Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf ein Neues! Ich eröffne nach der Sommerpause die 111. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Ich hoffe und wünsche, dass Sie trotz der Anstrengungen im Zusammenhang mit der Wahl zum Deutschen Bundestag doch einige Tage mit Ruhephasen erleben durften. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt bis Weihnachten in die Vollen gehen, und darf Sie heute hier begrüßen. Ich freue mich ganz besonders, dass zwei wieder unter uns sind, die wegen Krankheit länger weg gewesen sind. Wiederum in unserer Mitte sind der Herr Kollege Rudrof und die Frau Kollegin Dettenhöfer. Wir freuen uns sehr.
Wie üblich darf ich noch bekannt geben, dass Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen um Aufnahmegenehmigung gebeten haben. Die Genehmigung wurde wie immer erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie bitten, eines verstorbenen ehemaligen Kollegen zu gedenken.
Am 22. August verstarb im Alter von 82 Jahren der ehemalige Abgeordnete Günter Fichtner. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1982 bis 1990 an und vertrat für die SPD den Wahlkreis Mittelfranken. Herr Fichtner hatte sich schon in jungen Jahren als Architekt selbstständig gemacht. Als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Selbstständige in der SPD Bayerns war er einer der profiliertesten Wirtschaftspolitiker seiner Fraktion. Darüber hinaus war er Kreisrat im Kreistag zu Roth und dort auch Kreisvorsitzender seiner Partei. In seiner Persönlichkeit vereinte er unternehmerisches und soziales Denken zu einer politischen Haltung, die ihm über die Fraktionsgrenzen hinweg Respekt und Anerkennung einbrachte. Der Bayerische Landtag trauert mit den Angehörigen des Verstorbenen. Wir werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren. – Sie haben sich zum Gedenken an den Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Jetzt darf ich noch eine Reihe von Glückwünschen aussprechen. Während der Sommerpause konnten Frau Staatsministerin Dr. Beate Merk am 1. August, Frau Kollegin Dr. Simone Strohmayr am 13. September und Frau Kollegin Michaela Kaniber am 14. September runde Geburtstage feiern. Einen halbrunden Geburtstag konnte Herr Kollege Eric Beißwenger am 26. Juli begehen. Das Hohe Haus gratuliert den Kolle
ginnen und Kollegen sehr herzlich. Wir wünschen Ihnen persönlich alles Gute, weiterhin viel Erfolg und vor allen Dingen auch gute Gesundheit.
Jetzt darf ich noch einen technischen Hinweis geben: In der Sommerpause haben wir eine neue Anzeige für die Redezeit der Rednerinnen und Redner im Plenarsaal in Betrieb genommen. Die neue Redezeitanzeige ist im Sichtbereich der Rednerinnen und Redner in der ersten Reihe angebracht. Das Nähere können Sie dem Informationsblatt entnehmen, das auf Ihren Plätzen ausliegt.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 17/17858) - Erste Lesung
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf soll die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dass die bayerischen Hochschulen den Verpflichtungen aus dem Hochschulstatistikgesetz des Bundes nachkommen können. Es geht darum, dass die Studierendenmobilität statistisch genauer erfasst werden wird. Vor allem soll die Promovierendenstatistik neu gefasst und eingeführt werden. Die entsprechenden Erhebungen müssen auf eine rechtlich sichere Basis gestellt werden. Da können wir natürlich an bereits im Hochschulgesetz Bestehendes anknüpfen. Letztlich sollen auch die örtlichen Zuordnungen besser gestaltet werden können; da gab es eine Lücke. Das sind vor allem Daten, die wir einfach brauchen, um den Studierendenverlauf genauer erfassen zu können. Sie wissen alle, dass wir bei Studienabbrüchen, Mobilität und Studienwechslern einfach noch nicht optimale Strukturen haben. Das können wir mit diesem Gesetzentwurf schaffen, um dann auch politisch relevante Daten erheben zu können.
Daneben – das halte ich für mindestens genauso wichtig – wird klargestellt, dass die Akkreditierungspflicht für Studiengänge nicht nur für Studiengänge an staatlichen Hochschulen, sondern auch an nichtstaatlichen Hochschulen gilt. Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Beitrag zur Qualitätssicherung.
