Ich habe den Eindruck, dass Ihnen der Wert und die Bedeutung der Bayernhymne nicht annähernd bewusst sind.
(Lachen bei der SPD – Dr. Paul Wengert (SPD): Wer denn, wenn nicht wir? Wo sind wir denn? Wir sind der Volkssouverän! Was haben Sie denn für ein Verfassungsverständnis?)
Das ist nicht irgendein Lied, sondern das ist ein Symbol für den Freistaat Bayern. Eine Änderung muss deshalb von einer breiten Mehrheit getragen werden. Der Dringlichkeitsantrag wirkt auf mich fragwürdig. Der Text dieser Strophe ist von 2012. Jetzt schreiben wir 2016. Ich frage mich wirklich, ob das so dringlich ist.
Frau Kollegin, bitte verbleiben Sie noch am Rednerpult. Wenn wir uns wieder beruhigt haben, dann darf ich Frau Kollegin Gote bitten. Bitte schön.
Danke schön. – Frau Kollegin Guttenberger, Ihr Redebeitrag hat jetzt in Formvollendung vorgeführt, wie dringlich dieser Antrag ist.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Heiter- keit bei den GRÜNEN und der SPD – Petra Gut- tenberger (CSU): Dann passt es ja!)
Ihnen sind der Wert und die Bedeutung der Bayernhymne so wichtig. Daher möchte ich Sie daran erinnern, dass diese Bayernhymne per Landtagsbeschluss zur Bayernhymne wurde.
Wir fordern hier heute gemeinsam mit der SPD – die SPD hat den Vorschlag gemacht – nichts anderes, als dass der Landtag einen Beschluss fasst. Das ist nichts anderes als damals auch, nämlich ein Landtagsbeschluss zur dritten Strophe. Ich möchte auch daran erinnern, dass diese Bayernhymne noch nicht einmal von einem Gesetz getragen wird. Es gibt noch nicht mal ein Gesetz dazu. Sie steht nicht in der Verfassung. Der damalige Beschluss wurde mit einer banalen Verordnung vollzogen. So viel sage ich zum Respekt und zu der Bedeutung. Es spricht nichts dagegen, heute diese dritte Strophe mit einem Landtagsbeschluss zu installieren und das zu heilen, was bisher über Verordnung der Staatsregierung nicht gemacht wurde; denn es war Ihr Innenministerium, das in den 1960er-Jahren sagte, dass man das Ganze nicht per Gesetz regeln soll. Eine so hohe Bedeutung, dass man daran nicht rütteln dürfe, kann man hier nicht erkennen. Das Volk hat das, was diese Strophe ausdrückt, in die Verfassung geschrieben. Das ist mir ganz besonders wichtig. Das Bekenntnis zum geeinten Europa kam 1998 durch Volksabstimmung in die Verfassung.
Es ist doch aller Ehren wert, diesem Willen des Volkes Rechnung zu tragen und dies in der Bayernhymne auszudrücken.
Liebe Frau Kollegin Gote, es geht hier nicht um den Artikel 3a, sondern um eine Änderung der Bayernhymne. Unabhängig
davon, ob das durch eine Verordnung geschehen ist, jedenfalls war es 1952 ein einstimmiger Beschluss des Landtags.
(Ulrike Gote (GRÜNE): Das könnte er jetzt auch sein! – Dr. Paul Wengert (SPD): Was steht dem entgegen?)
Ich wüsste nicht, was wir jetzt auf diese Art und Weise heilen müssten. Wo das Defizit in der Entstehungsgeschichte liegen sollte,
ist mir in der Tat nicht klar. Wir jedenfalls sind der Ansicht, dass eine Änderung eines so wichtigen Symbols wie der bayerischen Hymne nur dann sinnvoll ist, wenn sie von einer breiten Mehrheit getragen wird.
Vielen Dank. – Ich darf, bevor ich in den Wortmeldungen fortfahre, Kolleginnen und Kollegen, bekannt geben, dass die SPDFraktion für diesen Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. – Jetzt darf ich fortfahren: Herr Kollege Aiwanger für die Fraktion der FREIEN WÄHLER.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Allein der Verlauf der Debatte zeigt schon, dass die Sache in die falsche Richtung läuft. Eine Hymne ist dazu da, um Einheit zu stiften, um politisch über die Lager hinweg bei offiziellen Anlässen, wann auch immer, ein Lied zu singen auf die Heimat und auf das Land, dem wir alle angehören. Leider Gottes gerät diese geplante dritte Strophe in einen parteipolitischen Schlagabtausch. Ich muss an dieser Stelle sagen, lieber Kollege Rinderspacher: Sie haben der sehr ehrenhaften und auch guten Arbeit dieser Schülergruppe einen Bärendienst erwiesen,
indem Sie diese dritte Strophe in ein parteipolitisches Fahrwasser ziehen und im Vorfeld für Ihre Weltanschauung instrumentalisieren wollen.
