Protokoll der Sitzung vom 14.06.2016

(Abgeordnete Kathrin Sonnenholzner (SPD) erhebt sich)

Frau Sonnenholzner steht schon auf.

(Dr. Karl Vetter (FREIE WÄHLER): Standing Ovations!)

Möchten Sie gleich? Ich habe noch genug Redezeit.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das überlassen wir besser dem Präsidenten!)

Frau Kollegin Sonnenholzner, wollen Sie eine Zwischenfrage stellen oder eine Zwischenbemerkung machen? – Herr Kollege Holetschek, Sie entscheiden, ob Sie so etwas zulassen.

Ich lasse gern eine Frage der Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses zu.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Also gut. Dann sind wir uns einig. – Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Kollege. Zum Ersten zu dem Vorwurf der Stigmatisierung: Sind Sie der Meinung, dass die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die der CSU-Landesgruppe der Unionsfraktion des Bundestages angehört, schwule, drogenkonsumierende Männer stigmatisiert, indem sie das Augenmerk auf spezielle Situationen legt, die für diese Männer eintreten? – Das wäre die Konsequenz aus dem, was Sie soeben zu den Frauen gesagt haben.

Zweitens. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass all das, was Sie im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einhaltung von wissenschaftlichen Standards und die Schaffung empirischer Grundlagen beschrieben

haben, in unserem Antrag auf Drucksache 17/11080 bereits vollständig abgebildet ist?

Kann es dann – drittens – sein, dass Sie diesem Antrag nicht zustimmen wollen, weil er zwar, wie häufig, richtig ist, aber leider von der SPD-Fraktion und nicht von der CSU-Fraktion stammt?

(Beifall bei der SPD – Dr. Paul Wengert (SPD): Reine Blockade!)

Herr Kollege Holetschek, Sie haben das Wort.

Liebe Frau Sonnenholzner, zu Ihrer dritten Frage: Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe deutlich gemacht, dass es uns um die Sache und nicht um Parteipolitik geht.

Zu Ihrer zweiten Frage: Dieser Meinung bin ich nicht.

Zu Ihrer ersten Frage: Ich habe den Drogenbericht noch nicht vollständig gelesen und kann mir daher kein abschließendes Urteil bilden.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich kann Ihnen versichern, dass wir an dem Thema dranbleiben. Wir sind vom Inhalt her nicht weit auseinander, in der Frage des Verfahrens aber sehr wohl.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Reine Rechthaberei!)

Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam etwas Gutes auf den Weg bringen werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Vetter von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der SPD-Fraktion unter dem Titel "Crystal-Präventionsprogramm für junge Frauen" ist aus meiner Sicht richtig und zielführend. Wir haben ihn schon im Ausschuss unterstützt. Das in dem Antrag vorgeschlagene Programm soll sich an der Kampagne "Schwanger? Null Promille!" orientieren.

Die Vorredner haben es schon gesagt: Die Notwendigkeit, auf diesem Gebiet etwas zu tun, ist unbestrit

ten. Als Beispiel weise ich darauf hin, dass sich allein am Bezirksklinikum Regensburg die Zahl der CrystalKonsumenten von 2004 bis 2014 verfünfzehnfacht hat. Auch am Bezirksklinikum Wöllershof ist mittlerweile jeder Dritte, der wegen Drogenkonsums in stationärer Behandlung ist, wegen Crystal Meth dort.

In einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums wird darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Konsummuster gibt. Crystal-Meth-Konsument ist nicht gleich Crystal-Meth-Konsument. Vor allem unter jungen Frauen zwischen 18 und 30 Jahren gibt es abweichende Muster, was die Motive angeht, aus denen sie die Substanz zu sich nehmen. Ein Motiv ist die Gewichtsabnahme, weil die Droge Appetitlosigkeit bewirkt. Ferner bekommen die jungen Frauen das Gefühl, länger fit zu sein. Sie fühlen sich zunächst gut. Hemmungen fallen, auch im Bereich der Sexualität.

Was man wissen muss: Crystal Meth ist bei schwangeren Frauen plazentagängig, das heißt, dass die Substanz in den Blutkreislauf des Kindes übergeht und bei ihm Schädigungen verursachen kann. Die Kinder bekommen unter Umständen psychische Störungen, leiden an Aggressivität oder entwickeln Missbildungen. Kolleginnen und Kollegen, all das zeigt, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Darum haben wir dem Antrag der SPD-Fraktion zugestimmt.

