Christian Magerl

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Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es trifft sich sehr gut, dass die beiden Themen Klimaschutz und Natur- und Artenschutz heute als letzte Tagesordnungspunkte dieser Legislaturperiode aufgerufen worden sind.
Ja, kommt schon noch, Herr Kollege Huber. – Es trifft sich deshalb gut, weil die CSU bei diesen Themen eigentlich die größten Defizite in diesem Land hinterlässt, wenn sie am 14. Oktober ihre Niederlage erleiden wird.
In keinem anderen Bereich versagen Sie so wie hier. Wer sich die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten von heute Vormittag anschaut, stellt fest, dass vorkam, den Klimaschutz noch möglicherweise in die Verfassung zu nehmen, aber beim Bereich Natur- und Artenschutz war absolut Fehlanzeige. Ich finde es skandalös, dass in einer Regierungserklärung, bei der von der Zukunft Bayerns geredet wird, der wesentli
che Bereich Natur- und Artenschutz mit keiner einzigen Silbe erwähnt worden ist.
Die CSU und die Staatsregierung lassen den Naturschutz in Bayern am ausgestreckten Arm verhungern. Sie haben versucht – das wurde heute Vormittag kurz deutlich –, sich auf den Lorbeeren der 1970er-Jahre – erstes Umweltministerium – auszuruhen. Ja, das war damals ein Fortschritt. Damals gab es in Bayern auf diesem Sektor einen Fortschritt. Aber seitdem gibt es in Bayern auf diesem Gebiet fast nur Rückschritte. Schaut man sich den Natur- und Artenschutz an, stellt man fest: Wir haben immer länger werdende Rote Listen. Die für die Tier- und Pflanzenwelt wichtigen Lebensräume schwinden immer mehr. Die Intensität der Landnutzung nimmt immer mehr zu. Die Situation ist entsprechend katastrophal. Das stellen alle Experten fest. Alle Experten, ob von der Zoologischen Staatssammlung, den Universitäten oder den Naturschutzverbänden, kommen zum gleichen Ergebnis: Die Situation ist fatal. Um den Zustand der Natur und der Arten in Bayern ist es schlimm bestellt. Absolut dringendster Handlungsbedarf besteht. Deshalb haben wir, die GRÜNEN, zum Abschluss dieser Legislaturperiode noch unseren Gesetzentwurf zum Artenschutz in Bayern mit Änderungsvorschlägen zu diversen bayerischen Gesetzen eingebracht. Ich möchte an dieser Stelle auf einige Punkte eingehen, soweit das im Rahmen der kurzen Redezeit möglich ist.
Wir, die GRÜNEN, wollen den Schutz von verschiedenen extrem gefährdeten Lebensräumen im Gesetz neu verankern und neu definieren. Ein wichtiger Aspekt ist der Schutz des Grünlandes. Dieser Lebensraum ist uns in den letzten Jahren durch die Finger geglitten. Das ist eine dramatische Entwicklung. Der Flächenverbrauch in Bayern ist mit 10 Hektar pro Tag immer noch katastrophal. Der Flächenverbrauch geht indirekt fast zu 100 % zulasten des Grünlandes. Dadurch verschwindet eine Lebensgemeinschaft, die zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften Mitteleuropas zählt. Diese Lebensgemeinschaft wird immer kleiner und landet letztendlich auf der Roten Liste. Das gilt auch für die Flachland-Mähwiesen, die dazugehören. Dort ist es besonders dramatisch. Ich verweise hier auf ein Beispiel für Ihr Versagen im Bereich Naturschutz.
Im Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet Paar, welches sich über die Landkreise Schwaben und Oberbayern erstreckt, sind von den 558 Hektar Flachland-Mähwiesen, die noch vor wenigen Jahren im Standarddaten
bogen genannt worden sind, bei der Erstellung des Managementplans ganze 18,5 Hektar übrig geblieben. Innerhalb weniger Jahre ist das Gebiet von 558 Hektar auf 18,5 Hektar geschrumpft, und das trotz FFH-Status. Kolleginnen und Kollegen, das sind amtliche Zahlen. Das sind nicht meine Erhebungen. Das zeigt, wie dramatisch die Situation ist. Das zeigt, wie schlecht Sie im Bereich Naturschutz aufgestellt sind, speziell im Bereich des Personals bei den Unteren Naturschutzbehörden. Dort sitzen die Leute, die das Ganze letztendlich umsetzen sollten.
Wir, die GRÜNEN, fordern eine deutlich schärfere Kontrolle bzw. überhaupt eine Kontrolle – von "schärfer" brauchen wir gar nicht zu reden – der Ausgleichs- und Ersatzflächen in Bayern. Die Studie zum Zustand der Ausgleichsflächen in Bayern, die das Landesamt für Umwelt hat erstellen lassen – in diesen Bereich fließen Millionenbeträge –, kommt zum Ergebnis: Nur ein Viertel der Gebiete ist gut. Ein Viertel geht so. Ein Viertel ist schlecht, und ein Viertel ist überhaupt nicht angelegt worden, da es nicht gefunden wurde. Das ist ein Skandal. Hier wird ein Gesetz nicht vollzogen. Das Bundesnaturschutzgesetz, § 15 ff., wird nicht vollzogen. Das ist in Bayern offensichtlich gleichgültig. Darum muss man sich kümmern. Die Kontrolle für diese Flächen muss im Gesetz verankert werden.
Die Erfassung und die Kartierung liegen in Bayern besonders im Argen. Die Biotopkartierung und das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern sind im nationalen Bereich durchaus Flaggschiffe über die Grenzen Bayerns hinaus. Sie sind aber auf dem ursprünglichen Stand stehen geblieben. Viele dieser
Erhebungen befinden sich auf dem Ersterhebungsstand von vor 30 Jahren. Damit kann man nicht operieren. Ich möchte die Reaktion des Innenministeriums sehen, wenn man ihm mitteilt: "Ihr nehmt die Zahlen von vor 30 Jahren. Die tun‘s schon für euch. Damit könnt ihr eure Planungen machen." Ich möchte sehen, wie die zu toben anfangen.
Die Erfassung der Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste muss in wesentlich kürzeren Abständen erfolgen. In Ihrer Biodiversitätsstrategie haben Sie erklärt, die Hälfte der Arten auf der Roten Liste bis 2020 um eine Stufe verbessern zu wollen. Bis heute sind noch 95 % der Arten auf der Roten Liste auf dem Stand von 2003. Wie wollen Sie überhaupt feststellen, ob eine Verbesserung eingetreten ist, wenn die zur Verfügung stehende Rote Liste 15 Jahre alt ist? So, wie
Sie unterwegs sind, funktioniert es schlicht und ergreifend nicht.
Ich muss feststellen, dass Sie beim Natur- und Artenschutz auf der ganzen Linie versagt haben. Schlimmer könnte es nicht sein. Es geht hier um den Schutz des Lebens. Es geht um Lebewesen, die nicht mehr wiedergebracht werden können. Wenn sie ausgestorben sind, dann sind sie weg. Ausgestorben ist ausgestorben. Ausgestorbene Tierarten kann ich nicht wieder aus dem Ärmel schütteln. Sie versündigen sich an den kommenden Generationen. Die müssen dann in einer artenarmen Welt aufwachsen. Dann wird es kaum noch Vogelstimmen zu hören geben. Dann wird es kaum noch Blühpflanzen geben. Deshalb müssen wir dringend umsteuern. Das wollen wir mit diesem Gesetzentwurf erreichen. Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie dringend um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Ich komme nicht nur zum Abschluss meiner Rede, sondern zum Abschluss meiner Laufbahn im Bayerischen Landtag. Nach 27 Jahren habe ich mich entschlossen, an einem Auswilderungsprogramm teilzunehmen.
Ich möchte wieder in andere Bereiche gehen. Ich möchte mal wieder etwas anderes machen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss möchte ich mich bei allen für die manchmal durchaus heftigen und kontroversen Debatten bedanken. Lieber Otto, speziell bei dir möchte ich mich für die gemeinsamen zehn Jahre in der Leitung des Umweltausschusses bedanken. Herzlichen Dank zum Abschluss. Pfiats eich, macht’s es guad, wenn ned, komm ich in fünf Jahren wieder.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal einiges zurechtrücken. Zu Ihrer Einladung, wir sollten uns mit Vorschlägen einbringen: Ich bin seit 27 Jahren in diesem Hohen Haus und könnte eine lange Liste meiner Vorschläge im Bereich Artenschutz zusammenschreiben, die ich hier eingebracht habe und die fast unisono immer und immer wieder von der CSU abgelehnt wurden.
Sie bringen überhaupt keine Vorschläge in diesem Zusammenhang. Ich sage es noch einmal: Wenn ich mir den Zustand der Arten in Bayern ansehe, stelle ich fest, es ist für einen sehr großen Teil der Arten dramatisch, wie die Entwicklung in den letzten 40 Jahren gelaufen ist. Sie können hier als Vorrednerinnen und Vorredner gesundbeten, was Sie wollen: Es ist nach wie vor schlecht. Daran ist nicht zu rütteln, das ist so.
Ich kann über sechs Legislaturperioden zurückblickend sagen: Sie haben sich hier – auf gut Deutsch gesagt – kein Bein ausgerissen. Sie haben eine miserable Leistungsbilanz, was den Artenschutz in Bayern anbelangt.
Doch, das ist so. – Es hilft auch nicht zu sagen, in anderen Bundesländern sehe es auch nicht besser aus. Wir sind hier bayerische Landtagsabgeordnete und haben dafür zu sorgen, dass der Zustand der Arten in Bayern gut ist.
Ich möchte auf den Punkt zu sprechen kommen, bei dem es am meisten hakt: Wir können schöne Programme auflegen – Artenhilfsprogramme –, und wir können das KULAP noch ein wenig verbessern. Wir können auch Vertragsnaturschutz machen. Wir brauchen aber Personal, und zwar in der Fläche. Sie verweigern jedoch regelmäßig seit vielen, vielen Jahren die Zustimmung, dass wir das Personal zum Beispiel in den unteren und in den höheren Naturschutzbehörden aufstocken. Wenn Sie aber niemanden in der Fläche haben, helfen Ihnen die ganzen Programme überhaupt nicht!
Die Anhörung im Umweltausschuss hat klar gezeigt, dieser Punkt wird auch von den Experten so gesehen. Sie haben nämlich gesagt: Wenn wir hier nicht jemanden in der Umsetzung draußen vor Ort haben, helfen in München geschriebene Programme so gut wie gar nicht.
Ich möchte die Artenhilfsprogramme in Bayern nicht kleinreden. Ich bin jetzt seit 1973 und somit sei 45 Jahren als ornithologischer Kartierer in der Fläche unterwegs und habe bei einigen Arten gesehen, was diese Programme gebracht haben. Leider Gottes sind sie bei den 80.000 Arten, die wir in Bayern haben, ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie helfen nur einigen wenigen Arten, und zwar – auch das war ein Ergebnis der Anhörung – den attraktiven Arten. Es gibt praktisch kein Artenhilfsprogramm für unscheinbare Arten.