Am Ende des Tages geht es mit der Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes des Bundes darum, dass man Weichen stellen kann, um aus den amtlichen Statistiken wichtige Informationen für die Hochschulen in Deutschland zu gewinnen. Dabei geht es vor allen Dingen auch um politisch relevante Themen. – Ich darf Sie um Unterstützung bitten.
Vielen Dank Herr Staatssekretär. – Ich eröffne jetzt die Aussprache. Im Ältestenrat hat man sich dafür auf 24 Minuten geeinigt. Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Zacharias das Wort.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Jawohl, Herrn Staatssekretär und Kollegen Sibler stimme ich zu: Es ist eine gute Idee, endlich zu wissen, wo unsere Studierenden eigentlich bleiben.
Wir haben vor eineinhalb Jahren in unserem Ausschuss eine Anhörung durchgeführt, in der wir uns mit der Problematik auseinandergesetzt haben, warum wir so hohe Studienabbrecherquoten haben. Diese liegen zum Teil bei 80 %, etwa bei den Studiengängen Maschinenbau oder Elektrotechnik.
Wir wissen gar nicht genau, warum Studierende ihr Studium abbrechen. Brechen sie tatsächlich ab, oder gehen sie vielleicht nur ein Jahr ins Ausland? Wenn sie ins Ausland gehen – Mobilität begrüßen wir sehr –, kann man fragen: Was haben sie dort gemacht? Haben sie da weiterstudiert, haben sie ein Praktikum gemacht, oder was auch immer haben sie getan?
Wir wissen eigentlich gar nichts. Wir wissen nicht, ob sie abbrechen, weil sie zum Beispiel ein Kind bekommen haben und ein Jahr lang in die Mutter- oder Vaterpause gegangen sind. Vielleicht pflegen sie zu Hause eine kranke Mutter oder einen kranken Vater. Wir wissen nur eines: Die Zahlen sind exorbitant hoch, aber in den einzelnen Disziplinen sehr unterschiedlich. Sie sind viel zu hoch. Das kostet uns mit Blick auf die Volkswirtschaft sehr viel Geld, und das ist für jeden Einzelnen ein Drama. Das ist traurig.
Insofern begrüßt die SPD-Landtagsfraktion, dass wir uns endlich Gedanken machen, wer wann, wo, wie und wie lange studiert. Wenn jemand geht, wird auch gefragt, wohin er geht. Wie viele Studierende machen tatsächlich einen Master? Wo machen sie ihren Master? Wenn sie ins Ausland gehen: Was tun sie da? Machen sie einen Master, wenn sie den Bachelor bereits in Deutschland absolviert haben? – Wir können
also viele Fragen beantworten, und darauf freuen wir uns. Ich warne uns, Kolleginnen und Kollegen, aber davor, zu glauben, mit einer guten Statistik sei alles gelöst. Damit werden wir gar nichts heilen. Wir werden weder an den Hochschulen noch an den Universitäten ändern, dass die Abbrecherquote hoch ist. Wir haben dann nur einen Beleg dafür, warum sie so hoch ist und wohin die Studierenden gehen.
Wir brauchen natürlich früh Beratungssystematiken in den abgebenden Schulen, also an den Gymnasien, an den Berufsoberschulen und an den Fachoberschulen, um Folgendes darzustellen: Was wollt ihr studieren? Und wenn ihr studieren wollt, macht euch klare Gedanken, wo ihr was, wie, wann und warum studiert. – Diese Beratungssystematik sehen wir nicht im Ansatz, und vor allen Dingen ist diese Beratungssystematik im Laufe des Studiums auch nicht voll ausgeprägt. Wir brauchen hierfür deutlich mehr Beratungskapazitäten. Das, Kolleginnen und Kollegen der CSU, bedeutet allerdings mehr Geld, das wir ins System bringen müssen.
Des Weiteren freue ich mich, dass wir in die "Dunkelkammer Promotion" etwas Licht hineinbringen: Wer promoviert eigentlich? Wer bricht seine Promotion ab? Wie lange ist die Systematik in der Promotion? Wie sind die Arbeitsverhältnisse und wie die Arbeitsbedingungen? In diese Dunkelkammer müssen sehr viele Neonröhren hinein, um zu verstehen, was da tatsächlich passiert. Insofern ist das fast die spannendste Statistik.
