Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Da gibt es eine Einigung der Fraktionen, dass auch dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache erfolgen kann. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Horst Arnold, Florian von Brunn u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Grundstückverkehrsgesetzes und des Landpachtverkehrsgesetzes (Drs. 17/13065) - Erste Lesung

Die SPD-Fraktion verbindet Begründung und Aussprache miteinander. Damit hat die SPD elf Minuten

Redezeit. Ich eröffne damit sogleich die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Arnold das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf berührt eine Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Grundstückverkehrsgesetzes und des Landpachtverkehrsgesetzes und beruht insbesondere darauf, dass das Grundstückverkehrsgesetz in diesem Zusammenhang vorsieht, den Flächenverbrauch und die Kleinteiligkeit von landwirtschaftlichen Flächen in Bayern bzw. in Deutschland zu erhalten. Dafür gibt es eine dringende Notwendigkeit, die darin besteht, auf der einen Seite den Fortbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebswesens zu sichern, auf der anderen Seite Schutz zu bieten vor dem Ausverkauf entsprechender Flächen – man spricht in diesem Zusammenhang von mikroökonomischen Motivationen –, die Agrarstruktur insgesamt zu schützen und makroökonomisch – das wird immer wichtiger – die Ernährung regional zu sichern. Diese drei Punkte sind notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Zu diesem Zweck besteht die Möglichkeit für die Länder, entsprechend Genehmigungsflächen festzulegen. Bislang müssen in Bayern Grundstücksverkäufe im landwirtschaftlichen Bereich erst ab zwei Hektar überhaupt genehmigt werden. Viele Dinge bleiben deswegen außen vor. Wir haben dies zum Anlass genommen, in unserem Gesetzentwurf zu fordern, dass zum einen die Genehmigungsfläche auf 0,5 Hektar herabgesetzt wird und zum anderen die Schutzfrist für die Beurteilung dieser Fläche auf drei Jahre festgelegt wird, um etwaige Umgehungstatbestände im zeitlichen Ablauf einzugrenzen. Dieser Schutz ist mehr denn je notwendig.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die jüngsten Krisen in der Landwirtschaft haben nämlich zu einer Strapazierung der finanziellen Reserven der Erzeugerinnen und Erzeuger geführt. Wir haben uns lang und breit mit der Problematik der Milchkrise auseinandergesetzt, die noch nicht zu Ende ist. Die Kosten in diesem Bereich steigen und machen es immer wieder erforderlich, Grundstücksverkäufe zu generieren, um überhaupt einen Cashflow für den laufenden Betrieb zu sichern. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Vermögenspolitik und die Zinspolitik, die wir oft in diesem Haus besprochen haben, dazu führen, dass sich immer mehr Investoren, auch landwirtschaftsfremde Institutionen, in Investitionen in Grund und Boden flüchten bzw. versuchen, dort ihr Geld zu parken. Aufgrund dessen ist es nicht verwunderlich, dass die Preise in die Höhe schnellen und die

Leistbarkeit in diesem Zusammenhang, nämlich die Struktursicherung durch die Landwirtinnen und Landwirte, immer mehr in Zweifel bzw. in Gefahr gerät.

Es besteht auch deswegen Handlungsbedarf, weil wir in diesem Land jeden Tag – das ist eine Mitteilung des Bauernverbandes – 17 Hektar an landwirtschaftlichen Flächen verbrauchen und zur gewerblichen und städtebaulichen Nutzung umwidmen. Eine Nachfrage bei der BBV LandSiedlung GmbH als öffentlicher Körperschaft hat ergeben, dass in diesem Jahr bereits ungefähr 120 Tatbestände geprüft worden sind. In diesem Zusammenhang ist eine Fläche in der Größe von 240 Hektar zur Kenntnis gelangt. 240 Hektar sind von der Hausnummer her nicht schlecht. Das ist eine erhebliche Fläche, drei- bis viermal so groß wie die Stadt Ingolstadt. Das wird dem Herrn Ministerpräsidenten das Problem deutlich vor Augen führen.

Ich habe in diesem Zusammenhang die Ehre, feststellen zu dürfen, dass die SPD bereits im Jahr 2012 eine parlamentarische Initiative zur Behebung dieser Problematik angestoßen hat.

(Beifall bei der SPD)

Unser damaliger Antrag ist abgeschmettert worden. Als Grund wurde angegeben, dass kein Handlungsbedarf gesehen werde. Wir haben unsere Initiativen in den Jahren 2013 und 2014 erneut eingebracht. Aber wir waren dann nicht mehr allein mit unserem Ansinnen. Ich darf praktisch schon für den Kollegen nach mir sprechen, wenn ich aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbandes vom 14. November 2013 zitiere. Darin heißt es wie folgt:

"Um land- und forstwirtschaftlichen Grund und Boden gegenüber Investoren zu schützen, muss das Grundstücksverkehrsgesetz dringend geändert werden", sagt der oberbayerische Bauernpräsident Anton Kreitmair. "Als Grund, warum sich in Bayern noch nichts geändert hat, wurde immer die Abwehrhaltung der FDP angeführt. Die bayerische Staatsregierung muss nun Wort halten und der Änderung oberste Priorität einräumen."

