Vielen Dank, Kollege Dr. Schwartz. – Für die Staatsregierung darf ich jetzt Herrn Herrmann, dem Staatsminister des Innern, das Wort erteilen. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über das Verbot von Verbrennungsmotoren, die Luftreinhaltung und die sogenannte blaue Plakette gibt es zurzeit in der Tat viele Mutmaßungen, unbestimmtes Wissen und auch viele Unklarheiten.
Zwei wichtige Ziele müssen dabei vereinbart und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden: Wir wollen einerseits die innerstädtische Mobilität gewährleisten. Alle Bürger und auch die Waren, die die Bürger brauchen, sollen ihre Ziele auch in den Innenstädten erreichen. Andererseits müssen zweifellos die Stickoxidwerte gesenkt werden, auch um den Vorgaben der europäischen Grenzwerte zur Luftreinhaltung zu genügen. Dabei geht es um nichts anderes als um den Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Das ist völlig klar.
Aber ein komplettes Verbot von Verbrennungsmotoren ist in absehbarer Zeit unrealistisch und vollkommen wirklichkeitsfremd. Bayern hat deshalb in der letzten Plenarsitzung des Bundesrates am 23. September ausdrücklich dagegen gestimmt, ab 2030 nur noch völlig emissionsfreie Pkw zuzulassen.
Wohlgemerkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir begrüßen natürlich alle technischen Fortentwicklungen. Die Automobilhersteller, insbesondere in Deutschland und speziell bei uns in Bayern, haben ein großes Interesse daran, zukunftsfähige und nachhaltige Antriebstechniken zu entwickeln. Aber eine Festlegung auf einen bestimmten Zeitpunkt ist im Moment sicherlich kontraproduktiv und hilft der Sache nicht. Wir brauchen langfristige und tragfähige Lösungen und keine Schnellschüsse.
Wir haben dieses Thema in der vergangenen Woche auch in der Verkehrsministerkonferenz in Stuttgart am 6. und 7. Oktober intensiv diskutiert. Es geht darum, einen schrittweisen Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen voranzubringen. Die deutsche Automobilindustrie wurde von der Verkehrsministerkonferenz ausdrücklich zur Entwicklung entsprechender technischer Lösungen aufgefordert.
Wir brauchen Anreize zum Umstieg auf alternative Antriebe. Dazu gehört auch die E-Mobilität in der Innenstadt. Vor allem beim städtischen Bus- und Taxiverkehr kann man sich da einiges vorstellen, auch bei Carsharing-Fahrzeugen sowie bei kommunalen und staatlichen Fahrzeugen. Wir sehen da große Potenziale.
Gleichzeitig sage ich auch, dass sowohl ein völliges Verbot ab 2030 als auch die Einführung der blauen Plakette zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf keinen Fall entscheidungsreif sind, dass dafür keine Grundlage vorliegt. Wohlgemerkt: Das ist auf der Verkehrsministerkonferenz mit großer Mehrheit beschlossen worden.
Die GRÜNEN-Verkehrsminister, die die blaue Plakette besonders propagiert haben, sind auf der Verkehrsministerkonferenz in einer kleinen Minderheit geblieben. Die Mehrzahl der SPD-Verkehrsministerkollegen aus anderen Bundesländern hat die Einführung der blauen Plakette zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls ausdrücklich abgelehnt. Es ist wichtig, dass wir mit gesundem Menschenverstand an diese Dinge herangehen.
Zweifellos sind Dieselfahrzeuge die Hauptverursacher von Stickoxiden. Wir müssen uns mit dem Problem gerade dort befassen, wo in sogenannten Hotspots in Ballungsräumen geltende Grenzwerte überschritten werden; das ist gar keine Frage. Da müssen wir tätig werden.