Spannend wird auch Folgendes: Was machen die Universitäten und die Hochschulen mit ihren Landesstatistikzahlen? Was machen wir mit denen, die Abbrecherquoten minimieren, und zwar signifikant? Zum Beispiel kann man mit Blick auf den Studiengang Elektrotechnik an der TU München fragen: Bietet der Freistaat Bayern der TU an, dass es ein Belohnungssystem gibt, wenn die Abbrecherquote signifikant gesenkt werden kann? Belohnung funktioniert immer mit Geld. Belohnung ist eine feine Sache; denn sie spornt ja an. Aber bestrafen wir auch die Hochschulen und Universitäten, die gar nichts machen und bei denen die Abbrecherquoten jahrelang konstant gleich bleiben oder sogar gestiegen sind?
Ein Irrglaube ist auch, dass wir mit diesen statistischen Zahlen etwas korrigieren könnten, das an den Hochschulen und Universitäten nicht gut funktioniert. Ich baue darauf, dass wir diese Instrumente nutzen, um die Universitäten und Hochschulen in die Lage zu versetzen nachzusteuern. Dieses Steuerelement ist wirklich großartig.
Ich erwarte dabei grundsätzlich, dass kein Datenmissbrauch vorkommt, dass die Daten nicht an interessierte Unternehmen verkauft werden, dass die Daten unhackbar sind und dass sie natürlich anonymisiert werden, damit wir nur die Bewegung der Studierenden nachvollziehen können, aber nicht herunterbrechen können, dass zum Beispiel der Studierende Oliver Jörg oder wer auch immer womöglich sein Philosophiestudium abgebrochen hat; der Name ist nur ein Platzhalter.
Abschließend möchte ich sagen – das ist mir wirklich wichtig –: Herr Staatssekretär Sibler, wenn wir schon über Statistiken sprechen, würde ich mir wünschen, dass wir bei dieser Statistik ehrlich werden. Jetzt ist es so: Der Studierende XY fängt bei einer Universität an. Ich will keine bestimmte Universität nennen, auch keine Münchner. Er merkt nach dem ersten Semester, dass das Studium sehr anstrengend ist. Dann geht er zu einer Hochschule für angewandte Wissenschaften. – Dieser Studierende zählt vom ersten bis zum letzten Semester an der Universität, an der er eingeschrieben war. Dorthin fließt das Geld für diesen Studierenden.
Ich erwarte, dass wir endlich dieses Fass aufmachen, damit die Hochschulen und Universitäten das Geld für die tatsächlich Studierenden bekommen. Übrigens ist das, wie mir mein Kollege Rosenthal erzählte, bei den Kaderschmieden des Deutschen Fußballverbandes ähnlich: Irgendwann ist ein Spieler Profifußballer in der ersten Bundesliga. Alle Vereine profitieren davon, dass sie ihn groß gemacht haben, nicht nur der Verein, aus dem er kommt.
Ich erwarte, dass die Universitäten und Hochschulen das Geld auch bekommen – nicht nur, wenn sie den Studierenden im ersten Semester "vor der Flinte" haben, sondern auch für Studierende im zweiten Semester und in den folgenden Semestern. Das wird eine Herausforderung werden. Dabei wird es viel mehr Geld für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften geben, und darauf freue ich mich.
Hohes Haus, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einem langen emotionalen Wahlkampf und einer langen Sommerpause ist es vielleicht gut, die Plenarsitzung mit einem auf den ersten Blick nüchternen Thema zu beginnen, das bei genauem Hinsehen aber auch politisch wichtig und spannend ist, nämlich mit den Rege
Mit der Novellierung des Gesetzes auf Bundesebene im letzten Jahr ist auch eine Reihe von Neuerungen verbunden, die auch uns im Bayerischen Landtag und in der bayerischen Hochschulpolitik betreffen, insbesondere die Einführung einer Promovierendenstatistik und von neuen Merkmalen wie der internationalen Studierendenmobilität. Vor allem müssen wir eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Daten von Promovierenden, die eben kein Promotionsstudium absolvieren, schaffen. Mit der vorliegenden Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes, die Herr Staatssekretär vorgestellt hat, schaffen wir eben die Grundlage dafür, dass die notwendigen Daten nach der Novellierung im Bund auch im Land erhoben werden können.
