Debatte über dieses Thema mit parteipolitischen Interpretationen. Sie wollen andere vorführen. Und dann sagen Sie noch: In der Volksstiftung sind Sie trotzdem vertreten.
Leider haben Sie mit diesem Vorstoß der Sache einen Bärendienst erwiesen. Sie haben Schlagzeilen produziert, haben aber eine Arbeit kaputtgemacht.
Herr Kollege Aiwanger, dürfte ich Sie bitten, an das Rednerpult zurückzukommen? – Vielen Dank. – Jetzt kommt eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Dr. Goppel. Bitte schön, Herr Kollege.
Unverhofft kommt oft, Herr Kollege Aiwanger. Als ich heute früh aufstand, hätte ich nie gedacht, dass ich Sie jetzt belobigen würde.
Dennoch möchte ich das ausdrücklich festhalten. – Ich melde mich deswegen zu Wort, weil der Herr Kollege Vorsitzende der SPDFraktion soeben behauptet hat, ich hätte zugestimmt, dass wir eine dritte Strophe der Bayernhymne installieren.
Ich habe ausdrücklich festgestellt, dass es, was eine neue Strophe angeht, einer gemeinsamen Überlegung bedarf. Insofern gibt es kein fertiges Bild. Klar ist nur, dass es, wenn an das gedacht ist, darüber eine Debatte in diesem Parlament geben muss. Eine solche Debatte ist sinnvoll, aber nicht dringlich. Wir, die CSU, klagen nur darüber, dass die SPD-Fraktion dieses Thema zum Gegenstand eines Dringlichkeitsantrags gemacht hat. Der Grund ist, dass die SPD heute Abend sagen möchte, sie habe das Ergebnis eines Wettbewerbs aufgegriffen, den die Staatsregierung vor vier Jahren gemeinsam mit der Bayerischen Volksstiftung durchgeführt hat.
Das ist Unfug! In der Bayerischen Verfassung ist festgeschrieben, dass der Freistaat eine Hymne hat. Im Gegensatz zu 99 % der anderen Länder hatte unsere Hymne drei Strophen; das gibt es fast nie. Eine dieser
Strophen wurde von Franz Josef Strauß gestrichen, da sie ihm das Kernthema, den Zusammenhalt zu wenig betont hat. Ich will ausdrücklich hier sagen, dass mir diese Streichung nicht gepasst hat; das ändert aber nichts am Fakt der Streichung. Damit sind wir bei zwei Strophen. Damit gehören wir immer noch zu nur 10 % aller Länder, die so eine mehrstrophige Hymne haben.
Die SPD will die Hymne wiederum erweitern. Niemand wird aber die vorgeschlagene Strophe auswendig lernen; niemand wird sie singen. Wir machen geltend, dass man bei Hymnen eine Strophe hat, die von allen gemeinsam getragen wird. 1.000 Strophen, wie sie die SPD anscheinend möchte, weil es ihr in den politischen Kram passt, brauchen wir nicht.
Deswegen pflichte ich Ihnen bei, Herr Kollege Aiwanger. Über diese Frage muss seriös und ruhig diskutiert werden. Wir werden sehen, ob es dazu kommt, dass wir die Hymne ersetzen oder ergänzen. Dies gelänge nur gemeinsam. Die Belobigung einer bestimmten politischen Entwicklung ist aber nicht Sache einer Hymnenstrophe, sondern Sache der politischen Diskussion.
In den vergangenen Tagen waren meine 17 Fraktionskollegen und -kolleginnen, auch ich selbst, im gesamten Land unterwegs, als Verfassungsschützer und Verfassungsschützerinnen.
