismus ist nicht falsch – wir teilen den Bezug darauf –, reicht aber nicht aus. Wer nur daran appelliert, sich an die Verfassung zu halten, der unterschätzt, dass das Lebensgefühl der Menschen ein anderes ist. Die Menschen erwarten, dass unser Land sich entwickelt – evolutionär, nicht revolutionär. Die Menschen in Bayern und in ganz Deutschland wollen sich nichts überstülpen lassen, sondern sie wollen ihre Identität bewahren. Es ist natürlich das Recht der Politik, hier im Bayerischen Landtag und, so hoffe ich, auch im Deutschen Bundestag, klare Vorgaben zu setzen, damit die Menschen, die hier leben, wissen: Das ist weiterhin unser Land. Hier finden wir uns wieder. Wer zu uns kommt, findet offene Türen, wenn er bereit ist, zu respektieren, wie wir leben wollen. – Aus den Reihen der rotgrünen Opposition hören wir immer wieder Äußerungen, die uns das Gefühl vermitteln, wir müssten uns integrieren, nicht die Zuwanderer. Das ist die falsche Einstellung.
Ich habe den Pressespiegel der vergangenen Tage interessiert verfolgt und musste leider feststellen, dass die Opposition – in diesem Fall nehme ich die FREIEN WÄHLER aus und beziehe mich nur auf Rot und Grün – wieder einmal nur versucht, Streit zu säen. Das bestätigen die Überschriften der Zeitungen. In der gestrigen Ausgabe der "Augsburger Allgemeinen" war ein Artikel von Uli Bachmeier unter der Überschrift "Statt Integration steht Streit ins Haus" zu lesen. Dann konnten wir das Übliche lesen: "SPD kündigt Klage an". – Diese Botschaft konnten wir auch in der "Passauer Neuen Presse", in der "Fränkischen Landeszeitung" und anderswo lesen.
Meine Damen und Herren, Integration ist zuerst eine politische und gesellschaftliche Aufgabe. Wenn Sie, bevor ein Gesetz beschlossen ist, ja bevor es überhaupt beraten worden ist, bereits eine Klage ankündigen, dann frage ich mich: Wollen Sie überhaupt noch politische Lösungen finden? Wollen Sie überhaupt an einem Gesetz arbeiten? Oder wollen Sie nur drohen?
(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Sie haben doch den Dialog mit uns abgebrochen! Hören Sie doch auf!)
Selbst vereinzelte Erfolge, die Sie damit erzielt haben – nun ja, was haben die Ihnen gebracht? – Streithanselei kommt beim Wähler nicht an. Die Bürger wollen, dass lebhaft debattiert und um die richtige Lösung gerungen wird; das tun wir. Wenn allerdings etwas entschieden ist, muss man das akzeptieren. – Wenn Sie wollen, dann klagen Sie! Das Recht werden und wollen wir Ihnen nicht nehmen. Ob Sie damit sowohl rechtlich als auch in Bezug auf das Votum der Wähler Erfolg haben werden? – Aus unserer Sicht ist es klar: Rechtlich werden Sie wahrscheinlich keinen Erfolg haben. Beim Wähler werden Sie ihn mit Sicherheit nicht haben.
Das zeigt seit Langem Ihre Entwicklung, die als dramatisch zu bezeichnen ist und sich beschleunigt. Ich muss sagen: Leider Gottes! Denn ich schätze die SPD als ehemalige Volkspartei eigentlich. Sie haben den Turbo nach unten eingeschaltet. Weiter so! Wir werden uns an dem Weg nach unten nicht beteiligen.
Ich habe vorhin gesagt, die Gesetzentwürfe der anderen Fraktionen, die wir entweder schon vorliegen hatten oder die uns jetzt vorliegen, sind nicht völlig falsch. Sie enthalten wichtige Elemente, greifen aber viel zu kurz. Sie reden immer nur vom Fördern. Das Fordern bleibt im Wesentlichen zurück. Ich erinnere an die Zeiten, als wir frühzeitig gefordert haben, dass alle Migranten, die zu uns kommen, vernünftig Deutsch lernen müssen. Das wurde von Ihnen damals als "Zwangsgermanisierung" gegeißelt.
Jetzt ist das parteiübergreifender Standard. Gott sei Dank haben Sie in diesem Fall dazugelernt. Herr Kollege Rinderspacher, mittlerweile werden Sie sogar von Ihrer eigenen Bundespartei überholt. Sie sollten darüber nachdenken, was Sie falsch machen, wenn selbst die SPD im Bund Sie überholt. Wir sind uns im Bund mit Ihrem Parteivorsitzenden einig geworden. Ich denke, wir werden zu einer vernünftigen Umsetzung kommen, werden es aber in Bayern noch besser machen, weil wir in Bayern es immer schon besser gekonnt haben.
Aus unserer Sicht reicht es nicht aus, sich nur zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen.
Das ist natürlich die Grundvoraussetzung. Es ist richtig: zur Gleichberechtigung "Ja", zur Rechtstreue "Ja". Das alles ist wichtig und Teilvoraussetzung von Integration. Aber darüber hinaus gibt es noch viel mehr. Eine Werte- und Gesellschaftsordnung muss innere Akzeptanz erfahren, nicht nur, indem man sich getreu dem Buchstaben des Gesetzes verhält. Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder – leider Gottes, muss ich sagen – sehr gut ausgebildete Migranten, die trotz ihrer guten Ausbildung, trotz ihrer guten Sprachkenntnisse und trotz ihrer formellen Rechtstreue, die sie in Deutschland gezeigt haben, im Ausland an Anschlägen beteiligt waren. Es reicht also nicht, im Inland nur rechtstreu zu sein, wenn man insgeheim andere Gedanken hegt.