(Beifall bei der SPD)

Die Freigrenze müsse für alle land- und fortwirtschaftlichen Flächen auf 0,5 Hektar herabgesetzt werden, damit der Land- und Fortwirtschaft auch künftig genug Fläche zur Verfügung steht, um Lebensmittel und nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen.

Man höre und staune! Das ist genau die Sequenz, die sich in unserem Gesetzentwurf wiederfindet, aller

dings mit einer Verzögerung; denn bereits im Jahr 2013 hatte, wie zitiert, der oberbayerische Bauernpräsident gefordert, die Staatsregierung solle endlich Wort halten. Bis heute, Ende 2016, ist nichts geschehen, was in diesem Zusammenhang der Rede wert wäre.

(Beifall bei der SPD)

Etwas anderes ist geschehen. Wir haben nämlich im März 2015 nach langem Hin und Her im Agrarausschuss eine Anhörung durchgeführt. Dabei sind viele Probleme angesprochen worden, die wir in unserem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt haben. Ich weise auf die Vollzugsdefizite hin. Die Notarinnen und Notare wollen, dass die Leichtigkeit des Grundstücksverkehrs erhalten bleibt. Sie wollen also nichts ändern; denn wenn nichts geändert wird, dann geht es mit dem Verkauf schnell. Der Drittschutz, das heißt Gewährleistung des Rechtsweges, ist ein Problem. Als riesiges Problem erweist sich die Fiktionsgenehmigung. Die Genehmigungsbehörde muss nämlich innerhalb eines Monats quasi "zuschlagen", um zum Zuge zu kommen. Aber auch die Landwirtinnen und Landwirte stehen vor einem Problem, weil sie in dieser Frist Kredite für die Ausübung ihres Vorkaufsrecht werden generieren müssen, um das Projekt durchziehen zu können. Bei den Behörden erweist sich mangelnde fachliche Bildung als Problem; das hat Kollege Kreitmair in seiner Erklärung im "Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt" noch angefügt. Die Meldepflicht und die landeseinheitliche Vorgehensweise ist ebenfalls ein riesiges Problem.

Die BBV LandSiedlung GmbH teilt uns sogar mit, dass nicht alle Tatbestände gemeldet werden, zum Beispiel wenn es um den Verkauf von zwei Hektar geht. Wie schaut es in der Realität aus? Wie hoch ist die Dunkelziffer? Wie viel Land geht der bäuerlichen Landwirtschaft und damit der landwirtschaftlichen Struktur in Bayern insgesamt verloren? Wir wissen es nicht genau. Klar ist aber, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in unseren Gesetzentwurf explizit nicht den Streitpunkt aufgenommen, ob Gemeinden von der Regelung ausgenommen werden sollen und ob auch Naturschutzverbände mitreden dürfen. Alle diese Fragen thematisieren wir nicht. Warum haben wir darauf verzichtet? – Nicht, weil wir uns vor der Erörterung dieser Probleme scheuen, sondern weil wir sehen, dass jeden Tag 14 Hektar landwirtschaftlicher Flächen einfach über den Ladentisch gehen, ohne dass die Bayerische Staatsregierung die ihr zu Gebote stehenden gesetzlichen Möglichkeiten ergreift.

(Beifall bei der SPD)

Seit sage und schreibe drei Jahren ist diese Angelegenheit bekannt. Die Staatsregierung hat dem Landtag im September mitgeteilt, dass man den Beschluss aus dem Jahr 2015 vollziehen möchte. Wir wissen, dass derzeit ein Anhörungsverfahren läuft. Wie wir das Verfahren kennen, dauern das Anhörungsverfahren selbst und dessen Auswertung noch einige Zeit. Wir werden im Jahr 2017 wegen der Bundestagswahl und im Jahr 2018 wegen unserer Landtagswahl in einen Wahlmodus kommen. Bis dahin wird wahrscheinlich nichts Handfestes geschehen, bis auf den Umstand, dass sich der Handlungsbedarf, der heute schon dringlich ist, potenziert.

Es geht uns in unserem Gesetzentwurf nicht um die Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Grundstücksverkehrs an sich. Das wäre eine einseitige Sichtweise. Sicherlich ist diese Leichtigkeit denjenigen, die investieren und Profit erzielen wollen, eine Herzensangelegenheit. Es geht uns um den Erhalt landwirtschaftlicher Flächen und um deren nachhaltige und sinnvolle Nutzung zum Wohle unserer bayerischen Landwirtschaft, die nach wie vor kleinteilig strukturiert ist. In Bayern hängt immer noch jeder siebte Arbeitsplatz – vorgelagert, zentral, nachgelagert – von der Landwirtschaft ab. Wir betrachten unseren Gesetzentwurf als massive Struktursicherungsmaßnahme.