Herr Prof. Haszprunar sagte, dass wir eigentlich Programme für die kleinen hässlichen Schwarzen bräuchten – die Käfer, die Spinnen, die Milben oder die Asseln. Sie sind genauso wichtig für unseren Naturhaushalt wie der Weißstorch, dem wir gut auf die Beine geholfen haben, oder wie die Wiesenweihe. Hier hapert es aber noch gewaltig, vor allem wenn wir nicht mehr Mittel für das Personal bewilligt bekommen. Sie als CSU-Fraktion sind aber nicht einmal bereit, dem Kabinett zu folgen, das acht Stellen vorgeschlagen hat, die Sie wieder auf Eis gelegt haben. Nach meiner Erinnerung war es ein einmaliger Vorgang, dass ein Kabinettsbeschluss von der CSU kassiert wurde. Sie sollten hier einmal bekennen, warum Sie das machen!
Sie hatten das Arten- und Biotopschutzprogramm genannt. Manche Landkreise müssen noch mit dem Originalprogramm arbeiten, das fast 30 Jahre alt ist. Dort ist in manchen ABSP-Programmen noch nicht einmal die FFH-Richtlinie eingearbeitet. Sie sind in der Vergangenheit auch hier nicht bereit gewesen, unseren Anträgen zu folgen und mehr Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um diese Programme auf den neuesten Stand zu bringen. Diese Programme sind nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz die Grundlage für den Biotopverbund. Sie arbeiten aber mit Uraltunterlagen im Bereich Biotopverbund und wundern sich dann, wenn das nicht hinhaut und die Artenvielfalt bei uns in Bayern ein ums andere Mal den Bach hinuntergeht.
Möglicherweise wird das meine letzte Rede zum Artenschutz hier sein; ich kann Ihnen aber nur eines ins Stammbuch schreiben: Sechs, setzen!
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich beim Kollegen Huber ausdrücklich für die klaren und deutlichen Worte: Die CSU-Fraktion unterstützt den Bau einer dritten Start- und Landebahn "uneingeschränkt". Das werden wir den 100.000 Menschen, die rund um den Flughafen leben, vor der Wahl klar und deutlich erzählen.
Das werden wir klar erzählen.
Nein, es gibt einen Herrn Dr. Söder, der gesagt hat, dass darüber erst 2021 entschieden wird. Wir werden den Leuten draußen auch sagen, dass die Unterstützung "uneingeschränkt" erfolgt. Offensichtlich ist der Stimmkreisabgeordnete ein ziemliches Leichtgewicht, da er nicht in der Lage ist, die "uneingeschränkte" Unterstützung zu relativieren, sodass Sie endlich in der Realität ankommen.
Die Realität ist, dass die Zahl der Flugbewegungen seit der Einleitung des Raumordnungsverfahrens im Jahr 2006 von 411.335 bis zum Jahr 2017 auf 404.505 gesunken ist. Es gibt also ein Minus. Es gibt einen Rückgang bei den Flugbewegungen. Eine dritte Startbahn muss gebaut werden, wenn die Flugbewegungen steigen, und nicht, wenn die Passagierzahlen steigen. Schließlich und endlich werden die Passagiere nicht einzeln raufgeschossen. Steigende Passagierzahlen werden in immer größeren Flugzeugen transportiert. Deshalb erübrigt sich die Planung einer dritten Start- und Landebahn.
Sie sollten endlich einmal demokratische Entscheidungen in München anerkennen. Ich möchte der Münchner Bevölkerung ausdrücklich Danke sagen, dass Sie ziemlich genau vor sechs Jahren mit fast 55 % im Bürgerentscheid entschieden hat: Nein, wir brauchen diese dritte Start- und Landebahn nicht. Ich danke dem Bündnis "München gegen die 3. Startbahn", Katharina Schulze, Michael Piazolo und Christian Hierneis. Sie haben uns damals tatkräftig unterstützt. Wir haben ein klares Votum gegen diese unsinnigen Planungen im Erdinger Moos erzielt. Es
geht nicht nur um die Lärmbelastung, sondern auch um die Zerstörung des Erdinger Mooses. Es werden fast 1.000 Hektar Mooslandschaft zerstört. Bei der ganzen Geschichte geht es um die Frage des Klimaschutzes. Es gibt sehr viele Argumente gegen diese dritte Start- und Landebahn. Darüber hinaus geben es die Zahlen nicht her, eine dritte Start- und Landebahn in irgendeiner Art und Weise zu realisieren.
Sie müssen überlegen, was Sie der Bevölkerung dort draußen antun. Sie sagen, dass Sie das zugunsten der Menschen machen. Offensichtlich gehören die Menschen in Freising und rund um den Flughafen nicht dazu. Eine solche Planung geschieht nicht zugunsten dieser Menschen. Viele Menschen leben seit über zwölf Jahren mit dem Damoklesschwert der dritten Start- und Landebahn in einer Absiedlungszone. Sie wissen nicht, welche Investitionsentscheidungen sie für ihre Häuser treffen können. Das interessiert Sie offensichtlich überhaupt nicht. Sie lassen die Menschen hängen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
Dann wären die Menschen schon längst abgesiedelt. Wäre Ihnen das lieber? – Sie haben kein Interesse am Schicksal der Bevölkerung rund um den Flughafen im Erdinger Moos. Das muss man Ihnen klar und deutlich ins Stammbuch schreiben.
Die Leute leben seit zwölf Jahren mit diesem Schicksal. Versetzen Sie sich einmal in diese Leute hinein. Sie sagen, man müsste bauen. Das Gericht hat jedoch klar und deutlich entschieden, dass die Kapazitätsgrenze des Zwei-Bahnen-Systems nicht bei 430.000, sondern bei 480.000 Flugbewegungen liegt.
Lassen Sie mich ausreden. Herr Huber, ich habe Sie auch ausreden lassen.
Auf Seite 651 des Planfeststellungsbeschlusses steht: Daraus folgt, dass Intraplan für den Prognose-NullFall 2020 die maximal nutzbare, flugbetrieblich tatsächlich noch abwickelbare sogenannte praktische Kapazität von 479.000 Flugbewegungen in ihre Betrachtung einstellt. Das bedeutet, wir haben eine riesi
ge Kapazitätsreserve. Aus Klimaschutzgründen können wir uns darüber hinausgehende Flugbewegungen überhaupt nicht leisten. Wir haben das Pariser Abkommen unterschrieben. Dazu gehört auch, dass wir den CO2-Ausstoß aus dem Luftverkehr reduzieren müssen. Wir dürfen ihn nicht weiter erhöhen, wie Sie es haben wollen. Eine dritte Startbahn ist mit den Klimazielen der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar. Das muss man Ihnen klar und deutlich sagen.
Ich komme zum Schluss. Ich frage frei nach Polt: Braucht‘s des wirklich, die dritte Startbahn? – Nein, die braucht‘s nicht.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden den Antrag selbstverständlich unterstützen.
Ich möchte eine Vorbemerkung machen. Die Idee von Ministerpräsident Seehofer und dem Kabinett, einen dritten Nationalpark in Bayern zu fordern, wurde von uns von Anfang an begrüßt und unterstützt. Ich möchte aber auch sagen, dass wir uns das vorher nicht getraut hatten. Wir haben immer nur Anträge zu einer Machbarkeitsstudie für den Steigerwald gestellt. Ich glaube, bei der SPD war es ähnlich. Die Forderung, den dritten Nationalpark zu realisieren, kam von CSUMinisterpräsident Seehofer und seinem Kabinett. Das muss man klar und deutlich festhalten. Wenn ich mir das ansehe, stelle ich fest: Diese Idee wurde hintertrieben. Es gibt böse Zungen, die behaupten, in der CSU-Fraktion waren zwei Abgeordnete dafür und 99 dagegen.
Ich glaube, das dürfte auch mehr oder weniger den Tatsachen entsprechen. Ich frage: Was ist das für eine Politik, durchs ganze Land zu ziehen, einen Standort nach dem anderen herauszuziehen, dort Diskussionen zu beginnen, Standorte für einen möglichen Nationalpark dann aber nach ein, zwei, drei Jahren, wenn die Leute unter Umständen sagen, dass ein Nationalpark vielleicht doch etwas ist, wieder zu verwerfen? Im Steigerwald gibt es mittlerweile deutlich mehr Personen, die sagen: So ein Nationalpark wäre vielleicht doch etwas. Sie haben mit dieser Politik Standorte verbrannt – das muss man klar und deutlich sagen –, und Sie von der CSU-Fraktion, und zwar die
große Mehrheit, haben die Idee systematisch hintertrieben.
Das muss man feststellen. Da frage ich mich schon: Was für eine Art der Politik ist das Ganze letztendlich?
Sie, Herr Kollege Aiwanger, sprechen die Eigentumsverhältnisse an. Die Vorschläge, die gekommen sind, betrafen immer Gebiete des Staatsforstes, also Bereiche, die letztendlich dem Freistaat Bayern gehören.
Ich weiß von den Staatsforsten, dass sie dem Vorschlag zum Auwald durchaus zugestimmt haben. Der ist ja am Schluss noch in der näheren Auswahl gewesen. Ich sage dazu schon, dass das auf alle Fälle machbar gewesen wäre. Hinten liegt der Stapel an Gutachteraussagen zur morgigen Anhörung zum Schwund der Artenvielfalt in Bayern. Es gibt sehr viele, die sagen, dass wir zwar in der gesamten Fläche Schutzkonzepte brauchen, dass wir aber auch Großschutzgebiete benötigen, in denen wir die Nutzung letztendlich ganz ruhen lassen. Wir brauchen beides. Ich werbe noch einmal ganz inständig dafür: Wenn wir unserer internationalen Verantwortung für Buchenwälder und Auwälder gerecht werden wollen, den gefährdetsten Lebensräumen, die wir nicht nur in Deutschland, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Mitteleuropa haben,
dann müssen wir an diese ganze Geschichte heran. Sie haben das in einer dilettantischen Art und Weise vorbereitet, durchgeführt und mittlerweile gestoppt. Ich kann nur sagen: Klopfen Sie sich an die Brust, sagen Sie erst einmal mea culpa, kehren Sie dann um und gehen Sie mit uns in einem transparenten Prozess und auch mit einer guten Machbarkeitsstudie in Richtung eines dritten Nationalparks. Sie werden sehen: Wenn Sie den Leuten das Material vorlegen, werden sie mit Ihnen gehen, und Sie werden es gemeinsam schaffen. Ich habe sowohl national als auch international an mehreren Standorten erlebt, dass Bedenken vorhanden waren. Wenn man jetzt aber in
diese Bereiche kommt, prangt auf jedem Ortsschild riesengroß "Nationalparkgemeinde". Das wird von den Leuten mit Stolz vertreten, weil sie gesehen haben, dass die Entwicklung gut und richtig war. Deshalb: Zustimmung zu dem Antrag.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Gesetzentwurf geht es um ein sehr wichtiges Anliegen, nämlich um den Schutz unserer Fließgewässer und um den Schutz des gesamten Wassers in Bayern. Fließge
wässer, das Grundwasser und stehende Gewässer hängen miteinander zusammen. Man muss feststellen – einmal mehr; wir hatten das Thema schon auf der Tagesordnung –: Um den Zustand des Wassers in Bayern steht es nach wie vor schlecht. Ich kann heute schon sagen, dass wir das Thema so lange auf der Tagesordnung haben werden, bis wir eine Verbesserung erreicht haben. So lange werden wir dieses Brett bohren.