Vielleicht ein paar Worte zum Hintergrund des Bundesgesetzes: Wir alle wollen, dass Bildung gelingt und unsere Finanzmittel auch bestmöglich eingesetzt werden. Für gelingende Bildungsverläufe und für einen gezielten Einsatz von Haushaltsmitteln ist eben die Ermittlung von steuerungsrelevanten Informationen zentrale Voraussetzung, für die Hochschulpolitik ebenso wie für die Hochschulplanung und auch für die Verwaltung.
Wir alle haben erlebt, dass sich die Hochschullandschaft in den vergangenen Jahren mit den gestuften Studiengängen grundlegend verändert hat. Ich selbst habe mit einem Magisterstudium begonnen und zusätzlich ein Bachelor- und danach ein Masterstudium absolviert. Im geltenden Hochschulstatistikgesetz können diese Übergänge noch nicht hinreichend abgewickelt werden.
Insbesondere werden Daten zu den Übergängen zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen als Grundlage für die Planung von Kapazitäten an den Hochschulen benötigt. Hier spielt die Qualitätssicherung an den Hochschulen vor dem Hintergrund anhaltend hoher Studienabbrüche eine zunehmende Rolle. Abbrüche, aber auch Erfolge sind auf Basis der aktuell erhobenen Merkmale in der Statistik nicht zu erfassen. Das zeigt sich besonders bei der Promotion, bei der Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, bei der Ausdifferenzierung, die sie auf dem Weg zur Promotion erleben, und bei der Weiterqualifizierung, die wir in den letzten Jahren sehen. All das können wir eben noch nicht empirisch valide erfassen.
Wir sind – auch ein wichtiger Punkt – verpflichtet, an Eurostat auch Daten zu liefern, die bisher von den statistischen Ämtern auf Bundes- und Landesebene
noch nicht erfasst werden konnten, Daten zur Promotion, zu Auslandsaufenthalten, aber auch zu den Berufsakademien. Ganz generell hat sich die Hochschulsteuerung in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert, und dafür sind verlässliche Basisdaten ganz entscheidend. Wir haben uns deswegen schon 2014 im Hochschulausschuss bei einer Anhörung mit diesem Thema befasst.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung setzt eben genau bei diesen angesprochenen Punkten an. Konkret können wir durch die Einführung einer Studienverlaufsstatistik sowohl gestufte Studiengänge als auch die Promotionsphase danach adäquat erfassen. Dabei wenden wir ein Verfahren an, das datenschutzrechtlich in Ordnung ist und auf Verwaltungsdaten der Hochschulen basiert, zum Beispiel der Erweiterung des Merkmalkatalogs für die Studierenden- und Prüfungsstatistik, für die Personalstatistik, für die Berufsakademien. Mit der Lieferung an Eurostat und der Erweiterung des Katalogs wird die Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum wissenschaftlichen Personal und mit der Aufnahme aller Promovierenden besser als jetzt abgebildet. Indem wir zum Beispiel eine rechtliche Grundlage für eine zentrale Auswertungsdatenbank schaffen, sichern wir die flexible und zeitnahe Erstellung von Standards und Sonderauswertungen. Weil wir wissen, dass die Aussagekraft der Stellenstatistik und der Gasthörerstatistik insgesamt abgenommen hat, reagieren wir mit einer Streichung und reduzieren damit auch die Belastung der Hochschulen und der statistischen Ämter in diesem Bereich.
Das heißt: Wir setzen nicht nur Neues obendrauf, sondern wir machen genau das, was sinnvoll und notwendig ist. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ist deshalb ausgewogen und sinnvoll. Meine Fraktion begrüßt ihn, wir unterstützen ihn und freuen uns auf die Diskussion im zuständigen Ausschuss. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat für die Fraktion der FREIEN WÄHLER der Abgeordnete Piazolo das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Bayern gibt es zu viele Studienabbrecher, und die Staatsregierung weiß nicht, wie viele es sind. Sie kennt vielleicht auch nicht das Warum. Deshalb ist man jetzt langsam zu diesem Gesetz gekommen. Zahlen gibt es nur bundesweit, und die gehen von einer Schätzung von ungefähr 30% Studienabbrechern aus. Jeder dritte Studierende