Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Ein Vorschlag der SPD und von uns: Ein Beratungsgespräch,

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): Gibt es schon!)

und letztendlich soll der Elternwille entscheiden.

(Zuruf der Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel (CSU))

Rede ich jetzt oder Sie? – Das war unser Vorschlag. Jetzt gibt es auch ein Beratungsgespräch. Das ist in dieser Umfrage abgefragt worden. Es gibt Informationsgespräche. Es gibt 22 Proben,

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Ja, genau!)

die in einem bestimmten Zeitraum gehalten werden müssen. Diese Proben werden benotet, und dann wird eine Note gebildet. Ich gehe davon aus, dass diese Note so gebildet wird, dass sie justiziabel ist. Das ist nämlich das Thema von Noten. Also geht es letztendlich darum, dass es durch Prüfungen auf dem Papier verifiziert werden kann. Dann wird eine Note entweder von 2,33 oder von 2,66 gebildet.

Dann können Sie als Lehrerin sagen: Dein Kind hat zwar den Schnitt, aber ich würde trotzdem raten, es nicht auf das Gymnasium, sondern auf die Realschule zu schicken. Dann werden die Eltern sagen: Nein, wenn es den Schnitt hat, dann geht es zum Gymnasium. Wenn die Eltern sagen, sie wollen es auf die andere Schule schicken, aber die Note entspricht dem nicht, dann kann es nicht auf diese Schule gehen.

Letztendlich macht diese Note 2,33 oder 2,66 den Unterschied aus zu einem Beratungsgespräch und zu einer tatsächlichen Elternentscheidung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Georg Rosenthal (SPD): Ja, richtig! Das ist die schöne Objektivität! Mathematisch orientierte Zahl!)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Staatssekretär Sibler.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nicht zum ersten Mal unterhalten wir uns hier im Hohen Haus über dieses Thema. Immer wieder wird vonseiten der Opposition bemängelt, dass das bayerische Übertrittsverfahren Schwächen habe. Dieses Mal musste ein Gutachten eines Professors aus Bochum herhalten. Die juristische Seite, lieber Herr von Brunn, hat der sehr gute Jurist Michael Hofmann besprochen. Ich darf darauf hinweisen: Seit 1972 haben wir diese Debatten. Das letzte Urteil stammt aus dem Jahr 2014, wo natürlich diese Aspekte ausgeleuchtet worden sind. Herr Güll, man darf halt nicht nur das herauslesen, was einem in den Kram passt, sondern man muss es im Gesamten lesen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Güll (SPD))

Die Popularklage, die 2014 auf dem Weg war, hat die juristische Seite auch eindeutig in diesem Sinne beleuchtet.

Wenn die juristischen Aspekte klar sind, dann kann man nicht von Verfassungswidrigkeit sprechen. Damit ist das Kernanliegen des Dringlichkeitsantrags abzulehnen. Das ist auch schon signalisiert worden. Also muss hinter dieser Debatte etwas anderes stecken, nämlich der generelle Angriff auf das Übertrittsverfahren. Bei vielen Erhebungen aus den letzten Jahren haben wir Eltern an 700 Grundschulen gefragt. Das ist eine Mehrheit der an Schulen beteiligten Gruppen. Da sind die Eltern ein wesentlicher Faktor. Sie sind insgesamt mit diesem Übertrittsverfahren recht zufrieden.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Güll (SPD))

Das soll man bitte einmal zur Kenntnis nehmen. Damit haben wir hier letztlich auch einen guten demokratischen Wert erreicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Bei all diesen Debatten stört mich allerdings grundsätzlich, dass der Eindruck erweckt wird, nach der vierten Klasse sei die Welt zu Ende. Das ist genau das Kernproblem, das wir über Jahre und Jahrzehnte hier immer und immer wieder diskutieren.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Das gibt es doch gar nicht!)

Lieber Herr Gehring, genau dieser Eindruck entsteht doch, wenn man das Übertrittsverfahren und diese vierte Klasse immer auf den Scheffel hebt und sagt, das sei das alles Entscheidende. Nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, dass 43 % der Hochschulzugangsberechtigten in Bayern eben nicht vom Gymnasium kommen, sondern über die beruflichen Wege wie die Fachoberschule und die Berufsoberschule.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Güll (SPD))

Das ist ein wichtiger Punkt, den man bitte immer wieder sehen soll.

(Beifall bei der CSU)

Von den genannten Sekundäreffekten ist natürlich schon sehr viel gesprochen worden. Wenn man hier die einen Studien zitiert, dann darf ich auch Professor Boos aus 2009 zitieren und Trautwein aus dem letzten Jahr. In diesen Studien ist immer wieder klar geworden, dass es natürlich die sozial privilegierten El

tern sind, die ihre Kinder dann eher auf das Gymnasium oder in die Realschule schicken würden. Das darf man zur Kenntnis nehmen, um es deutlich zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will um Verständnis werben für ein differenziertes bayerisches Schulsystem, in dem nach der vierten Klasse auch weitere Möglichkeiten des Übertritts bestehen. Ich würde mir wünschen, dass hier von der Opposition einmal laut und deutlich formuliert wird, dass eben nicht die vierte Klasse das Fallbeil ist, sondern nach der vierten Klasse alle Möglichkeiten weiter bestehen. Ich will auch einmal deutlich sagen, dass wir gerade junge Menschen aus der Mittelschule, die nach ihrem Schulabschluss eine duale Ausbildung beginnen, brauchen. Bei uns beginnt der Mensch eben nicht erst mit dem Abitur, sondern wir brauchen, wenn ich mir die Debatte in den Handwerkskammern und IHKs ansehe, auch wieder mehr junge Menschen, die einen Beruf lernen wollen.