Wir wollen versuchen – es wird nicht immer gelingen, aber wir wollen es versuchen –, den Menschen zusätzlich unsere Werte und unsere Gesellschaftsordnung nahezubringen. Der Begriff "Leitkultur" fasst das zusammen. Sie versuchen, das negativ darzustellen. Leitkultur ist etwas zutiefst Positives. Sie beinhaltet die christlich-abendländische Prägung unseres Landes. Sie beinhaltet den jüdischen Beitrag zu unserer Geschichte und Identität und die Lehren aus den dunklen Zeiten unserer Geschichte, die alle unsere Vorfahren im Dritten Reich erleben mussten. Leitkultur beinhaltet aber auch Loyalität. Dazu sagen Sie nur "Verfassung" und "Rechtsordnung". Wir sagen, sie umfasst die Loyalität gegenüber Staat und Volk genauso wie gegenüber der Verfassung.
Staat und Volk haben Anspruch auf die Loyalität derjenigen, die hier bleiben und sich integrieren wollen. Wir fordern diesen Anspruch ein. Wer hier ernsthaft leben und gut mitwirken will, muss loyal gegenüber unserem Staat und unserem Volk sein. Das ist notwendig, wenn er Teil des Staates und des Volkes werden und sein will.
Meine Damen und Herren, gerade in Teilen der arabischen Welt – Sie kennen die Beispiele aus Saudi-Arabien und den reichen Golfstaaten – ist die Solidarität nicht ausgeprägt. Wir leisten mehr Solidarität als reiche Nachbarstaaten mit gleicher Sprache und Religion. Auch das muss man vermitteln: Der Beitrag aller
zur Gemeinschaft ist wichtig. Erst muss man etwas erwirtschaften, bevor man etwas verteilen kann. All das gehört zusammen. Das gewachsene Brauchtum, die Sitten und die Traditionen, sind zu achten und zu respektieren, aber natürlich nicht zu inhalieren. Nein, das ist nicht notwendig.
Ich will zum Ende kommen. Meine Damen und Herren, der Mief, der hier verbreitet wird, kommt von Rot-Grün, von den Achtundsechzigern, von Denkverboten, von geistiger Zensur.
Ihr Goldenes Kalb heißt "Multikulti". Wir wollen Weltoffenheit und eigene Identität bewahren. Das gehört zusammen.
Ich war erst vor Kurzem in meinem Stimmkreis auf einem Gründungsfest. Da war ein dunkelhäutiges Festmädchen im Dirndl dabei und ein dunkelhäutiger junger Bursche mit bestem Niederbairisch in Lederhosen. Das ist Integration. Aber das ist nicht Voraussetzung, dass jemand bleiben darf, meine Damen und Herren. Das ist schön. Das ist Vollintegration.
Aber das ist natürlich nicht das, was wir von einem erwarten, der bleiben will. Wenn das gelingt, ist es aber ein tolles Ergebnis. Wir erwarten Respekt vor unserer Lebensweise.
Meine Damen und Herren, Sie laufen Entwicklungen hinterher. Wir sind der Entwicklung voraus. Leitkultur ist kein Kult. Sie ist kultig. Sie werden es erleben.
Herr Kollege Zellmeier, kommen Sie bitte noch mal ans Rednerpult für eine Zwischenbemerkung der Abgeordneten Claudia Stamm. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Kollege Zellmeier, Sie haben gerade gesagt, Klagen ersetzen keine Sachpolitik. Da habe ich mich zum einen gefragt, ob das endlich die Ankündigung ist, dass Sie Ihre Klage gegen den Länderfinanzausgleich zurückziehen.
Zum anderen habe ich mich gefragt, ob Sie endlich mit diesem riesengroßen Schmarrn aufhören, innerhalb der Bundesregierung zu drohen, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Flüchtlingspolitik zu klagen. Das wäre doch eine Erkenntnis heute! Das würde ich mir wünschen. Klagen ersetzen keine Sachpolitik. Ziehen Sie die eine Klage zurück und hören Sie auf, mit der anderen zu drohen.
Frau Kollegin Stamm, erfreulicherweise ist der Länderfinanzausgleich auf einem guten Weg. Deshalb wird eine Klage voraussichtlich nicht zu Ende geführt werden müssen. Aber ich sage Ihnen eines: Wenn drei oder vier von sechzehn Ländern zahlen und die anderen in hohem Maße Zahlungen empfangen, dann werden Sie doch nicht ernsthaft glauben, dass bei einem Verhältnis von zwölf zu vier oder dreizehn zu drei eine gute Lösung herauskommt.
Das heißt, diese Klage war reine Notwehr, mehr nicht. Es wäre wünschenswert, wenn auch die GRÜNEN einmal Bayern, das immer hilfsbereit ist, unterstützten, wenn Bayern sagt, jetzt ist Schluss mit den hohen Zahlungen.
(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Claudia Stamm (GRÜNE) – Thomas Gehring (GRÜNE): Wir haben ein Konzept!)