Sie haben von Anfang an gesagt, dass Sie in dieser Aussage "In der Vielfalt liegt die Zukunft", oder wie auch immer, eine Abkehr von der Leitkultur der CSU sehen. Meine Damen und Herren, man könnte diesen Satz genauso anders interpretieren. Er geht weiter mit dem Staatenbund Europas. Was hätten Sie gesagt, wenn eine rechtsgerichtete Meinung gekommen wäre mit der Aussage "Ich lese darin das Bekenntnis zur Vielfalt gegen einen EU-Einheitsbrei und gegen ein Einheitseuropa."?
Wir wollen ein Europa und nicht ein Einheitseuropa. – Dieser Satz ist also sowohl linksherum als auch rechtsherum zu interpretieren, wenn man ihn genau liest. Indem Sie vorneweg schon gesagt haben, er bedeutet Multikulti im weitesten Sinn und nicht Leitkultur,
haben Sie dieser möglichen dritten Strophe massiv in den Rücken geschossen, weil Sie sie damit parteipolitisch instrumentalisiert haben. Ich sage es noch einmal: Hut ab vor der Arbeit dieser Schüler! Das ist eine gute Arbeit. Aber das parteipolitische Interpretieren in Ihrem Sinne hat diese Arbeit leider kaputtgemacht.
Die CSU ist in der Bayerischen Volksstiftung und in der Bayerischen Einigung prominentest vertreten. Bei diesen Kuratoriumssitzungen bin ich als einziger Sozialdemokrat dabei, mal von Herrn Rumschöttel abgesehen. Dabei kommt man sich vor wie im Who is Who der alten CSU: ehemalige Ministerpräsidenten, ehemalige Staatsminister, Staatssekretäre.
Ich glaube, Goppel ist auch dabei. Herr Kollege Goppel? – Es sind also sehr viele aus Ihren Reihen dabei, meine Damen und Herren. So gesehen ist diese dritte Strophe, die ja nicht von der SPD prämiert wurde, sondern von der Bayerischen Staatsregierung, kein Kampfinstrument der Linken gegen die Rechten, sondern die dritte Strophe ist genau das, was Sie hier eben eingefordert haben, nämlich ein einigendes Element über Parteigrenzen hinaus. So war es während der letzten vier Jahre. So sollte es also auch heute hier im Hohen Haus möglich sein.
Im Übrigen: Ja, es ist formal ein Dringlichkeitsantrag; aber bereits im Laufe des Jahres hat sich Herr Präsident Besold an den Bayerischen Ministerpräsidenten gewandt mit der Bitte – der Brief liegt mir vor –, die dritte Strophe offiziell anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund ist das ein Thema, das sich vor dem 70. Jahrestag der Bayerischen Verfassung geradezu zur parlamentarischen Behandlung aufdrängt. Es liegt uns fern, hier ein parteipolitisches Geplänkel zu veranstalten. Aber gerade weil die Situation so ist, wie sie ist, ist es doch wunderschön, dass die Opposition eine Initiative der Bayerischen Staatsregierung aus dem Jahr 2012 aufgreift und die Möglichkeit schafft, die nächste Stufe gemeinsam zu gehen. Ich appelliere an Sie als Vorsitzenden der FREIEN WÄHLER, mit dabei zu sein; denn diese Strophe repräsentiert uns alle in herausragender Weise.
Ich wiederhole trotzdem meine Aussage, dass der Satz "In der Vielfalt liegt die Zukunft, in Europas Staatenbund" neutral gesehen wird. Er kann aber auch – diesen politischen Fehler werfe ich Ihnen vor – so interpretiert werden: Das ist Multikulti und die Abkehr von der Leitkultur. Sie haben das in der Presse so wiedergegeben, dass Sie das als Absage an die Leitkultur sehen.
Damit haben Sie das für sich parteipolitisch instrumentalisiert. Sie versuchen heute natürlich, die Staatsregierung vorzuführen. Das tun auch wir oft genug; das ist an sich nicht schlimm. Aber bei einem Thema dieser Tragweite, der Hymne eines Landes, ist dieser Griff eben ein Griff daneben. Sie verbinden die
Debatte über dieses Thema mit parteipolitischen Interpretationen. Sie wollen andere vorführen. Und dann sagen Sie noch: In der Volksstiftung sind Sie trotzdem vertreten.