(Beifall bei der CSU)

Das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt, der bei diesen Debatten leider immer wieder viel zu sehr in den Hintergrund gerät.

Wir haben die Möglichkeiten auch beim Probeunterricht, wo der Elternwille 2009 nachgeschärft worden ist. Hier haben wir bei der Überarbeitung des Übertrittverfahrens auch eine partielle Freigabe des Elternwillens mit aufgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das soll der letzte Punkt sein. Uns allen ist klar: Es wird niemand ernsthaft in Abrede stellen, dass es, wenn wir den Elternwillen freigeben, einen Trend weg von der Mittelschule hin zur Realschule und wahrscheinlich noch stärker zum Gymnasium geben wird. Dazu muss man kein Hellseher sein. Das hat man in all den Bundesländern gesehen, in denen man das Verfahren geändert hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition mit Ausnahme der FREIEN WÄHLER, dann will ich aber keine Krokodilstränen mehr sehen, wenn wir über die Zukunft der Mittelschule diskutieren.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13009 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das sind die CSU

Fraktion und die FREIEN WÄHLER. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Gezielte Rückkehrhilfen als Beitrag für eine konkrete Entwicklungspolitik und als Ergänzung zur Abschiebung umsetzen (Drs. 17/13010)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vorrang der freiwilligen Rückkehr vor Abschiebung, Heimkehrerinnen und Heimkehrern Perspektiven eröffnen (Drs. 17/13021)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Konkrete Rückkehrhilfen als Ergänzung zur Abschiebung sind ein aktuelles Thema. Deshalb haben wir auch diesen Dringlichkeitsantrag gestellt.

Das Thema Abschiebung ist derzeit in aller Munde. Als erste meldete die "Bild"-Zeitung am 22. September: 549.209 abgelehnte Asylbewerber, über 400.000 seit mehr als sechs Jahren bei uns, 37.020 ohne Pass. – Begründet wurde dies mit dem Versagen der Bundesländer bei der Abschiebung. Tenor dieser Meldung, die dann von anderen Zeitungen übernommen wurde: Wer lange genug in Deutschland lebt, wird kaum abgeschoben. Rund 168.000 Ausländer werden geduldet, obwohl sie ausreisepflichtig sind.

Selbstverständlich gibt es einige Gründe, warum dies so ist, zum Beispiel, weil die Lage in den Heimatländern unsicher ist oder weil sogar die Einreise verweigert wird. Das ist richtig. Aber in vielen Fällen könnten die Leute zwar ausreisen, tun dies aber nicht.

Das ist der Grund für unseren Antrag. Wir müssen die Anreize erhöhen, damit mehr Leute freiwillig ausreisen; denn die Summe ist im Moment insgesamt zu hoch.

Um welche Personengruppe es geht, ist in § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes festgelegt. Das sind anerkannte Flüchtlinge oder sonstige Ausländer, denen ein Aufenthaltsrecht aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gewährt ist, oder

um Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel.

Ein weiteres Beispiel: 15.000 Afghanen haben bis Ende August 2016 einen Asylantrag gestellt. Bundesweit haben 2.500 Afghanen inzwischen Deutschland verlassen, sind freiwillig ausgereist. Aber es könnten noch mehr sein. Deshalb ist es wichtig, hier finanzielle Anreize zu schaffen.

Wir wissen natürlich, dass bereits Rückkehrprogramme bestehen und dass sich Bayern auch an den Bundesprogrammen beteiligt. Das ist das REAG/GARP. Dabei geht es beispielsweise um die Übernahme der Flug-, Benzin-, Bus- oder Bahnkosten, Benzinkosten beispielsweise in Höhe von 250 Euro, Reisebeihilfen in Höhe von 200 Euro für Erwachsene einschließlich einer Rückkehrberatung. Das ist zwar schön, aber es ist insgesamt zu wenig. Bayern hat im letzten Jahr 3,9 Millionen Euro dafür ausgegeben.

In der "Bayerischen Staatszeitung" vom 23. September steht, Thomas Kreuzer sage, die Summe solle nicht erhöht, dafür aber die Bearbeitung von Anträgen erleichtert und beschleunigt werden. – Das verstehen wir nicht ganz. Wir meinen, die Summe sollte schon erhöht werden; denn wir wollen eine freiwillige Ausreise forcieren. Das ist allemal besser als staatlicher Zwang.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Auch ist wichtig – so sehen es wir FREIEN WÄHLER –, dass Abschiebungen viel Geld kosten und sehr viel Bürokratie erfordern. Wir wollen die Kosten senken und die Bürokratie abbauen – deswegen konkret unser Antrag. Eine freiwillige Ausreise mit staatlichen Anreizen ist doch eine gute Lösung. Aber um die Zahlen zu steigern, müssen wir die Anreize erhöhen. Deswegen haben wir in unseren Antrag 1.000 Euro pro Fall hineingeschrieben. Die Summe könnte erhöht werden, wenn der Herr Finanzminister Ja dazu sagt. Es gibt zum Beispiel Vorschläge von der Caritas. Sie schlägt 1.000 bis 2.000 Euro als sogenannte Prämie, als Anreiz, vor. Das wird auch in der Öffentlichkeit insgesamt sehr gut ankommen.

Wir wollen auch, dass diese Rückkehrprogramme, die es schon gibt und die gut sind, aber schon vor einigen Jahren erstellt wurden, verbessert werden. Wir müssen sie an die aktuelle Situation anpassen.