Die Bayerische Verfassung bietet eine wunderbare Grundlage, auf der sich ein weltoffenes, sozial gerechtes, ökologisches Bayern entwickeln kann. Die Bayerische Verfassung ist eine lebendige Verfassung mit dem Potenzial zur dynamischen Weiterentwicklung; denn die direkten Volksrechte sind in der Verfassung festgeschrieben. Wir haben oft erlebt, dass diese Möglichkeiten genutzt wurden. Ich erinnere ins
besondere daran, dass auch die Volksgesetzgebung selbst weiterentwickelt wurde. Dies geschah, auf der Grundlage der Bayerischen Verfassung, durch das Volk selbst. Den damaligen Bürgerentscheid setzten wir gemeinsam mit dem Volk gegen die CSU durch.
Die Bayerische Verfassung ist ein Prellbock gegen Angriffe auf unseren Wertekern, gegen Angriffe auf unsere Grund- und Freiheitsrechte. Sie ist ein starker Prellbock; denn auch die lange CSU-Regierung hat ihr bisher nichts anhaben können. So soll es bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dafür werden wir sorgen, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof, aber auch hier im Landtag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt jeden Tag neue Angriffe auf die Verfassung. Gestern mussten wir in einem Eigenbeitrag unseres Justizministers in der "FAZ" lesen, dass er mit einem Federstrich die Religionsfreiheit als Prinzip infrage gestellt hat.
Ja. Er hat nicht nur gesagt, wir müssten einmal schauen; er hat die Religionsfreiheit als Prinzip infrage gestellt. Das ist keine bayerische Posse, auch kein legitimes Geheische um Aufmerksamkeit in der bundesweiten Medienlandschaft. Das ist eine Gefahr für die Demokratie.
So etwas darf ein Justizminister nicht tun. Er darf diesen Grundwert nicht generell infrage stellen.
Mehrmals ist es uns gelungen, die Verfassung vor Angriffen zu schützen. Ich erinnere an unsere Erfolge in puncto Versammlungsrecht, in puncto Frage- und Auskunftsrechte von Abgeordneten und – das ist der jüngste Erfolg; wir werden heute noch einmal darüber debattieren – in puncto Ablehnung der unverbindlichen Volksbefragung, die CSU und Staatsregierung als Regierungsbefragung einführen wollten. Diese ist für unzulässig erklärt worden.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Ihr Leitkultgesetz, das wir gestern im Verfassungsausschuss in sieben Stunden endberaten haben und über das wir in der nächsten Woche – an dem Tag, an dem vor 70 Jahren die Verfassung in Kraft trat, nämlich am 8. Dezember – im Plenum beraten werden, missach
tet die Verfassung in mehreren Punkten. Es greift Artikel 118 an: Gleichheit vor dem Gesetz. Es missachtet Artikel 107: Glaubens- und Gewissensfreiheit. Es missachtet Artikel 111: Rundfunk- und Pressefreiheit. Und es missachtet Artikel 142, nämlich die Tatsache, dass es in Bayern keine Staatskirche gibt.
Es ist höchst bedenklich, dass hier ein Gesetz vorgelegt wird, das so offensichtlich mehreren Verfassungsgrundsätzen zuwiderläuft. Und dann noch die Anmaßung – –
Ich spreche zum Thema: "Unsere Verfassung. Unser Auftrag." Wir nehmen diesen Auftrag ernst, Kollegin.
Dann noch die Anmaßung, dem Gesetz eine Präambel voranzustellen, wie es nur Verfassungen gebühren würde. Wir werden auch an dieser Stelle unsere Verfassung schützen.
Ich nenne Ihnen jetzt ein paar meiner Lieblingsartikel; es sind die mit besonderem Zukunftspotenzial. Artikel 141: Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen – –
Frau Kollegin, entschuldigen Sie; ich will Sie nicht unterbrechen. Aber wir haben jetzt einen Dringlichkeitsantrag auf der Tagesordnung.
Wir haben noch genügend Möglichkeiten, in der nächsten Plenarsitzung – Sie haben darauf hingewiesen – über diese Problematik zu sprechen, vor allen Dingen, wenn Sie sich auf das Integrationsgesetz berufen. Ich bitte Sie jetzt wirklich. Es ist ein Dringlichkeitsantrag, der auf der Tagesordnung steht.