Ich bitte aber auch, Folgendes zu berücksichtigen – Herr Kollege Scheuenstuhl, Sie haben das CO2Thema angesprochen –: Die deutsche Automobilindustrie ist in den letzten zehn Jahren gerade deshalb noch stärker als früher auf den Dieselantrieb umgestiegen, um damit die CO2-Einsparziele zu erreichen. Das sollte man jetzt nicht schlechtreden. Der CO2Ausstoß der deutschen Automobile ist mit der Verstärkung des Dieselantriebs deutlich reduziert worden. Das war erfolgreich und auch richtig.
Dass wir gleichzeitig ein Stickoxidproblem haben, ist auch richtig. Aber deswegen dürfen wir jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und plötzlich von einem Tag auf den anderen alle Dieselantriebe verteufeln.
Derzeit gibt es 13 Millionen Dieselfahrzeuge in Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen. Diese sind von Bürgerinnen und Bürgern, auch beispielswei
se im weiteren Umfeld Münchens, angeschafft worden, damit sie damit fahren können. Wenn ich morgen Bestimmungen erlassen würde, dass Leute, die sich erst vor Kurzem ein neues Dieselfahrzeug gekauft haben, damit nicht mehr nach München fahren können, dann würden sich diese Mitbürgerinnen und Mitbürger geradezu enteignet vorkommen. Deshalb muss man im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, der Arbeitsplätze, aber auch der Mobilität unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger solche Dinge einigermaßen mit Vernunft angehen.
Ja, wir müssen an diesen Themen weiterarbeiten. Ja, wir brauchen einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Ja, wir brauchen die zweite S-BahnStammstrecke, damit sich wieder mehr Menschen von sich aus für eine Fahrt mit dem ÖPNV entscheiden.
Wir fördern den U-Bahn-Ausbau in München und Nürnberg. Wir fördern den Ausbau der Straßenbahn in Augsburg, München, Nürnberg, Würzburg und, und, und. Dabei kommt schon vieles voran. Wir werden auch den Ausbau von Rad- und Radschnellwegen massiv fördern und weiter voranbringen.
Das alles zielt darauf ab, dass Bürger selbst entscheiden können: Aus persönlichen Gründen, aus Fragen der Gesundheit, aus Fragen der Ökologie entscheide ich mich, diesen und jenen Weg mit dem Fahrrad, dem Bus, der U-Bahn oder der S-Bahn zu fahren. Aber man darf in erster Linie nicht damit drohen, einem größeren Teil der Bevölkerung ein bestimmtes Verkehrsmittel von vornherein zu verbieten. Das ist nicht der Weg in die Zukunft, weder technologisch noch ökologisch noch ökonomisch, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dann ist es ja gut, lieber Herr Scheuenstuhl. Deshalb bin ich sicher, dass Sie unserer Politik zustimmen, wenn Sie sich jetzt so für meine Ausführungen begeistern. Sie haben anschließend die Gelegenheit, dem Antrag der CSU-Fraktion zuzustimmen.
Wenn ich die Diskussion in Deutschland betrachte, wer sich für Elektroautos begeistert – auch ich bin ein Fan von Elektroautos –, aber gleichzeitig in einigen Bundesländern – das ist die Realität in einer Reihe von anderen Bundesländern; Sie selbst haben dieses Thema vorhin angesprochen – der Großteil der Elektroautos mit Sicherheit mit Strom aus Braunkohlekraftwerken betrieben wird, dann kann ich nur sagen: Das hat mit einer seriösen Umweltpolitik gar nichts zu tun.
Wer Dieselautos aus ökologischen Gründen verbieten, aber Braunkohlekraftwerke, wie in NordrheinWestfalen wegen der Arbeitsplätze weiterbetreiben will, der betreibt keine glaubwürdige Umweltpolitik, meine Damen und Herren.
Auf so einen Zirkus lassen wir uns nicht ein. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der CSUFraktion.
Einen kleinen Moment noch, Herr Minister. Es gibt eine Zwischenbemerkung vom Herrn Kollegen Dr. Magerl. Bitte schön.