Jetzt komme ich aber auf das Procedere zu sprechen. An dem Umgang mit den Anträgen zu diesem Thema wird wieder einmal deutlich, dass wir FREIEN WÄHLER oft pragmatischer denken als die Parteien, die im Landtag noch vertreten sind. Die CSU-Fraktion hat in den Ausschuss einen Antrag eingebracht, der für mich sehr gut formuliert ist. Ich zitiere aus dem Protokoll:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, einen Handlungsbedarf anhand konkreter und aktueller Daten aufzuzeigen und darzustellen, mit welchen Maßnahmen insgesamt den Anforderungen der vielfältigen Konsumentengruppen möglichst spezifisch begegnet werden könne. Dabei solle auf die speziellen Bedürfnisse schwangerer Crystal Meth konsumierender Frauen explizit eingegangen werden.

Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich habe nicht verstanden, warum Sie diesen Antrag abgelehnt haben.

(Beifall des Abgeordneten Bernhard Seidenath (CSU))

Auch das ist Ideologie: Nur weil ein vernünftiger Antrag von der anderen Seite kommt, ist man dagegen. Wir hätten Zeit gewonnen!

(Beifall des Abgeordneten Bernhard Seidenath (CSU))

Die Staatsregierung hätte sich dieses Problems schon seit ein paar Wochen annehmen müssen, sie müsste daran arbeiten. Ob der Antrag so oder so formuliert ist, ist aus meiner Sicht zweitrangig. Wir hätten auch diesem Antrag dann zustimmen können.

Dem Antrag der SPD-Fraktion werden wir auch heute, im Plenum, zustimmen. Es ist schade, wie es im Ausschuss – wieder – gelaufen ist. Nur aus parteitaktischen Gründen war eine vernünftige Lösung nicht möglich. Liebe Kathrin Sonnenholzner, das Verhalten der Ausschussmitglieder Ihrer Fraktion hat mich an das Verhalten eines kleinen Buben erinnert, der einen Hamburger essen will und dessen Mutter dann sagt, dass er jetzt keinen Hamburger bekommt. Dann sagt der Bub: Dann esse ich überhaupt nichts mehr! – Dieses Verhalten ist nicht zielführend gewesen.

Wir müssen bei dem Thema gemeinsam weiterkommen. Leider haben wir Zeit versäumt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Frau Kollegin Sonnenholzner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Jetzt haben Sie das Wort. Bitte schön.

Sehr geschätzter Kollege Dr. Vetter, und das meine ich in diesem Fall ausnahmsweise nicht ironisch.

(Allgemeine Heiterkeit)

Darüber muss ich nachdenken.

Ich fürchte, der bayerische Wähler und die bayerische Wählerin werden es in zwei Jahren den FREIEN WÄHLERN nicht mehr danken, dass sie den Gegensatz zu den anderen Parteien so herausstellen. Sie haben es soeben wieder getan.

Aber zur Sache! Aus gutem Grund haben wir einen Antrag gestellt, mit dem wir die Staatsregierung auffordern wollen, ein spezifisches Präventionsprogramm gezielt für junge Frauen zu entwickeln. Sie sind Arzt und wissen, dass Frauen nur bis zu einem bestimmten Alter schwanger werden können. Dieser spezifische Aspekt kommt in der Formulierung, die die CSUFraktion im Ausschuss vorgestellt hat, einfach nicht zum Ausdruck. Dass die Belange der jungen Frauen nur berücksichtigt werden sollen, ist eine zu schwam

mige Formulierung. Das Programm käme allen zugute und würde, wie gesagt, Frauen nur "berücksichtigen".

Ich habe vorhin versucht, die Problematik an dem fetalen Alkoholsyndrom – FASD – festzumachen. Wir müssen zu einem Zeitpunkt, zu dem junge Frauen bzw. Mädchen noch sehr sensibel für solche Themen sind, mit der Prävention einsetzen. Auf die von Crystal Meth ausgehenden Gefahren für junge Frauen, die Kinder bekommen können, müssen wir besonders aufmerksam machen. Ein solches Agieren halte ich nicht für stigmatisierend, sondern für mehr als geboten. Ich greife insoweit auch auf meine Erfahrungen mit den Mädchenparlamenten, die wir jedes Jahr veranstalten, zurück. Daher weiß ich, dass junge Frauen in diesem Alter für solche Fragen sehr empfänglich sind. Sie wissen durchaus um ihre Verantwortung für das Kind. Ein solches Präventionsprogramm hat in einem Konglomerat von Maßnahmen nichts zu suchen. Auch um "mindzone" und andere gute Angebote geht es in diesem Fall nicht. Wir brauchen an dieser Stelle ein spezifisches Programm. Wir haben es beantragt und wollten es uns aus den genannten Gründen nicht verwässern lassen. Das hat nichts mit Parteitaktik, sehr wohl aber etwas mit inhaltlicher Überzeugtheit zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Herr Kollege Dr. Vetter, Sie haben das Wort.