Wenn wir uns die Daten anschauen, die wir vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erhalten haben, dann stellen wir fest, dass nur wenige Prozent unserer Fließgewässer in gutem Zustand sind, was die Belastung mit chemischen Stoffen, aber auch, was den Naturzustand anbelangt. Der große Teil ist in mäßigem, schlechtem oder sogar sehr schlechtem Zustand. Das zeigen uns die amtlichen Kartierungen.
Man kann hinausgehen und das selbst anschauen. Als Biologe habe ich einen Blick dafür. Beim aktuellen Zustand können wir uns nicht zurücklehnen. Der aktuelle Zustand ist unbefriedigend; das muss man klar und deutlich feststellen. Wir erfüllen, was das anbelangt, unsere internationalen Verpflichtungen aus der Wasserrahmenrichtlinie, die wir längst umgesetzt haben müssten, nicht. In der Wasserrahmenrichtlinie hieß es ganz klar: Bis 2015 müssen unsere Gewässer in einem guten Zustand sein, und zwar sowohl was die Natur, als auch was die Belastung mit Chemikalien und Schadstoffen anbelangt.
Das haben wir nicht geschafft. Ich befürchte, wenn die CSU sich nicht endlich deutlich bewegt, dass wir auch die zweite Periode verstreichen lassen, die 2021 endet, und dann wiederum feststellen müssen: Unsere Gewässer sind nach wie vor nicht in einem guten Zustand. Wir müssen irgendwann einmal anfangen, das heißt, an einer Stelle sagen: Jetzt beginnen wir mit der Umsetzung!
Wir haben in Deutschland 15 Bundesländer, die in ihren jeweiligen Gesetzen Gewässerrandstreifen verpflichtend vorschreiben. Als einziges Bundesland schreibt der Freistaat Bayern solche Gewässerrandstreifen nicht vor. Wir wollen mit dem Gesetzentwurf, den wir heute in den Landtag einbringen, erreichen, dass auch Bayern die Festlegung von Gewässerrandstreifen verpflichtend vorschreibt, in denen gewisse Bewirtschaftungsauflagen gelten.
Es ist nicht so, dass wir diese völlig aus der Nutzung herausnehmen wollen. Wir haben in unserem Gesetzentwurf aufgezählt, was wir dort untersagt haben wollen: Neben dem Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und dem Umbruch von Dauergrünland
wollen wir die Ackernutzung dort unterbinden. Wir wollen dort das Entfernen von standortgerechten Gehölzen nicht mehr zulassen, mit Ausnahme der Entnahme im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, soweit diese bis an den Gewässerrand heranreicht. Wir wollen zudem erreichen, dass im Bereich der Gewässerrandstreifen kein Umgang mit wassergefährdenden Stoffen mehr stattfinden darf.
Ich meine, dass diese fünf Forderungen, die wir in unseren Gesetzentwurf aufgenommen haben, sinnvoll sind. Wir müssen sie umsetzen. Unser Wasser muss es uns wert sein, dass wir zehn Meter rechts und links der Gewässer diese Nutzungen untersagen, damit wir bei der Verbesserung der Sauberkeit unserer Gewässer endlich vorankommen.
Um auch das klar und deutlich zu sagen: Wenn man sich die Rote Liste der Fische in Bayern anschaut, dann stellt man fest, dass gerade in den Fließgewässern bis zu 80 % der Arten mehr oder weniger stark vom Aussterben bedroht sind. Es ist eine Schande, dass es in einem reichen Land nicht gelingt, die Gewässer in einen solchen Zustand zu versetzen, dass auch die Tierwelt gut darin leben kann. Insoweit besteht dringender Handlungsbedarf. Ich bitte Sie, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Die SPD hat auch einen Gesetzentwurf vorgelegt; dieser folgt einem etwas anderen Ansatz. Demnach ist ein verpflichtender Gewässerrandstreifen von nur fünf Metern Breite vorgesehen.
Ich sage: Wir GRÜNEN sind da nicht so. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir werden den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion unterstützen, wobei wir den unsrigen für den besseren Gesetzentwurf halten.
Wir sehen der Debatte im Ausschuss mit großer Spannung entgegen und geben die Hoffnung nicht auf, dass sich die CSU in diesem Bereich vielleicht doch endlich bewegt. Es wäre dringend erforderlich – im Sinne des Gewässerschutzes in Bayern.
Frau Staatsministerin, wenn das alles so hervorragend läuft, wie Sie das hier in Ihrer Propaganda und in bebilderten schönen Hochglanzbroschüren immer schildern, können Sie mir dann erklären, warum trotz alledem der CO2-Ausstoß pro Kopf in Bayern in den letzten Jahren steigt? – Es kann doch nicht sein, dass Sie einerseits sagen, alles wäre gut, und andererseits der CO2-Ausstoß pro Kopf nach oben geht. Da muss wohl doch noch gearbeitet werden.
Es wäre gut, wenn man als Erstes einmal sagen würde: Jawohl, wir bekennen uns klar dazu, dass der Klimaschutz bei uns ein Verfassungsziel sein muss, weil das die Sicherung der Zukunft unseres Landes und der Bevölkerung in diesem Land ist.
Als Zweites müssen Sie Taten folgen lassen. Was hier aber vorgetragen wurde, ist in erster Linie auch nur Papier, das bedruckt ist. Ich muss sagen, an der Um
setzung hapert es in Bayern hinten und vorne. Da sind Sie absolut schlecht aufgestellt.
Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, wie finden Sie es, dass die Staatsregierung bei der ersten Hälfte Ihrer Rede zu einem Gesetzentwurf, den sie selbst eingebracht hat, zu 100 % durch Abwesenheit glänzt? Und auch jetzt, bei der zweiten Hälfte der Rede, ist die Ressortministerin – –
Herr Bausback, Sie sind erst später gekommen. – Während der gesamten Rede glänzt die Ressortministerin hier durch Abwesenheit. Bei Gesetzentwürfen, die die Staatsregierung einbringt, erwarte ich schon etwas Achtung vor dem Parlament und nicht eine so große Missachtung durch Abwesenheit.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Bayerischen Staatsregierung mit Ausnahme des Justizministers dieses Gesetz offensichtlich ziemlich unwichtig erscheint – denn wir haben ja gehört, die haben alle etwas Wichtigeres zu tun, inklusive des zuständigen Ressorts –, werde ich mich jetzt bei der Aussprache nicht mehr weiter runtertun, sondern auf die Ausführungen in der Ersten Lesung und im Ausschuss verweisen.
Die SPD-Anträge gehen in die richtige Richtung. Der Antrag der CSU bringt uns nicht voran, insbesondere was den Grünlandumbruch anbelangt. Ich bitte deshalb, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Weitere Aussprache ist nicht notwendig; denn die Staatsregierung beteiligt sich ohnehin nicht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich mit dem Natur- und Artenschutz in Bayern einige Jahrzehnte beschäftigt hat, muss man feststellen, dass es drei wesentliche Kritikpunkte gibt.
Erstens. Wir haben ganz erhebliche Wissenslücken bezüglich der Entwicklung der heimischen Natur. Viele der vorliegenden Daten sind total veraltet, oder es existieren überhaupt keine Grundlagen. Sie von der CSU und der Staatsregierung sind, was das anbelangt, weitgehend im Blindflug unterwegs. Ohne die Ehrenamtlichen, denen ich an dieser Stelle einmal mehr danken möchte, wüssten Sie fast nichts über den Zustand der Natur in Bayern.
Zweitens. Dort, wo neuere Erhebungen vorliegen, beispielsweise in der Roten Liste der Vögel in Bayern, und bei anderen Daten zeigt sich, dass der Schwund
der Lebensräume und der Populationen auch in Bayern dramatisch ist.
Drittens. Bei der Umsetzung von Konzepten, der Biodiversitätsstrategie und des Biodiversitätsprogramms haben Sie nahezu keinen Erfolg. In vielen Bereichen in Bayern sieht es bedauerlicherweise zappenduster aus; deshalb unser Antragsbündel mit zehn Anträgen. Ich kann in der kurzen Redezeit, die mir zusteht, leider nicht alle im Einzelnen vorstellen. Wir fordern in mehreren Anträgen, dass wir die Datengrundlage deutlich verbessern und bei dieser Angelegenheit auf einen neuen Stand kommen.
Deshalb fordern wir exemplarisch die Aktualisierung der Roten Liste der Wildbienen. Das ist der einzige Antrag, der durchgegangen ist und dem zuzustimmen auch die CSU sich getraut hat. Die anderen neun hat sie bedauerlicherweise abgelehnt.
Wir haben bei uns über 500 Arten von Wildbienen. Dazu gehören nicht nur die fleißigen Landtags-Honigbienen, sondern es gibt noch 500 weitere Arten. Über 50 % sind in der alten Liste – sie stammt von 2003 und ist dringend überholungsbedürftig – als gefährdet dargestellt. Insofern ist es absolut sinnvoll und richtig, dass eine neue Rote Liste der Wildbienen bei uns erstellt wird, damit wir wissen, wie wir bei dieser Angelegenheit dran sind.
Über 95 % der Roten Listen – sie stammen aus dem Jahr 2003 – werden nicht oder nur sehr zögerlich überarbeitet. Ich stelle mir die Frage, wie Sie eigentlich das Ziel erreichen wollen, die Hälfte der RoteListe-Arten um eine Stufe zu verbessern, das Sie formuliert haben, und wie Sie das beurteilen wollen, wenn Sie keine neuen Roten Listen haben. Das sollten Sie vielleicht einmal erklären; so wird es nicht hinhauen.
Wir haben beim Arten- und Biotopschutzprogramm völlig veraltete Daten; sie sind teilweise 30 Jahre alt. Da besteht dringender Handlungsbedarf. Das scheitert – ich habe das in einer Anfrage abgefragt – an 1,8 Millionen Euro, die benötigt würden, um das auf den neuen Stand zu bringen. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Sie haben bei einem Haushalt von fast 60 Milliarden Euro keine 1,8 Millionen Euro übrig für die Erfassung. Dass hier nichts vorangeht, ist eine Schande für ein derart reiches Land.