Wir haben, wie gesagt, viele Problempunkte nicht aufgenommen. Daher bitten wir um Zustimmung bzw. zunächst um konstruktive Diskussion in den Ausschüssen. Wir hoffen weiterhin, einen Konsens zu erzielen. Um das Zitat des Kollegen Kreitmair aufzugreifen: Wir führen in diesem Fall hier im Hohen Hause die Feder des Bayerischen Bauernverbandes. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Arnold. – Für die CSU-Fraktion hat sich Kollege Kreitmair gemeldet. Bitte sehr.

Verehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Politik ist immer wieder interessant. Herr Arnold, Sie haben viele Ausführungen gemacht, aber inhaltlich nichts Neues gesagt. Das ist unser Problem.

(Volkmar Halbleib (SPD): Deswegen Zustimmung!)

Sie haben gefordert, die Genehmigungsfreigrenze auf 0,5 Hektar herabzusetzen.

(Horst Arnold (SPD): Das ist ein Inhalt!)

Das ist aber kein neuer Inhalt. Ich komme gleich darauf zurück. – Der Boden ist ein knappes, nicht vermehrbares Gut. Deshalb ist das Thema von hoher Bedeutung. Sie haben mich mehrmals richtig zitiert.

Wir, die CSU-Fraktion, haben es gemeinsam mit Ihnen geschafft, das Thema erneut auf die Tagesordnung zu bringen. Im Ausschuss konnten wir mehrmals darüber sprechen. Unser Kernziel ist es, dass das Land in Bauernhand bleibt. Auch hierin sind wir uns noch einig.

Sie haben den Flächenverbrauch angesprochen; es sind 17 Hektar täglich. Das ist natürlich ein wichtiges Thema. Aber es hat mit dem Thema, das Sie heute angesprochen haben, Herr Arnold, nicht annähernd etwas zu tun. Flächenverbrauch wird es immer geben, auch durch die öffentliche Hand. Ich könnte aber auch das Stichwort Ausgleichsflächen und vieles mehr nennen. Darüber können wir gern an anderer Stelle diskutieren.

Was mich als praktizierenden Landwirt schwer trifft – darüber bin ich schockiert; Sie haben es in Ihrer Begründung angesprochen –, ist die Krise in der Landwirtschaft. Können durch den Verkauf von Grund und Boden die landwirtschaftlichen Betriebe erhalten werden? Das ist doch nicht die Lösung der Krise. Um Gottes willen! Es wäre das Ende der Landwirtschaft, wenn wir diesen Weg gingen. Herr Arnold, auch Sie müssen mitdenken, um zu erfassen, was das eigentliche Problem ist.

Noch einmal zur Krise in der Landwirtschaft: Vielleicht ist das auch eine andere Krise, eine herbeigeredete Krise.

(Horst Arnold (SPD): Wie bitte?)

Passen Sie auf, was ich sage! – Wir sind schon wieder auf dem aufsteigenden Ast. Es wäre schön, wenn Sie mit uns gemeinsam daran mitarbeiten würden.

(Zuruf von der SPD: Was sagen die Milchbau- ern?)

Das hat doch mit dem vorliegenden Thema nichts zu tun. – Es wäre schön, wenn Sie mitarbeiten und sich nicht kontraproduktiv, gegen die bayerische Landwirtschaft positionieren würden. Das ist nämlich das Problem.

(Beifall bei der CSU)

Ich ziehe einen Vergleich zum Fußball: Mir kommt es so vor, als ob wir uns in der sechsten Minute der Nachspielzeit befinden, obwohl nur vier Minuten angesagt waren. Wir hatten am 25. März 2015 im Baye

rischen Landtag eine Anhörung zu der Thematik. Die Absenkung der Genehmigungsfreigrenze auf 0,5 Hektar war jedenfalls nicht das Ergebnis. Wir waren uns mehr oder weniger einig.

Vorher, im Jahr 2014, war eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Der Bericht wurde 2015 vorgelegt.

Dann haben wir auf der Grundlage unseres Antrags vom 26. Oktober 2015 darüber beraten. Die Ausnahmen für die Gemeinden haben Sie zu Recht angesprochen, Herr Arnold. Wir sind uns darin einig, dass es so bleiben soll. Wir waren uns aber auch in den Diskussionen über die Freigrenze fraktionsübergreifend immer einig – deshalb verstehe ich das Problem heute nicht –, dass diese bei einem Hektar bleiben soll. Wir haben im Landtag zweimal abgestimmt. Am 11. November 2015 stimmten im zuständigen Ausschuss alle Fraktionen zu; das war ein einstimmiger Beschluss. Wir haben dann im Plenum am 28. Januar 2016 abgestimmt – auch einstimmig. Das ist eine Tatsache. Deshalb sind wir jetzt in der Nachspielzeit.

(Beifall bei der CSU)

Worin ich Ihnen teilweise recht geben darf – –