Herr Staatsminister, das, was Sie gerade abgeliefert haben, war in meinen Augen ein grandioser Offenbarungseid. Anders kann man es nicht sagen. Die Debatte über die Stickoxide führen wir seit vielen Jahren hier im Haus. Bayern hält die Grenzwerte der EU nicht ein. Das ist beschämend. Schließlich geht es um die Gesundheit. Stickoxide sind Gifte.
Sie haben keinerlei Konzept geliefert, sondern nur gesagt: Die blaue Plakette geht nicht, das haut nicht hin, wir können nichts machen. – Wir reißen den Grenzwert speziell in München an der Nymphenburger Straße an ganz vielen Tagen im Jahr. Sie schädigen mit Ihrer Politik, mit dieser Blockadehaltung, die Sie an den Tag legen, die Gesundheit der bayerischen Bevölkerung. Das muss man klar und deutlich sagen.
Das Zweite zum Bereich Klima und Kohlendioxid. Sie haben gesagt, es wird gelingen, ab 2030 nur noch völlig emissionsfreie Pkw zuzulassen, nennen allerdings kein Datum. Aber eines ist klar: Bis zum Jahr 2050 muss der Kohlendioxidausstoß aus dem Verkehr beendet sein, sonst halten wir das Abkommen von Paris nicht ein. Wenn Sie so weitermachen wie derzeit, ist das der Ausstieg aus dem Pariser Abkommen, nicht der Einstieg. Was Sie hier geliefert haben, nenne ich einen Offenbarungseid.
Sie brauchen sich keine Sorgen über Offenbarungseide und dergleichen zu machen. Wir sind uns der Herausforderungen, insbesondere bei bestimmten Grenzwertüberschreitungen hier in der Landeshauptstadt bewusst. Ich bin da mit unserer Umweltministerin in engem Kontakt. Wir werden gemeinsam mit der Landeshauptstadt München, die davon besonders betroffen ist, in der nächsten Zeit sicherlich überzeugende Konzepte entwickeln. Dazu gehört all das, was ich vorhin angesprochen habe. Dazu gehört zum Beispiel, dass es als Erstes vielleicht sinnvoll ist, wenn keine öffentlichen Busse mehr mit Diesel durch die Gegend fahren. Das ist nämlich wesentlich einfacher, als beim einfachen Bürger anzusetzen. Dazu gehören der Ausbau der Elektromobilität und alles, was ich angesprochen habe. Dazu gehört, dass wir den ÖPNV weiter verstärken. Dazu gehört, dass wir den Radverkehr verstärken. Wir werden ein umfassendes Paket ausarbeiten. Wir negieren diese Herausforderung in keiner Weise.
Ich konzentriere es nun auf den Punkt, den Sie angesprochen haben: Es hat überhaupt keinen Sinn, weil im Moment – es muss daran gearbeitet werden, das zu ändern – an einigen wenigen Hotspots in München Grenzwerte überschritten werden, allen Diesel-Pkw in Bayern und Deutschland kurzfristig den Garaus zu machen. Da schießt man völlig über das Ziel hinaus. Dabei werden wir in der Tat nicht mitmachen, Herr Kollege Magerl.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Die Anträge werden dazu wieder getrennt.
Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13310 abstimmen. Das ist der Antrag der CSU-Fraktion. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU-Fraktion, FREIE WÄHLER. Gegenstimmen bitte! – SPDFraktion und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Enthaltungen? – Es gibt keine. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13352 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13353 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte! – CSU und FREIE WÄHLER. Enthaltungen? – Das ist die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/13312 mit 13317 sowie 17/13354 mit 13356 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse überwiesen.
Erste Lesung zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen
In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Gesetzentwürfe mit den als federführend angesehenen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsichtlich dieser Zuweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgesehenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Ich gehe von keinen Gegenstimmen und keinen Enthaltungen aus.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes (Drs. 17/13146) - Erste Lesung
Da gibt es eine Einigung der Fraktionen, dass auch dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache erfolgen kann. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.