Bei der Biotopkartierung ist es ähnlich. Auch dort sind viele Daten 20 Jahre alt und älter. Es ist blamabel,
dass Sie derart hintendran sind und so hinterherhinken. Das muss in Zukunft wesentlich zügiger abgewickelt werden; deshalb unsere Forderung.
Wir wollen eine neue Rote Liste für die gefährdeten Bodenorganismen haben. Der Boden ist eines unserer wichtigsten Medien. Aber die Staatsregierung weiß hier nahezu nichts. Hierzu zitiere ich aus der Antwort auf eine Interpellation der SPD, die gefragt hatte: Wie hat sich die biologische Vielfalt im Boden entwickelt? Die Antwort der Staatsregierung: "Zur Untersuchung der biologischen Vielfalt in den bayerischen landwirtschaftlich genutzten Böden liegen keine quantitativ auswertbaren Zeitreihen vor." Sie leisten einen Offenbarungseid, wenn Sie sich nicht einmal dafür interessieren, was in den landwirtschaftlichen Böden – immerhin 50 % der Landesfläche sind landwirtschaftlich genutzt – passiert.
Zwingend erforderlich – da appelliere ich noch einmal ganz eindringlich in Richtung der CSU – ist ein Insektenmonitoring in Bayerns Agrarlandschaft. Unsere Fraktion hat das mehrfach abgefragt, und andere Fraktionen haben es auch getan. Sie haben keine langfristigen Zeitreihen. Die Diskussionen über den Insektenrückgang um 80 % laufen bedauerlicherweise alle außerhalb von Bayern. In Bayern ist nichts getan worden; Sie haben es schlicht und einfach verschlafen, die Frage zu untersuchen, wie sich die Anzahl der Insekten bei uns entwickelt. Ich befürchte, dass die Entwicklung in Bayern ähnlich ist wie in NordrheinWestfalen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern sowie in Ländern außerhalb von Deutschland. Auch wir haben einen dramatischen Rückgang.
Ein Monitoring ist zwingend erforderlich. Wir müssen uns um die Insekten kümmern; denn sie erbringen bei der Bestäubung Leistungen in Milliardenhöhe. Ohne Insekten wird es in der Landwirtschaft ganz dramatische Rückgänge bei den Erträgen geben, wenn es keine Bestäubungen mehr gibt. Da ist wirklich Feuer am Dach, und wir müssen zwingend und dringend handeln.
Wir haben mehrere Anträge gestellt, die begehren, das Schutzgebietssystem in Bayern auszuweiten. Wir wollen das Netz der Naturwaldreservate vervollständigt haben. Das ist eine richtige Entwicklung im Landwirtschaftsministerium, aber sie ist noch nicht zu Ende. Wir brauchen noch deutlich mehr Naturwaldreservate in Bayern.
Wir wollen ein eigenes Schutzprogramm für die mageren Flachland-Mähwiesen, ein FFH-Lebensraumtyp, der uns wirklich zwischen den Fingern hindurchrinnt, der verschwindet und für den Sie nichts, aber
auch gar nichts tun. Deshalb dieser Antrag; wir brauchen hierfür ein Schutzprogramm. Im Paartal sind im Vergleich zum Standarddatenbogen, wo noch 558 Hektar gemeldet sind, bei dem jetzt erstellten Pflegeplan noch ganze 18,5 Hektar übrig.
Das ist Naturschutz à la CSU in Bayern. Europaweit geschützte Lebensräume verschwinden einfach. Deshalb brauchen wir dringend und zwingend dieses Schutzprogramm für diese Lebensräume.
Wir fordern auch, dass die im Arten- und Biotopschutzprogramm vorgeschlagenen Naturschutzgebiete, Landschaftsbestandteile etc. jetzt endlich unter Schutz gestellt werden. Bei den Schutzgebieten liegen wir im deutschlandweiten Vergleich allenfalls im Mittelfeld, eher in der unteren Hälfte. Da besteht ganz gewaltiger Handlungsbedarf. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag und zu allen zehn Anträgen insgesamt.
Was den Natur- und Artenschutz in Bayern anbelangt, ist es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern eins vor zwölf. Sorgen Sie dafür, dass Sie noch vor High Noon in die Gänge kommen, meine Damen und Herren von der CSU!
Ich frage mich schon, in welchem Parallelkosmos Sie leben,
wenn Sie von "Erfolgen" sprechen. Wo sind denn die Erfolge im Bereich Naturschutz? Ich glaube, Kollege von Brunn und ich haben klar und deutlich dargelegt, wie dramatisch die Situation auch in Bayern ist, was die Rückgänge anbelangt. Über 50 % der Tierarten in Bayern sind gemäß der alten Roten Listen gefährdet. Wenn man sich die neuen veröffentlichten Roten Listen ansieht, stellt man fest, dass die Prozentsätze gestiegen und nicht nach unten gegangen sind. Sie haben keine Erfolge, und Sie haben auch keine Initiativen. Sie haben keine einzige Initiative vorgestellt, mit der Sie es schaffen wollen, die Zahl der Rote-ListeArten deutlich zu reduzieren. Sie haben Ausführungen zu Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden in Naturschutzgebieten gemacht. Sie tun gerade so, als ob die Naturschutzgebiete ohne Pestizide nicht existieren könnten. Das ist, mit Verlaub, Schwachsinn.
Herr Kollege Huber, das war noch nie meine Art. – Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in die Beratung der Dringlichkeitsanträge einsteigen, möchte ich mit unserem Ceterum censeo zum Thema Nationalpark beginnen: Wir kommen bei der Abwägung aller Kriterien immer wieder auf einen Standort, der aus unserer Sicht der beste ist, nämlich auf den Steigerwald in Unter- und Oberfranken.
Leider hat die Bayerische Staatsregierung aus rein politischen Gründen diesen hervorragend geeigneten Standort ausgeschlossen und sich jetzt auf zwei Standorte verengt. Auch der Spessart wurde ausgeschlossen, der aus unserer Sicht genauso geeignet gewesen wäre. Die Staatsregierung hat sich verengt auf den Standort Rhön bzw. auf die Donau- und Isarauen.
Ein dritter Nationalpark für Bayern wäre wichtig; denn wir brauchen deutlich mehr Großschutzgebiete. Alle Untersuchungen, die uns vorliegen, zum Beispiel zum Thema Insektensterben, zeigen, dass die Schutzgebiete zu klein sind. Die Randeffekte, die von außen auf die Schutzgebiete einwirken, sind so groß, dass diese Gebiete ihre Schutzwirkung nicht so entfalten können, wie es eigentlich sein sollte. Deshalb brauchen wir deutlich mehr Großschutzgebiete.
Alle Untersuchungen in den existierenden bayerischen Nationalparken, im Bayerischen Wald und in Berchtesgaden, sowie Untersuchungen, die in Nationalparken in Deutschland und der Welt angestellt wurden, zeigen, dass Großschutzgebiete Flaggschiffe für
den Schutz der Natur und aller Arten sind. Deshalb brauchen wir mehr dieser Gebiete. An dieser Stelle sage ich klar und deutlich: Der dritte Nationalpark ist für uns die Zwischenstation zu einem vierten Nationalpark. Sobald wir die Mehrheit in diesem Hause haben, wird das der Steigerwald und kein anderer Standort sein.
Herr Kollege Huber, ich sage nur "36 %". – Wie gesagt, wir brauchen in Bayern und anderswo dringend mehr Großschutzgebiete. Mit diesem Dringlichkeitsantrag wollen wir den Prozess anschieben. In den letzten Monaten herrschte in der bayerischen Politik Stillstand. Ich bin der Meinung, dass dieser Stillstand auch in den nächsten Monaten anhalten wird. Niemand weiß, ob es einen Wechsel an der Spitze der Staatsregierung geben wird, und wenn ja, wann. Das alles ist völlig offen. Wir werden uns noch darüber unterhalten.
Wir wollen mit diesem Dringlichkeitsantrag den Stillstand in der Landespolitik, bedingt durch den Machtkampf in der CSU, für unsere Natur, für unsere Heimat, für die Artenvielfalt und zugunsten wirtschaftlicher, touristischer und infrastruktureller Gesamtentwicklungen der ausgewählten Region durchbrechen. Den Leuten sollte vor der Wahl klar gesagt werden, welcher Standort gewählt wurde. Das bedeutet nicht, dass dieses Gebiet damit ausgewiesen und die Entscheidung etwa schon in eine Verordnung gegossen wäre. Sobald die Leute aber wissen, woran sie sind, kann der Prozess weitergeführt werden.
Wir wollen erreichen, dass die fachlichen Fragen bis Ende April geklärt sind und wir bis zur Sommerpause sagen können, ob die Rhön oder die Auen oder, falls Sie sich bewegen, sogar beide Gebiete in den Ausweisungsprozess gehen. Das könnte immerhin sein.
Ich glaube immer an das Gute, Kollege Aiwanger,
und ich glaube immer daran, dass auch die CSU in der Lage ist, sich vielleicht irgendwann einmal hin zu mehr Natur- und Artenschutz hier bei uns in Bayern zu bewegen.
Die Diskussion über diese Projekte muss mit den Betroffenen und den Kommunen vor Ort in den nächsten Wochen weiter fortgesetzt werden. Auch wir wollen natürlich, dass ein Nationalpark in der Region umfassend und entsprechend verankert ist.
Wir werden dem SPD-Antrag – es ist ein Berichtsantrag – zustimmen. Den Antrag der FREIEN WÄHLER müssen wir leider ablehnen. Wenn man ihn durchliest, speziell die Begründung, dann merkt man: Aus allen Ecken und Enden trieft die grundsätzliche Ablehnung eines Nationalparks. Wir können hier leider Gottes nicht mitgehen. – Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Ja; ich bin eh schon da, Herr Präsident.
Ich nehme es vorweg: Wir werden dem Antrag zustimmen. Es ist zwar in der Tat nur ein kleiner Schritt, aber es ist ein Schritt; das muss man klar feststellen. In Rheinland-Pfalz hat die dortige Umweltministerin Uli Höfken die Eh-daFlächen in das Biodiversitätsprogramm aufgenommen. Das ist aus meiner Sicht gut und richtig so. Wie gesagt: Da gibt es ein gewisses Potenzial. Ich stehe auch mit den Initiatoren dieser Eh-da-Flächen in Kontakt und in Gesprächen. Demnächst wird es sicherlich auch in Bayern ein entsprechendes Untersuchungsobjekt geben, ob die CSU zustimmt oder nicht. Das werden wir auch in Bayern auf die Bahn bringen.
Das ist ein Punkt unter vielen. Kollege Zierer, ein Ehda-Programm wird mit Sicherheit nicht einen Nationalpark ersetzen – ohne Zweifel nicht –, weil zwischen Großschutzgebieten und kleinen Schutzgebieten doch ein erheblicher Unterschied besteht. Man kann aber an der einen oder anderen Stelle eine Aufwertung erzielen. Speziell für Insekten und Wildbienenarten geht etwas. Da kann man etwas machen.
Deswegen sage ich: Wir unterstützen diesen Antrag. Er macht Sinn. Ich mache es kurz; ich bin darum gebeten worden. Vorher wurde ja schon gesagt, dass die Bibel recht hat. Ich war der erste und der letzte Debattenredner. Ich mache es kurz: Schöne Weihnachten! – Bitte stimmen Sie dem Antrag zu.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier in der Ersten Lesung. Deshalb möchte ich mich kurzfassen. Der Gesetzentwurf enthält recht viele Änderungen. Einiges davon ist rein redaktioneller Natur. Diese Punkte werden sicherlich auch im Ausschuss schnell abgehandelt werden. Aber es gibt auch ein paar andere Punkte, die von meinen Vorrednern bereits angesprochen worden sind. Auf drei Punkte möchte ich noch einmal eingehen.
Zum einen ist dies das Vorkaufsrecht, das die Fraktion der GRÜNEN grundsätzlich begrüßt; denn die Vergangenheit hat gezeigt – nach jedem Hochwasser wurde dies in den Diskussionen von allen Fraktionen benannt –, dass das größte Problem darin besteht, an die Grundstücke heranzukommen, die wir für den Hochwasserschutz benötigen. Ein Vorkaufsrecht ist eben keine Enteignung. Vorkaufsrechte kennen wir aus dem Naturschutzrecht. Sie sind nichts Neues. Wenn man sie hier gut ausgestattet einführt, so ist dies sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Wir werden im Ausschuss sicherlich die Ausgestaltung im Einzelnen zu diskutieren haben, aber das ist in Ordnung.
Nicht in Ordnung sind zwei andere Punkte, die auch schon angesprochen worden sind. Zur Verbändeanhörung liegt eine sehr kritische Stellungnahme des Verbandes kommunaler Unternehmen in Bayern vor – ich nehme an, alle Fraktionen haben sie bekommen –, der klar und deutlich fragt, was das Ganze soll und ob hier manipuliert werden soll.
Wir werden uns im Ausschuss noch einmal genau anhören, was die Staatsregierung dazu ausführt, wie sie das ändern will und warum sie das in die Geschäftsordnung der Staatsregierung verschieben und es
nicht, wie es eigentlich sinnvoll wäre, im Gesetz belassen will. Mir fehlt auch ein wenig der Respekt vor dem Hohen Haus, wenn man sagt: Die Regelungskompetenz entziehen wir euch; das machen wir im stillen Kämmerlein der Kabinettssitzung selbst.
Am kritischsten sehe ich die Frage des Grünlandumbruchs. Das Grünland – das wissen alle hier – ist ein Lebensraum, und der gleitet uns durch die Finger. Das Grünland wird bei uns grundsätzlich immer weniger, unabhängig davon, ob es im Überschwemmungsbereich oder anderswo liegt. Das heißt, man sollte generell die Hand darauf haben, damit kein Umbruch stattfindet. Wenn sich im Bundesrecht die Möglichkeit ergibt, das Grünland in Überschwemmungsbereichen zu erhalten, dann sollten wir diese Möglichkeit auch in vollem Umfang ausschöpfen und nicht, wie in diesem Gesetz vorgesehen, schon wieder ein Hintertürchen öffnen, sodass ein Grünlandumbruch weiterhin, wenn auch unter Genehmigungsvorbehalt, auch in Überschwemmungsbereichen möglich ist.
Wenn das so stehen bleibt, können wir mit Sicherheit nicht mitgehen. Das werden wir auch in der Ausschussberatung noch einmal deutlich thematisieren und auch kritisieren. Wenn Sie sich hier nicht bewegen, können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dem Antrag der SPD und dem Antrag der FREIEN WÄHLER werden wir aus vollem Herzen zustimmen. Beide machen absolut Sinn und gehen in absolut die richtige Richtung.
"Ihr habt starke Argumente." Das waren die Worte von Herrn Ministerpräsidenten Seehofer vor zwei Jahren, nicht ganz auf den Tag genau, aber vor zwei Jahren Ende Oktober in Attaching. Damit hat Ministerpräsident Seehofer bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern in Attaching und im gesamten Flughafenumland eine enorme Hoffnung geweckt. Ich war selbst dabei. Ich habe die Emotionen miterlebt, die damals bei den Bürgerinnen und Bürgern ausgelöst worden sind. Jetzt wurde am Rande eines Gesprächs – wenn ich den Presseverlautbarungen trauen kann – in Niederbayern gesagt
gut, dann nicht in Niederbayern, dann war es woanders –, dass man über die dritte Startbahn dringend vor den Landtagswahlen entscheiden möchte und dass man dieses notfalls, wenn die Stadt München nicht endlich einmal ein Ratsbegehren einleiten sollte, über den Umweg machen wird, dass die Flughafen München GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und damit die Landeshauptstadt München und somit der Bürgerentscheid ausgehebelt wird. Wenn es so kommt, wäre das ein besonders schäbiger Wortbruch durch den Ministerpräsidenten.
Kollege von Brunn hat schon einige Zitate gebracht. In der Vergangenheit ist immer wieder ausgeschlossen worden, dass man einen derartigen Weg durch die Hintertür über die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft gehen möchte. Das ist noch bis vor wenigen Wochen ausgeschlossen worden. In der Regierungserklärung am 28. September 2016 hat Herr Seehofer zwar gesagt, dass er jetzt die dritte Startbahn möchte – er wollte von den starken Argumenten nichts mehr wissen –; er hat aber klar und deutlich gesagt:
Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass diese Entscheidung zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern der Landeshauptstadt München getroffen werden muss. Wir streben die Einleitung eines Ratsbegehrens an.
Deutlicher und klarer kann man eine Position nicht formulieren. In diesem Jahr, im Juni 2017 hat hier in diesem Hause – das kann sich jeder daheim noch einmal im Internet als Video ansehen – Staatsminister Markus Söder, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Flughafen München GmbH, klar erklärt:
Ja, ich bin ganz klar für die demokratische Lösung und damit für einen Bürgerentscheid und keine Umwandlung in eine AG.
Wir fordern mit unserem Antrag, dass Sie heute hier ein klares Bekenntnis dazu ablegen und speziell Ihrem Staatsminister, Finanzminister Söder – er war der Letzte, der in diesem Haus zu diesem Thema kurz vor der Sommerpause gesprochen und gefordert hat: keine Umwandlung – den Rücken stärken und sagen: Jawohl, Staatsminister Markus Söder, du hattest mit dieser Aussage recht. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihren Minister nicht im Regen stehen lassen, nur weil der Ministerpräsident jetzt plötzlich irgendetwas anderes sagt und irgendetwas anderes meint. Nehmen Sie den Münchner Bürgerentscheid endlich ernst.
Er gilt nach wie vor. Die Bindungswirkung ist nicht mehr da; Kollege Huber, Sie kennen sich da in der Kommunalpolitik nicht aus. Ein Bürgerentscheid gilt so lange wie ein Stadtratsbeschluss, nämlich bis er korrigiert worden ist. Der Stadtrat von München könnte ihn jederzeit korrigieren, tut aber es aus gutem Grund nicht, weil der Stadtrat von München – da können Sie lachen, wie Sie wollen, Herr Huber – demokratische Entscheidungen der Bevölkerung akzeptiert; er sagt nicht wie Sie: Das wische ich weg; die Frösche werden nicht gefragt, wenn der Teich trocken gelegt werden soll.
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Das muss man hier einmal klar und deutlich sagen. Da können Sie grinsen, wie Sie wollen. Da ich schon so schön in Fahrt bin: Ich erinnere mich an die Debatte heute früh zum LEP, in der Herr Söder und Herr Holetschek gesagt haben, wir sollten doch endlich einmal die Bevölkerung ernst nehmen.
Ja. Ich sage dazu: Was machen denn Sie? Nehmen Sie die Bevölkerung von Attaching ernst? Nehmen Sie die Bevölkerung von Berglern ernst? Nehmen Sie die Bevölkerung von Freising ernst? – Mitnichten! Sonst hätten Sie schon längst gesagt: Die dritte Startbahn wird beerdigt.
Das sind die Unterschiede zwischen Ihnen und mir. Wenn die Bevölkerung so abstimmt, wie es Ihnen passt, sagen Sie: Jetzt achten wir die Bevölkerung, aber wenn nicht – –
Ich verlange von Ihnen – –
Wir sind jetzt bei der Debatte zum Flughafen.
Akzeptieren Sie den Münchner Bürgerentscheid. Deutlich mehr Leute haben in München gesagt, dass sie keine dritte Startbahn wollen. Das müssen Sie ernst nehmen. Erklären Sie sich hier bitte.
Schön, dass Sie auch etwas aufgeregt sind. – Ich komme zum Schluss. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Er ist absolut sinnvoll. Eines noch sage ich klar und deutlich: Für eine dritte Startbahn gab es nie einen Bedarf, es gibt keinen Bedarf und es wird auch nie einen geben. Beerdigen Sie endlich dieses Projekt!
Bei einer Baugenehmigung sollte man auch den Bedarf dafür haben, Herr Kollege Huber. Wenn der Bedarf nicht vorhanden ist, brauche ich auch nicht zu bauen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst einmal mit einem Dank beginnen, mit einem Dank an die Beamtinnen und Beamten im Ministerium, die sich viel Arbeit gemacht haben.
Dann kommt die Kritik auch noch; keine Sorge. – Ich möchte ganz herzlich den ehrenamtlich in Bayern tätigen Spezialistinnen und Spezialisten gerade im Naturschutz danken, die sehr viel dazu beigetragen haben, dass die CSU-Staatsregierung wenigstens ein paar Daten hat; denn viele sind es ja nicht. Ohne diese ehrenamtlich Aktiven wäre die Staatsregierung auf dem Sektor weitgehend blind; denn 90 % der Daten, gerade was den Naturschutz anbelangt, kommen von Ehrenamtlichen. Denen gilt unser ganz besonderer Dank. Ich glaube, es sind nicht nur wir, die hier danken und danken müssen.
Der Umfang der Interpellation – etwa 350 Seiten – und die vielen darin angerissenen Themen erlauben mir leider nur, dass ich mich auf einige Punkte konzentriere. Wir werden in den kommenden Monaten im Umweltausschuss wahrscheinlich noch den einen oder anderen Punkt vertieft diskutieren müssen. In 15 Minuten kann man das leider nicht tun. Ich werde mich, nachdem die Interpellation "Zustand der Natur in Bayern" heißt, im Wesentlichen auf den Bereich Natur und Naturschutz als sozusagen exemplarischen
Bereich konzentrieren; denn die Kritik, die hier anfällt, kann man im Bereich Wasser, Klima, Flächenfraß und bei anderen Themen genauso anbringen. Das wären ähnliche Kritikpunkte, die ich vorbringe.
Das Erste, was ich kritisieren muss, ist ganz klar: Die Datenlage, die das Ministerium hat, also das, wofür man in Erhebungen investiert, ist absolut mangelhaft. Ich habe es schon gesagt: Ohne Ehrenamtliche wüssten wir fast nichts. Wir haben nur für 30 % der in Bayern vorkommenden Arten Daten, wie die Populationsentwicklung ist; für 70 % haben wir diese Daten nicht. Da wissen wir nicht: Ist der Zustand der Populationen gut, ist er schlecht, nehmen diese Arten zu oder ab?
Ich frage mich, wie die Rednerinnen und Redner der CSU sagen können, es sei doch alles in Ordnung, wenn man über 70 % absolut nicht Bescheid weiß. Es ist eine Schande für ein reiches Land, dass hier so wenig Geld in die Kartierung dieser Arten investiert wird, die dringend notwendig ist.
Es geht auch in Zukunft so weiter. Ich habe das einmal abgefragt. Außerhalb der Interpellation – das kann man auch in die Rede einfließen lassen – ist eine quantitative Bilanz zur Veränderung der Gefährdungssituation bedrohter Arten in der Bayerischen Biodiversitätsstrategie frühestens für 2020 vorgesehen. Sie werden dann zum Ende der Biodiversitätsstrategie feststellen, dass Sie bei der Umsetzung dieser Strategie krachend gescheitert sind. Darauf komme ich gleich noch.
Wenn man nachfragt, ob es in Bayern ähnliche Daten zum Insektensterben gibt wie in Nordrhein-Westfalen, wo man einen Rückgang von 80 % zu verzeichnen hat, kommt die Antwort.
Herr Kollege Hünnerkopf, nennen Sie mir einmal eine bayerische Aufnahme. Sie haben nie Aufnahmen in Bayern und kritisieren, dass es bei den anderen nur zwei Aufnahmen gibt.
Zu der Frage nach dem Rückgang sagt die Staatsregierung vage, eine nähere Quantifizierung der Bedeutung und der verschiedenen Gefährdungsursachen für den Rückgang der Insektenfauna ist nicht möglich. Sie kennen die Daten. Ich wage es fast zu sagen: Es ist Systematik, dass Sie die Daten hier bei uns in Bayern nicht erheben, wenn man sich anschaut, wie Sie mit Programmen umgehen, wo auch Daten erhoben werden müssen. Bayerische Arten- und Biotopschutzprogramme aus den Neunzigerjahren – das war einmal ein Flaggschiff des Naturschutzes in Bayern. Aber
man muss sagen: Es war. In 33 Landkreisen und drei Städten sind die Datenbände älter als 15 Jahre, in 13 Landkreisen und 19 Städten sogar älter als 20 Jahre. Das habe ich abgefragt. Da ist noch nicht einmal die FFH-Richtlinie eingearbeitet worden.
Schauen wir uns einmal die Entwicklung der Geschichte an. Wir haben 2008 abgefragt: Wann geht es mit dem Arten- und Biotopschutzprogramm weiter? Damals hieß es: Für die Haushaltsjahre 2008 bis 2012 sind insgesamt 1,8 Millionen Euro für zwölf neue Bände eingeplant. – Dann fragt man 2017 nach, wo denn diese zwölf neuen Bände bleiben. Dann heißt es: Das zunächst eingeleitete Vergabeverfahren – man war sogar schon bis zur Vergabe gekommen – für die Aktualisierung von zwölf ABSP-Landkreisbänden wurde aufgrund begrenzter finanzieller Ressourcen eingestellt.
Ein Land mit einem Haushaltsvolumen von 60 Milliarden Euro pro Jahr hat keine 1,8 Millionen Euro, um den Zustand der Natur zu erfassen und um den unteren Naturschutzbehörden in den Landkreisen das Datenmaterial an die Hand zu geben. Man stelle sich einmal vor, der Verkehrsminister Herrmann würde sagen: Ich habe kein Geld, um die Straßen untersuchen zu lassen. Was wäre dann in diesem Hause los?
Die Kollegin hat vorhin etwas über die landwirtschaftliche Nutzung und die Böden gesagt. Dazu steht in der Interpellation etwas hoch Spannendes. Auch hierzu gibt es kaum Untersuchungen. Die Frage der SPD lautet: Wie hat sich die biologische Vielfalt dort entwickelt? – Die Antwort: Zur Untersuchung der biologischen Vielfalt in den landwirtschaftlich genutzten bayerischen Böden liegen keine quantitativ auswertbaren Zeitreihen vor. Die Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft konzentrieren sich auf Regenwürmer. Hier wird eine einzige Art von Regenwürmern untersucht, und daraus wird abgeleitet, dass alles in Ordnung ist. Hierüber kann ich nur den Kopf schütteln. Liefern Sie entweder noch mehr Datenmaterial oder geben Sie zu, dass Sie nichts wissen. Es ist eine Schande, wenn man über die Böden in Bayern und die Artenvielfalt in den Böden offensichtlich nichts, aber absolut nichts weiß.
Auch die Roten Listen sind angesprochen worden. Der ganz große Teil an Roten Listen, über 40, stammt aus dem Jahr 2003. Nur drei Listen sind aktuellen Zustandes. Die Aussagen des Ministeriums sind ganz, ganz klar: Insgesamt hat sich der Zustand der Arten seit 1976 weiter verschlechtert. Nach der Liste zu den Vogelarten sind aktuell 54 % der Vogelarten in Bayern gefährdet. Das ist die aktuelle Zahl. Das ist eine abso
lute Schande. Hierzu ist in der Biodiversitätsstrategie formuliert worden, dass bis 2020 eine Verbesserung des Status um eine Stufe bei der Hälfte der Arten angestrebt wird. Laut Nachfragen haben Sie das bislang erst bei acht Arten geschafft. Bei den restlichen 1000 Arten haben Sie das nicht geschafft. Schauen wir uns beispielsweise das FFH-Gebiet Paartal an, welches sich von Schwaben bis nach Oberbayern erstreckt und teilweise im Stimmkreis des Herrn Ministerpräsidenten liegt. Dieses Gebiet ist fast 3.000 Hektar groß. Ein Vergleich zwischen dem Standarddatenbogen des Umweltministeriums und dem erst kürzlich vorgelegten Managementplan zeigt: Bisher hatten wir 558 Hektar Flachland-Mähwiesen. Davon sind nur noch 18,5 Hektar übrig. Da schießt einem die Schamesröte ins Gesicht. Damals gab es noch 34 Hektar Pfeifengraswiesen, das sind alles FFH-Schutzgebiete. Davon ist nur noch ein halber Hektar übrig. Wann geben Sie endlich Ihren blöden Grundsatz "Freiwilligkeit statt Ordnungsrecht" auf? – Hier sind Sie mit der Freiwilligkeit nicht weitergekommen. Sagen Sie endlich einmal, wie Sie die FFHRichtlinie umsetzen wollen. Solche Beispiele können wir in Bayern zur Genüge finden.
Auch das folgende Zitat spricht eine deutliche Sprache: Der tiefgreifende Landschafts- und Nutzungswandel hat enorme Verluste an Biodiversität zur Folge. – Das zeigt klar und deutlich, dass wir in Bayern mehr Schutzgebiete brauchen. Wir brauchen im Naturschutz mehr Ordnungsrecht. Man muss klar und deutlich sagen, dass Ihre Strategie gescheitert ist.
Am schlimmsten ist die Entwicklung im Bereich der Bodenbrüter in der Agrarlandschaft. Dies zeigt sich klar in der Antwort zur Interpellation. Die Feldlerchen und Kiebitze haben seit 2000 Bestandseinbrüche von über 50 % des jeweiligen Brutbestandes erlitten. Für andere Arten kann dies ähnlich durchdekliniert werden. Auf die Frage, was dafür verantwortlich ist, drücken Sie sich verschwurbelt aus. Nennen Sie doch endlich die Landwirtschaft und treten Sie in einen wirklich ernst zu nehmenden Dialog mit den Landwirten ein, damit wir hier endlich zu Verbesserungen kommen.
Manchmal lohnt es sich, über den Tellerrand zu schauen. Das Bundesamt für Naturschutz sagt klar und deutlich: Die Hauptgefährdung der Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien, Heuschrecken usw. ist die Landwirtschaft. In anderen Bereichen ist es auch der Wasserbau bzw. bei den Tagfaltern der Frost.
Aber bei den genannten Tierarten ist die Landwirtschaft klar als Ursache benannt. Die Landwirtschaft steht bei den Ursachen an erster Stelle. Daran müssen wir arbeiten. Wir können das Ganze nicht einfach so weiterlaufen lassen wie bisher.
Frau Staatsministerin, nehmen Sie bitte ernst, was ins Stammbuch geschrieben worden ist: Auch wenn es vereinzelt Erfolge durch den Einsatz gezielter Maßnahmen bei der Erhaltung der Biodiversität gibt, sind die Aktivitäten noch nicht ausreichend, um die vom Ministerrat 2008 beschlossenen Ziele der Bayerischen Biodiversitätsstrategie bzw. des Biodiversitätsprogramms Bayern 2030 zu erreichen. Alle Beteiligten müssen deshalb ihre Anstrengungen deutlich verstärken, das Umweltministerium, das Landwirtschaftsministerium, das Verkehrsministerium, das Wirtschaftsministerium und die Staatsregierung. Daran müssen Sie endlich einmal arbeiten.
Wenn man in die Analyse der Ursachen näher einsteigt, dann wird ein Punkt immer wieder genannt: Eine der Hauptursachen für den Artenrückgang ist der Flächenfraß. Pro Tag sind es immer noch 13,1 Hektar. Frau Kollegin, man sollte hier keine Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Statistik ist mittlerweile bundesweit deutlich umgestellt worden. Wir erheben die Flächen nun anders. Die Daten aus dem Jahr 2000 können nicht mit den Daten aus dem Jahr 2015 verglichen werden. Hier vergleicht man Äpfel mit Birnen. Der Flächenverbrauch ist immer noch viel zu hoch.
Bundesweit gibt es eine Strategie, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Bei einer aktiven Beteiligung würde dies für Bayern maximal 5 Hektar pro Tag bedeuten und nicht mehr 13,1 Hektar. Deshalb haben wir, die GRÜNEN, ein Volksbegehren gestartet. Dafür mache ich auch Werbung. Wir müssen einen Deckel auf den Flächenfraß setzen. Wir müssen den Flächenverbrauch in Bayern endlich auf ein vernünftiges Maß reduzieren. Daran führt kein Weg vorbei. Ich gehe davon aus, dass das Volksbegehren ein ganz großer und enormer Erfolg werden wird.
An einer Stelle der Interpellation kritisieren Sie die Kommunen sehr stark. Sie sollten aber mit der Faust auf die Brust schlagen und sich selbst kritisieren. Der Freistaat Bayern ist mit seiner Politik einer der ganz großen Flächenverbraucher. Allein das Programm, welches der Freistaat für den Bundesverkehrswege
plan angemeldet hat, zeigt einen enormen Flächenfraß.
Ich erwähne auch die dritte Startbahn. Wenn man alles zusammenzählt, dann werden hier fast 1.000 Hektar Land verbraucht. Verzichten Sie endlich auf das Projekt! Im bayerischen Naturschutz wäre dies ein enormer Schritt nach vorne. Diese Planung muss weg. Sie muss aus dem Landesentwicklungsprogramm raus. Auf diese Planung muss verzichtet werden.
Es sei noch ein anderer Punkt kurz erwähnt. Sie behaupten, dass Sie über keine Daten hinsichtlich der Mortalität der Tierarten durch Verkehrstod in Bayern verfügen. Hierzu gibt es im Anzeiger der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern eine sehr schöne Arbeit. Es liegen also bayerische Daten vor. Im Autobahnnetz der Bundesrepublik werden jährlich etwa neun Millionen Vögel überfahren. Hierin ist die Dunkelziffer nicht enthalten. Das ist eine enorme Verlustquote. Dazu sollten Sie vielleicht auch einmal Daten erheben.
Insgesamt muss ich klar und deutlich sagen, dass es einen ganz dringenden Handlungsbedarf auf ganz, ganz vielen Feldern im Bereich des Naturschutzes gibt. Wir sind bei den Naturschutzgebieten im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Wir sind hinsichtlich der Nationalparks unterdurchschnittlich, wenn wir uns beispielsweise mit Österreich vergleichen. Ein weiterer Nationalpark ist dringend notwendig. Wir hören aber nicht bei drei zu zählen auf. Wir können uns durchaus noch einen vierten oder fünften Nationalpark vorstellen. Wir brauchen nicht nur Großschutzgebiete, sondern auch flächendeckend kleinere Schutzgebiete, die wirklich dem Charakter von Schutzgebieten entsprechen. Wir müssen in diesem Bereich nach vorne kommen.
Wir haben noch weitere Forderungen. Wir haben ein Antragsbündel mit zehn Anträgen eingebracht. Diese Anträge werden in wenigen Wochen im Umweltausschuss behandelt. Sie enthalten Vorschläge, welche Ziele wir im Natur- und Artenschutz erreichen wollen. Beim Klimawandel, beim Gewässerschutz und der Luftverunreinigung könnten wir mit ähnlichen Daten aufwarten. In diesen Bereichen sieht es ähnlich düster aus. Das habe ich am Beispiel des Naturschutzes in Bayern durchdekliniert.
Meine Redezeit neigt sich dem Ende zu. Ich fasse noch einmal zusammen: Ihnen mangelt es an Daten, und zwar im großen Umfang. Die Situation in Bereichen, in denen Daten vorliegen, ist manchmal katastrophal. Sie haben mit Ihrer Politik eindeutig versagt. Das muss klar und deutlich gesagt werden. Sie set
zen die falschen Weichenstellungen. Sie setzen nach wie vor auf mehr Straßenbau, auf mehr Flächenversiegelung und auf eine Förderung der intensiven Landwirtschaft. Hier muss eine Umorientierung stattfinden. Nur dann werden wir es schaffen, die ganzen Zielvorgaben des Biodiversitätsprogramms und der Strategie umzusetzen. Wir werden die Dinge in den nächsten Tagen anhand der zehn Anträge genauer durchdeklinieren. Dann wird es auch zum Schwur und zur Abstimmung kommen.
Es ist natürlich schön, wenn man mit Freiwilligkeit zum Ziele kommt, das gilt für alle Ebenen. So wäre es zum Beispiel auch schön, wenn man die Polizei abschaffen könnte, weil sich alle Menschen freiwillig an die Gesetze halten. Dasselbe würde auch für die Landwirtschaft gelten. Wenn Freiwilligkeit funktionieren würde, wäre ich voll bei Ihnen und würde sagen: Ja, wir machen alles freiwillig. Aber die Zah
len, die ich vorgetragen habe, zeigen leider, dass man mit der Freiwilligkeit nicht weiterkommt.
Diese Zahlen habe ich nicht nur vom Ministerium, sondern ich bin als Kartierer schon seit fast 50 Jahren draußen in der Landschaft unterwegs und beobachte dabei Folgendes: Wir schaffen es teilweise nur in den Naturschutzgebieten, den Artenbestand einigermaßen zu halten. Außerhalb dieser Naturschutzgebiete sind wir mit der Freiwilligkeit leider nicht allzu weit gekommen.
Das heißt, wir müssen hier mit dem Ordnungsrecht arbeiten. Dabei denke ich nicht, dass das einer Enteignung nahekommen soll. Die Leute sollen durchaus einen Ausgleich für ihren Verlust bekommen. Das auf alle Fälle. Aber wenn wir die FFH-Richtlinie wirklich ernst nehmen wollen, brauchen wir andere Maßnahmen, als sie bisher üblich sind.
Das ist völlig richtig.
Nein, das waren keine Schaufensterfragen, sondern es sind Aspekte, die es wert sind, sie hier noch einmal zu vertiefen. Es geht teilweise aus der Interpellation hervor, und ich weiß teilweise auch aus Gesprächen gerade im Bayerischen Wald, was dort an wertvoller Forschung läuft. Diese kommt dann auch ganz vielen anderen Leuten außerhalb der Nationalparks zugute. Daher wäre es sicherlich insbesondere auch für die Forschung gut, einen dritten Nationalpark zu haben. Einen solchen könnte ich mir durchaus in den Isarauen vor den Toren von Weihenstephan vorstellen. Aber wir bräuchten natürlich für die Buchenwaldforschung dann auch noch einen vierten Nationalpark.
Ja, beispielsweise den Steigerwald. Es wird leider momentan nicht in Richtung Steigerwald gehen. Aber die Forderung ist damit nicht vom Tisch, den Steigerwald als Nationalpark unter Schutz zu stellen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es geht um ein sehr wichti ges Thema, nämlich um den Schutz der Wiesenbrüter in Bayern. Sie sind eine Gruppe von wunderschönen Vögeln, die für einen wunderbaren Lebensraum und eine wunderbare Lebensgemeinschaft steht, nämlich die Grünlandfeuchtwiesen bei uns in Bayern.
Um diese Wiesenbrüter, den Großen Brachvogel, den Kiebitz, die Uferschnepfe, den Rotschenkel und noch eine ganze Menge anderer Vogelarten, steht es ganz, ganz schlecht. Ich beschäftige mich als Biologe auch mit der Kartierung dieser Vögel, und zwar seit den Siebzigerjahren, und muss sagen, dass uns die Be stände dieser Arten durch die Finger rinnen. Von
Roter Liste zu Roter Liste werden sie um eine Stufe heraufgestuft, wobei das Gros dieser Arten mittlerwei le auf Stufe 1 ist, das heißt: vom Aussterben bedroht. Wir müssen alles tun, damit diese Arten bei der nächsten Auflage der Roten Liste nicht von Stufe 1 in die nächste Stufe kommen; das wäre nämlich die Stufe 0, das heißt: verschwunden. Einige Arten wie die Uferschnepfe und der Rotschenkel stehen kurz davor.
Ich muss feststellen: Wir haben ein bayerisches Ar tenhilfsprogramm Wiesenbrüter; wir haben eine Wie senbrüteragenda; wir haben unwahrscheinlich viel bunt bedrucktes Papier mit schönen Bildern dieser Arten. Trotz alledem schwinden die Bestände, obwohl wir nach der EUVogelschutzrichtlinie die Aufgabe haben, die Bestände und die Lebensräume dieser Arten in einem guten Zustand zu erhalten bzw. in einen guten Zustand zu versetzen. Dieses ist uns in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen. Das ist ein Armutszeugnis für die Bayerische Staatsregierung und die CSUFraktion; denn dafür gibt es handfeste Gründe.
Ich habe mir das angesehen. Ich war am Montag mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vo gelschutz in einem der großen Wiesenbrütergebiete unterwegs, nämlich im oberbayerischen Donaumoos. Dort nehmen wir Geld in die Hand. Was ist letztend lich vor Ort der Erfolg bei der Umsetzung? – Er ist nahe null. Der Bruterfolg für ein Brachvogelbrutpaar beträgt dort ganze 0,07 flügge Junge pro Jahr. Damit gibt es nur Bestandsrückgang. Wenn der Bruterfolg derart gering ist, kann man den Bestand nicht halten.
Deshalb müssen wir beim Wiesenbrüterschutz um steuern und dringend neue Maßnahmen einleiten. Wir brauchen in den nächsten Jahren in den Wiesenbrü tergebieten qualitativ und quantitativ hochwertige und ausreichende Grünlandanteile, mindestens 75 %.
Nur wenn wir das schaffen, wird es uns gelingen, diese Arten zu erhalten. Der Ortstermin im Donau moos hat gezeigt: Die Betonung liegt nicht nur auf "quantitativ", sondern auch ganz stark auf "qualitativ". Wenn ich mir ansehe, wie viele dieser Wiesen, in die wir viele 100.000 Euro pro Jahr hineinstecken, teilwei se schon jetzt trocken sind, muss ich feststellen: Die Qualität des Lebensraums reicht dort nicht aus. Des halb fordern wir auch klar und deutlich, dass in sol chen Gebieten der Grundwasserstand angehoben wird. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir diese Arten nicht halten. Nebenbei würden wir damit noch Großes für den Klimaschutz in Bayern tun; denn zwei
Zentimeter Höhe des Donaumooses verschwinden pro Jahr, weil es dort zu trocken ist. Dadurch entste hen Kohlenstoffdioxideinträge in die Atmosphäre. Wir hätten also eine WinwinSituation, nämlich Arten schutz und Klimaschutz, wenn wir endlich an die Grundwasseranhebung herangehen würden.
Um in diesen Wiesenbrütergebieten kleinere Maßnah men sofort umsetzen zu können, brauchen wir drin gend Gebietsbetreuung, und zwar deutlich mehr, als wir jetzt haben. Kümmerer vor Ort müssen mit den Landwirten reden und ihnen sagen: Du, da ist jetzt ein Kiebitzbrutpaar drin, da sind Brachvögel drin; schau doch, dass du deine Bewirtschaftung so managst, dass diese Vögel ihre Jungen hochbringen und statt einem Bruterfolg von 0,07 flüggen Jungen drei oder vier Junge flügge bekommen, wie dies eigentlich in guten Gebieten normal ist.
Frau Kollegin, man kann immer schnell sagen: Die sind daran schuld. Ich habe die Hundehalter im Aus schuss – Sie waren ja dabei – durchaus thematisiert. Sie sind aber nicht der Hauptgrund, warum es unse ren Wiesenbrütern schlecht geht. Der Hauptgrund ist die Art und Weise, wie in diesen Gebieten gewirt schaftet wird. Diesen Punkt müssen wir angehen.
Ich sage noch eines, da meine Redezeit zu Ende geht – ich denke an die Ausschussdebatte –: Sie haben keinen einzigen Vorschlag gebracht, um den Wiesen brüterschutz im Vergleich zur jetzigen Situation zu verbessern. Sie haben nicht gesagt: Hier wollen wir vorankommen, ob das mit mehr Geld ist, ob das Ge bietsbetreuung ist, ob das lebensraumverbessernde Maßnahmen in ausreichendem Umfang sind. – Nichts! Sie setzen auf die Karte der Freiwilligkeit. Die Freiwilligkeit ist beim Wiesenbrüterschutz, obwohl teil weise viel Geld in den Töpfen ist, bedauerlicherweise gescheitert; sonst wären die Arten in der Roten Liste nicht von Stufe 2 oder 3 auf Stufe 1 gekommen, son dern die Entwicklung wäre in eine andere Richtung gegangen. Dort wollen wir hin. Sie sind blank, was den Wiesenbrüterschutz in Bayern anbelangt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon grotesk, was die CSU und insbesondere die Staatsregierung hier abziehen, gerade mit diesem Pseudogipfel.
Bei diesem Pseudogipfel am Sonntagabend haben Sie nach vielen Jahren endlich gemerkt, dass Sie bei den Stickoxiden und beim Diesel in München irgendwas machen müssen. Sie haben das ewig verpennt; aber das werden wir beim nächsten Antrag noch diskutieren. Sie sagen: Wir müssen reduzieren. Gleichzeitig sagen Sie: Beim Ausbau des Flughafens, beim Bau der dritten Startbahn, müssen wir jetzt endlich Gas geben und anschieben. – Damit erhöhen Sie selbstverständlich die Stickoxidbelastung und die sonstige Belastung im Umland weiter. Hoffentlich wird auch in der CSU keiner sagen: Eine Ausweitung des Luftverkehrs bringt nicht gleichzeitig auch eine Ausweitung der Schadstoffe.
Wenn Sie das mir nicht glauben, zitiere ich jetzt aus dem Planfeststellungsbeschluss zur dritten Start- und Landebahn MUC, Seite 540, Kapitel "Entscheidungsgründe", Abschnitt "Umweltverträglichkeitsprüfung": "Mit Blick auf die Stickoxide zeichnet sich der Untersuchungsraum bereits heute" – deshalb auch der Antrag der FREIEN WÄHLER und diese Karte – "durch
eine hohe Vorbelastung aus, die im Planungsfall … weiter verschärft wird. Die damit verbundenen möglichen Negativwirkungen auf das Schutzgut Pflanzen" – man könnte genauso gut sagen: auf Menschen – "könnten daher erheblich sein."
Das sind die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern. Nicht das Umweltbundesamt, nicht das Landesamt für Umwelt, sondern die Regierung von Oberbayern stellt im Genehmigungsbescheid für diesen Flughafen klar fest: Wir haben eine hohe Vorbelastung, die durch eine dritte Startbahn noch mal deutlich ausgeweitet würde. Dazu sage ich: Es ist grotesk, auf der einen Seite zu sagen, wir müssen da ran, und auf der anderen Seite zu sagen: Wir wollen dringend diesen Ausbau.
Wir brauchen für die Region Freising/Erding eine Obergrenze, was die Schadstoffbelastung anbelangt. Sie ist durch die Kapazitäten des Flughafens in seiner aktuellen Gestaltung gegeben und dadurch, wie viele Starts und Landungen dort abgewickelt werden können, nämlich 480.000 Bewegungen. Ich hätte gerne von Ihnen, Herr Söder, etwas dazu gehört. Sie schreiben ja schon viel mit und kommen hoffentlich als nächster Redner. Sie haben in der Presse gesagt, so konnte ich es lesen, die Obergrenze liege bei 430.000 Bewegungen. Sie liegt aber meines Wissens nicht da; das sind Fake News in meinen Augen, sondern sie liegt bei 480.000. Dazu zitiere ich Ihnen auch ganz kurz aus dem Planfeststellungsbeschluss, in diesem Fall aus Seite 417. Darin heißt es: "… da kapazitätsbedingt maximal eine Nachfrage von … 480.000 Flugbewegungen bedient werden kann". Oder lesen Sie nach auf Seite 693: "Die im Prognosenullfall für das Jahr 2025 im Basisszenario maximal abwickelbare Anzahl von 480.000 Flugbewegungen …" Das heißt, Sie wollen mit Ihrer Aussage vorgaukeln, der Flughafen sei kapazitätsmäßig um 50.000 Bewegungen kleiner, als es im Planfeststellungsbeschluss steht. Ich könnte Ihnen auch noch ein Gerichtsurteil zitieren, wenn Sie das haben wollen, oder die Regierung von Oberbayern anführen. Aber die zwei Zitate genügen. Wir haben 480.000 als Grenze, und davon sind wir weit, weit entfernt. Der Ausbau ist nicht notwendig.
Sie sagen, wir brauchen den Ausbau. Da sollten Sie einmal die Fakten der letzten zehn Jahre zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Bernhard. 2007/2008 hatten wir 432.000 Bewegungen, und die Zahl ist bis 2016 auf knapp 380.000 zurückgegangen. Da sind 50.000 Bewegungen verloren gegangen. Jetzt muss man sich noch die Prognosen anschauen, auf denen die Planung fußt.
Die Prüfung liegt mittlerweile ewig zurück.
Nach der Prognose 1 hätten es 166.000 Bewegungen mehr sein sollen. Da sagen Sie, das sind belastbare Zahlen. Das sind Fantasiezahlen und Mondzahlen und nichts anderes. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis!
Die Bayerische Staatsregierung, vertreten durch den Finanzminister Markus Söder, hat im Frühjahr dieses Jahres zweimal in einer großen Debatte hier erklärt, dass wir die Frage der dritten Startbahn politisch und nicht juristisch entscheiden. Diese Haltung der Staatsregierung ist in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage bekräftigt worden … Dann ist mit großem Beifall meiner Fraktion erläutert worden, was wir hier unter einer politischen Entscheidung verstehen: keine Privatisierung, keine Bildung einer Aktiengesellschaft. In diesem Sinne wollen wir es politisch entscheiden.
Heute, Herr Söder, hätte ich gern eine Bekräftigung der Aussage, die Herr Seehofer vor zwei Jahren hier getroffen hat. – Wir werden beiden Anträgen, nachdem sie in die richtige Richtung gehen, zustimmen.
Ich habe selber nicht gemessen.
Lassen Sie mich halt erst einmal ausreden. Es handelt sich zum ganz großen Teil um eine Eigenüberwachung durch den Flughafen, soweit ich weiß. Ich habe aber auch Karten des Umweltbundesamtes, die schon länger im Internet sind. Dabei handelt es sich nicht um Modellrechnungen, sondern um Rechnungen – wenn ich sie auf die Schnelle finde, könnte ich sie noch zitieren –, die auf Messwerten basieren. Das schreibt das Umweltbundesamt ganz klar auf seiner Homepage. Wenn Sie auf die Karte gehen, sehen Sie oben einen Punkt, und da wird erläutert, wie die Karte zu verstehen und zu interpretieren ist. Ich habe keinen Zweifel, dass die Daten, was den Flughafen anbelangt, in irgendeiner Art und Weise falsch sind. Wir müssen die beiden Punkte möglicherweise noch einmal in einer Ausschusssitzung diskutieren. Aber das Umweltbundesamt ist für mich eine glaubwürdige Institution.
Das geht auch über mehrere Jahre hinweg. Die Werte schwanken in den Jahren natürlich in einem bestimmten Bereich, und es hängt auch von den Niederschlagsereignissen ab, wie viele NOx im Mittel in der Luft verbleiben. Aber ich habe keine Zweifel, dass die Daten wirklich richtig sind, und glaube nicht, dass es sich um Fake News handelt.
Erstens. Ich bin klar gegen eine dritte Startbahn, und ich sage dies noch einmal.
Da bin ich ganz klar, und ich war immer ganz klar, was diesen Punkt anbelangt.
Zweitens. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Aussage "Ich bin für eine demokratische Lösung" eine klare und erneute Absage an die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist, so wie es im Prinzip auch in dem Zitat von Herrn Seehofer, das ich vorgetragen habe, enthalten war?
Drittens. Ich wüsste gerne, welche Fachleute die Zahl 430.000 Flugbewegungen in die Welt gesetzt haben und was die Quellen sind. Das muss nicht hier und heute beantwortet werden; die Gutachten und Zitate können gerne schriftlich nachgereicht werden. Ich kenne nämlich aus vielen, vielen Dutzenden Erörterungsterminen zur Planung, aus vielen Terminen beim Siebten Senat des Verwaltungsgerichtshofs nicht als theoretische, sondern als praktische Obergrenze nur den Wert von 480.000. Die theoretische Obergrenze liegt deutlich über 500.000. Da wollen wir aber nicht hin, und diese Zahl ist theoretisch. Die 480.000 sind klar belegbar, nämlich aus allen Unterlagen, aus allen Protokollen. Bei Gericht und bei der Planfeststellung ist diese Zahl von allen Experten so genannt worden und wurde von niemandem angezweifelt. Der erste und einzige, der diese Zahl mittlerweile anzweifelt, ist Herr Kerkloh. Wir wissen, warum er das macht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zuerst muss ich leider den Kollegen Huber Lügen strafen. Er hat gemeint, dass ich meine politische Existenz dem Flughafen zu verdanken habe. Es gibt aber auch noch andere Reizthemen oder besser gesagt Reizgase. Ich möchte saubere Luft in Bayern. Das Stichwort ist der Stickoxidgehalt in mehreren Großstädten und die Überschreitung von Grenzwerten. Ich habe durchaus noch andere Themen, als der Kollege Huber meint.
Das Thema Stickoxide ist eigentlich Jahrzehnte alt. Meine politische Laufbahn, mit den ersten Demonstrationen, hat nicht nur mit dem Thema Flughafen, sondern auch mit dem Thema Waldsterben zu tun. Hinsichtlich des Waldsterbens Ende der Siebziger- und Anfang der Achtzigerjahre waren der saure Regen, die Stickoxide und die Salpetersäure die Hauptthemen. Seit Ende der Siebziger- und Anfang der Achtzigerjahre behandeln wir dieses Thema als Dauerthema. Offensichtlich ist es der Mehrheit des Hauses, der Staatsregierung und der Bundesregierung bis heute nicht gelungen, die Einhaltung der Grenzwerte in den Griff zu bekommen. Das ist wirklich ein Skandal. Es gelingt nicht, von der EU festgelegte Grenzwerte, die auf lange Sicht eingeführt worden sind, einzuhalten. Diese Grenzwerte sich nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Man wusste, dass man innerhalb eines gewissen Zeitraums auf Euro-4-, Euro-5-, Euro-6-Werte kommen muss. Das Nichterreichen dieser Werte ist ein klares Versagen der Regierenden, das heißt der Bayerischen Staatsregierung und dieser Bundesregierung.